Warum musste Caecina einen Weg zum Varusschlachtfeld bahnen?

@El Quijote , in den letzten 7 Jahren ist ganz sicher ein Roman entstanden. Allerdings ist immer versucht worden, die Lücken glaubhaft zu füllen.Allerdings ist Dein Duktus unverändert geblieben.
 
@El Quijote , in den letzten 7 Jahren ist ganz sicher ein Roman entstanden. Allerdings ist immer versucht worden, die Lücken glaubhaft zu füllen.Allerdings ist Dein Duktus unverändert geblieben.
Nun sind die zeitgenössischen Texte unverändert geblieben. Es gibt keine neuen Ansätze für eine andere Interpretation.
Dann wundert es nicht, wenn @El Quijotes Duktus unverändert geblieben ist: Nüchtern ist nüchtern. Und trotzdem immer freundlich gegenüber den manchmal anstrengenden Mitforisten (mich eingeschlossen).
 
Zuletzt bearbeitet:
paar Monate und einige Bücher Tacitus später, sowie Beiträge der Forumsmitglieder bin ich etwas schlauer
 
......aber die Römer haben nicht gelernt mit dem Wattenmeer umzugehen. Mit den Gezeiten hatten sie wiederholt Probleme (Germanicus 15, während Caecina sich an den pontes longi herumschlug, und 16, als die Flut beim Überqueren der Emsmündung auflief wobei Hilfstruppen verunglückten), was nicht gerade für große Erfahrung spricht.
Warum eigentlich nicht? Gallien war schon über 50 Jahre besetzt, Caesar schlug sich mit den Venetern rum und setzte zweimal über den Kanal nach Britannien, und römische höhere Offiziere wurden wohl öfter mal versetzt.
Trotzdem kommt es mir manchmal so vor, als ob "die" Römer vor den Germanienfeldzügen noch nie was vom Tiedenhub und Wattenmeer gehört hätten?
Haben die alle nicht ihren Caesar gelesen?
 
Warum eigentlich nicht? Gallien war schon über 50 Jahre besetzt, Caesar schlug sich mit den Venetern rum und setzte zweimal über den Kanal nach Britannien, und römische höhere Offiziere wurden wohl öfter mal versetzt.
Trotzdem kommt es mir manchmal so vor, als ob "die" Römer vor den Germanienfeldzügen noch nie was vom Tiedenhub und Wattenmeer gehört hätten?
Haben die alle nicht ihren Caesar gelesen?
Das Wattenmeer ist schon ziemlich einzigartig. Tidenhub ist ja nicht alles.
 
Warum eigentlich nicht? Gallien war schon über 50 Jahre besetzt, Caesar schlug sich mit den Venetern rum und setzte zweimal über den Kanal nach Britannien, und römische höhere Offiziere wurden wohl öfter mal versetzt.
Trotzdem kommt es mir manchmal so vor, als ob "die" Römer vor den Germanienfeldzügen noch nie was vom Tiedenhub und Wattenmeer gehört hätten?
Haben die alle nicht ihren Caesar gelesen?
ich gebe dir einerseits recht, das Trockenfallen in der Bretagne und Normandie ist ebenfalls eindrucksvoll, ich denke z.B. an Mont St.Michel oder die
Baie de Douarnenez im Finistere mit einem Tidenhub heute von sechs Metern (Durchschnitt Nordsee 2,5 m). Und Sümpfe gab es auch an der Seinemündung oder Marschen im Mündungsgebiet des Rheins. Doch das Wattenmeer und die Marschenlandschaft ist weltweit einzigartig, und das größte Überflutungsgebiet weltweit, mit einer Länge von 500 km von den Niederlanden bis Dänemark .

