Arminius: Historisch gesehen

salvus

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Tag miteinander!

In den Begleitbüchern zu den Ausstellungen des Jahres 2009, findet sich im Band Mythos ein sehr interessanter Beitrag von Peter Kehne unter dem Titel:
Der historische Arminius und die Varusschlacht aus cheruskischer Perspektive.

Fest steht, daß sich hier das allgemeine Bild, welches vielfach (vor allem populärwissenschaftlich) von Arminius gezeichnet wird doch deutlich von dem unterscheidet, was man wirklich weiß.
Ich zitiere mal:

Festzuhalten bleibt somit, daß alle Annahmen, Arminius habe im römischen Militär eine Karriere als römischer "Berufsoffizier" gemacht oder im Range eines Ritters eine römisch organisierte, "ständige Auxiliartruppe aus einheimischer Rekrutierung ähnlich den Verbänden der Bataver" bzw. "eine den regulären Auxiliareinheiten stark angenäherte Truppe" von den Cheruskern kommandiert, die auch fern der Heimat zum Einsatz kam, sämtlich unbeweisbare oder anachronistische Vermutungen sind.
Ihnen ist wieder die traditionelle Auffassung vorzuziehen: Nach Tacitus' explizitem Zeugnis war Arminius "ductor popularium" also Befehlshaber eines nur im Bedarfsfalle aufgebotenen und regionsgebunden eingesetzten cheruskischen Stammeskontingents. ... Jedenfalls ist Arminius' Teilnahme am Pannonienkrieg weder zu beweisen noch überhaupt anzunehmen.

Dies wirft nun viele Fragen auf:
Vefügte Arminius garnicht über die oft angenommene militärische Erfahrung?
Wenn man dieser traditionellen Auffassung folgt, wie konnte er dann in den Ritterstand gelangen?
Waren die "Auxiliartruppen" in der Varusschlacht garnicht römisch ausgerüstet?

Eigentlich ist es hier ähnlich wie beim Thema Varusschlacht.
Eigentlich wissen wir nix - oder nicht viel:S
 
Kämpf dich mal da durch:

http://www.adel-genealogie.de/Arminius.html

Der Autor räumt dort ebenfalls mit den Phantasiegeschichten auf (schon 2001), aber viele Autoren haben im Jubiläumsjahr mal wieder nur alte Kamellen ausgegraben.
Die oft abgeschriebene Behauptung Arminius wäre als Kind nach Rom gebracht worden ist das typische Beispiel, da in den antiken Quellen jeder Hinweis darauf fehlt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ihnen ist wieder die traditionelle Auffassung vorzuziehen: Nach Tacitus' explizitem Zeugnis war Arminius "ductor popularium" also Befehlshaber eines nur im Bedarfsfalle aufgebotenen und regionsgebunden eingesetzten cheruskischen Stammeskontingents. ...
Ist immer das gleiche inwieweit darf man spekulieren...
Auch das er ein Befehlshaber eines nur im Bedarfsfalle aufgebotebem(...)
ist Spekulation.
Fest steht die Kontakte von Arminus zu den Römern waren gut, wie genau diese aussahen ist fraglich? :pfeif:
 
Wenn man von seinem Bruder ausgeht, der war auch Jahre nach der Varusschlacht noch in militärischen Diensten. Tacitus legt ja nicht nur mit dem, einen terminus technicus vermeidenden, ductor populorum nahe, dass Arminius eng ans römische Militär gebunden war, sondern auch mit seiner Version einer Unterhaltung zwischen den beiden Brüdern an den beiden Ufern der Weser, wo der eine den anderen mit erhöhtem Sold/Freiheit locken möchte.
 
... sondern auch mit seiner Version einer Unterhaltung zwischen den beiden Brüdern an den beiden Ufern der Weser, wo der eine den anderen mit erhöhtem Sold/Freiheit locken möchte.

Wobei man wirklich spekulieren kann, ob diese Unterhaltung aus dramarturgischen Gründen nicht frei erfunden ist.:fs:
 
Die Unterhaltung per se ist mit Sicherheit erfunden, darum schrieb der Don ja auch: "Tacitus legt damit nahe". Er interpretiert hier also die Unterhaltung als Werkzeug. Sie kann damit sowohl einen wahren Hintergrund haben als auch frei erfunden sein. Letzteres will mir angesichts der Familienbande aber nicht zu wahrscheinlich erscheinen.
So wie Tacitus es darstellt wird es sich nicht abgespielt haben. Anders als bei Asterix dargestellt meißelten keine "Litographen" fleißig gesprochene Worte mit :)

Ich halte es für unwahrscheinlich, dass der Anführer der Cherusker diese nicht in römischen Diensten geführt hat, zumal mit sonst erwähnten engen römischen Militärkontakten.
 
