Da das Thema sehr komplex ist, der Versuch, die zentralen Bezugspunkte für die Einordnung repräsentativer und Alltags-Architektur in seinem historischen Kontext zu benennen. Wiki ist dazu unbrauchbar, da schmalspurig lediglich Architekturgeschichte geboten wird.
Ausgangsthese
Die Bauten waren Ausdruck einer bestimmten Weltsicht. Sie signalisierten den Geltungsanspruch der Länder. Ihre Architektur setzt neue Maßstäbe und veränderte unsere Sicht auf die Möglichkeiten des Bauens und teilweise auch des Lebens.
Es kam Widerspruch
Genau genommen symbolisieren beide Bauwerke die Städte, in denen sie stehen, und nicht die Länder.
Beim Eiffelturm ging es eigentlich nicht um den »machtpolitischen Geltungsanspruch«, ….
….beim Empire State Building, wo es klar um die Frage ging, wer baut den Größten. Die Motivation lieferte jedoch weniger der Nationalstolz,
Die Ausgangsthese ist absolut richtig und der Widerspruch ist weder von Chan noch von Mashenka vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse korrekt beurteilt.
Der historische Kontext, in den die These einzuordnen ist, ist der Kolonialismus und der Imperialismus. In der Alten und der Neuen Welt lagen allerdings unterschiedliche Vorstellungen vor hinsichtlich der Sichtweisen auf den Imperialismus und der Bewertung der eigene Rolle. Und somit unterschieden sich Europa und die USA auch in der grundsätzlichen Strategie, die kolonialen Beschaffungs- und Absatzmärkte zu bearbeiten. Für die USA – unten - noch etwas ausführlicher beschrieben.
Grundsätzlich kann man zwei grundsätzliche Machtinstrumente im Rahmen der Entwicklung des Kolonialismus bzw. des Imperialismus benennen, wie ausführlich beispielsweise bei Smith und Reinhard beschrieben. Relevant ist, dass zwischen „harten Instrumenten“, die vor allem ausführlich im Rahmen der Theorie des „Realismus“ beschrieben worden sind, wie beispielsweise bei Waltz: Theory of International Politics. Dieses Verständnis von IR geht primär von Militär und Wirtschaft als Machtfaktoren aus, die andere Länder beherrschen können.
Im Gegensatz dazu bilden die sogenannten „weichen“ Instrumente, wie bei Nye ausgeführt, eine eigene Gruppe von Machtinstrumenten im Rahmen der IR. Die Wirkung und die Effektivität der weichen Instrumente basieren auf „Anerkennung“, auf „Bewunderung“ und auf dem Wunsch, langfristig an dieser Entwicklung zu partizieren. Der „Mächtige“ beeindruckt den „Schwachen“ und dieser gibt der Erwartungshaltung des Mächtigen nach in der Hoffnung, beim "zivilisatorischen Aufstieg" unterstützt zu werden.
„Sometimes I can affect your behavior without commanding it. If you believe that my objectives are legitimate, I may be able to persuade you without using threats or inducements.“ (vgl. Nye-Link)
Kurze Darstellung durch Nye:
The Benefits of Soft Power - HBS Working Knowledge - Harvard Business School
Das grundsätzliche Problem und auch die Kombination im Mitteleinsatz kann man bereits bei den frühen kolonialen Mächten erkennen. Die einzelnen Faktoren, die historisch eine Rolle gespielt haben und den Aufstieg des Westens erklären, werden bei Ferguson aufgelistet. Er unterscheidet nicht explizit zwischen soft und hard in seiner Auflistung.
Grundsätzlich gilt dabei, dass Staaten, die im Rahmen des Imperialismus andere Länder beherrschten und ausgebeutet haben, dieses nicht durch permanente Androhung und Durchführung von militärischer Gewalt leisten konnten. Die Finanzierung der militärischen Mittel hätte den Gewinn aus den Kolonien nicht selten überstiegen. Und aus diesem Grund wäre der Imperialismus dann unprofitabel geworden wäre. Es mußten somit Formen der kolonialen Herrschaft entwickelte werden, die auf eine Akzeptanz der Überlegenheit der Kolonialherren durch die Kolonialvölker abzielte.
