Apropos Wilkenburg, Anreppen und Hedemünden

Auch wenn ich nicht der Adressat dieser Zeilen bin: Sag du doch mal, wer hat dieses Kreuz des Nordens entworfen?
Das können eigentlich nur die Feldvermesser der Wikinger gewesen sein, die da eine Linie von Stockholm bis Tallinn gezogen haben. Vermutlich, als die Ostsee gerade zugefroren war. Gelernt haben sie das sicherlich von den cleveren Schweizern: Ein Schweizer breitet...
 
Nochmal zu Ptolemaios:

Im Bezug auf die Geographie? Für das Urteil Tycho-Brahe hätte ich gern den Originalwortlaut und die Angabe der genauen Fundstelle - falls Du die Angabe überprüft und nicht aus zweifelhaften populärwissenschaftlichen Texten abgekupfert hast.

Auf diese Nachfrage kam keine Antwort; der Vorwurf, Ptolemaios hätte "viele Orte nebst Koordinaten schlicht erfunden", bleibt also unbelegt.


Was genau willst Du ihm ankreiden? Fakt ist, dass beide Autoren fehlerhaft gerechnet haben.
Erastothenes' Rechnung enthält mehrere Fehler, er verschätzt sich bei der Lage von Alexandria und Syene sowohl hinsichtlich der geographischen Länge wie auch bei der Distanz. Dass sich die Fehler gegenseitig aufheben, war Dusel, keine Absicht.

Ich kreide ihm an, dass er nicht selber nachgeprüft hat.

Mittlerweile bin ich auf ein interessantes Buch gestoßen: Vermessung der Oikumene, hrsg. Klaus Geus und Michael Rathmann, Berlin/Boston 2013.

In der Einleitung wird Ptolemaios' Leistung klar herausgestellt:

"Den End- und gleichzeitigen Höhepunkt der auf Messungen und Berechnungen basierenden Kartographie bildet, wie erwähnt, Ptolemaios. Mit seiner auch nach modernen Vorstellungen halbwegs getreuen Karte der Oikumene und seinen 26 Länderkarten, also Karten des sog. Mittelraumes, lässt er deutlich erkennen, wie viel geodätisches Material und Know-how uns aus der Antike verloren gegangen ist."

Aber auf das kommt es mir nicht an. Viel spannender ist der Aufsatz "Anmerkungen zur Geschichte der Erdmessung im Altertum" von Klaus Geus und Irina Tupikova.

Hier werden die Verfahren des Erastothenes und des Poseidonius vorgestellt, sowie ein drittes Verfahren, das Ptolemaios beschreibt. Zu drei Methoden ist folgendes zu lesen (Unterstreichungen von mir):

Auf die Nachteile des eratosthenischen Verfahrens können wir hier nicht ausführlich eingehen. Sie
seien hier nur en passant genannt:
1. Alexandria (29° 56' E) und Syene (32° 55' E) liegen nicht genau auf demselben Meridian.
2. Syene (24° 04' N) liegt nicht genau unter dem Wendekreis (23° 44' N).
3. Die Sonne ist kein Punkt. Daher ist es kompliziert, das Zentrum der Sonnenscheibe anzuvisieren.
Glücklicherweise haben sich diese verschiedenen Fehler gegenseitig ausbalanciert, so dass die
Zahl von 250 000 Stadien dem tatsächlichem Wert von ca. 40 000 Kilometern erstaunlich nahe
kommt. Von größerer Bedeutung als die Genauigkeit ist sicherlich der mathematisch-astronomische
Ansatz bei der Erdmessung, der allerhöchsten Respekt verdient.

