Auschwitz - sollte man es gesehen haben?

Mit einer Schülergruppe in ein KZ...
Da bin ich mir bei norwegischen Schülern nicht so ganz sicher.

Müsste unser Freund Muheijo was dazu sagen.

Ich habe damals sehr intensiv die Geschehnisse um Breivik verfolgt und hatte den Eindruck, die überwiegende Anzahl Jugendlicher war voller Abscheu und Entsetzen.
 
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Ich habe damals sehr intensiv die Geschehnisse um Breivik verfolgt und hatte den Eindruck, die überwiegende Anzahl Jugendlicher war voller Abscheu und Entsetzen.
Ein gegenwärtiges grausames Ereignis wird doch vollkommen anders empfunden als ein historischer Ort, an dem Verbrechen begangen wurden. Hätte es bei uns einen Massenmord in einem Zeltlager, verbunden mit einem Bombenattentat, ohne jede Vorwarnung gegeben, wäre die Reaktion der Jugendichen ähnlich wie in Norwegen, Schock und größtenteils Ablehnung. Mit dem Benehmen an einem Ort, an dem vor über 70 Jahren Ungeheuerliches passiert ist kann man das nicht gleichsetzen.
 
Ich war im Gymnasium um 1975 im Religionsunterricht mit einem Film über die Befreiung von Auschwitz konfrontiert worden.
Sicher kein bleibender psychischer Schaden...,
aber es war damals keine Vorbereitung und keine Nachbereitung möglich. Einfach eine Unterrichtsstunde nach z.B. Deutsch und danach kam Mathematik. Das weiß ich noch genau, weil unser Mathelehrer über die Religionskollegin geflucht hat. Es war kein Unterricht abseits des Gesehen möglich.

Daraus gelernt habe ich:
Mit jedem unserer 3 Söhne sind mein Mann und ich, als der Junge zwischen 14 und 16 Jahre alt war, nach Buchenwald gefahren.
Ein Tag der Eltern mit dem Jugendlichen allein.

Nur das kann ich empfehlen!

Und ich würde deutlich mit Lehrkräften reden, die eine solche Klassenfahrt anbieten. Das geht sicher nur mit didaktisch und methodisch sauberer, extern unterstützter Vorbereitung und absolut guter Nacharbeit.
 
Auschwitz - sollte man es gesehen haben: ich schätze, dass muss jede/r von uns für sich entscheiden. Aber wir sind Erwachsene, und von uns kann daher auch erwartet werden, dass wir wissen, worauf wir uns einlassen.

Ich weiß, dass mich als Studentin eine Exkursion zum Thema Holocaust, die mehrere Tage dauerte und keineswegs nur mit einem KZ zu tun hatte, ziemlich mitgenommen hat. Allerdings war es meine eigene Entscheidung, die Exkursion war vorgeschrieben, aber in Bezug auf das Thema wurden auch Exkursionen mit ganz anderen Themen angeboten.

In der Schule hatten wir in der 7. Klasse eine etwa gleich lange Exkursion von der Schule aus nach Kärnten, wo wir unterschiedlichste geschichtliche Schauplätze besucht haben. Die war nicht nur sehr informativ, ich habe viele dabei gelernt, auch wenn mich nicht jedes Thema interessiert hat, und die Exkursion ist für mich eine schöne Erinnerung geblieben.

Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, das Thema einer geschichtlichen Exkursion für Schüler/innen, die zudem einige Tage dauern wird, auf den Holocaust und die Konzentrationslager einzugrenzen.
Die Idee mit einer Exkursion, z. B. nach Weimar, wo verschiedene und auch unterschiedliche historische Themen einbezogen werden könnten, bringt da sicher mehr, ist sicher spannender und viel unterhaltsamer für Kinder. Ist bei einer Exkursion für Kinder nicht auch positives Erleben wichtig?

Vielleicht wäre auch zu berücksichtigen - sind die Lehrpersonen tatsächlich psychologisch so gut ausgebildet, dass sie notfalls erfolgreich intervenieren können, wenn es einigen der Kinder doch zu viel wird? Immerhin bedeutet eine Exkursion auch, dass den Kindern ihre vertraute Umgebung fehlt und somit ein geschütztes Umfeld. Sollte es einigen Kinder zu viel werden, fehlt also während der Exkursion ein "Schutznetz". Wie intakt ist eigentlich die Klassengemeinschaft?

Eine Bekannte (eine Erwachsene), die vor einiger Zeit auf einer Reise auch Auschwitz besucht hat, hat mir übrigens von einer Schulklasse erzählt, die sie dort beobachtet hat. Offensichtlich fanden es diese Schüler ganz cool hier zu sein, verzehrten seelenruhig ihre Jause im Lager, von Betroffenheit und ähnlichen Empfindungen keine Spur.

Zumindest bei dieser Schulklasse dürfte die Exkursion nach Auschwitz doch nicht sinnvoll gewesen sein.

Vielleicht aber zeigt das Verhalten dieser Klasse nur, dass hier in Bezug auf Holocaust und Umgang mit der Vergangenheit etwas zu viel getan wurde, sodass die Schulklasse das gar nicht mehr interessiert.
 