Ist immer das gleiche inwieweit darf man spekulieren...
Auch das er ein Befehlshaber eines nur im Bedarfsfalle aufgebotebem(...)
ist Spekulation.
Fest steht die Kontakte von Arminus zu den Römern waren gut, wie genau diese aussahen ist fraglich? :pfeif:

Na dann kann ja trefflich spekuliert werden...:D

Vieleicht ist er ja auch nur in den Ritterstand erhoben worden aufgrund seiner Herkunft und aufgrund seines Stammes?

Vieleicht war er garnicht so eine Art Kriegsheld in Diensten der Römer...
 
Arminius ist Ritter geworden da er der Sohn eines Germanenfürstes war.
Er wurde als junger Knabe nach Rom gebracht um das Bündnis zwischen Rom und seinen Stamm zu stabilisieren.
So konnte er trotz mangelnder Erfahrung Ritter werden.
 
Ich weiß, daß ich diesbezüglich ein furchtbarer Pedant bin - und der Ausdruck "Ritterstand" ist ja in diesem Kontext auch nach wie vor geläufig -, aber bitte für das Römische Reich besser vom eques (für die betreffende Person) oder den equites (für den gesellschaftlichen Stand) sprechen.
 
Die oft abgeschriebene Behauptung Arminius wäre als Kind nach Rom gebracht worden ist das typische Beispiel, da in den antiken Quellen jeder Hinweis darauf fehlt.
Nach dem von Dir verlinkten Aufsatz ist Erich Hohl der "Erfinder" dieser Darstellung. Ich nehme an, dass ein Missverständnis vorliegt: Märtin [1] schreibt, dass Segimer mit "seinem zehnjährigen Sohn Arminius dem römischen Statthalter und Feldherrn Tiberius seine Aufwartung machte, um das Bürgerrecht zu empfangen". Das war 8 v.Chr., aber nicht in Rom, sondern im hiesigen Quartier des Tiberius, der seit dem Frühjahr dieses Jahres die römische "Rheinarmee" befehligte.


[1] Die Varusschlacht. 4. Aufl. Frankfurt 2009, S. 96 f.
 
Letztes Jahr wurde wieder in diversen Fernsehdokumentationen die Heulgeschichte vom Kleinen Jungen in der fernen Großstadt nachgeplappert. :cry:So werden Vermutungen für den durchschnittlich gebildeten Zuschauer zu Fakten.:motz:
 
Letztes Jahr wurde wieder in diversen Fernsehdokumentationen die Heulgeschichte vom Kleinen Jungen in der fernen Großstadt nachgeplappert. :cry:So werden Vermutungen für den durchschnittlich gebildeten Zuschauer zu Fakten.:motz:

Vieleicht sollte man eher vom "durchschnittlich geschichtsinteressierten Zuschauer" sprechen.

Aber ich gebe Dir vollkommen recht.
In fast allen populärwissenschaftlichen Fernsehsendungen wird der Eindruck erweckt, man wisse so einiges über diesen Mann. Allerhöchstens wird in einem unauffälligen Nebensatz erwähnt, daß dies alles nicht gesichert ist. Der normale Zuschauer nimmt es aber für bare Münze.

Aus dramaturgischen Gründen wird hier so einiges geopfert. Man kann die Dinge ja so darstellen. Allerdings sollte man deutlich darauf hinweisen, daß dies alles Spekulationen sind.
 
Nein, seine römische Geschischte ist erhalten, darin geht er kurz auf die Ereignisse ein.
Nebenbei erkläert Velleius in einem gesonderten Werk werde er näher auf den germanischen Krieg eingehen.
Dieses Buch ist nicht erhalten (oder er hat es nicht fertiggestellt).
 
Zuletzt bearbeitet:
wie kommen DIE da drauf?
Velleius Paterculus´s Werk ist ja praktischer Weise verschollen , oder?

Nein, seine römische Geschischte ist erhalten, darin geht er kurz auf die Ereignisse ein.
Nebenbei erkläert Velleius in einem gesonderten Werk werde er näher auf den germanischen Krieg eingehen.
Dieses Buch ist nicht erhalten (oder er hat es nicht fertiggestellt).

Was den Werdegang angeht, so ist man neben den (uns überlieferten*) Schriftquellen auf begründete Mutmaßungen angewiesen. Auch sein Name "Arminius" ist ja auch umstritten: handelt es sich um einen römischen Beinamen. Falls ja, wie ist dieser zu deuten? Oder ein latinisierter germanischer Name? Hier sind natürlich nur Thesen möglich, die bei der dünnen Quellenlage zwangsläufig spekulativ bleiben können. Auch wurde hier im Forum auch über die These diskutiert, der Siegfried aus der Nibelungensage gehe auf den realen Arminius zurück.

*Die uns nicht oder nur teilweise überlieferten Werke stören natürlich gewaltig. Ich habe mal zu dem Thema über Roms verlorene Bücher einen Thread angelegt, damit man sich über Umfang & Ursachen dieses literarischen Verlustes austauschen kann.
 
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