BBC Britain's Outlaws Highwaymen Pirates And Rogues (BBC 2015)
Der Historiker Dr. Sam Willis leitet durch die dreiteilige Doku. Ich habe mir mal die ersten zwei Folgen angeschaut.
Die erste Folge behandelt die Highwaymen. Überwiegend werden einfach Biographien berühmter englischer Highwaymen des 17. und 18. Jh. vorgestellt. Hind, Duval und Dick Turpin sind solche Charaktere. Dr. Willis schleicht aber auch selber durch die Landschaft und stellt typische Orte von Überfällen vor. Einmal singt er sogar zusammen mit einem Folkmusiker eine Ballade zu Dick Turpin, freilich um dann zu hinterfragen wie die Menschen über die Zeit zu der irrigen Meinung über Turpin kamen, die ihn eher als Helden charakterisierte.
Die zweite Folge wendet sich Piraten zu. Seltsamerweise beschränkt sich die Doku auf die Piraterie seit Every und Kidd. Sir Henry Morgan und Zeitgenossen werden also weggelassen ebenso wie frühere Piraten. Ein Grund wird nicht erwähnt.
Wie bei der anderen Doku geht es um herausstechende Figuren wie Kidd, Every und Blackbeard. Gerade Blackbeard fand ich als wenig spannend, da es schon genug Dokus über ihn gibt. Es raubten doch so viele britische Seeräuber in der Zeit, warum muss es denn immer wieder Blackbeard sein? In der Folge zeigt sich Dr. Willis als Seemann und steuert selber ein Segelschiff.
Ich fand die Doku über die Highwaymen immerhin ein bisschen interessanter als die andere. Eine Folge für so ein Thema ist aber offensichtlich zu wenig. Vieles wird nur angerissen. Es wird zwar kurz angesprochen wie ein Überfall mit 2 Räubern funktionierte, aber es wäre interessant mehr Beispiele konkreter Überfälle zu demonstrieren, visuell vorzustellen. Manchmal sah es aus, als ob Dr. Willis Spielzeugpistolen bei sich rumliegen hatte. Ein Paar Original wäre sich auch drin gewesen für die BBC.
Dr. Willis ist ja primär Marinehistoriker und -Archäologe und hatten schon zahlreiche Bücher zur Seekriegsführung publiziert. Da verwunderte mich die Auswahl der Bilder von denen viele garnicht zeitlich stimmig waren, ebenso wie in der Folge zu den Highwaymen. Das war dann auf die Dauer verwirrend, da man nicht genau wusste, ob die 19.-Jh. Illustration jetzt überhaupt etwas mit der Handlung zu tun haben sollte oder nicht. Gerade bei einen Fachmann wie Willis würde man mehr Akribie erwarten.
Schön fand ich das Vorstellen von originalen Schriftstücken und mancher Austausch mit Historikern.
Insgesamt eine dreiteilige Doku, die man sicherlich deutlich besser hätte machen können. Für BBC eher Durchschnitt.
Nachdem ich deine Rezension gelesen habe, hab ich mir gestern diese Doku reingezogen. Ich fand auch erste die Folge über die Highwaymen am besten, zumal sie dann doch noch einige Informationen vermittelte, die mir nicht bekannt waren. Die zweite Folge war zwar recht unterhaltsam, inhaltlich dann aber doch etwas dürftig, da über William Kidd und Blackbeard kaum etwas Neues kam. Ein bisschen zu kurz kam für meinen Geschmack "Black Barty" da es über Roberts, oder besser gesagt gegen seine Crew doch ziemlich umfangreiche Archivalien existieren. Der Prozess gegen Roberts Crew an einer der aufwändigsten und umfangreichsten Piratenprozesse, und die britische Gerichtsbarkeit war, für die damalige Zeit eher ungewöhnlich, bemüht, die individuelle Schuld der Angeklagten zu erforschen, statt nach dem Motto "mitgefangen, mitgehangen zu verfahren. Roberts war, gemessen an der zahl der gekaperten Schiffe auch weit erfolgreicher, als William Kidd und Eduard Teach. Blackbeard sehe ich ähnlich wie Johann Bückler, genannt Schinderhannes, der ähnlich wie Teach theatralische Auftritte liebte und sehr populär war gemessen an den Coups, aber weit weniger Prisen und Coups machte, als Henry Morgan oder Roberts. Was mir ein wenig fehlte, war die Frage, was Teach in Gottesnamen wohl geritten hat, dass er Charleston blockierte. Blackbeard hat dabei Medizin beschafft, durch die Blockade aber die Kolonialverwaltung von South Carolina dadurch so provoziert, dass sie gegen ihn vorgehen musste. teach und andere Piraten hatten lange davon profitiert, dass die Gouverneure sie duldeten und heimlich mit ihnen gemeinsame Sache machten. Manche vermuten, dass Teachs Crew an einer Krankheit litt, andere haben die These aufgestellt, dass Blackbeard dadurch Laudanum (Opiumtinktur) besorgen wollte. Genaues weiß man nicht, außer dass Blackbeard mit dieser Blockade seinen eigenen Untergang heraufbeschwor.
Bartholomew Roberts war zu einer zeit aktiv, als die große Zeit der karibischen Piraten sich bereits dem ende neigte, da man die Bukanier nach dem spanischen Erbfolgekrieg nicht mehr als Bundesgenossen brauchte und sie immer lästiger wurden. Roberts, der wohl nolens volens zum Piraten wurde, nachdem das Schiff auf dem er fuhr gekapert wurde, schloss er sich den Piraten an, und er wurde dann zum Kapitän gewählt, brachte mehr Schiffe auf, als jeder andere Pirat, und er muss seemännisch einiges auf dem Kasten gehabt haben. niemals havarierte eines seiner Schiffe, was Henry Morgan einige male passierte. Black Bart Roberts stellte eine Piratenordnung auf, die erstaunlich demokratisch anmutete und gab sich doch elitär und war wohl auch introvertierter als Blackbeard. Er trank keinen oder wenig Alkohol und verabscheute das Glücksspiel. Sein Leichnam wurde nie geborgen, und Anfang der 1990er Jahre äußerte eine populärwissenschaftliche Publikation die These, dass Roberts eine Frau gewesen sei.
Insgesamt hat die Doku aber schon eine Menge Informationen geboten, die auch recht unterhaltsam vermittelt wurden. Der Anteil an Spielszenen war erfreulicher Weise nicht so dominierend, wie sich das seit Jahren eingeschliffen hat, und es wurde auch nicht der Eindruck vermittelt, dass man die Quadratur des Kreises entdeckt und sensationell neue Erkenntnisse zu bieten habe. Manches erschien mir etwas spekulativ und die experimentelle Erprobung teilweise unnötig, positiv ist mir aufgefallen, das für eine Fernsehdoku ein recht hoher Anteil von Originalquellen und Archivalien verarbeitet wurde und auch namentlich genannt wurde. Manchmal erschien mir der Moderator etwas selbstverliebt und kamerageil, positiv fiel aber auf, dass ihm die Doku wohl großen Spaß gemacht hat, und dieses Engagement hat sich insgesamt auch positiv ausgewirkt. Bedenkt man, dass die Mehrheit der Adressaten eben keine Historiker sind, bei denen man viele Detailkenntnisse nicht voraussetzen kann, würde ich sie schon als gelungene Dokumentation bewerten, die vom Niveau durchaus mit der Serie "The Kings and Queens of Britain" mithalten kann und sich durchaus wohltuend von den durchschnittlichen Produktionen aus dem hause Arte abhebt