Mashenka
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Aufgrund der zahlreichen heute noch vorhandenen Versionen des Motivs wäre davon auszugehen, dass es bereits vor 1504 hundertfach dargestellt wurde (als Gemälde, Skulptur, Bronze-Spiegel etc.), um von Münzen ganz zu schweigen.(siehe CoinTalk) Was die Posen angeht, ist bei Raffael eigentlich nur die Positionierung der seitlichen Figuren speziell (freiere Interpretationen mit anderen Posen mal ausgeklammert): sie sind leicht nach hinten versetzt und stehen näher zueinander, was die Gruppe kompakter macht, wobei der Unterschenkel der linken Figur von der mittleren Frau teilweise verdeckt wird. Auf sonstigen Darstellungen ist die Komposition viel flacher und in die Breite gezogen, wie auf Münzen und Reliefs sowie auch auf dem Wandgemälde aus Pompei zu sehen. So wird Raffael wohl eher von einer Freiplastik inspiriert worden sein, welche die räumliche Verteilung der Figuren mehr berücksichtigte, ähnlich der römischen Skulptur im Met, die jedoch erst Ende 19 Jh. entdeckt wurde.Hat i.d.Z. jemand eine plausible Erklärung für die Ähnlichkeit der drei Grazien (Raffael) zum Chariten-Fresko aus Pompeji?
Demnach kämen aus der Reihe der erhaltenen Werke eigentlich nur die ›Siena-Grazien‹ in Frage, die vor ihrer Aufstellung in der Libreria die Piazza Colonna in Rom zierten. Hierfür spricht nicht nur die Anordnung sondern auch die Andeutung eines Schulterblattes an der mittleren Figur; bitter nötig bei der Armposition, was ansonsten stark vernachlässigt wurde, bei Raffael aber ebenfalls eine Andeutung fand.
Die heute im Louvre befindliche Gruppe aus der Sammlung Borghese wird zwar hin und wieder als Vorlage für Raffaels Bild gehalten, zeigt aber nebst der flachen Anordnung der Figuren paar anatomische Ungereimtheiten an der besagten oberen Rückenpartie und am Nacken der mittleren Figur, sodass die Skulptur m.M.n. höchstens als zusätzliche Inspiration gelten kann, nicht aber als direkte Vorlage.