Mein Kelten Roman-Niedergang des Glaubergs

@Shinigami: Ja, natürlich wäre es mit heutigen Maßstäben wenig sinnvoll. Und auch ein relativ gebildeteres/zivilisiertes Volk wie die Römer haben sich bei ihren späteren ausgedehnten territorialen Kriegen und Eroberungszügen verständlicherweise wenig über ein metaphysische Ebene oder Naturphänomene gekümmert. Dafür war es ein zu großer Wirtschaftsfaktor geworden.
Aber bei besonders naturverbundenen Völkern bin ich mir da gar nicht so sicher. Auch Indianer hatten noch lange Zeit diese Zeichen sowie Natur und Götterphänomene beachtet und gedeutet.

Ich persönlich halte es für falsch, Zivilisationen, die noch sehr viel näher an der Natur lebten als wir das heute tun, das rationale Kalkül abzusprechen.
Natürlich, wird da ein recht starker Hang zum Spirituellen grundsätzlich da gewesen sein, weil Wissen um natürliche Gesetzmäßigkeiten fehlte und naturphänomene auf das Leben einen weit größeren Impact hatten, als auf unseres.
Dementsprechend, musste man natürlich die Hoffnung, dass das Getreide nicht verfriert, die Ernete einigermaßen wird, etc. irgendwo hin projizieren und da ist dann das spirituelle Bedürfnis auch grundsätzlich verständlich.

Andererseits dürfte aber diesen Gruppen sehr wohl, gerade auf Grund ihrer Verwundbarkeit durch Naturereignisse etc. auch klar gewesen sein, dass ihre Ressourcen sehr begrenzt waren und dass sie sparsam damit umgehen mussten.


Übrigens auch die Römer hatten ja ihre Auguren, die die Auspizien abhielten. Aber eben bevor man in den Krieg zog.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Shinigami: Ich persönlich würde ja meine Zukunft generell nicht von der Beschaffenheit von Tiereingeweiden abhängig machen wollen (oder Stern- und Planetenkonstellationen for that matter...), aber irgendwie waren die Altvorderen da halt anders gepolt, scheint es.
Bekannt sind sie als das letzte Opfer vor einer Schlacht.
(...)
Sphagia wurden bei Eiden, Läuterungen, bestimmten Riten für Tote oder Helden, der Besänftigung von Winden sowie der Überquerung von Flüssen durch eine Armee ausgeführt. Das Sphagion war das letzte Opfer, bevor eine Schlacht begann.

Ein Beispiel aus römischer Zeit hat es als Anekdote zu einiger Bekanntheit gebracht. (Einerlei ob die Story nun stimmt oder nicht, oder ob sie gar schlachtentscheidend war...):
Als Konsul hatte er das Kommando über die römische Flotte im Ersten Punischen Krieg. Er verlor die Schlacht von Drepana gegen die Karthager, angeblich, weil er ein schlechtes Omen ignorierte, als die heiligen Hühner sich weigerten zu fressen. Nach Sueton und Cicero warf Claudius sie ins Wasser, ut biberent, quando esse nollent („damit sie trinken, wenn sie nicht essen wollen“).

Ob sich die Feldherren da wirklich auf ein Orakel verließen, um militärische Entscheidungen zu treffen, ob es eher um die Ermutigung der Kämpfenden ging, oder ob es vielleicht ein Weg war, kluge, aber unpopuläre Entscheidungen zu legitimieren ("Ich hätte ja tapfer angreifen lassen, aber da waren halt Flecken auf der Schafsleber; was willste da machen?")*, kann man lange diskutieren, ob nun mit Erkenntnisgewinn oder ohne. Aber das gleiche gilt für solche Dinge generell, und äonenlang haben Menschen so nunmal ihren Hochzeitstag festgelegt, oder sich andere wichtige Lebensentscheidungen von irgendwelchen Wahrsagern diktieren lassen, ob nun zum Guten oder zum Schlechten...

* Die Idee ist aus einem youtube-Video (Lindybeige-Channel, Religion und Krieg im antiken Griechenland und Rom, auf englisch), der das Thema vielleicht nicht einhundert Prozent wissenschaftlich, aber sehr unterhaltsam angeht...
 
Aber bei besonders naturverbundenen Völkern bin ich mir da gar nicht so sicher.
Gerade die Kelten würde ich nicht als besonders naturverbunden sehen.
Die Kelten lebten in der Natur, die Kelten nutzten die Natur. Aber gerade in der Archäobotanik des Glaubergs - und da gibt es sehr gute Untersuchungen - zeigt sich dass der Lebensraum sich stark wandelte, möglicherweise schon übernutzt war.

