Ich meine im Besonderen die spanische Marine am Ende des 16. Jahrhunderts
Da fehlt tatsächlich
@Bdaian.
Grundsätzlich kann man sagen:
Je früher desto stärker
a) die Trennung nach Seeleuten (Segeln des schwimmbaren Untersatzes) einerseits und Soldaten (Durchführung der eigentlichen Kampfhandlungen) andererseits; und
b) die sicherlich auch noch aus dem Spätmittelalter/Renaissance nachhallende weitergehende Separation der Artilleristen als eigenständige (und, so munkelt man, der Nähe zur Hexerei geziehene) und auch von den Feld-Wald- und Wiesensoldaten abgeschiedene Berufsgruppe/Zunft.
Des Weiteren habe ich - allerdings in erster Linie aus der teilchauvinistischen britisken Sekundär- und Romanliteratur! - abgespeichert, dass grundsätzlich die Trennung zwischen Soldaten (richtigen Ofifizieren (Gentlemen)) und Seeleuten (notwendiges Übel zu Transportzwecken (Fuhrleute/Handwerker - sozial niedrig gestellt)) in den Staaten der iberischen Halbinsel wesentlich (noch) stärker ausgeprägt war als im europäischen Norden. Das kann aber durchaus lediglich auf einer steilen These von von C. S. Forester beruhen und bei den Limeys sah das bis tief ins 17. Jh. nicht wirklich anders aus.
Als eine meiner berüchtigten Analogien, aus bummelich 200 Jahre später:
Harbron, John D., Trafalgar and the Spanisch Navy, London 1988, p. 90f. führt Tabellen über die Zusammensetzung der Besatzungen verschiedener Schiffsklassen auf.
Zusammengefasst von mir: Für ein Linienschiff mit 74 Geschützen gibt er die folgenden Zahlen an (official complements) an:
Insgesamt: 510
Davon:
1. "Naval Personnel" [Seeleute]: 360; und
2. "Military Personnel" [Soldaten]: 150
In 2 sind neben 112 Marineinfanteristen 38 "Artillerymen" (Artilleristen) enthalten; und
In 1 sind enthalten:
1 a) 15 "Master Gunners" (Artilleros de Preferencia); und
1 b) 80 "Gunners" (Artilleros de Mar).
Das ist natürlich weit außerhalb Deiner Zeit. Da Marinen allerdings konservativ sind, hast Du für Deine Zwecke hier vielleicht schon eine Art Worst Case - das Verhältnis zwischen Seeleuten und Soldaten dürfte um 1600 vergleichbar oder ggf. noch stärker zu Gunsten der Stoppelhopser ausfallen.
Was ich hierbei bemerkenswert finde:
1. Das gesamte Besatzungssoll des 74ers ist fast um 150 geringer, als das eines britischen Schiffes vergleichbarer Größe. Dieses wiederum hatte ein etwas geringeres Gesamtsoll als ein Franzose. Das KANN den entsprechend unterschiedlichen zu bewegenden Massen der Bestückung der Schiffe geschuldet gewesen sein:
Franzosen führten als Hauptartillerie in der Regel 36-Pfünder (kontinentales Pfund);
Briten 32-Pfünder (ihres Kipper- und Wipper-Leichtpfundes);
Spanier womöglich lediglich 24 Pfünder (hier bin ich nicht sicher - im Mittel führten sie leichtere Artillerie als die Konkurrenz, um die Schiffsrümpfe zu schonen.)
Man kann sich aber andererseits auch nur den Gegebenheiten gefügt haben: Wo es keine ausreichende Anzahl professioneller Seeleute zu holen gibt, braucht man gar nicht erst eine entsprechende Forderung stellen. (Hatte ich an dieser Stelle schon
@Bdaian vermisst?).
2. Die Fachartilleristen waren tatsächlich noch in Marineartilleristen (Seeleute) und Artilleristen (Soldaten) unterstellt. Es würde mich schwer wundern, wenn es da nicht noch zu ständigen Reibereien bezüglich fachlicher und vor allem truppendienstlicher Unterstellung geführt hätte.
3. Rechnerisch kamen damit auf ein Geschütz:
3.1: 0,2 Mastergunner;
3.2: 1 Gunner; und
3.3: 0,5 Artilleristen.
Damit dürften die Mastergunner dem britisken quarter gunner entsprochen haben, die für eine Gruppe von Geschützen zuständig waren, die Gunner waren die Geschützführer (jedes Geschütz hat seinen eigenen Geschützführer) und die Artilleristen als stellvertretende Geschützführer im Wechsel (man hatte in der Regel nur ca. 1 bis 1,5 Geschützbedieungen für jedes Geschützpaar.
Hier spekuliere ich aber - es kann genauso gut sein, dass die Artilleristen für Oberdecksgeschütze und anderen leichen Plünkram zuständig waren - quasi Feldartillerie zur See und die Gunners für die eigentliche Schiffsartillerie.
Bei Interesse kann ich die ganze Tabelle mal einscannen. Harbron beruft sich bei seinen Zahlen auf
Mühlmann, Rolf, Die Reorganisation der Spanischen Kriegsmarine im 18. Jahrhundert, Köln 1976.
Vielleicht als zeitlich näherer, aber nicht wirklich wissenschaftlicher Lesetipp auch:
Schrott, Raoul: Eine Geschichte des Windes Oder Von dem deutschen Kanonier, der erstmals die Welt umrundete und dann ein zweites und ein drittes Mal
Das ist auch (mindestens die erste Reise) spanische Seefahrt, allerdings etwas zu früh (1. Hälfte des 16. Jh
- vielleicht ergeben sich hier dennoch Anknüpfpunkte für Dich. Der Protagonist selbst scheint belegt und einigermaßen gut dokumentiert zu sein. Ich hatte das mal Buch angelesen und in der Zeit waren die Kanoniere eben noch gefragte, aber auch mit gewissem Mißtrauen beäugte Spezialisten (Alchimisten)....