5. Jahrhundert: Oströmisches Reich

_moritz_

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Hi!

Stimmt es. dass:
488/489 der oströmische Kaiser Zenon die Ostgoten unter ihrem König Theoderich nach Italien schickt, um dort die Herrschaft Odoakers zu beenden?

Das bedeutet ja dann, das es einen Kampf gab um Italien gab zwischen den Westgoten und den Ostgoten?

Ist das richtig so?!
Wieso sollten die gegeneinander kämpfen?

mfg
moritz
 
@_moritz_

Nein. Odoaker war Sohn einer Skirin und eines Thüringers. Er war Offizier der kaiserlichen Leibgarde und wurde von den nichtrömischen Truppen zum Kaiser ausgerufen, als er deren Forderung nach Land erfüllte, die Orestes, der Vater von Romulus Augustulus, nicht erfüllen wollte.
 
Sorry für einen Widerspruch, @Germanicus. Odoaker war Sohn des Edekon, der an Attilas Hunnenhof ein relativ hohes Tier war, wahrscheinlich sogar Hunne selbst. Genaues weiß man nicht. Meine Mutter war Skirin, die waren Ostgermanen oder vielleicht auch Balten.
 
Stimmt es. dass:
488/489 der oströmische Kaiser Zenon die Ostgoten unter ihrem König Theoderich nach Italien schickt, um dort die Herrschaft Odoakers zu beenden?

Das bedeutet ja dann, das es einen Kampf gab um Italien gab zwischen den Westgoten und den Ostgoten?

Odoaker war (germanischer) König in Italien. Seine Beziehung zu Zenon hatte sich im Laufe der Zeit verschlechtert und so wurde der Ostgote Theoderich nach Italien geschickt um ihn abzusetzen. Theoderich besiegte Odoaker zweimal 489 und 490 woraufhin er sich nach Ravenna zurückzog. Bei einer geplanten Vertragsunterzeichnung die Ihm und Theoderich die gemeinsame Herrschaft in Italien sichern sollte gerieten die beiden aneinander. Im Streit wurde Odoaker von Theoderich erschlagen (15.03.493).

Es kam aber auch vor, dass Ost- gegen Westgoten kämpften. Im Jahr 405 kämpften z. B. Ostgoten auf Seiten Attilas gegen ein aus Westgoten und Römern bestehendes Heer.
 
Dass Odoaker nicht der König der Westgoten war und diese zu der Zeit auch nicht in Italien siedelten, ist ja nun schon geklärt.

Zwischen dem byzantinischen Kaiser und den Ostgoten hatte sich ein Hin- und Her abgespielt. Byzanz hatte wie oft üblich, zuvor die Goten (pannonische und thrakische) unter ihren Führern Theoderich (der Amaler) und Theoderich Strabo (der Schieler) gegeneinander ausgespielt. Abwechselnd wurden beide Goten in das Amt des Heermeisters eingesetzt und auch wieder abgesetzt. Nach dem Tod Theoderich Strabos war der Amaler Theoderich zwar seinen Konkurrenten los, aber die Bevorzugung und Brüskierung durch Zenon ging abwechselnd weiter. 487 n. Chr. sah sich Theoderich veranlasst, offen gegen Byzanz vorzugehen, indem er die Stadt blockierte, die Wasserzufuhr abschnitt.

In der Zwischenzeit rüstete auch Odoaker. Die von Zenon als Gegenmaßnahme mobilisierten Rugier wurden kurzerhand vernichtet. Die Überlebenden suchten Schutz bei dem Ostgotenkönig Theoderich.

Byzanz sah nun die Chance, der Machtentfaltung der Ostgoten vor der eigenen Haustür zu entgehen, indem zwischen Theoderich und Zenon ein Vertrag geschlossen wurde, wonach "er nach der Besiegung Odoakers für seine Mühen an Stelle des Kaisers, bis dieser dahin komme, herrschen solle" (Anonymus Valesianus).

Die Ostgoten waren zu der Zeit die einzigen, die dem byzantinischen Kaiser wirklich gefährlich werden konnten. Das uralte Spiel der Römer, Germanen gegen Germanen zu hetzen, funktionierte auch hier wieder. Gewann Odoaker, war Zenon Theoderich vor der Haustür los; gewann Theoderich, so war er ihn ebenfalls los und hatte weit ab dennoch einen in Byzanz erzogenen Vertragspartner, der in seinem Namen über die Römer herrschen sollte.
 