In den latènezeitlichen, keltischen Bergbaugebieten musst Du von einer völligen Umweltzerstörung ausgehen, mit völligem Waldverlust und Bodenerosion. Das ändert nichts daran, dass die keltisch / gallische Landwirtschaft hoch entwickelt war.
 
* Da El Quijote vor Vermischung mit der inselkeltischen Überlieferung warnt: Das bezieht sich auf die irisch-keltischen Quellen, oder?
Genau. Keltische Mythologie kennen wir praktisch nur aus mittelalterlichen irischen Quellen, die aber in esoterischen Kreisen gerne als allgemeingültig auch für die Festlandkelten herangezogen werden. Wir kennen ansonsten ja nur vereinzelte Namen und bildliche Darstellungen, die schwer zu deuten sind.

Die Kelten in Britannien waren den gallischen Kelten nahe verwandt, und sprachen bspw eine ähnliche Sprache; die Irlands nicht.
Ich weiß nicht wann die britannischen und die goidelischen Sprachen sich auseinander entwickelt haben.

Dachte ich ja auch. Aber wie Pardela Cenicienta sagt, gibt es lediglich Hinweise auf den Glauberg als wirtschaftliches und spirituell/religiöses Zentrum.
Wo wird gewirtschaftet? Vor der Industrialisierung dort, wo man wohnt. Wohnort und Arbeitsplatz sind für die Menschen bis ins 19. Jhdt. weitgehend identisch gewesen.

Sofern wir von, sich überfallartig vollziehenden Kriegs- und Plünderungszügen reden, wird man ganz bestimmt nicht, noch irgendwo in Sichtweite potentieller Feinde irgendwelche Gottheiten o.ä. befragt haben wann's mit dem Angriff denn günstig wäre, um dabei dann möglicherweise das Überraschungsmoment zu verdaddeln oder die Antwort zu erhalten, dass man besser wieder umdrehen und es in 2 Monaten nochmal versuchen sollte.
Als die Perser Griechenland angriffen, sind die Athener nach Delphi gegangen und haben das Orakel befragt, was sie machen sollten, das Orakel sagte, sie sollten sich hinter hölzernen Wehren verschanzen. Das hätte man so interpretieren können, dass die Athener eine Palisade um Athen hätten ziehen sollen, aber offensichtlich haben sich die Meinungsführer durchgesetzt, die dies als "Baut eine Flotte" interpretierten. So zumindest meine Interpretation der Überlieferung. Von Germanicus ist indirekt überliefert, das er vor der Schlacht von Idistaviso die Auspizien durchführte. (Angeblich sollen acht Adler in Richtung des Walde geflogen sein, in dem die Germanen sich positioniert hatten und Germanicus sah dies als augurium an, befahl seinen Legionen den Adlern zu folgen.

Wenn man für ein solches Unternehmen Zeichendeuterei u.ä. in Anspruch genommen hat, dann wird man das vor dem Aufbruch getan haben, aber nicht während der Unternehmung.
Das ist in diese wie jene Richtung Spekulation.

Haben die Griechen, speziell die Spartaner, nicht regelmäßig noch auf dem Schlachtfeld irgendwelche Ziegen massakriert, um rauszufinden, ob der richtige Zeitpunkt zum Agriff gekommen ist? Warum nicht die Kelten auch? Zumindest wenns um etwas größeres Unternehmen geht, als beim Nachbarstamm ein paar Kühe zu klauen...
!!

Kann ich mir in der Regel schwer vorstellen, weil da immer die Gefahr besteht, dass sich der Feind jetzt blöderweise nicht an den Spruch meines Orakels hält und mir die Schlacht aufzwingt, egal ob das Ziegenorakel das jetzt aus meiner Sicht für gut hält oder nicht.
Ist halt die Frage, wer das berühmte Momentum auf seiner Seite hat.

Und dann wäre da natürlich noch die Frage, was gibt man auf ein solches Orakel? Gibt man möglicherweise eine offensichtlichen Vorteil aus der Hand, in dem man z.B. so lange wartet, bis der Feind Verstärkung bekommt oder seine Position befestigt, weil irgendwer aus den Eingeweiden einer Ziege heraugelesen hat, dass 3 Tage abwarten besser wäre?
Das Orakel von Delphi gab offensichtlich interpretierbare Sprüche aus, keine genauen Weisungen. Ein Ziegenorakel (oder KaffeesatzlesereI) ist noch wesentlich interpretationsoffener.