Ein anderes Verfahren bei der Erdmessung wendete der stoische Philosoph Poseidonios
(135–51 v. Chr.) etwa 150 Jahren nach Eratosthenes an. Im Unterschied zu seinem Vorgänger maß er nicht den Zenitabstand bzw. die Winkeldistanz der Sonne an einem ganz bestimmten Tag des Jahres.
Poseidonios ging vielmehr von der Beobachtung aus, dass für einen Wanderer, der auf der Erde vom
Norden nach Süden geht, jeweils andere Sterne am Horizont sichtbar werden. So tauche in Rhodos der
helle Stern Canopus kurz am Horizont auf, bevor er gleich wieder untergehe. Dagegen würde derselbe
Stern im südlicher gelegenen Alexandria sich immerhin um 1/48 eines Vollkreises über den Horizont
erheben. [...]
Auch diese zweite Methode hat zwei gravierende Nachteile: Die astronomische Refraktion ist am Horizont maximal. Bei normalen Wetterbedingungen wird ein Stern also nicht unter der Zenitdistanz von 90° sichtbar, sondern schon bei ca. 90° 35'. Außerdem lag der Stern Canopus in der Zeit des Poseidonios in Wirklichkeit nicht auf dem Horizont von Rhodos, sondern erreichte eine maximale Höhe von über anderthalb Grad (1° 36').
Ein drittes Verfahren für die Bestimmung des Erdumfangs lässt sich mit keinem bestimmten Astronomen verbinden. Der berühmte Geograph und Astronom Ptolemaios geht in der Einleitung seines „geographischen Handbuchs“ (geographike hyphegesis) kurz darauf ein. Merkwürdigerweise nennt er an dieser Stelle weder die Erdmessung des Eratosthenes noch die Poseidonios, sondern diese namenlose Methode (1,3,1–2). Er schreibt:
(1) Die [Astronomen] vor uns verlangten nicht nur, dass die [gemessene] Strecke auf der Erde geradlinig sei, um das Bogenstück eines Großkreises darzustellen, sondern auch hinsichtlich ihrer Lage, dass sie in der Ebene eines Meridians liegt. Und sie beobachteten mittels Schattenmessinstrumenten die Zenitpunkte der beiden Enden der Strecke und setzten daraufhin den von diesen [Punkten] abgeschnittenen Bogen des Meridians dem [Bogen] der Strecke [auf der Erde] gleich; denn diese [Punkte] liegen – wie erwähnt – in einer Ebene, weil die durch die Endpunkte zu den Zenitpunkten gezogenen Geraden aufeinander treffen, und der Treffpunkt ist der gemeinsame Mittelpunkt der Kreise.
(2) Dass die Strecke zwischen den Zenitpunkten zu dem durch die Pole gezogenen größten Himmelskreis im gleichen Verhältnis stehe wie der Abstand auf der Erde zum Umfang der gesamten [Erde], setzten sie also voraus.​
Die Autoren bewerten diese Methode folgendermaßen:
"Damit ergibt sich aus historischer Perspektive folgendes Ergebnis: von allen antiken Versuchen, den Umfang der Erde zu bestimmen, ist die Methode, Sterne im Zenit zu beobachten, die astronomisch sinnvollste und genaueste."

Der Vorwurf an Ptolemaios, ungeprüft bullshit abgekupfert zu haben, trifft also in dieser Beziehung nicht zu. Ptolemaios beschreibt ein Verfahren, das methodisch dem des Erastothenes überlegen ist.
In der praktischen Anwendung waren alle drei Verfahren ziemlich fehlerhaft. Erastothenes hatte, wie - wie ich schon schrieb - nur den Dusel, dass sich seine Fehler gegenseitig aufhoben.
 
Nach drei Tagen in der Natur mit viel frischer Luft und etwas Abstand frage ich mich, ob eine weitere Diskussion mit dem Foristen @Sepiola überhaupt noch sinnvoll ist.

Zweifel kamen mir schon vor einer Woche, als er mir entgegnete

Die Stadtmauer lief allerdings nicht parallel.

nachdem ich einen Link zum Domgrundriss gepostet hatte, aus dem klar hervorgeht, dass der Kölner Dom parallel zur römischen Stadtmauer errichtet wurde.

Da fragt man sich dann schon, schaut er sich einen Link, den er selber in der Antwort zitiert, nicht an? Er liefert auch keine Begründung, warum der historische Grundriss in seinen Augen falsch sei.