Diese Ideologie kann als „zivilisatorischer Anspruch“ als „Burden of the White Man“ formuliert werden und ist an die Mission gekoppelt, die westliche Zivilisation den „unterentwickelten Völkern“ in den Kolonien zu bringen.
Dieses Verhältnis zwischen dem „zivilisiertem“ Westen / Zentrum und den „unzivilisierten Kolonialvölkern“ / Peripherie beschreibt Münkler als „Barbarendiskurs“ in dessem Kontext der „imperiale Raum“ durch die imperialistischen Mächte konstruiert wird (vgl. Münkler, S. 150ff). Der Barbarendiskurs erzeugt das Verhältnis von „Subjekt“ und „Objekt“ als eine asymmetrische Beziehung, die auch und vor alle auf der kulturellen Ebene den Anspruch der Überlegenheit beinhaltet. Eine Form der Überlegenheit, die teilweise durch sozialdarwinistische und auch rassistische Diskurse verstärkt wurde und bis in das Völkerrecht hineinreichte. Mit der Konsequenz, dass den "Kolonialvölkern" die Rechte und Pflichten, die das Völkerrecht den westlichen Ländern – in der Theorie – zugestand, weder in der Theorie noch in der Praxis zugestanden wurde.
Die Definition des imperialen Raums und somit der Kennzeichnung des Innen- bzw. Außenbereichs sind dabei nicht trennungsscharf, da den "Kolonialvölkern" jederzeit der „zivilisatorische Aufstieg“ in die industrielle Moderne - durch Kooptation der Eliten etc. - offen stand. Ein Modell, das bei Rostov nach dem WW2 als „Phasenmodell“ in den Rang offizieller Entwicklungspolitik gehoben worden ist (vgl. G.M. Meier: Leading Issues in Economic Development, 3. Auflage (!!!!), 1975, S. 79ff). Das Zentrum des Imperiums wird jedoch als solches symbolisch definiert und ein Aspekt der kulturellen Selbstdarstellung ist der Bereich der repräsentativen und auch der „Alltags-Architektur“, die u.a. die Manifestation des Zentrums bildet.
Sowohl in seinen repräsentativen Räumen, wie den politischen Bauten (vgl. dazu beispielsweise das Stichwort bei Boyer für die USA) wie in der Alltags-Architektur dokumentiert das Zentrum des Imperium seinen Führungsanspruch durch besonders beeindruckende Bauten. Der Geltungsanspruch des Zentrum setzt sich städteplanerisch und architektonisch bis in die Kolonien fort und prägte teilweise die „Skyline“ der jeweiligen kolonialen Hauptstädte. Es sind zum Teil die Sakralbauten, aber vor allem die Befestigungsanlagen und ebenfalls Stadtplanungsprojekte, die ihre Spuren in den Kolonien als zur Schaustellung imperialer Macht hinterlassen haben.
Ein prominentes Beispiel ist dabei Kiautschou, dass im Sinne der Marine zu einer „Musterkolonie“ gemacht werden sollte. Und demonstrativ die Leistungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Kolonialmächten zu demonstrieren. Kernstück war die Stadtentwicklung, die sich in einer typischen „deutschen“ Architektur niederschlug, die teilweise bis heute erhalten geblieben ist (Graichen & Gründer, S. 224ff).
Das Beispiel USA als imperiale Macht ist ein wenig anders gelagert wie bei den europäischen Mächten. Es war vor allem die „Manifest Destiny“, die als ideologisches Konzept Expansion der USA begründen sollte. Dieses Konzept war zunächst im Kontext der US-Expansion nach Texas, Oregon und Mexiko im Jahr 1840 durch den Journalist John O´Sullivan benutzt worden [Boyer, S. 470].