Oder aber nutzte man sowas, lediglich um die ohnehin bereits gefallenen Entscheidungen der Befehlshaber zu legitimieren? Wenn man gescheit war, tat man das, aber dann wäre es ein Risiko gewesen einen Priester/Druiden/whatever mitzunehmen, der am Ende seinen eigenen Kopf hat und das möglicherweise das Vertrauen der Truppen in ihren Anführer unterminiert, wenn er diesem widerspricht.
Das würde dann dafür sprechen, sowas vielleicht pro forma, wenn gerade Zeit ist, irgendeinem in Teilzeit zum Prister umfunktionierten Krieger vollziehen zu lassen, keinen eigentlichen Priester/Druiden.
Vergallopier dich nicht.

Ich persönlich halte es für falsch, Zivilisationen, die noch sehr viel näher an der Natur lebten als wir das heute tun, das rationale Kalkül abzusprechen.
Das sehe ich ähnlich. ABER: Was ist rational? Aus der Sicht eines vormodernen Menschen ist Rationalität etwas anderes, als aus unserer Sicht. Vor 150 Jahren war es noch rational zu glauben, die Erde sei vor etwa 6000 Jahren in sieben Tagen geschaffen worden. Es war rational sich Götter durch Opfer gewogen zu machen/halten (oder zumindest darauf zu hoffen) und es war rational, aus Ereignissen - wie die Buchenstäbchen fielen, die Wingewede aussahen, das Blut eines Opfers floss - Vorhersagen abzuleiten.
(Mal abgesehen davon handelt jeder von uns andauernd irrational, wir sollten uns also auf unsere vermeintliche Rationalität nicht allzuviel einbilden. Rauchen, Alkohol trinken, Süßkram essen, ist alles irrational und trotzdem ist das gesellschaftlich weit verbreitet und mehr oder weniger akzeptiert. Wären wir rational würden wir viel mehr Menschen in der Landwirtschaft beschäftigen - dafür dort weniger Maschinen einsetzen - und Autos mindestens reduzieren und keine Flugreisen mehr unternehmen. Stattdessen werden die Autos immer größer, die SUV-ZUlassungen immer mehr, wir haben jedes Jahr mehr Autos auf den Straßen und die Autos werden immer größer, Parkflächen immer weniger - das ist extrem irrational! Und dennoch verhalten wir uns so.)

Andererseits dürfte aber diesen Gruppen sehr wohl, gerade auf Grund ihrer Verwundbarkeit durch Naturereignisse etc. auch klar gewesen sein, dass ihre Ressourcen sehr begrenzt waren und dass sie sparsam damit umgehen mussten.
Seit bald 50 Jahren predigen Klimaforscher: Wenn ihr da und da nicht einlenkt, werden wir einen Klimawandel haben, wenn die Temperatur auf über 1.5° im langjährigen Jahrsmittel steigt, bekommen wir echte Probleme. Die Temperatur hat die langjährigen Jahresmittel um 1.5° gerissen und wir haben die Probleme. Das Problem ist immer: Das ist zu abstrakt. Und vor allem sind wir Menschen Meister darin, Dinge zu externalisieren. Ja, fliegen erhöht meinen ökologischen Fußabdruck. Aber wenn ich nicht fliege, besteigt halt ein anderer das Flugzeug. Die Autofahrt zum Supermarkt ist ja eigentlich unnotwendig, aber ich muss zwei Bierkästen kaufen, das brauche ich das Auto einfach. Also die anderen sollen schön mal sparsam sein mit fliegen und Auto fahren, aber ich fliege ja nur einmal im Jahr und naja, muss jetzt gerade einen Großeinkauf machen.... Abgesehen von den Klimakriseleugnern (ob an sich oder in der Variante, dass wir dafür verantwortlich sind), ist uns doch allen bewusst, dasss wir sparsam mit den Ressourcen umgehen müssen. Aber wir externalisieren das, denken, die Gesellschaft muss sparsam mit den Ressourcen umgehen, aber bei der Übertragung auf uns selbst als kleinsten Bestandteil der Gesellschaft scheitern wir regelmäßig. Nicht immer, aber oft.

Gerade die Kelten würde ich nicht als besonders naturverbunden sehen.
Die Kelten lebten in der Natur, die Kelten nutzten die Natur. Aber gerade in der Archäobotanik des Glaubergs - und da gibt es sehr gute Untersuchungen - zeigt sich dass der Lebensraum sich stark wandelte, möglicherweise schon übernutzt war.

In den latènezeitlichen, keltischen Bergbaugebieten musst Du von einer völligen Umweltzerstörung ausgehen, mit völligem Waldverlust und Bodenerosion. Das ändert nichts daran, dass die keltisch / gallische Landwirtschaft hoch entwickelt war.
Das ist ja auch kein Widerspruch.

