Dion
Aktives Mitglied
Ich habe beide Texte gelesen und den Unterschied bemerkt: Robert schreibt einmal – Zitat:Es hat sicher keinen Sinn, sich mit Dir über vermeintliche "Widersprüche" zu unterhalten, die Du in Texten gefunden zu haben meinst, die Du nicht einmal gelesen hast.
Julius Echter stärkte den Zentgrafen und das Gerolzhöfer Gericht in ihrem Tun, er akzeptierte die Geständnisse und Beweise aus Gerolzhofen und ordnete den Einsatz der Folter an.
In einem anderen Dokument schreibt er – Zitat:
Frau Weinhartsmann gesteht das Hostienausspien und widerruft dann wieder; der Zentgraf berichtet dies, flankiert von weiteren Zeugenaussagen, nach Würzburg. Julius Echter ordnet daraufhin die Inhaftierung und weitere Verhöre an.
Der Unterschied ist: Im ersten Dokument wird gesagt, dass der Fürstbischof den Zentgrafen und das Gerolzhöfer Gericht in ihrem Tun bestärkte, und dass er die Folter anordnete, im zweiten aber wird das alles unterschlagen. Mehr noch – Zitat aus dem zweiten Dokument:
Die Initiative zu den Verfahren kam jeweils aus den Gemeinden, und die Würzburger Juristen unter Julius Echter unterbanden die Prozesse zwar nicht vollständig, grenzten sie aber ein.
Von einer Eingrenzung der Prozesse durch den Fürstbischof kann zumindest im Fall Gerolzhofen keine Rede sein. Er war es, der die Folter anordnete und damit die Prozesswelle in Gerolzhofen und Umgebung in Gang setzte, die mehr als 200 Personen das Leben kostete.
Schon klar, der eigentlich schuldige war der Amtmann, der ausführende Organ.Echters Entscheidungen zum weiteren Verfahren basierten auf dem Beweismaterial, das ihm der Zentgraf vorlegte.
(…)
Es wird wohl durchaus eine Rolle gespielt haben, wie geschickt die vor Ort wirkenden Zentherren und Amtmänner ihre Forderungen juristisch begründeten.
Kein Wort davon, dass der Fürstbischof die Folter erst anordnete, nachdem die Beschuldigte dem Zentgrafen gegenüber zugegeben hatte, in der Kirche Hostie ausgespuckt zu haben. So nach dem Motto, da sei noch mehr zu holen.
Damit soll nicht gesagt werden, dass der Gerolzhöfener Zentgraf ganz unschuldig bei diesem Tun war. Aber er handelte, wie gesehen, nach fürstbischöflichen Anweisungen. Dass er dabei allzu eifrig zu Werke ging, kann gut möglich sein. Jedenfalls, die unteren Behörden für die Hexenverfolgungen in Würzburger Diözese verantwortlich zu machen, wie jetzt hier versucht wird zu insinuieren, ist nicht nur schlechter Stil, es ist auch ein Bemühen erkennbar, den Fürstbischof von jeder Schuld reinzuwaschen.
Im 17. Jahrhundert war das wohl Standard. Die Kirche hat trotz Augustinus und Thomas von Aquin lange zurecht negiert, dass es so etwas wie Zauberei gibt. Aber dann kamen die Pest und der Klimawandel (die kleine Eiszeit) mit Hungerkatstrophen, etc. Zuerst haben Menschen das auf sich bezogen, haben gesagt, Gott straft uns, weil wir nicht fromm genug waren – Geißlerprozessionen des 14. Jahrhundert waren demnach nur eine Steigerung der Prozessionen und Fürbitten, die sonst bei Wetterkapriolen anscheinend erfolgreich waren. Aber diesmal haben sie nichts bewirkt, wofür musste jemand verantwortlich sein musste. Bei jeder Katastrophe werden auch heute noch Schuldige gesucht.Schließt du daraus, dass jeder Vorwurf des Schadenszaubers auch mit dem Vorwurf des Teufelspakets einhergegangen sei?
Damals wurde der Teufel* als Verursacher ausgemacht und auch heute ist er der Schuldige, wenn etwas in der Welt aus dem Ruder läuft. Jedenfalls für die katholische Kirche – Zitat aus dem noch heute gültigen Katechismus:
Die Macht Satans ist jedoch nicht unendlich. Er ist bloß ein Geschöpf; zwar mächtig, weil er reiner Geist ist, aber doch nur ein Geschöpf: er kann den Aufbau des Reiches Gottes nicht verhindern. Satan ist auf der Welt aus Hass gegen Gott und gegen dessen in Jesus Christus grundgelegtes Reich tätig. Sein Tun bringt schlimme geistige und mittelbar selbst physische Schäden über jeden Menschen und jede Gesellschaft. Und doch wird dieses sein Tun durch die göttliche Vorsehung zugelassen, welche die Geschichte des Menschen und der Welt kraftvoll und milde zugleich lenkt. Dass Gott das Tun des Teufels zulässt, ist ein großes Geheimnis, aber ,,wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt" (Röm 8,28).
(…)
Die Lehre von der Erbsünde — in Verbindung mit der Lehre von der Erlösung durch Christus — gibt einen klaren Blick dafür, wie es um den Menschen und sein Handeln in der Welt steht. Durch die Sünde der Stammeltern hat der Teufel eine gewisse Herrschaft über den Menschen erlangt, obwohl der Mensch frei bleibt. Die Erbsünde führt zur ,,Knechtschaft unter der Gewalt dessen, der danach ,die Herrschaft des Todes innehatte, das heißt des Teufels‘ (Hebr 2,14)" (K. v. Trient: DS 1511). Zu übersehen, dass der Mensch eine verwundete, zum Bösen geneigte Natur hat, führt zu schlimmen Irrtümern im Bereich der Erziehung, der Politik, des gesellschaftlichen Handelns [Vgl. CA25.] und der Sittlichkeit.
Der Mensch hat also eine zum Bösen neigende Natur. Und besonders Frauen wären für das Böse anfällig, weil sie nicht fest im Glauben seien – Zitat:
Die Inquisitoren, zu denen auch der Autor des Hexenhammers Kramer zählte, erklärten die vermeintliche Nähe der Frauen zur Hexerei auf etymologische Weise wie folgt: „Das Wort femina nämlich kommt von fe und minus (fe = fides, Glaube; minus = weniger; also femina = die weniger Glauben hat)“.[18] Laut dieser Auffassung herrschte somit durch das Geschlecht eine Vorbestimmung der Anfälligkeit zum Teufel.
Klar, man zimmerte sich das nur zusammen, doch die Not war groß und die Kirche, die geistige Elite der damaligen Gesellschaft, musste handeln. Handeln hieß in diesem Fall: Schuldige suchen. Und man fand sie. Instrumentarium dafür haben sie schon seit Jahrhunderten gehabt, von höchster Stelle approbiert. Man musste es nur noch anwenden. Aber weil die Kirche kein Blut vergießen darf, überließ man die Sache der weltlichen Gewalt. Das hat man wohl von Pontius Pilatus gelernt.