"Ahnenschwund"

Das wäre verständlich, da es sich beim Adel um eine begrenzte Gruppe handelt, die einen recht hohen messbaren Ahnenschwund erwarten lässt. Bei Bürgerlichen, die überhaupt so viel Ahnenkenntnisse haben, tritt zwangsweise der statistische Auswahleffekt auf: Diese Leute heiraten wahrscheinlich sehr bewusst und "unzufällig" :)

Vermutlich unterschätzt Du das "Wissen" über die Verwandtschaft "Stichwort "geschwistrige Kindskinder" :) der vergangenen Geschlechter....

Aber, wenn ich das heute Vormittag richtig verstanden habe, würdest Du da mit einer guten Lösung "offene Türen" einrennen.
 
Nun erst mal das "Modell C": In jeder Generation wird eine bestimmte Anzahl (oder ein Anteil) Frauen ausgetauscht: X werden "heimgeführt", und - zum Bevölkerungsausgleich - ebenfalls X fortgegeben.

Hierdurch wird die Ahnenschwundkurve flacher, da die "neuen Frauen" Ahnen mitbringen, die noch nicht bekannt sind. Ich habe ihnen genauso viele Ahnen angedichtet wie der Mittelwert der "Dorfbewohner": Sie unterlagen also in der Fremde den gleichen Inzuchtbedingungen.

Ich habe die Daten von Maria Theresia jetzt an eine Modell-C-Kurve angepasst (rot) für eine Population mit 40 Paaren und einem Austausch von 3 Frauen pro Generation (=7,5%).
Ebenfalls die Modell-A-Kurve für 60 Paare, die nicht so gut passt.

Hier die Codeergänzung dafür:
Code:
 ;; Tausche X neue Frauen
  ask n-of fremde patches with [istFrau] [
        set lfdNr lfdNr + 1
        set ID lfdNr
        set pcolor 0         ;; zum Demonstrieren wird der 'patch' umgefärbt
        let ahnenMittel int (alleAhnen / paare)
        set ahnenListe n-values ahnenMittel [ ? + lfdNr]
        set lfdNr lfdNr + ahnenMittel
        ]
 

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Die Durchschnittsgröße eines Dorfes (bzw. Kirchspiels) wird man in ländlichen Gegenden nicht über 400 Einwohner ansetzen. Man kann von vier Heiraten pro Jahr ausgehen. Der Altersunterschied beträgt im Durchschnitt eher weniger als fünf Jahre, so daß pro Dorf und Generation mit einem Pool von 40 Heiratswilligen beiderlei Geschlechts zu rechnen ist.http://de.wikipedia.org/wiki/Inzest#R.C3.B6misch-katholische_Kirche
Bei 4 beurkundeten Heiraten pro Jahr und einer ländlichen Generationenfolge von 20 Jahren komme ich auf 80 Heiraten pro Generation = 160 Verheiratete. Ein Modell ohne Wachstum erfordert dann ebenfalls 160 Kinder, so dass noch Reserve für 80 Großeltern besteht. Wahrscheinlich hat ein "4-Heiraten/Jahr-Dorf" also in der Tat 400 bis 480 Einwohner..

Im Anhang mal die Kurve für Modell-A 80 und ein Modell-C 80/10 mit 10 Fremdheiraten pro Generation = unter den 8 Heiraten innerhalb von zwei Jahren eine fremde dabei.
 

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Bei 4 beurkundeten Heiraten pro Jahr und einer ländlichen Generationenfolge von 20 Jahren komme ich auf 80 Heiraten pro Generation = 160 Verheiratete.

Die Generationenfolge würde ich, wie gesagt, eher bei 27,5 Jahren ansetzen. Mit "Generation" habe ich mich da vielleicht verfomuliert. Mir ging um den "Partnerpool" pro Individuum, da der Altersabstand zum Ehepartner meist unter 5 Jahren bleibt und so gut wie nie 10 Jahre überschreitet.
 