Wie definierst Du "naturverbundene" Völker?
Ich sehe auch Teile der indianischen Stämme kaum als "naturverbunden" an!
Zu empfehlen ist hier die Lektüre von Charles C. Mann, 1491. New Revelations of the Americas Before Columbus, Deutsch: Amerika vor Kolumbus. Die Geschichte eines unentdeckten Kontinents.,
 
Als die Perser Griechenland angriffen, sind die Athener nach Delphi gegangen und haben das Orakel befragt, was sie machen sollten, das Orakel sagte, sie sollten sich hinter hölzernen Wehren verschanzen. Das hätte man so interpretieren können, dass die Athener eine Palisade um Athen hätten ziehen sollen, aber offensichtlich haben sich die Meinungsführer durchgesetzt, die dies als "Baut eine Flotte" interpretierten.
Offensichtlich war das allerdings auch nicht unmittelbar vor der Schlacht, sonst wäre ja kaum Zeit gewesen, nach Athen zurück zu kehren und eine Flotte zusammen zu stellen/zu ertüchtigen.

Von Germanicus ist indirekt überliefert, das er vor der Schlacht von Idistaviso die Auspizien durchführte.
Wobei er gemäß Überlieferung 8 Legionen dabei hatte und davon ausgehen konnte, jeder potentiellen germanischen Gruppe drückend überlegen zu sein, womit keine Gefahr bestand, dass er von sich aus angegriffen werden könnte, wenn er nicht selbst angriff oder dass sich bei Verzögerung das Kräfteverhältnis deutlich zu seinen Ungunsten verschieben würde.
Schlimmstenfalls hätte ihm der Feind weglaufen können.

Und btw. war Germanicus berufsmäßiger Druide/Priester, (ich meine jetzt nicht Priestertum qua römischem Amt, was man nehr oder weniger ohne besondere Ausbildung durch Handauflegen werden konnte, sondern tatsächlich hauptberuflich), der vom Militärwesen keine Ahnung hatte?

Oder rechtfertigte er in spiritueller Funktion, als "Teilzeit-Ritual-Vollzieher", was er in seiner Funktion als militärischer Befehlshaber selbst vorher entschieden hatte?

Ist halt die Frage, wer das berühmte Momentum auf seiner Seite hat.
Eigentlich nicht.

Wenn B stärker ist als A und also jederzeit den A angreifen kann, während es für A wahrscheinlich eher schlecht ausgeht, wenn er selbst angreift, braucht A kein Orakel abzuhalten, wann er denn angreifen soll. Offensichtlich gar nicht und offensichtlich kann Orakel hin oder her B den Beginn einer Schlacht diktieren.
Sollte A zu dem Schluss kommen, dass es also besser wäre abzuziehen und auszuweichen, wäre es eher wenig sinnvoll, sich das vorher noch von einem Orakel bestätigen zu lassen, den Abzug damit zu verzögern und damit B weiterhin Gelegenheit zu geben A die Schlacht aufzuzwingen.

Darüber zu orakeln wann der beste Zeitpunkt für A für einen Angriff wäre, würde für den A überhaupt nur dann Sinn ergeben, wenn A das auch wirklich bestimmen kann und dass setzt wiederrum vorraus, dass A erhebliche Vorteile auf der eigenen Seite hat und den B jederzeit angreifen könnte.
Wenn aber A bereits erhebliche Vorteile auf der eigenen Seite hat, nötigt das eigentlich dazu die zu nutzen und anzugreifen, bevor sich die Bedingungen möglicherweise verschlechtern.

Vergallopier dich nicht.
Wie dargelegt. Unmittelbar vor einer Schlacht zu orakeln, wann es gut wäre loszulegen während sich die aufmarschierten Truppen mehr oder weniger bereits gegenüberstehen, konnte nur für die Seite Sinn ergeben, die sich drückend überlegen wähnte und also tatsächlich den Beginn einer Schlacht diktieren konnte, weil keine Gefahr bestand, dass der Gegner sie eröffnen würde.
Für die ergab aber Abwarten in der Regel keinen Sinn und konnte im Prinzip nur Vorteile zunichte machen.

Wenn also in so einer Situation orakelt wurde, musste das Ergebnis des Orakelspruchs von vorn herein auf zeitnahen Angriff lauten um den Vorteil nicht zu vertändeln.
Würde man in dieser Situation auf die Idee kommen, jemanden, der im Zweifel keinen Plan von militärischen Dingen hat, aber möglicherweise eine ähnlich große soziale Autorität wie der Heerführer, dem Heerführer hier ins Handwerk pfuschen zu lassen?

Was passiert, wenn der auf einmal was völlig anderes sagt, als der militärische Oberkommandierende?