Odoaker

Sorry für einen Widerspruch, @Germanicus. Odoaker war Sohn des Edekon, der an Attilas Hunnenhof ein relativ hohes Tier war, wahrscheinlich sogar Hunne selbst. Genaues weiß man nicht. Meine Mutter war Skirin, die waren Ostgermanen oder vielleicht auch Balten.
Kein Grund sich dafür zu entschuldigen ;). In der Tat weiß man nichts genaues, doch wird in den mir bekannten Werken einheitlich davon ausgegangen, dass Odoakers Vater vermutlich Thüringer war.
 
Die Gründe warum Theoderich und seine Ostgoten nach Italien gegen Odoaker geschickt worden waren, wurden von Ostrogotha bereits sehr gut zusammengefasst.

Odoaker war definitiv kein König der Goten, doch in der älteren Geschichtsforschung vor etwa hundert Jahren wurde - wie auch in der Antike - der Begriff der Goten weiter gefasst als es heute üblich ist. Felix Dahn hatte kein Problem damit Odoaker als König von Italien im Unterkapitel zu den "gotischen Völkern" einzuordnen. Warum? Es war damals Üblich die heute meist als Ostgermanen bezeichneten Völkerschaften als gotische Völker zu bezeichnen, deren vermutlich wichtigste Volksgruppe sie ja auch immerhin waren. Das mag der Grund dafür sein, Odoaker als einen gotischen König anzusehen, der er aber nicht war.

Auch Radagaisus, jener heidnische Anführer, der um 405/406 eine große Völkergruppe nach Italien führen wollte und vom römischen Heermeister Stilicho besiegt und getötet wurde, wird zum Teil fälschlich ebenfalls als gotischer König bezeichnet. Grund ist, dass er einem vermutlich mehrheitlich gotischen Volksverband vorstand. So einfach zwischen "Westgoten" und "Ostgoten" zu entscheiden und dabei keine Grauzonen zuzulassen ist es in Wirklichkeit gar nicht! Sicher: Bei den Westgoten hat es nachdem sie mehrheitlich den Balkan unter Alarich verlassen hatten keine nennenswerten Abspaltungen mehr gegeben, so das ihre Könige wirklich ihrem "Volk" als ganzem Vorstanden. Bei den Ostgoten ist dies weniger Einfach. Hier hat es oft gleichzeitig mehrere Könige gegeben, die sich zum Teil gegenseitig blutig befehdeten und zum Teil auch sehr kollegial gegenseitig unterstützten! Für ersteres Beispiel mögen die beiden Theoderiche (der Große und Theoderich Strabo - beide übrigens aus dem Geschlecht der Amaler!) stehen. Theoderich dem Großen gelang es auch das ostgotische Volk zu seinem Unternehmen nach Italien zu einen und nach Italien zu führen, das Schicksal der Ostgoten ist seither untrennbar mit dem von ihm gegründeten Reich verknüpft. Man vergisst aber leicht, dass es im Osten weiterhin nennenswerte gotische Gruppen gab, zu denen auch der Gotenhistoriker Jordanis gehören dürfte. Die Volkskraft im Osten war aber seither nicht mehr stark genug neue, bedeutende Könige hervorzubringen. Wenn von gotischen Völkern gesprochen wird, sollten auch die Krimgoten nicht unerwähnt bleiben!

