"Ist es wirklich so, daß die Vorbereitungen in verschiedenen Ländern, besonders in Deutschland, auf den ersten Weltkrieg vor der UN Charta bzw. vor der Ratifizierung des Völkerstrafrechtsgesetzbuches keine Straftat darstellten? War die Vorbereitung eines Angriffskrieges damals international akzeptabel und juristisch unbedenklich?"
1. Der 1. Weltkrieg hat mit der UN-Charta insofern nichts zu schaffen, als dass diese erst nach dem 2. Weltkrieg begründet wurde.
Zu den Grundlagen des Rechts gehört das Rückwirkungsverbot, so dass Rechtsnormen nicht auf Ereignisse anwendbar sind, die vor deren Beschluss stattgefunden haben.
2. Es gab bis in die 1920er Jahre keine internationale Vereinbarung, die Angriffskriege per se für illegal erklärte. Das kommt erst mit dem Briand-Kellogg-Pakt am Ende der 1920er Jahre, dem Deutschland damals beitrat und der die Grundlage dafür bildete, dass man nach dem Krieg in Nürnberg gegen die Hauptkriegsverbrecher wegen Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges prozessieren konnte.
3. Es spricht, was den 1. Weltkrieg betrifft nicht viel dafür, dass von deutscher Seite ein dezidierter Angriffskrieg vorbereitet worden wäre, auch wenn diese Vorstellung noch viel durch die Literatur geistert.
Betrachtet man allerdings, dass Jahrelang (vor 1912) überhaupt keine Landrüstung getrieben, vor dem Krieg keine autarke Munitionsproduktion aufgebaut wurde etc. spricht das eher dagegen, dass hier ein Angriffskrieg vorbereitet worden wäre.
Allenfalls könnte man diskutieren, ob der "Blankoschek" an die Donaumonarchie einem solchen Handeln entsprechen könnte, wobei da eventuell einzuwenden wäre, dass man in Wien diesen Gedanken schon durchaus selbst hatte und mit der Bitte um Unterstützung an Berlin herntrat.
So gesehen könnte man eventuell Berlins Absicht diplomatisch den Boden zu bereiten, damit Wien einen Abrechnungskrieg gegen Serbien beginnen konnte, als Vorbereitung bezeichnen.
Wenn man allerdings bei Analogien zur Moderne und modernen völkerrechtlichen Auffassungen ist:
Mit der Anerkennung des NATO-Bündnisfalls im Fall der USA gegen Afghanistan, wegen der Anschläge des 11. September 2001, so wie der Weigerung der afghanischen Regierung Personen auszuliefern, die der Urheberschaft verdächtigt wurden, haben wenigstens die westlichen Staaten anerkannt, dass ein Terroranschlag und das anschließende Beherbergen und Schützen dafür verantwortlicher Terroristen, einen Verteidigungskrieg legitimieren kann.
Würde man diese Ansicht auf die Ereignisse von 1914 zurückprojezieren könnte man zu dem Schluss kommen, dass nach dem Attentat von Sarajevo und der Serbischen Ablehnung das zu untersuchen und österreichische Beamte (das Land war immerhin betroffen) daran zu beteiligen, möglicherweise mit einer ähnlichen Argumentation durchaus zu legitimieren gewesen wäre.
Wir sprachen darüber auf einem Schiessplatz, der bereits 1908 angelegt wurde und die Wälle und Gräben des ersten Weltkrieges bereits vollständig aufweist, ebenso wie die Stellungen für Maschinengewehre.
Schützengräben waren spätestens seit dem russich-japanischen Krieg von 1904/1905 ein Mittel der Kriegsführung, mit dem man rechnen durfte und selbstredend, werden Ausbildungen und Tests von Waffen unter möglichst realistischen Bedingungen, so weit sie zu antizipieren sind veranstaltet.
Das begründet allerdings allenfalls eine Kriegsvorbereitung im Allgemeinen, im Sinne der Landesverteidgung und für sich keine Vorbereitung eines Angriffskrieges.
Ich habe einige Diskussionen hier verfolgt, unter anderem "Der Kult der Offensive" und war von der Tiefe der Beiträge ebenso beeindruckt wie vom Wissen der DiskuttandInEn.
Der "Kult der Offensive" als Thema ist aber im Kern eine Diskussion um das strategische, operative und taktische Mittel des Krieges.
Es ist richtig, dass die militärischen Planer und Truppenführer der damaligen Zeit eine offensive Operationsführung bevorzugten um einen Krieg schnell zur Entscheidung zu bringen und die Probleme eines Ermattungskrieges möglichst zu umgehen.
Das hat aber nichts mit dem völkerrechtlichen Tatbestand der Vorbereitung eines Angriffskrieges zu tun. Generalabschefs und ihre modernen Entsprechungen entwerfen Kriegspläne in abstracto, weil sich so etwas bei modernen Massenheeren und der Geschwindigkeit moderner Kriegsführung eben nicht improvisieren lässt. Das ist deren Job und hat auch nichts mit irgendwelchen feindlichen Absichten zu tun.
Der Tatbestand der Vorbereitung eines Angriffskrieges betrifft primär nicht die militärische (ausgenommen an den Schnittstellen, wie Kriegs/Verteidigungsministerien, sondern die poltische Ebene.
Maßgeblich für den Tatbestand einer solchen Vorbereitung ist nicht, dass auf irgendwelchen Schießplätzen Waffen getestet oder Personal ausgebildet wird, auch nicht dass in den Generalstäben Pläne für den Kriegsfall in abstracto gemacht werden, sondern maßgeblich ist, dass die zivile Politische Leitung eines Landes, als oberste Entscheidungsinstanz, der das Militär und andere Institutionen unterstehen Schritte unternimmt, die auf das Herbeiführen eines Angriffskrieges hinauslaufen.
Was von Schritten zur Vorbereitung eines Krieges im Allgemeinen zu unterscheiden ist, so lange es keine indizien dafür gibt, dass der Beginn eines solchen Krieges selbst oder positive Kriegsziele im engeren Sinne angestrebt werden.