Dann die Sache mit Ptolemaios. Aus meiner Formulierung

Dass die Qualität der Koordinaten in der Sammlung sehr unterschiedlich ist, mag einerseits der Zuverlässigkeit der verschiedenen Quellen geschuldet sein, kann aber auch daran liegen, dass Ptolemaios viele Orte nebst Koordinaten schlicht erfunden hat

konstruiert er einen

Vorwurf, Ptolemaios hätte "viele Orte nebst Koordinaten schlicht erfunden"

Es kann natürlich passieren, dass man das Wörtchen kann überliest, es sollte einem erfahrenen Leser aber eigentlich nicht passieren.

Und überhaupt: Seit Jahr und Tag vertritt @Sepiola hier den konservativen Standpunkt, in der Germania Magna habe es keine nennenswerten Ortschaften gegeben, schon gar keine Städtegründungen – von Waldgirmes abgesehen. Auch hätten die Römer keine Muße gehabt, geodätische Arbeiten zu verrichten, von der Vermessung der täglich wechselnden Lager abgesehen. Nicht einmal steinerne geodätische Landmarken wollte er in Betracht ziehen.

Jetzt auf einmal gilt das alles nicht mehr. Er wechselt die Position um 180° und verteidigt die Koordinatensammlung des Ptolemaios, in der es von innergermanischen Ortschaften bis über die Oder hinaus nur so wimmelt. Orte mit klingenden Namen wie Tulifurdum, Stereontium, Aregalia, Colancorum und Bunitium...

Woher stammen die Daten, wenn niemand in Innergermanien Vermessungsarbeiten durchgeführt hätte?

Dann das hier:

Mittlerweile bin ich auf ein interessantes Buch gestoßen: Vermessung der Oikumene, hrsg. Klaus Geus und Michael Rathmann, Berlin/Boston 2013.

In der Einleitung wird Ptolemaios' Leistung klar herausgestellt:

"Den End- und gleichzeitigen Höhepunkt der auf Messungen und Berechnungen basierenden Kartographie bildet, wie erwähnt, Ptolemaios. Mit seiner auch nach modernen Vorstellungen halbwegs getreuen Karte der Oikumene und seinen 26 Länderkarten, also Karten des sog. Mittelraumes, lässt er deutlich erkennen, wie viel geodätisches Material und Know-how uns aus der Antike verloren gegangen ist."

Aber auf das kommt es mir nicht an.

Das war wenigstens ehrlich. Das verlorene geodätische Material und Know-how aus der Antike interessiert ihn nicht. Für ihn ist ohnehin alles bekannt, nämlich dass die Römer ausschließlich kleinräumig Rechtecke mit der Groma vermaßen – auch wenn der zitierte Text genau das Gegenteil aussagt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zweifel kamen mir schon vor einer Woche, als er mir entgegnete



nachdem ich einen Link zum Domgrundriss gepostet hatte, aus dem klar hervorgeht, dass der Kölner Dom parallel zur römischen Stadtmauer errichtet wurde.

Da fragt man sich dann schon, schaut er sich einen Link, den er selber in der Antwort zitiert, nicht an?

Die Antwort ist: Den Link hatte ich in der Tat übersehen. Dafür möchte ich mich hiermit entschuldigen.

Ich hatte in Erinnerung, dass die römische Stadtmauer Kölns an allen Ecken und Enden krumm und schief zum römischen Straßenmuster verlief, was aber offensichtlich an der Domecke ausnahmsweise nicht der Fall ist.


Es kann natürlich passieren, dass man das Wörtchen kann überliest, es sollte einem erfahrenen Leser aber eigentlich nicht passieren.
Dieses Wörtchen hatte ich nicht überlesen, es ist aber tatsächlich ein Vorwurf, zumal in diesem Zusammenhang und in einem Atemzug das (bislang auch auf Nachfrage nicht belegte) Wort "Lügner" verwendet wird.
Daher noch einmal das ungekürzte Zitat:

Dass die Qualität der Koordinaten in der Sammlung sehr unterschiedlich ist, mag einerseits der Zuverlässigkeit der verschiedenen Quellen geschuldet sein, kann aber auch daran liegen, dass Ptolemaios viele Orte nebst Koordinaten schlicht erfunden hat. Der unbestechliche Tycho Brahe nannte ihn jedenfalls einen Lügner.