Ich denke der landschaftliche Unterschied ist die einzigartige nacheiszeitliche Küstenformation mit Endmoränenlandschaft- in der Baie de Douarnenez exisitieren zwar auch Abschnitte mit Dünenlandschaft, aber auch sehr viel Steilküste, das Meer kann wesentlich weniger tief ins Land eindringen. Der Landanstieg ist dort sehr schnell hinter dem höchsten Flutsaum - das Land an der Nordsee war in der Antike noch nicht eingedeicht, d.h. es ist nicht vergleichbar mit der Marschenlandschaft Marschland – Wikipedia heute. Bis auf die Hartholzauen der großen Flüsse auf den niedrigen Uferwällen (an der Ems ca. 1,5 km breit) und den Sand/Geschiebelehm-Dünenlandschaften - der Geest Geest – Wikipedia waren nur wenige trockenen Wege und Siedlungsflächen vorhanden . 1500 v.Chr. gab es eine Absenkung des Meeresspiegels um 1,6 m, die Regression 2, d.h. das ehemalige Watt der südlichen Nordsee versumpfte. Es bildeten sich Niedermoore, dann Hochtorfmoore (bis zu 1 m Dicke), erstreckt sich von Flandern bis nach Sylt, die Ausdehnung reicht über die heutigen Küstenlinien weit heraus (1000 km² unter dem Nordfriesischen Wattenmeer). In den folgenden Transgressionen (Anstiegen Dünkirchen I in zwei Abschnitten) um 1000 und 400 bis 150 v.Chr. wurden diese Moore mit Sedimenten bedeckt, im zweiten Abschnitt mit starkem Anstieg auch in Schleswig Holstein, die Moore in den küstenferneren Sietländern Sietland – Wikipedia wie im Raum Nordstrand konnten jedoch immer weiter wachsen. In der Regression 4 zwischen 150 v.Chr. bis 50 n.Chr. versumpften die trocken gefallenen Wattbereiche nicht, weil der Meeresabsenkung von 1,2 m sehr schnell erfolgte, und es bildeten sich Salzwiesen aus. An den Uferwällen schloss sich niedrigeres Sietland an, mit ausgedehnten Niedermooren, ebenfalls an den Geeststränden. Ich denke, dass diese Landschaft alleine wegen ihrer Weite ungleich schwerer logistisch zu erschließen war, immer unterbrochen von Mooren, Versumpfungen, Überflutungen, die wegen des ausgedehnten Gebiets schwer zu berechnen waren. In der Baie du Mont-Saint-Michel wird eben die Bucht überschwemmt und fällt bei Ebbe trocken, auch wenn sie groß ist, ist es doch überschaubar, und festes Land ist immer in Sichtweite.

Unten ein schematischer geologischer Längsschnitt von der Nordsee über Inseln, Watten, Marschen und bis zur Geest vor einer Eindeichung Stand Zeitenwende und eine geologische Übersicht von Niedersachsen 2017. Die Moore waren zur Zeitenwende noch wesentlich ausgedehnter.
Die lila Küstenablagerungen des Marschlandes existieren in der Form nur dank der Eindeichung.
Screenshot 2025-11-07 at 19-35-01 Tuexenia-Beiheft_16_Gesamt_05-07-2024.pdf - Tuexenia-Beiheft...png
Screenshot 2025-11-07 at 19-56-01 Tuexenia-Beiheft_16_Gesamt_05-07-2024.pdf - Tuexenia-Beiheft...png
 
Zuletzt bearbeitet:
@Biturigos,
so ist das, wenn man nur seine karge Heidelandschaft vor seinem geistigen Auge hat.
Waren denn die ganzen Nordseeaktionen logistisch sinnvoll, oder schätzt du die Aktionen so ein, dass sie eher um des Ruhmes Willens, bei Erfolg, durchgeführt wurden, ähnlich wie die Britannienausflüge Caesars?
In der geologischen Übersicht geht die Nordsee locker 20 bis 80 Kilometer ins heutige Binnenland, die Weser wird erst bei Bremen zum eher ungefährlichen Binnenfluß.
Und hätte man sich nicht Wissen bei den Batavern einholen oder, besser noch, einkaufen können?
 