Verschenkt man dann einen sicheren Sieg, weil ein militärischer Amateur nach Beschauung geschlachteter Ziegen was dagegen hatte? Mit der Konsequenz dann bei einer späteren Konfrontation möglicherweise in erheblich schlechterer Lage zu sein? Oder greift man trotz der Meinungsverschiedenheit zwischen beiden an, im Wissen, dass das für die Moral der eigenen Leute eher schlecht ist?

Wie ich das sehe musste sichergestellt werden, dass beim Orakel das heraus kam, was im gegebenen Moment den Vorstellungen der Befehlshaber entsprach.
Das heißt, wer das durführte, musste entweder der Befehslhaber selbst sein, oder jemand, der durch den Befehlshaber kontrollier- und disziplinierbar war. Und dass schließt eigentlich aus, es einer in der Sozialhierarchie hochstehenden Person außerhalb der "militärischen Strukturen" soweit man davon reden kann (bei den Römern und Griechen kann man das sicherlich so nennen, bei den Kelten überspitzt der Begriff möglicherweise etwas) zu überlassen.
 
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Shinigami, ich glaub, die unterschätzt, wie lange so eine Schlacht auch in der Vorphase dauern konnte. Da müssen die Truppen vom Lager aufs Schlachtfeld ziehen (oder eben nicht...), da müssen die Truppen aufgestellt und geordnet werden, da muss vielleicht ohnehin "Überzeugungsarbeit" geleistet werden, dass die dann auch angreifen (grad bei Leuten, die nicht in einer festen Disziplin steckten wie römische Berufssoldaten; Kelten zB...); all das kann wesentlich länger dauern als das Schlachten und Ausnehmen eines Haustiers...

Oder rechtfertigte er in spiritueller Funktion, als "Teilzeit-Ritual-Vollzieher", was er in seiner Funktion als militärischer Befehlshaber selbst vorher entschieden hatte?
Gute Frage, sei es bei römischen Auguren (War das Berufung oder ein religiöser Nebenjob für Magistrate?), oder bei Druiden, über die wir noch viel weniger wissen...

Würde man in dieser Situation auf die Idee kommen, jemanden, der im Zweifel keinen Plan von militärischen Dingen hat, aber möglicherweise eine ähnlich große soziale Autorität wie der Heerführer, dem Heerführer hier ins Handwerk pfuschen zu lassen?

Was passiert, wenn der auf einmal was völlig anderes sagt, als der militärische Oberkommandierende?
Ist die Frage, wie unabhängig der Ausgang des Orakels wirklich von den Entschlüssen des Feldherren war; bzw wer jetzt eigentlich das Ergebnis an die Truppen weiterkommuniziert. Der einfache Soldat sah ja nur, wie da irgendwelche Priester Priesterdinge taten, und hörte dann die Befehle seines Vorgesetzten. Ob die Orakelstäbchen jetzt wirklich günstig oer ungünstig fielen, konnte der weder wahrnehmen noch beurteilen. Selbst im Falle von Pulchers See-Hennen (wenn wir mal annehmen, das habe sich wirklich so abgespielt...) sieht das die Besatzung seines Flagschiffes (bzw die an Deck), vielleicht noch in der Galeere nebenan, aber sicher nicht das Gros der Flotte. Und wenn sich später ein sich missverstandender Augur bei seinen Vorgesetzten beschweren will: Dann ist entweder die Schlacht gewonnen und alles gut, oder sie ist verloren, und dem Feldherren kanns eigentlich auch egal sein, denn die Niederlage an sich dürfte dann ohnehin schwerer wiegen...
 
Das sehe ich ähnlich. ABER: Was ist rational? Aus der Sicht eines vormodernen Menschen ist Rationalität etwas anderes, als aus unserer Sicht. Vor 150 Jahren war es noch rational zu glauben, die Erde sei vor etwa 6000 Jahren in sieben Tagen geschaffen worden. Es war rational sich Götter durch Opfer gewogen zu machen/halten (oder zumindest darauf zu hoffen) und es war rational, aus Ereignissen - wie die Buchenstäbchen fielen, die Wingewede aussahen, das Blut eines Opfers floss - Vorhersagen abzuleiten.
Naja, aber letztendlich ging es um Humanressourcen und da dürften heutige Vorstellungen nicht so weit von den damaligen sein.
Wenn man Druiden/Preister etc. nicht für wichtig hielt hätte, man nicht große gesellschaftliche Ressourcen aufgewendet um welche auszubilden.
Wenn man davon ausging, dass diese Leute über Wissen verfügten, von dem die gesamte Gesellschaft profitieren konnte, lief es offensichtlich auf eine erhebliche Schwächung der gesamten Gesellschaft und auf einen Verlust gesamtgesellschaftlicher Fähigkeiten hinaus, wenn zu viele dieser Leute bei militärischen Auseinandersetzungen unnötigerweise getötet wurden.

