Die Periodisierung einer archäologischen Fundstelle ist letztlich eine Frage der Statistik: Hat man genug Fundgüter, um die Fundstelle einordnen zu können, oder nicht?
Ich versuche das mal an einem lebensnahen (und vor allem einfachen) Beispiel (die Archäologenwirklichkeit ist natürlich ungleich komplexer) zu erläutern.
Nehmen wir an, ich finde ein Geldbörse mit Mark- und Pfennigstücken. Vielleicht nur eine 10-Pfennnig-Münze mit der Aufschrift
Bank deutscher Länder. Da kann ich nur bestimmen: nach (
terminus post quem, tpq) 1949 verloren.* Finde ich dagegen eine Börse mit vielen Münzen, werden sich darin Münzen ganz unterschiedlicher Jahreszahlen finden. Da ergibt sich dann der tpq nach der Schlussmünze, meinetwegen 2000. Ist die Schlussmünze 2000, kann ich davon ausgehen, dass die Börse zwischen 2000 und spätestens 2002 verloren wurde, wobei die Wahrscheinlichkeit eher da liegt, dass sie
noch 2001 verloren wurde, weil im Januar 2002 der € offiziell eingeführt war und so eine Mischung der Münztypen wahrscheinlich wäre.
Fände ich eine Börse mit der Schlussmünze 1995, müsste ich hoffen, dass eine statistische Gesamtauswertung der Börse dahinführte, dass die meisten Münzen eher jüngeren Datums wären, um anzunehmen, dass die Börse wohl nicht um 2000 sondern tatsächlich um 1995/6 verloren wurde. Sind die Münzen dagegen altersmäßig verteilter, wäre 1995 nur der tpq. Genaugenommen bildete 1995 in beiden Fälln den tpq ab, nur würde in dem ersten Fall die Wahrscheinlichkeit steigen, dass die Börse zeitnah zu 1995 verloren wurde aufgrund der statistischen Häufung von Münzen rund um 1995. (Wobei das bei den eng gesetzten historischen Zeitläuften von 1949 - 2002 natürlich eh etwas schwieriger ist, als in vormodernen Zeiten, wo der Staat vielleicht eine Münze mal umprägte oder einschmolz, aber nicht gezielt bestimmte Münzen aus dem Verkehr zog und durch neue ersetzte, wie das in der Bundesrepublik der Fall war. Dazu im nächsten Fall
Befänden sich in meiner Börse vorwiegend Münzen aus den frühen 1970ern, müsste ich auf das 5-DM-Stück hoffen: Der alte Heiermann wurde 1975 aus dem Umlauf genommen und durch den neuen Heiermann ersetzt (wie das da mit der Übergangszeit war, weiß ich nicht).
Einen datiererischen Glücksfall hätte ich, wenn ich eine Geldbörse fände, in der Markstücke und €-Münzen gemischt wären. Wären es 10,23 € im Tütchen, wüsste ich: Verloren zwischen Oktober 2001 und Januar 2002. Wären die Münzen vermischt, wüsste ich: Verloren zwischen Januar und März 2002 (immer ein paar Tage oder Wochen drauflegend, weil ja nicht jeder sein Portmonnaie immer in Ordnung hält (und ich habe immer noch irgendwo einen 2000 Ptas-Schein rumfliegen, den ich immer mal zur Banco de España bringen wollte).
Das funktioniert natürlich nur, wenn die Münzmenge hoch genug ist, um statistisch relevant zu sein. Auch 2002 wird sicher die Mehrheit der Deutschen (teils unwissentlich) noch mal eine Münze in den Händen gehalten haben, auf der
Bank Deutscher Länder stand.
*Von den seltenen 1948er
Bank Deutscher Länder und den unter Sammlern heiß begehrten Fehlprägungen aus dem Jahr 1950 gehe ich mal aus, dass die durch Sammler aus dem Verkehr gezogen wurden und nur in absoluten Ausnahmefällen tatsächlich noch im Umlauf waren.