@Biturigos,
so ist das, wenn man nur seine karge Heidelandschaft vor seinem geistigen Auge hat.
Waren denn die ganzen Nordseeaktionen logistisch sinnvoll, oder schätzt du die Aktionen so ein, dass sie eher um des Ruhmes Willens, bei Erfolg, durchgeführt wurden, ähnlich wie die Britannienausflüge Caesars?
In der geologischen Übersicht geht die Nordsee locker 20 bis 80 Kilometer ins heutige Binnenland, die Weser wird erst bei Bremen zum eher ungefährlichen Binnenfluß.
Und hätte man sich nicht Wissen bei den Batavern einholen oder, besser noch, einkaufen können?
Puh. Ich wollte eigentlich nur etwas zur Landschaft um die Zeitenwende beitragen. Bei Cäsar taucht die Nordsee in der Beschreibung Germaniens nicht auf, wenn ich mich nicht irre. Inwieweit und ab wann das römische Militär Informationen über die logistischen Schwierigkeiten hatte, schwer zu sagen, meiner Ansicht nach wird es spätestens vor den Drususfeldzügen Erkundungen gegeben haben. Strabon berichtet, dass Augustus eine Gesandschaft der Kimbrer empfangen hat, das wird stark mit den Feldzügen zusammenhängen - meiner Ansicht nach wird die Entscheidung nicht über die Elbe hinauszuziehen getroffen, nachdem (4/5 n.Chr.?) entdeckt wurde, dass die Heeresversorgung nur um das kimbrische Kap (Skagen) möglich ist, und dort neue Stämme in Skandinavien erreicht werden, es also nicht einfach möglich ist, ohne potentielle neue Risiken die logisitische Versorgung im Germanienkrieg fortzusetzen, z.B. über die Oder.

Rein aus Ruhmessucht - nein, eher nicht, auch Cäsars Feldzug nach Britannien war kein reines Prestigeprojekt, er wusste, dass es Unterstützung aus Britannien für die belgischen und aremoricischen Stämme gegeben hat. IV,20: "Wenn auch der Sommer bald zu Ende ging und in ganz Gallien wegen seiner nördlichen Lage der Winter früher einfällt, wollte Cäsar noch nach Britannien gehen, wei er wusste, daß in fast allen gallischen Kriegen unsere Feinde von dort Hilfe erhalten hatten." War das vorgeschoben? Hatten die Veneter, deren Städte belagert wurden, Unterstützung auf dem Wasserweg? Sie hatten den Handel mit Cornwall (Zinn) kontrolliert. Bei Cäsar heißt es, dass die Veneter Hilfsvölker vom gegenüberliegenden Britannien herüber holten (III,9).

Interessanterweise widerspricht Strabon Cäsars Kriegsbegründung: "IV,4 Fortsetzung der Beschreibung von Gallia Belgica/Völker am Ozean:
"Nach den oben genannten Stämmen sind die anderen Stämme der Belgae, die an der Küste leben. Von den Belgae gibt es erstens die Veneti, die die Seeschlacht mit Caesar geführt haben; denn sie waren bereits bereit, seine Reise nach Großbritannien zu behindern, da sie dort das Emporium benutzten." Die Veneti zählen zwar nicht zu den Belgae, der mögliche alternative Kriegsgrund ist jedoch interessant. Möglicherweise hat Cäsar die Gefahren der Überfahrt unterschätzt. Richtig jedoch erkannt, dass die venetische Flotte für eine Invasion tödlich gefährlich ist.

Zu Germanien: meiner Ansicht nach ist der Weltherrschaftsanspruch Roms seit Cäsar und Augustus ideologisch absolut und umfassend. Daher stimmt eine Eroberung Britanniens und auch Germaniens oder ihre indirekte Kontrolle und Unterwerfung mit dieser Anschauung überein. Der Anspruch muss jedoch nicht mit der politischen Wirklichkeit übereinstimmen.

Zur Marschlandschaft: ich habe Verwandschaft in Friesland, das ist schon eigen, die wohnen in Häusern ohne Keller (Grundwasser zu hoch) unterm Deich. Die nächste Stadt liegt auf einer Geestzunge, die auch nur 8 Meter höher als die Marsch ist. Die Nordsee ist ca 15 km weg,
die Stadt war im Mittelalter noch ein Seehafen, deren Zugänge zum offenen Meer dann versandeten.