(Mal abgesehen davon handelt jeder von uns andauernd irrational, wir sollten uns also auf unsere vermeintliche Rationalität nicht allzuviel einbilden. Rauchen, Alkohol trinken, Süßkram essen, ist alles irrational und trotzdem ist das gesellschaftlich weit verbreitet und mehr oder weniger akzeptiert. Wären wir rational würden wir viel mehr Menschen in der Landwirtschaft beschäftigen - dafür dort weniger Maschinen einsetzen - und Autos mindestens reduzieren und keine Flugreisen mehr unternehmen. Stattdessen werden die Autos immer größer, die SUV-ZUlassungen immer mehr, wir haben jedes Jahr mehr Autos auf den Straßen und die Autos werden immer größer, Parkflächen immer weniger - das ist extrem irrational! Und dennoch verhalten wir uns so.)
Hier würde ich jetzt widersprechen. Rationalitäten können ja durchaus unterschiedlich begründet sein.

Man könnte z.B. im Hinblick auf die Landwirtschaft agrumentieren, dass es der Implikation einer zentralen Wirtschaftssteuerung und von Preisfestsetzungen bedürfte um die Marktlogiken, die die Gesellschaft auf die bisherige Produktionsweise festlgen auzuhebeln.
Das zu unterlassen ist aber in einer Gesellschaft, die so etwas schlicht nicht akzeptieren und es boykottieren würde nicht irrational.

Man kann es auch im Prinzip dem einzelnen Mitglied der Gesellschaft nicht vorwerfen es nicht zu tun. Der Landwirt, der heute seine Maschinen verkauft um menschliche Arbeitskräfte einzustellen um dem Klimaproblem abzuhelfen ist in absehbarer Zeit insolvent und vom Markt verschwunden.
Er unterlässt es nicht deswegen, weil er irrational wäre und nicht wüsste, dass das mit den Maschinen gewisse Probleme mit sich bringt, sondern er unterlässt es aus wirtschaftsbezogener Rationalität.
Wenn verschiedene Rationalitätsmodelle die alle Einfluss auf das Leben einer Person haben gegeneinander stehen und die Person entscheidet sich für dass modell, dass aus ihrer individuellen Sicht das wichtigste für die Sicherung der eigenen Existenz ist, ist diese Entscheidung nicht per se jenseits der Rationalität.
Seit bald 50 Jahren predigen Klimaforscher: Wenn ihr da und da nicht einlenkt, werden wir einen Klimawandel haben, wenn die Temperatur auf über 1.5° im langjährigen Jahrsmittel steigt, bekommen wir echte Probleme. Die Temperatur hat die langjährigen Jahresmittel um 1.5° gerissen und wir haben die Probleme. Das Problem ist immer: Das ist zu abstrakt. Und vor allem sind wir Menschen Meister darin, Dinge zu externalisieren. Ja, fliegen erhöht meinen ökologischen Fußabdruck. Aber wenn ich nicht fliege, besteigt halt ein anderer das Flugzeug. Die Autofahrt zum Supermarkt ist ja eigentlich unnotwendig, aber ich muss zwei Bierkästen kaufen, das brauche ich das Auto einfach. Also die anderen sollen schön mal sparsam sein mit fliegen und Auto fahren, aber ich fliege ja nur einmal im Jahr und naja, muss jetzt gerade einen Großeinkauf machen.... Abgesehen von den Klimakriseleugnern (ob an sich oder in der Variante, dass wir dafür verantwortlich sind), ist uns doch allen bewusst, dasss wir sparsam mit den Ressourcen umgehen müssen. Aber wir externalisieren das, denken, die Gesellschaft muss sparsam mit den Ressourcen umgehen, aber bei der Übertragung auf uns selbst als kleinsten Bestandteil der Gesellschaft scheitern wir regelmäßig. Nicht immer, aber oft.
Das ist doch aber eine völlig andere Diskussion.
Worauf du abstellst sind die Probleme einer Überflussgesellschaft, die wesentlich mehr Spielräume für Verschwendung bieten, als es in einer stark umweltabhängigen Mangelgesellschaft gemeinhin der Fall ist.

Wenn ich weiß, dass im nächsten Jahr die Ernte ausfallen kann, lege ich in größtmöglichem Maße Vorräte an, um nicht möglicherweise binnen Jahresfrist für den Fehler es nicht getan zu haben mit dem Leben bezahlen zu müssen.
Wenn ich weiß oder unterstelle dass der X, der Y und der Z, über Schlüsselfähigkeiten verfügen, die für die Subsistenz der Gruppe von entscheidender bedeutung sein können (sei es Spezialwissen im Agrarbereich oder bei der Viehzucht, oder seien es besondere handwerkliche Fähigkeiten, die schlicht benötigt werden) wird meine Tendenz um es drastisch auszudrücken eher dahin gehen, die irgendwo in der Siedlung anzuketten, damit sie der Gruppe nicht weglaufen können, als sie auf irgendwelche Feldzüge zu schicken, von denen sie womöglich nicht mehr oder nicht mehr voll leistungsfähig zurückkehren.
 