Der nationale Mythos der „National Destiny“ ist eng verbunden mit dem „Frontier Mythos“ und dient in der Tat der nationalen Integration der USA und kann als ihr zentraler „Gründungsmythos“ begriffen werden. In diesem Sinne schreibt Slotkin: „The original task of the myth was to explain and justify the establishment of the American colonies; but as the colonies expanded and developed, the Myth was called into account for our rapid economic growth, our emergence as a powerful nationstate, and our distinctively American approach to the socially and culturally disruptive process of modernization“ [Slotkin, S. 10].
Vor diesem Hintergrund entwickelte sich seit TR in der Phase des „Gilded Age“ eine spezifische wirtschaftlich begründete Form vom „informellem Imperialismus“, die noch zusätzlich durch Wilson`s geopolitsche Vorstellungen verstärkt wurden, und prägend waren für die folgenden Jahrzehnte im Bereich der IR (vgl. z.B. die Beiträge in Calhoun).
Der Anspruch der USA als die führende Wirtschaftsmacht nach dem WW1 schlug sich in dem Credo nieder, es sei das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Den direkten Ausdruck der Dynamik und dem damit zusammenhängenden Wunsch der Verschiebung der Grenzen des Möglichen fand die USA in seiner Stadtplanung und das typische Symbol war der „Skyscraper“ (vgl. Mann, 92ff) Wie sich die USA ihrer politischen und wirtschaftlichen Bedeutung auch durch ihre bemerkenswerte Bauwerke vergewisserte und auch nach außen demonstrierte.
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Historic_Civil_Engineering_Landmarks
In diesem Sinne waren es auch softe Faktoren, die die "Open Door"-Philosophie unterstützen und auch die internationale Bedeutung der "Monroe Doktrin" zur Geltung gebracht haben.
Ein weiterer Aspekt, der auch relevant ist für die Bewertung von Architektur als Ausdruck nationalstaatlicher Leistungsfähigkeit waren die „Weltausstellungen“ oder ganz allgemein der „Fairs“, die überall entstanden. Sie waren die „Visitenkarte“, durch die Innovation und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit demonstriert wurde.
Und in diesem Kontext ist auch die Bedeutung bzw. der Stellenwert des „Eiffelturms“ angesiedelt und unterstreicht deutlich den Machtanspruch der "Grande Nation".
Boyer, Paul S.; Dubofsky, Melvyn (Hg.) (2001): The Oxford companion to United States history. Oxford, New York: Oxford University Press.
Calhoun, Charles William (Hg.) (2007): The gilded age. Perspectives on the origins of modern America. 2. ed. Lanham, Md.: Rowman & Littlefield Publ.
Ferguson, Niall (2011): Civilization. The West and the rest. 1st American ed. New York: Penguin Press.
Gründer, Horst; Graichen, Gisela (2005): Deutsche Kolonien. Traum und Trauma. Unter Mitarbeit von Holger Dietrich. 2. Auflage. Berlin: Ullstein (Ullstein).
Mann, Michael (2012): The sources of social power. Volume 3: Global empires and revolution, 1890-1945. Cambridge: Cambridge University Press.
Münkler, Herfried (2008): Imperien. Die Logik der Weltherrschaft - vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt-Taschenbuch-Verl.
Nye, Joseph S. (2004): Soft power. The means to success in world politics. 1. ed. New York, NY: Public Affairs.
Reinhard, Wolfgang (2016): Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der europäischen Expansion 1415-2015. 1. Auflage. München: Beck
Slotkin, Richard (1998): Gunfighter nation. The myth of the frontier in twentieth-century America. Oklahoma paperbacks ed. Norman: University of Oklahoma Press.
Smith, Woodruff D. (1991): European imperialism in the nineteenth and twentieth centuries. Chicago: Nelson-Hall.