2006 betrug das durchschnittliche deutsche Heiratsalter bei Männern 32,6 und bei Frauen 29,6 Jahre.
Wir haben jetzt 3 Probleme:
- Auf dem Lande ist dieses Alter deutlich geringer
- Wir rechnen gerade über 10 Generationen oder mehr, damals war das Heiratsalter deutlich geringer
- in der Tat kommt es demografisch überhaupt nicht auf das Heiratsalter an, sondern auf das Alter der Mutter bei Geburt der (ersten bzw. überlebenden) Tochter. Dieser einzige wichtige Wert ist leider schlecht bekannt... Ich habe aber keine Probleme damit, ihn zu 27,5 Jahre zu postulieren!

Damit hat ein 4-Heiraten-pro-Jahr-Dorf etwa 4*27,5 * ca. 5 = ca 550 Einwohner. Bzw in einem 400-Seelen-Dorf gibt es 80/27,5 = ca 3 Heiraten pro Jahr.

Da alle Rechnungen nur in Generationen laufen, ist die Skalierung unwichtig.
 
Mir ging um den "Partnerpool" pro Individuum, da der Altersabstand zum Ehepartner meist unter 5 Jahren bleibt und so gut wie nie 10 Jahre überschreitet.
Alle diese Dinge spielen eher keine Rolle, außer dass sie möglicherweise die "Zufälligkeit" der Partnerwahl konterkarieren. Aber solange die Partnerwahl nicht durch die Verwandschaftsnähe beeinflusst wird, ist sogar dieses egal.
Kopplungen können allerdings trickreich sein - ich konstruiere mal ein Beispiel: Wenn es zwei reiche Familien im Dorf gibt, dann würden sich die Mitglieder dieser Familien ganz sicher häufiger heiraten als üblich und eine besonders ahnenschwache Insel bilden.
 
Eine ziemlich gewagte Prämisse. Mit 25 Jahren pro Generation lässt sich ganz gut rechnen.

Wie gesagt, diese Zahlen habe ich mir nicht aus dem Finger gesogen, sondern der mir vorliegenden Ahnentafel entnommen, die ich für einigermaßen repräsentativ halte.
Wenn jemand besseres Vergleichsmaterial hat, nur her damit. Für die Leute, die im 18. Jahrhundert geboren wurde (das sind in dieser Tafel 20 Individuen), ergibt sich ein durchschnittliches Heiratsalter von 27,7 Jahren (Männer) und
25,4 Jahren (Frauen).
 
hyo: Für die Leute, die im 18. Jahrhundert geboren wurde (das sind in dieser Tafel 20 Individuen), ergibt sich ein durchschnittliches Heiratsalter von 27,7 Jahren (Männer) und 25,4 Jahren (Frauen).
Ok, n = 20 ist eine sehr kleine Stichprobe, aber ich kann mich nur wundern. Das Heiratsalter ist ja höher als in der DDR (F = 22,7 bzw. M = 24,8)!
Hätte ich nicht gedacht.

PS: Demographie der DDR wäre in interessanter Strang.
 
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Damit hat ein 4-Heiraten-pro-Jahr-Dorf etwa 4*27,5 * ca. 5 = ca 550 Einwohner. Bzw in einem 400-Seelen-Dorf gibt es 80/27,5 = ca 3 Heiraten pro Jahr.

Ah, da gibt es natürlich noch Korrekturen! Sowohl damals wie heute war die Zahl von Zweitheiraten erstaunlich hoch! Heute meist Folge von Scheidungen, damals von Todesfällen. "Josefine Wagner geborene Schneider verwitwete Köhler" war kein seltener Name. Leider kenne ich keine Zahlen. Waren möglicherweise 25% aller Hochzeiten Zweitheiraten (bei einem der Partner)?
 
Ich habe gestern Abend nochmals mit dem Genealogen gesprochen (war kein Fussball, was soll man da auch sonst machen?)

Sein Statement zur Thematik:
Er meinte ihm fällt immer wieder auf, dass in den Familien über Jahrhunderte hinweg sich genealogisch fassbare Verhaltensmuster wiederholen, "wenn die 1 Generation mit 35 heiratet, wird die nächste dies nicht mit 17 tun, und umgekehrt"
Verhaltensweisen, die sich keineswegs mit anderen im selben Zeitraum in der selben Region aus ähnlichen Verhältnissen, decken.