Mir fällt es schwer Kriegszüge aus dieser Zeit so rationell einzuschätzen wie ihr das tut.
Sun Tzu, Parmenion, Cäsar und einige gute Feldherrn haben sich in unserem Denken zwar ausgebreitet, aber die kannte keine Sau damals. Das waren keine Standards.
Da kannte man den Horst um die Ecke, der gut draufhauen kann, wenn er ordentlich einen gebechert hat und vielleicht einige verdrehte Geschichten der Ahnen. Das wars.
Und damals wie heute gab es Underdogs, die das Ding drehen, obwohl sie weniger sind. Entgegen aller Ratio.

Wenn wir die drei bis vier großen Schlachten der LaTene Epoche sehen, waren die Feldherren a la Brennus auch nicht immer unbedingt Astrophysiker, oder? Die sind laut und Todesverachtung nach vorne geprescht und haben sie nicht zur Ruhe kommen lassen.

Marius Reformen dauern auch noch 250 Jahre!!

Da muss in den keltischen Gefilden andere Dinge wichtig gewesen sein, als zu späteren Zeiten.
 
Und zur Naturverbundenheit:
Wie sehr, denkt ihr, ist man mit seiner Umgebung und der Natur verbunden, wenn für drei Viertel der Gesellschaft das tägliche Essen, die Heilung, die Rauschmittel und der Arbeitsalltag genau daraus gewonnen wird?
Wie viel besser kennt man die Pflanzen vor seiner Tür und im Garten, wenn man davon direkten Benefit und Notwendigkeit daran hat und es keinen Supermarkt, Internet oder BringSesrvice in der Nähe gibt?
Wenn man, außerhalb der Ballungszentren (und da gab es wenige, auch wenn natürlich Eisenverhüttung u.ä. ganze Landstriche platt gemacht hat) im nirgendwo wohnt?
 
Die sind laut und Todesverachtung nach vorne geprescht und haben sie nicht zur Ruhe kommen lassen.
Da wir es nicht genau wissen, kann man nur spekulieren; was dann für einen Roman ja auch in Ordnung ist, soll ja keine wissenschaftliche Facharbeit werden...

Die späteren Kelten Galliens kannten laut Caesar einen adligen Kriegerstand, aber keine organisierte Berufsarmee. Da ist die Vermutung, bei größeren bzw offen geführten Gefechten sei es va um einen energischen Angriff gegangen, und der Schwerpunkt habe va auf den individuellen Fähigkeiten dieser Krieger gelegen (Tapferkeit, Waffenkünste, Ausrüstung etc), mE durchaus plausibel. Daneben wird aber der Kleinkrieg eine große Rolle gespielt haben, da größere Auseinandersetzungen nicht alltäglich gewesen sein werden; also Überfälle, Raubzüge, Hinterhalte usw. Hier kommt es durchaus auf kluges Taktieren kleiner Gruppen an, um dann in einem günstigen Moment zuzuschlagen, in dem man zB die zahlenmäßige Überlegenheit hat, und dann zu verschwinden, bevor der Gegner sich sammeln kann. Details hängen natürlich von dem konkreten Ziel ab, und das wird wiederum ua von den eigenen Möglichkeiten bestimmt: Will man eine Viehherde stehlen? Eine unbefestige Siedlung einnehmen und ausrauben? Eine bestimmte Person/Personengruppe ausschalten?

Über die soziale Struktur wissen wor auch kaum etwas. Gut, der Glauberg war in irgendeiner Form ein Machtzentrum, da hatte also irgendwer das Sagen. Über wieviele Menschen? Wieviele wehrtauglich? Wieviele in Kriegsdingen erfahren? Davon abgesehen werden die Strukturen mE eher kleinteilig gewesen sein, sprich: Keiner konnte einfach mit dem Fuß aufstampfen, damit ihm plätzlich eine große Armee zur Verfügung stand, selbst für die damaligen Verhältnisse. Für gefährliche Unternehmungen, bei dem Menschen ihr Leben riskieren sollen, musste also irgendeine Motivation gegeben sein; zB die Angst, selber Opfer von Feinden zu werden, oder die Aussicht auf materiellen Gewinn wie Beute.