Eine Generation vor Theoderich hatten drei amalische Könige als römische Foederaten einträchtig nebeneinander in Pannonien ihren Sitz gehabt und damit das ostgotische Königtum repräsentiert. Theoderichs Vater Thiudimir und seine beiden Brüder Valamir und Vidimir hatten einander dabei immer die Treue gehalten und einander Beistand gewährt. Ohne diese unerschütterliche Zusammenarbeit wäre das ostgotische Volk/Königssthum damals möglicherweise zugrunde gegangen. Eine dieser Bedrohungen war unter Anderem von Odoakers Vater Edika ausgegangen, der damals König der Skiren gewesen war. In der "Konkursmasse" des Hunnenreichs hatte er den Skiren eine bedeutende Stellung neben den führenden Gepiden gesichert, deren Koalition die Söhne des Attila besiegt - und damit die Hunnen aus der Geschichte herausgedrängt hatten. Um 468 verbündeten sich Skiren und andere Völker - wohl mit Billigung Ostroms - gegen die Ostgoten der bereits genannten drei Amalerbrüder, unterlagen jedoch katastrophal in der Schlacht an der Bolia. Edika fiel in der Schlacht und das kurzlebige Reich der Skiren zerfiel mit ihm. Die Skiren flohen aus Angst vor der Rache der Ostgoten zu den Römern und verdingten sich ihnen im Militär. Der ältere Sohn des Edika, Hunulf ging mit einem Teil der Skiren ins oströmische Reich, wo er zeitweilig illyrischer Heermeister wurde. Der später bedeutendere Sohn Odoaker dagegen ging nach Italien mit seinem Anhang. Dort traf Odoaker den Orestes an, der einst an der Seite seines Vaters im Reiche Attilas bei den Hunnen einen steilen Aufstieg erlebt hatte! Orestes wurde bekanntlich Heermeister des Weströmischen Reiches. Er stützte sich stark auf Gruppen wie jene Skiren des Odoaker, die im Gefolge der Umwälzungen nach dem Untergang des Hunnenreiches Zuflucht bei den Römern gesucht hatten. Die alten Kontakte aus der Hunnenzeit haben vermutlich die Stellung des Orestes als Heermeister erst ermöglicht. Nachdem Orestes schließlich den rechtmäßigen Kaiser Westroms (Julius Nepos) aus Italien vertrieben hatte, setzte er seinen eigenen Sohn als Romulus Augustus im Jahre 475 als Kaiser Westroms ein. Diese Usurpation wurde ihm vom Oströmischen Reich niemals verziehen! Umso unverständlicher ist es daher, das er die Hauptstütze seiner persönlichen Macht verprellte, indem er den germanischen Gefolgschaften (wie jenen des Odoakers) die finanzielle Gleichstellung (Land) mit „regulären römischen Truppen“ verweigerte. Odoaker wurde zum Anführer jener, welche die Gleichstellung forderten. In der Folge wurde Orestes getötet und sein unmündiger Sohn „in Rente geschickt“.

Es ist mir noch immer unverständlich warum jener spöttisch Romulus Augustulus genannte Usurpator durch fast jede Veröffentlichung als letzter Weströmischer Kaiser geistert! Installiert am letzten Oktobertag des Jahres 475 wurde er bereits im August 476 durch Odoaker entthront. Der letzte reguläre Kaiser Julius Nepos verstand es eine kleine „Restherrschaft“ auf dem Balkan zu halten, bis er im Jahre 480, vielleicht unter Mitwirkung des Odoakers ermordet wurde. Odoaker erhob seinerseits bekanntlich keinen neuen Schattenkaiser an die Macht, noch rief er Nepos aus seiner Zuflucht nach Italien zurück. Stattdessen schrieb er an den Kaiser in Konstantinopel das der Westen von nun an keinen eigenen Kaiser mehr bedürfe, da einer in Konstantinopel ausreichend sei. Zusätzlich sandte er die Insignien der kaiserlichen Macht mit dem Brief zusammen nach Konstantinopel und begnügte sich damit König Italiens zu sein und mithilfe seiner Hilfsvölker zu regieren. Den Kaisern Ostroms, zu jener Zeit mit eigenen Problemen beschäftigt, war der neue Herrscher in Italien zunächst genehmer als der Usurpator Romulus Augustus. Das Verhältnis blieb angespannt und ist weiter oben in Post #7 hervorragend und weit prägnanter beschrieben worden.

Den übrigen Kontext mehr als anzureißen will ich mir nicht zumuten! Weder bin ich auf die sonstige Zersplitterung des Weströmischen Reiches (Reich des Syagrius in Gallien) eingegangen, noch möchte ich die Herkunft der Hilfsvölker des Orestes/Odoakers aus dem ehemaligen Herrschaftsbereich der Hunnen weiter skizzieren. Es waren weitere Völker außer den Skiren, jedoch mit ähnlichem Schicksal!

Einzig das weitere Schicksal von Hunulf, dem Bruder des Odoakers sei noch erwähnt. Nach der Machtergreifung Odoakers in Italien verließ er mit Teilen seiner Scharen den Dienst Ostroms und schloss sich Odoaker in Italien an. Als Heerführer Odoakers war er maßgeblich an den Erfolgen gegen die Rugier beteiligt, die im Post Ostrogothas weiter oben erwähnt wurden. Er blieb in Italien und teile das Verhängnis dieses neuen Reiches, das erstmalig den Namen Italien trug.

…trotzdem verdammt viel Text…
 
Zuletzt bearbeitet:
Ergänzung

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Odoaker erhob seinerseits bekanntlich keinen neuen Schattenkaiser an die Macht, noch rief er Nepos aus seiner Zuflucht nach Italien zurück. Stattdessen schrieb er an den Kaiser in Konstantinopel das der Westen von nun an keinen eigenen Kaiser mehr bedürfe, da einer in Konstantinopel ausreichend sei. Zusätzlich sandte er die Insignien der kaiserlichen Macht mit dem Brief zusammen nach Konstantinopel und begnügte sich damit König Italiens zu sein und mithilfe seiner Hilfsvölker zu regieren...