Der, dafür verantwortliche, menschliche Faktor wäre EDV-technisch nicht zu fassen, woran die ihm bekannten Versuche auch gescheitert wären.
Er könne sich für eine bestimmte, größere, Zahl von Stammbäumen schon vorstellen, dass da Ergebnisse zu kriegen seien. Die aber niemals auf einen einzelnen Stammbaum übertragbar wären.
 
Ok, n = 20 ist eine sehr kleine Stichprobe, aber ich kann mich nur wundern. Das Heiratsalter ist ja höher als in der DDR (F = 22,7 bzw. M = 24,8)!
Hätte ich nicht gedacht.

Ich habe mich einige Jahre lang so ganz nebenher mit Genealogien von Handwerkerfamilien (17. bis frühes 19. Jahrhundert) frühes befaßt, von daher bin ich mir relativ hohen Heiratsaltern vertraut. Leider habe ich keine kompletten Ahnentafeln, da es hier eher um den Zusammenhang zwischen Werkstätten ging, d. h. nur wenn ein Vorfahr aus einer Familie mit demselben Gewerbe stammte, wurde dessen Herkunft weiter verfolgt, sonst wäre die Sache uferlos geworden.

Ich greife gerade in mein damals gesammeltes Material und hole den erstbesten Familienbuchauszug heraus. Der bringt mit 10 verheirateten Individuen zwar eine noch bescheidenere Stichprobe, aber liefert auch interessante Zahlen: Das durchschnittliche Heiratsalter der Männer liegt bei 32,5 Jahren, der Frauen bei 27,9 Jahren. Wobei es sich in einem Fall um eine Zweitheirat handelt. (Ob es sich um zweite Ehen handelt, geht wiederum aus meiner oben erwähnten Bauern-Ahnentafel nicht hervor.)
 
... Für die Leute, die im 18. Jahrhundert geboren wurde (das sind in dieser Tafel 20 Individuen), ergibt sich ein durchschnittliches Heiratsalter von 27,7 Jahren (Männer) und
25,4 Jahren (Frauen).


die mir bekannte ‘über den daumen regel’ besagt, 24 jahre für frauen und 27 jahre für männer, als heiratsalter.

.
 
Er könne sich für eine bestimmte, größere, Zahl von Stammbäumen schon vorstellen, dass da Ergebnisse zu kriegen seien. Die aber niemals auf einen einzelnen Stammbaum übertragbar wären.
Nein, auf EINEN EINZELNEN Stammbaum kann man natürlich keine Modellrechnung anwenden, das wäre ja "Determinismus pur"!

Ich kann aber ab 10 Personen aus einer Population gewisse Aussagen im 20%-Genauigkeitsbereich machen (Bei einer 10-Personen-Stichprobe geht das nicht viel genauer!). Wenn es ein stark schwankendes Heiratsalter gibt, wäre dies auch nur eine die Streuung erhöhende Komponente. Die Modellrechnungen ergeben einige Linien, die eine volle Ahnenzahl zeigen, weil sie - zufällig! - komplementäre Partner gewählt haben, sowie sehr ahnenschwache Linen, wenn mehrmals - ebenso zufällig - eine Cousinenheirat erfolgt ist.

Siehe das Histogramm oben! Bei einer größeren Stichprobe (z.B. 100 kann man die gemessenen Ahnenschwundsverteilung mit der Modellrechnung vergleichen.

Es würde mich interessieren, welche Programme Repos Bekannter getestet hat...
 
Im Anhang mal die Kurve für Modell-A 80 und ein Modell-C 80/10 mit 10 Fremdheiraten pro Generation = unter den 8 Heiraten innerhalb von zwei Jahren eine fremde dabei.


Ich bin Dir sehr dankbar für Deine Bemühungen, bin mir aber noch nicht sicher, ob die 12,5% Fremdheiraten die Realität richtig wiedergeben.

Zum einen ist es so, daß die Heiraten von Dorf zu Dorf die Heiraten innerhalb des Dorfes überwiegen, zum anderen sind die Heiraten von Dorf A zu Dorf B ja keine Fremdheiraten in dem Sinne, daß hier ein komplettt neuer (wenn auch in sich wieder mit Ahnenschwund behafteter) Stammbaum dazukäme.