Und genau in diesem Zusammenhang erfolgte meine Nachfrage, auch diese gern als ungekürztes Zitat:

Im Bezug auf die Geographie? Für das Urteil Tycho-Brahe hätte ich gern den Originalwortlaut und die Angabe der genauen Fundstelle - falls Du die Angabe überprüft und nicht aus zweifelhaften populärwissenschaftlichen Texten abgekupfert hast.

Auf diese Nachfrage kam keine Antwort; der Vorwurf, Ptolemaios hätte "viele Orte nebst Koordinaten schlicht erfunden", bleibt also unbelegt.



Und überhaupt: Seit Jahr und Tag vertritt @Sepiola hier den konservativen Standpunkt, in der Germania Magna habe es keine nennenswerten Ortschaften gegeben, schon gar keine Städtegründungen – von Waldgirmes abgesehen.

Hier unterschiebst Du mir einen Standpunkt, den ich so nicht geäußert habe. Wir haben eben keine römischen Städtegründungen nachgewiesen – von Waldgirmes abgesehen, und sogar diese blieb in den Anfängen stecken. Sogar wenn die Siedlung Waldgirmes innerhalb der 7,7 Hektar ausgebaut worden wäre, wäre es eine winzige Siedlung geblieben. (Hier mal der Vergleich mit Rüti bei Büren - laut Wiki 848 Einwohner)

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Verglichen mit dem, was wir sonst aus der Germania Magna haben, ist Waldgirmes eine Sensation. Verglichen mit dem, was wir sonst aus dem Römerreich haben, wäre "nennenswerte Ortschaft" eine arge Übertreibung.


Jetzt auf einmal gilt das alles nicht mehr. Er wechselt die Position um 180° und verteidigt die Koordinatensammlung des Ptolemaios, in der es von innergermanischen Ortschaften bis über die Oder hinaus nur so wimmelt. Orte mit klingenden Namen wie Tulifurdum, Stereontium, Aregalia, Colancorum und Bunitium...

Woher stammen die Daten, wenn niemand in Innergermanien Vermessungsarbeiten durchgeführt hätte?

Ptolemaios hat alles ausgewertet, was er in die Hände bekommen hat, geographische Handbücher, Periploi, Itinerare, Streckenvermessungen, Legionsverzeichnisse, Aufzeichnungen von Seefahrern und Händlern etc. etc. Dass er hier schon bei den wohlbekannten Städten der zivilisierten Welt Schwierigkeiten hatte, die genauen Koordinaten zu bestimmen, schreibt er im 18. Kapitel:
"Ferner kann man bei der Eintragung der Städte zwar die an der Küste gelegenen leichter einzeichnen, da bei ihnen durch den Küstenverlauf eine gewisse Anordnung gewahrt wird. Bei den binnenländischen Städten ist dies aber nicht mehr der Fall, da bei ihnen nirgends Angaben über ihre Lage untereinander oder gegenüber den Küstenstädten gemacht werden, ausser in wenigen Ausnahmefällen, bei welchen zufällig einmal die Länge, einmal die Breite zusätzlich bestimmt ist."

Ptolemaios hatte also Abertausende Daten zur Hand, darunter aber fast nichts, was ihm direkt zuverlässige Koordinaten lieferte. Die musste er sich aus dem Datenwust erschließen, so gut es ihm eben möglich war.

Leider gibt er, wie es damals üblich war, nur gelegentliche Quellenhinweise, daher lässt sich für die allermeisten Örtlichkeiten nicht mehr rekonstruieren, wie die Quelle aussah. Das gilt auch für Touliphourdon und viele andere Örtlichkeiten, die sich heute nicht mehr lokalisieren lassen. Dass diese Örtlichkeiten alle römischen Ursprungs gewesen sein sollen und mit Steinbauten versehen waren sollen, lässt sich weder dem Buch des Ptolemaios noch meinen Beiträgen entnehmen.




Das verlorene geodätische Material und Know-how aus der Antike interessiert ihn nicht.

Mich interessiert das erhaltene geodätische Material (siehe z. B. Ptolemaios). Aus diesem (und nur aus diesem) können wir Rückschlüsse ziehen, was es an verlorenen Materialien gab.