Odoakers Ziel war in diesem Moment nur die Stellung des ersten Heermeisters als Magister peditum praesentalis und als Patricius. In dieser Stellung und mit besonderen Vollmachten ausgestattet wollte er über die Römer regieren. Zenon reagierte „schwammig“ und verwies die Gesandtschaft bezügl. der Verleihung des Patriziats an Nepos, titutlierte Odoaker aber gleichzeitig in einem Schreiben als Patricius. Zudem erkannte 480 n. Chr. nach der Ermordung des Nepos der Kaiser die von Odoaker ernannten Konsuln an. Zu der Zeit begann aber Byzanz auch, die Situation zunehmend als „ungemütlich“ zu empfinden, denn Odoaker trat als Rächer des Nepos auf und „kassierte“ in gleichem Atemzug das Restreich desselben, nämlich Dalmatien. 484 n. Chr. startete der von Zenon abgefallene Heermeister Illus den Versuch, Odoaker als Verbündeten zu gewinnen. Zwar lehnte dieser ab, aber bei Zenon vertiefte sich das Misstrauen. Beides sind Punkte, die wir als zusätzliche Gründe, Theoderich d. Gr. nach Italien zu schicken, mit berücksichtigen müssten.

[FONT=&quot]Ironie des Schicksals: 498 n. Chr. erhielt Theoderich nach langem Warten die 476 n. Chr. von Odoaker nach Byzanz geschickten „omnia ornamenta palatii (Abzeichen des Palastes) von Kaiser Anastasios, der ihm damit „Gewalt und Sorge der Königsherrschaft“ anvertraute (Anonymus Valesianus). [/FONT]
 
Motive

Kein Grund sich dafür zu entschuldigen ;). In der Tat weiß man nichts genaues, doch wird in den mir bekannten Werken einheitlich davon ausgegangen, dass Odoakers Vater vermutlich Thüringer war.

Ich hatte auch schon gelesen, dass der Vater ein Hunne gewesen sein soll. Aber Du hast recht mit der wahrscheinlich thüringischen Herkunft. Die ursprüngliche Quelle dieser Auskunft dürfte die Gotengeschichte des Jordanes gewesen sein (LVII.). Das Kapitel enthält den Dialog zwischen Theoderich und Zenon. Theoderich stellt fest, dass es ihm in Byzanz gut ginge, sein Volk aber durchaus nicht in Wohlstand lebe. Und er bittet den Kaiser, ihn nach Italien zu schicken:
Warum schwanken jetzt das Abendland, das lange unter der Leitung Eurer Vorgänger und Vorvorgänger stand, und jene Stadt, die Hauptstadt und die Herrin der Welt, unter der Gewaltherrschaft des Königs der Thüringer und Rugier hin und her? Schicke mich mit meinem Stamm, wenn du willst, auf dass du hier keine Last mit den Ausgaben hast und dort, wenn ich mit Gottes Hilfe siegen werde, der Ruhm Eurer Frömmigkeit erstrahlt. Denn es ist von Euch von Vorteil, wenn ich, der ich Euer Diener und Sohn bin, im Falle eines Sieges jenes Reich besitze, indem Ihr es mir schenkt - jener, den Ihr nicht kennt, soll nicht durch sein tyrannisches Joch Euren Senat und einen Teil des Staates wie gefangene Sklaven unterdrücken. Denn wenn ich siegen werde, werde ich es aufgrund Eures Geschenkes und Eurer Gabe besitzen; wenn ich besiegt werde, verliert Eure Frömmigkeit nichts, ganz im Gegenteil spart sie, wie ich gesagt habe, die Kosten...
Zwei anderweitige Motive habe ich noch für den Zug Theoderichs nach Italien gefunden.
1.
Lt. einem Bericht des griechischen Chronisten Eustathius von Epiphaneia soll Zenon einen Mordanschlag geplant haben.
2.
Lt. Panegyricus des Ennodius war es der Mord an seinen Verwandten (die Rugierkönigin Giso war mit Theoderich verwandt), den er rächen wollte.

Zu 1. kann man sagen, dass Theoderich mit Intrigen und Mord in Byzanz seit Kindheit an vertraut war und dass er selbst nicht zimperlich in der Wahl seiner Mittel war. Als byzantinischer Konsul tötete er Rekitach, den Sohn seines zu der Zeit schon verstorbenen Konkurrenten Theoderich Strabo auf offener Straße.