Näher an der Realität dürfte wohl ein Modell sein, das davon ausgeht, daß 40% der Partner innerhalb des Dorfes zusammenfinden, während die restlichen 60% sich gleichmäßig, z. B. zu je 15% auf vier Nachbardörfer verteilen. So ganz "fremd" sind die Heiraten nie, da zwischen einem Dorf A und seinem Nachbardorf B über die Generationen immer zu 15% ein Austausch besteht, darüber hinaus ist mit indirektem Austausch zu rechnen (ein Dorf A pflegt einen Austausch mit einem Dorf B und C, jedoch nicht mit dem weiter entfernten D, das jedoch seinerseits mit B und C einen Austausch pflegt...)

Den Fall, daß jemand ganz "Fremdes" (kein gemeinsamer Vorfahr in den letzten 14, 15 Generationen) in eine bäuerliche Sippe einheiratet, würde ich als eher selten einschätzen, auch wenn es sicher einen Austausch mit mobileren Bevölkerungsgruppen gegeben haben wird.
 
Solange es keine "Daten" gibt, mit denen verglichen werden kann, ist Modellierung immer Spekulation :) Du hast jetzt einige "Parameter" vorgegeben, nach denen man mal simulieren kann. Die technischen Probleme habe ich oben dargestellt (zu viele Dörfer werden benötigt für ein Gleichgewicht), die Lösung ebenfalls (Schätzung eines Zustromparameters). 12,5% war gerade eine Vermutung. Je höher dieser Wert liegt um so homogener ist die Situation.

Ich kann die "Ahnenkette" der "Fremden" noch einmal mit lokalen Dorfahnen anreichern. Dieser Anteil nimmt natürlich mit der Zeit zu.

Denn bitte nicht vergessen: Nach einer ausreichend großen Anzahl von Generationen geht der Ahnenschwund immer gegen 100%, bzw gegen eine kleinere Zahl, die sich aus dem STÄNDIGEN Zustrom Ahnenfremder ergibt.
 
Solange es keine "Daten" gibt, mit denen verglichen werden kann, ist Modellierung immer Spekulation :)

Nun, die "Daten" entstammen der im Eingangsbeitrag vorgestellten Stichprobe. Wenn jemand diese durch andere oder bessere Daten ergänzen kann, soll es mir recht sein.
 
Also gibt es eher keine Daten :) Hyokkoses o.g. 1-elementige Stichprobe gestattet leider überhaupt keine Folgerung. Man kann vermuten, dass Cousinenheiraten nicht sehr verbreitet waren und dass es kein kontrolliertes Heiratsverbot bei Groß-Cousinen gab. Für eine Kalibrierung eines Modells werden mehr Daten benötigt.

Eine möglicherweise nützliche Information wäre die Herkunft eines Ahnen aus einem (in Bezug auf den jeweiligen direkten Nachkommen) fremden Dorf.

Leider habe ich auch von Repo nichts weiter gehört.

Ich möchte noch einmal betonen, dass man einen einzigen Stammbaum nicht "berechnen" kann, sondern nur Mittelwerte über viele Stammbäume.
Posting #19 gibt eine typisches Histogramm einer Ahnenschwundverteilung - da ist nichts dran "repräsentativ"...
 
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Also gibt es eher keine Daten :) Hyokkoses o.g. 1-elementige Stichprobe gestattet leider überhaupt keine Folgerung. Man kann vermuten, dass Cousinenheiraten nicht sehr verbreitet waren und dass es kein kontrolliertes Heiratsverbot bei Groß-Cousinen gab. Für eine Kalibrierung eines Modells werden mehr Daten benötigt.

Eine möglicherweise nützliche Information wäre die Herkunft eines Ahnen aus einem (in Bezug auf den jeweiligen direkten Nachkommen) fremden Dorf.

Leider habe ich auch von Repo nichts weiter gehört.

Ich möchte noch einmal betonen, dass man einen einzigen Stammbaum nicht "berechnen" kann, sondern nur Mittelwerte über viele Stammbäume.
Posting #19 gibt eine typisches Histogramm einer Ahnenschwundverteilung - da ist nichts dran "repräsentativ"...


War da noch was offen?
 
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