Für ihn ist ohnehin alles bekannt, nämlich dass die Römer ausschließlich kleinräumig Rechtecke mit der Groma vermaßen – auch wenn der zitierte Text genau das Gegenteil aussagt.

Falls Du die limitatio meinst: Hier hat man in der Tat kleinräumige Rechtecke mit der Groma vermessen.
Das war selbstverständlich nicht alles, was die Römer vermessen haben. Bei Straßen haben sie Streckenlängen vermessen und Meilensteine gesetzt, bei Aquädukten haben sie Höhenunterschiede gemessen. Das weißt Du aber, falls Du meine Beiträge gelesen und die Links angeklickt hast.
 
Die Antwort ist: Den Link hatte ich in der Tat übersehen. Dafür möchte ich mich hiermit entschuldigen.

Und ich möchte mich für den Stil meines letzten Beitrags entschuldigen. Ich hatte tatsächlich gemeint, es ginge Dir nur noch um Rhetorik.

Zu der leidigen Tycho-Brahe-Sache: das hatte ich wohl im Wikipedia-Artikel aufgeschnappt, dort heißt es (allerdings ohne Nennung der Quelle): "In neuerer Zeit wurden die Leistungen des Ptolemäus jedoch sehr viel kritischer bewertet. Schon Tycho Brahe sprach um 1600 von „Betrug“.

Nur nebenbei, kürzlich witzeltest Du über Wikinger: Tycho Brahe entstammte diesem Kulturkreis und war einer der ersten Menschen in Europa, von denen wir gesichert wissen, dass sie mittels Triangulation großräumige Vermessungen vornahmen.

Verglichen mit dem, was wir sonst aus der Germania Magna haben, ist Waldgirmes eine Sensation. Verglichen mit dem, was wir sonst aus dem Römerreich haben, wäre "nennenswerte Ortschaft" eine arge Übertreibung.

Das sehe ich genau so. Jedoch scheint mir Waldgirmes der besonders glückliche Spezialfall zu sein, der nach dem erzwungenen Abbruch des Projekts wüst fiel und deshalb, mangels Überbauung, so leicht gefunden werden konnte.

Ptolemaios hatte also Abertausende Daten zur Hand, darunter aber fast nichts, was ihm direkt zuverlässige Koordinaten lieferte. Die musste er sich aus dem Datenwust erschließen, so gut es ihm eben möglich war.

D'accord. Die Möglichkeit, dass er dabei unseriösen Zuträgern vertraute würde ich aber nicht ausschließen wollen – wenngleich ich es aus gewissen Gründen für durchaus möglich halte, dass ursprünglich römische oder zumindest römisch inspirierte Städtegründungen in der Germania Magna nicht nur im 2. Jahrhundert für römische Geografen bedeutsam gewesen wären, sondern darüberhinaus den Kern frühmittelalterlicher und mithin heutiger Städte gebildet haben könnten.

Leider gibt er, wie es damals üblich war, nur gelegentliche Quellenhinweise, daher lässt sich für die allermeisten Örtlichkeiten nicht mehr rekonstruieren, wie die Quelle aussah. Das gilt auch für Touliphourdon und viele andere Örtlichkeiten, die sich heute nicht mehr lokalisieren lassen. Dass diese Örtlichkeiten alle römischen Ursprungs gewesen sein sollen und mit Steinbauten versehen waren sollen, lässt sich weder dem Buch des Ptolemaios noch meinen Beiträgen entnehmen.

Das wollte ich auch nicht gesagt haben. Aber Du musst wohl zugeben, dass zwischen der Lehrmeinung der in Einzelgehöften hausenden Germanen und den ptolemäischen Ortschaften ein gewisser Widerspruch klafft.

Mich interessiert das erhaltene geodätische Material (siehe z. B. Ptolemaios). Aus diesem (und nur aus diesem) können wir Rückschlüsse ziehen, was es an verlorenen Materialien gab.

Ah, jetzt löst sich das Missverständnis. Für Dich als Philologen bedeutet Material etwas völlig anderes als für den eher haptisch veranlagten Naturwissenschaftler.
 
Nur nebenbei, kürzlich witzeltest Du über Wikinger:

War die Frage "wer da wohl dahinter stecken könnte, und bei wem die wohl in die Lehre gegangen sein könnten" nicht als Witz gedacht?
Dann würde mich doch mal eine ernsthafte Antwort interessieren.