Zu 2. kann man noch die Tötung seines Onkels Walamer in der Schlacht gegen die Skiren hinzufügen, in der auch Odoakers Vater Edika fiel. Odoaker selbst könnte auch daran teilgenommen haben (ist aber nicht überliefert). Würde dann alles in allem zu dem angeblichen Ausspruch Theoderichs bei der Ermordung Odoakers passen: "jetzt tue ich Dir, was Du den Meinen angetan".
 
Kaiser, Caesaren und Usurpatoren

Odoakers Ziel war in diesem Moment nur die Stellung des ersten Heermeisters als Magister peditum praesentalis und als Patricius. In dieser Stellung und mit besonderen Vollmachten ausgestattet wollte er über die Römer regieren. Zenon reagierte „schwammig“ und verwies die Gesandtschaft bezügl. der Verleihung des Patriziats an Nepos, titutlierte Odoaker aber gleichzeitig in einem Schreiben als Patricius. Zudem erkannte 480 n. Chr. nach der Ermordung des Nepos der Kaiser die von Odoaker ernannten Konsuln an...

...auf die Gefahr hin sich weiter im Geflecht römischer Titel und Odoaker zu verlieren:
Seit einiger Zeit war im Westreich die Stellung des ersten Heermeisters mit dem Titel des Patricius verbunden. Insofern konnte Odoaker also aus Zenons Antwort das herauslesen, was er wollte ohne das sich Byzanz endgültig festgelegt hatte.

Ein nettes Detail bliebe noch betreffs Odoaker und dem "Ende der römischen Kaiserherrschaft im Westreich" anzumerken. Wie bereits erwähnt war der jämmerliche Romulus Augustus der Letzte, der in Italien eine "weströmische Kaiserkrone" getragen hat UND er war zugleich der Sohn des eigentlich regierenden Heermeisters Orestes gewesen!
Da fällt nun doch auf, das der gute Odoaker - obwohl er die Kaiserkrone nach Konstantinopel zurückgeschickt hatte und sich mit dem Titel eines Königs von Italien e.t.c. begnügte - seinen lieben Sohn Tela später zum Caesar ernannt hatte. Nun war seit Julian Apostata dieser Titel aus der Mode gekommen, hatte aber vorher generell dazu gedient den zukünftigen Thronfolger, also Kaiser frühzeitig bekannt zu geben und seinen künftigen Machtanspruch zu "beurkunden". Es wäre also durchaus denkbar, das Odoaker - vor dem Angriff Theoderichs natürlich - durchaus die Absicht
gehabt haben könnte seinen Sohn zum künftigen Kaiser des Weströmischen Reiches machen zu wollen. Ganz getreu des von ihm selbst blutig beendeten Versuchs seines Vorgängers Orestes, dessen Sohn Romulus Augustus gewesen war.
Schon mehrfach hatte das römische "Establishment" in der Vergangenheit zu verhindern gewusst, das Germanen den Kaiserthron gewinnen konnten. So wurde auch dem früheren Heermeister Stilicho nachgesagt seinen Sohn zum Kaiser machen zu wollen - und der Wandale war gestürzt worden!
Im Ostreich war der starke Heermeister Aspar lange in der Lage gewesen Kaiser zu machen und bildete mit seinen sehr guten familiären Kontakten (er war Halbgote) die Grundlage für die Sicherheit des Reiches. Er scheint sich Hoffnungen gemacht zu haben, diese Stellung für seine Familie erblich zu sichern. Als "Nichtrömer" schreckte er davor zurück selbst nach dem Purpur zu greifen, doch indem er seinen Sohn Patricius ebenfalls zum Caesar proklamieren ließ war er ebenfalls suspekt geworden. Auch Aspar wurde blutig gestürzt, sein Sohn war dabei nicht der vordringliche Grund gewesen.

Generell wurden Germanen gerne als Reichsfremde angesehen, auch wenn sie (etwa foederierte) Reichsangehörige waren und alle Versuche mächtiger Germanen die Kaiserwürde zu erringen scheiterten bis zu Karl dem Großen. Dabei gab es bei der Thronfolge römischer Kaiser keineswegs generelle rassistische Einschränkungen, nur mussten sie als Bürger Roms geboren sein. Die relativ wenigen direkten Versuche von Germanen Kaiser zu werden waren teils sogar Reaktionen auf Druck gegen sie gewesen, wie etwa bei Silvanus (355). Gescheiterte germanische Usurpatoren sind neben ihm etwa Magnetius (353, dem auch von seinen Gegnern mehr Geschick bescheinigt wird als dem von ihm gestürzten legitimen Kaiser) und Johannes (425).

Bekanntlich waren die vielen Usurpationen und Usurpationsversuche der vielleicht wichtigste, innerrömische Grund für den Niedergang des Reiches gewesen...
 
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