Klosterbesitz über halb Deutschland verteilt, fast keine Besitz-Urkunden? Jahrhunderts später hat man angefangen, diesen Besitz, diese Rechte schriftlich zu fixieren.
Die Frage, wie man ohne Urkunden die Besitzverhältnisse regelte, kann ich dir leider auch nicht beantworten. Aber die Ursache, dass so wenige Urkunden erhalten sind, liegt eher an einem Überlieferungsproblem.
Eine Ausnahme bildet hier St. Gallen. Die ersten Urkunden, wie die Schenkung Biberburgs am Neckar an St. Gallen durch Herzog Gotfrid ca. 706, sind nicht im Original erhalten. Seit der Mitte des Jahrhunderts sind jedoch Besitz-Urkunden St. Gallens Originale bzw. Kopien auf Pergament überliefert, wie die Alaholfingerurkunden. Im Klosterarchiv sind insgesamt 140 Urkunden aus dem 8. Jahrhundert (in denen 1500 Personen im St. Galler grundherrlichen Bereich zwischen Donau, Alpen, Hochhrein und Iller genannt werden) und 500 Urkunden aus dem 9. Jahrhundert erhalten, also nicht gerade wenige.
Die schriftliche Form der Rechtssicherung war aber natürlich trotzdem noch ein Sonderfall der Schenkungen und Testamenten vorbehalten war. Ob man die Urkunden im Konfliktfall überhaupt eingesetzt hat bzw. ob die rechtssichernde Wirkung von der ländlichen Bevölkerung anerkannt wurde, kann man nicht sagen. Der wichtigste Bestandteil der Urkunden war dabei wohl die Auflistung der Zeugen, die wahrscheinlich wie in der urkundenlosen Zeit bei einem Konfliktfall befragt wurden.
Erhalten ist auch ein dem Mönch Notker Balbulus zugeschriebenes Inventar der klosterbibliothek von St. Gallen, in dem die besessenen Schrifttümer des Klosters katologisiert sind.
Der älteste St. Galler Bibliothekskatalog, der in der St. Galler Handschrift 728 im Original erhalten ist, wurde wohl zwischen 850 und 860 begonnen und bis ca. 880 fertig gestellt. Keiner der beteiligten Schreiber ist bekannt und wenn der Katalog jemandem zugeschrieben werden kann, dann wohl dem Dekan und Abt Hartmut, der möglicherweise mitschrieb oder korrigierte. Obwohl Notker selbst schrieb, dass er bibliothekarisch tätig war, sieht ihn Paul Lehmann (1918) nach einem Vergleich mit "wahrscheinlich echten Notkerautographen" weder als Schreiber der Randbemerkungen (was zuvor vermutet wurde) noch des Hauptstockes des Hauptkatalogs.
Hast du evtl. Notker mit Ratpert verwechselt? In dessen Casus Sancti Galli sind die drei Sonderverzeichnisse Hartmuts und Grimalds enthalten.
scheint mir es doch so zu sein, dass vieles bis zum Ende der Stauferzeit doch sehr in der Luft hängt, maßgeblich geprägt vom jeweiligen Historiker-Papst, und deutlich weniger von Fakten, derweil nicht vorhanden.
Da hast du natürlich Recht. Solange sich die Schriftlichkeit nur auf ein paar Geistliche beschränkte, die meist im Auftrag der Herrscher bzw. Äbte ihre literarischen Werke bzw. Annalen, die wenigen überlieferten Urkunden oder Memorialbücher schrieben, bleibt vieles nur Spekulation.