Tycho Brahe entstammte diesem Kulturkreis
Dem Kulturkreis der Wikinger? Na ja, die Wikingerzeit war zu Tycho Brahes Zeit seit über einem halben Jahrtausend vorbei.

Jedoch scheint mir Waldgirmes der besonders glückliche Spezialfall zu sein, der nach dem erzwungenen Abbruch des Projekts wüst fiel und deshalb, mangels Überbauung, so leicht gefunden werden konnte.
Die meisten überbauten Römerstädte sind doch schon viel länger bekannt. Gerade in Städten wird doch immer wieder gegraben, bis in jüngste Zeit - ob nun eine Kirche saniert, eine Tiefgarage, ein Bahnhof oder was auch immer gebaut wird.
Um nur zwei Beiträge von gestern zu verlinken:
Neue archäologische Entdeckungen
Neue archäologische Entdeckungen

D'accord. Die Möglichkeit, dass er dabei unseriösen Zuträgern vertraute würde ich aber nicht ausschließen wollen
Das kann man nie ausschließen. Aber Ptolemaios hatte in aller Regel schriftliche Berichte vor sich und konnte die Informanten nicht gezielt nach Einzelheiten ausfragen.
Was die Magna Germania betrifft, könnten es Berichte von Kaufleuten gewesen sein. Von einem solchen berichtet z. B. Plinius (Nat. hist. XXXVII):

DC M p. fere a Carnunto Pannoniae abesse litus id Germaniae, ex quo invehitur, percognitum nuper, vivitque eques R. ad id comparandum missus ab Iuliano curante gladiatorium munus Neronis principis. qui et commercia ea et litora peragravit, tanta copia invecta...
=
"Dass diese Küste Germaniens, aus der (der Bernstein) eingeführt wird, etwa 600 Meilen von Carnuntum in Pannonien entfernt liegt, wurde neulich bekannt, und es lebt (noch) ein Römischer Ritter, der zum Einkauf desselben von Iulianus, der im Auftrag des Kaisers Nero Gladiatorenspiele organisierte, hingeschickt worden war. Dieser durchwanderte sowohl Handesplätze wie auch Küsten, und führte eine derartige Fülle ein..."

Nehmen wir einmal an, ein solcher Händler hätte einen schriftlichen Bericht hinterlassen, der dem Ptolemaios vorgelegen hat. Dieser enthielt dann Entfernungsangaben (wie oben die DC M p.), die Auflistung von Handelsplätzen (commercia) und möglicherweise noch Angaben, welches die bedeutendsten Handelsplätze waren.
Wenn Ptolemaios die "bedeutendsten Handelsplätze" dann in seine Liste der "bedeutendsten poleis" übernommen hat, müssen wir weder Ptolemaios noch seinem Informanten irgendeinen Betrug unterstellen.



Ah, jetzt löst sich das Missverständnis. Für Dich als Philologen bedeutet Material etwas völlig anderes als für den eher haptisch veranlagten Naturwissenschaftler.

Warum "für mich"?
Ich habe hier Geus und Rathmann zitiert. Diese schreiben über Ptolemaios und das von ihm verwendete Material (Fahrtberichte von Seeleuten, Expeditionsberichte, Schriften der Vermessungsingenieure etc.). Wie hast Du Geus und Rathmann verstanden?


Mit "auf das kommt es mir nicht an" war übrigens die Würdigung von Ptolemaios' Leistung gemeint, das war wohl missverständlich formuliert:

Mittlerweile bin ich auf ein interessantes Buch gestoßen: Vermessung der Oikumene, hrsg. Klaus Geus und Michael Rathmann, Berlin/Boston 2013.

In der Einleitung wird Ptolemaios' Leistung klar herausgestellt:

"(Zitat blabla)"

Aber auf das kommt es mir nicht an. Viel spannender ist der Aufsatz "Anmerkungen zur Geschichte der Erdmessung im Altertum" von Klaus Geus und Irina Tupikova.

Hier werden die Verfahren des Erastothenes und des Poseidonius vorgestellt...
 
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