Alles Spekulation aufgrund anderer, vergleichbarer Situationen in der Geschichte, plus etwas Logik.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und zur Naturverbundenheit:
Wie sehr, denkt ihr, ist man mit seiner Umgebung und der Natur verbunden, wenn für drei Viertel der Gesellschaft das tägliche Essen, die Heilung, die Rauschmittel und der Arbeitsalltag genau daraus gewonnen wird?
Wie viel besser kennt man die Pflanzen vor seiner Tür und im Garten, wenn man davon direkten Benefit und Notwendigkeit daran hat und es keinen Supermarkt, Internet oder BringSesrvice in der Nähe gibt?
Wenn man, außerhalb der Ballungszentren (und da gab es wenige, auch wenn natürlich Eisenverhüttung u.ä. ganze Landstriche platt gemacht hat) im nirgendwo wohnt?
Wir wissen, das weitaus abhängigere Völker als die doch relativ hochentwickelten Kelten, also Völker, denen man weit eher das Attribut "Naturvölker" anheften würde, erheblichen Einfluss auf ihre Umwelt nahmen. Die Ausrottung der Megafauna, an der der Mensch mindestens seinen Anteil hatte (sie starb meist immer dann aus, wenn der Mensch in eine Region kam) war ja i.d.R. kein Masterplan "Wir rotten jetzt mal die Megafauna aus", sondern ein schleichender Prozess. Man hat eben mehr Tiere entnommen, als reproduziert wurden. Ein Karnickel wirft mehrere JUnge, ein Mammut eben nur eins oder in sehr seltenen Fällen zwei. Ein Karnickel hat eine Tragezeit von wenigen Wochen, ein Mammut wird Tragezeiten von annähernd zwei Jahren gehabt haben. EIn Karnickel wird in vier Monaten geschlechtsreif, ein Mammut vermutlich mit ca. 15 Jahren. Das lässt sich auf viele andere Säugetiere übertragen: Kleinere: Mehr Nachkommen, kürzere Firsten, größere: weniger Nachkommen, längere Fristen. Ein 50jähriger Steinzeit-Opa wird sicher gedacht haben "in meiner Jugend waren die Mammutherden aber größer", aber ob er den Zusammenhang zwischen dem einen erjagten Tier pro Saison gesehen hat und der Reprdouktionsrate von ca. 16 Jahren (Geschlechtsreife plus Tragezeit) und dem Schrumpfen der Mammutpopulation, ist fraglich.
Die Aborigines haben Australien zur Wüste gemacht.
Die Kelten werden ihre Pflanzen und Tier gekannt haben, aber das machte sie nicht "naturverbundener":
 
Gab es Kampftrupps nach Waffengattungen? (Plänkler, schwere Infanterie...))
Nein, eine wirkliche Unterscheidung in Waffengattungen ist mE nicht zu erwarten. Was es aber gegeben haben wird: Einen unterschiedlichen Stand an Ausrüstung, und evtl Erfahrung. Nicht geplant, sondern einfach, weil sich unterschiedliche Individuen unterschiedliche Ausrüstung leisten konnten, und unterschiedliche Möglichkeiten hatten, Erfahrungen zu sammeln. Es ist dann nur naheliegend, das vorhandene (Menschen-) Material so einzusetzen, dass es möglichst effektive Ergebnis bringt, auch wenn das viele unterschiedliche Formen annehmen kann.

Wenn es einen adligen Kriegerstand gab kann man davon ausgehen, dass von diesem erwartet wurde, in jeder möglichen oder absehbaren Situation anderen überlegen zu sein, die nicht zu diesem Stand gehörten.
 
Könntest du das an anderer Stelle einmal näher ausführen? Das habe ich so noch nicht gelesen, gleichwohl würde es mich interessieren, weil ich in Sachen Australien zugegebenermaßen insgesamt relativ wenig weiß und da gerne dazulernen würde.

Die Aborigines nutzten seit zehntausenden Jahren kontrollierte Brände („Fire-stick farming“), um Savannen offen zu halten, was ihnen die Jagd erleichterte, in der Folge wurde Wälder zu Savannen und dine Megafauna starb aus. Aber meine Aussage war überspitzt: Australien war natürlich schon vor der Ankunft des Menschen ein relativ trockener Kontinent, allerdings sehr viel bewaldeter, als er sich später den Europäern präsentierte.
 
Allenfalls vielleicht in zu Fuß kämpfende und berittene Krieger.
Ja, guter Punkt; wobei das natürlich wieder daran lag, wer sich ein Pferd leisten konnte, und wer nicht. Aber klar, wenn man eine Gruppe oder ein Aufgebot hat, bei dem manche beritten sind, manche nicht, ist es wieder logisch, die auch entsprechend einzusetzen.
 
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