P.S. Ja, ich kenne Ostfriesenwitze, ihr müsst mir keine erzählen...... ich stehe zu meiner Dünnhäutigkeit
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir haben eine römische Beschreibung des Wattenmeers und seiner Bewohner durch Plinius d. Ä. (Naturalis historia); und sagen wir so, eine Reiseempfehlung ist es nicht, auch wenn ich nur diesen Part vom wiki kenne...

Unten eine Karte des Wesermündungsgebiets heute. ich stelle mir ein Navigieren in diesem Gebiet sehr schwer vor, fehlende Landmarken, Sandbänke, Brackwasserarme, die im Watt enden, Inseln, wie hier Butjadingen. Ich finde die Karte schon anspruchsvoll, und habe den Eindruck, dass man erst im grün linierten Bereichsicher sicheres Land unter den Füssen hatte. Was eventuell täuschend ist, der Jadebusen entstand in der Form erst in den Sturmfluten des 12. bis 15.Jahrhunderts. Erste Marcellusflut – Wikipedia
Wer die Karte genauer studieren will, der wikipedia-Link: Jadebusen+Unterweser33% - Wikimedia Commons

500px-JadeWeser.png
 
Zuletzt bearbeitet:
ich stelle mir ein Navigieren in diesem Gebiet sehr schwer vor, fehlende Landmarken, Sandbänke, Brackwasserarme, die im Watt enden, Inseln, wie hier Butjadingen.
Und die sich ständig ändernden Verhältnisse durch Ebbe & Flut. Wattwandern kann ja noch heute lebensgefährlich sein, wenn man nicht weiß, was man tut, trotz Uhren und der Veröffentlichung der Gezeiten in der Zeitung...
 
@Biturigos,
wie immer eine umfassende Erläuterung zu Caesar. Und zu den allumfassenden Ansprüchen von Augustus und caesar ist auch in aller Kürze das Passende gesagt.
Nur zu den Batavern nicht, die hätte man interviewen können. Aber die allgemeine Aussage, die Römer seien etwas naiv hinsichtlich Nordsee gewesen, besonders Wattenmeer, halte ich selbst nicht mehr aufrecht. Das ist eher, wie 16n mit Germanicus, reine Dummheit, am das falschen Ufer anzulegen.
 
Den Widerspruch hast Du aber doch selbst bemerkt? Wenn Varus gerade arg- und waffenlos und im Sommerlager saß und Gericht hielt, als plötzlich die Mannen des Arminius hereinbrachen und drei Legionen zerschlugen, ist es doch erstaunlich, dass die unbestatten Leiber der Toten einige Jahre später mitten in der Wildnis aufgefunden worden sind?

@Stradivari,
warum sollte das Lager des Varus nicht 2000 Jahre später wie Wildnis ausgesehen haben

@Stradivari schrieb nicht "2000 Jahre später", sondern "einige Jahre später". Bestattet wurden die sterblichen Überreste, wie Du bestimmt weißt, 6 Jahre nach der Schlacht anlässlich der Begehung des Schlachtfeldes durch die Truppen des Germanicus.
 
Abgesehen von der Quellenlage erscheint ein Angriff auf ein befestigtes Römer Lager ein schlechter Plan zu sein, um eine gegnerische Armee zu vernichten. Ich wüßte jetzt keinen Fall, wo ein Angriff auf ein bestigtes Römerlager einen solch spektakulären Erfolg hatte.
Ein weit auseinandergezogener Heerwurm mitten im Wald aus dem Hinterhalt ist ein wesentlich aussichtsreicheres Ziel.
So glaube ich würde Arminius gedacht haben.

Spartakus am Vesuv zählt nicht, weil dort die Römer leichtsinnig auf die üblichen Befestigungen verzichtet hatten.
 
Zurück
Oben