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Konzentrationslager gehören zu unserer Geschichte und gerade um zu verhindern das sich diese Geschichte wiederholt sollte ein Besuch in mindestens einem Konzentrationslager zu dem Pflichtprogramm von Lehrern gehören.
 
Meine persönliche Erfahrung (Sachsenhausen-Besuch mit 17) lässt mich raten, den Besuch zu machen.
Geschichtsunterricht mit dem Thema "Nationalsozialismus" kann nicht das gleiche hervorrufen, was man z.B. angesichts eines scheinbar banalen Bergs Schuhe empfindet. Das "Nie wieder" drängte sich allen auf, und das war gut so.
 
Wir waren damals von der Schule her in Sachsenhausen und Buchenwald. Ich kann mich noch genau entsinnen, dass in Buchenwald ganz eindeutig vor der Vorführung eines Films auf drastische Bilder hingewiesen wurde und gebeten wurde, dass sensiblere Personen - egal welchen Alters - den Raum verlassen sollten. Fand ich eine gute Lösung, auch wenn das nicht heißt, dass sich jeder richtig einschätzt. Als einziges Problem empfand ich eine deutschnational gesinnte Klassenkameradin, die extra von unserer Lehrerin gebeten werden musste ihren Eisernes-Kreuz-Style-Schmuck (ja natürlich nix mit dem Hintergrund 1813) vor der Fahrt nach Buchenwald abzulegen. Ich denke, wir waren damals etwa 16 und ich fand einen Besuch von Buchenwald für die Altersgruppe für vertretbar. Wobei ich persönlich zugeben muss, dass ich nicht finde, dass "damit klar kommen" eine Frage des Alters ist. Der Magen von manch einem wird auch mit den Jahren eher noch empfindlicher... Das KZ Buchenwald gerade im Kontrast zu den Parks in Weimar finde ich sehr interessant, auch wenn man bedenkt, dass Goethe unweit wanderte und sich sicher im Traum nicht hätte denken können, was einmal aus dem beschaulichen Flecken gemacht würde.
 
auch wenn man bedenkt, dass Goethe unweit wanderte und sich sicher im Traum nicht hätte denken können, was einmal aus dem beschaulichen Flecken gemacht würde.

Jorge Semprún, Buchenwald-Insasse und späterer spanischer Kulturminister (zunächst frz. Sozialist und in der Resistance, später bei den spanischen Kommunisten, der sich schließlich den antistalinistischen Eurokommunisten anschloss und als Dissident der PCE (Kommunistische Partei Spaniens) der PSOE (spanische Sozialisten/Sozialdemokraten) beitrat, macht genau das zum Thema in einem seiner Bücher.
 
Auschwitz - sollte man es gesehen haben: ich schätze, dass muss jede/r von uns für sich entscheiden. Aber wir sind Erwachsene, und von uns kann daher auch erwartet werden, dass wir wissen, worauf wir uns einlassen.

Ich weiß, dass mich als Studentin eine Exkursion zum Thema Holocaust, die mehrere Tage dauerte und keineswegs nur mit einem KZ zu tun hatte, ziemlich mitgenommen hat. Allerdings war es meine eigene Entscheidung, die Exkursion war vorgeschrieben, aber in Bezug auf das Thema wurden auch Exkursionen mit ganz anderen Themen angeboten.

In der Schule hatten wir in der 7. Klasse eine etwa gleich lange Exkursion von der Schule aus nach Kärnten, wo wir unterschiedlichste geschichtliche Schauplätze besucht haben. Die war nicht nur sehr informativ, ich habe viele dabei gelernt, auch wenn mich nicht jedes Thema interessiert hat, und die Exkursion ist für mich eine schöne Erinnerung geblieben.

Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, das Thema einer geschichtlichen Exkursion für Schüler/innen, die zudem einige Tage dauern wird, auf den Holocaust und die Konzentrationslager einzugrenzen.
Die Idee mit einer Exkursion, z. B. nach Weimar, wo verschiedene und auch unterschiedliche historische Themen einbezogen werden könnten, bringt da sicher mehr, ist sicher spannender und viel unterhaltsamer für Kinder. Ist bei einer Exkursion für Kinder nicht auch positives Erleben wichtig?

Vielleicht wäre auch zu berücksichtigen - sind die Lehrpersonen tatsächlich psychologisch so gut ausgebildet, dass sie notfalls erfolgreich intervenieren können, wenn es einigen der Kinder doch zu viel wird? Immerhin bedeutet eine Exkursion auch, dass den Kindern ihre vertraute Umgebung fehlt und somit ein geschütztes Umfeld. Sollte es einigen Kinder zu viel werden, fehlt also während der Exkursion ein "Schutznetz". Wie intakt ist eigentlich die Klassengemeinschaft?

Eine Bekannte (eine Erwachsene), die vor einiger Zeit auf einer Reise auch Auschwitz besucht hat, hat mir übrigens von einer Schulklasse erzählt, die sie dort beobachtet hat. Offensichtlich fanden es diese Schüler ganz cool hier zu sein, verzehrten seelenruhig ihre Jause im Lager, von Betroffenheit und ähnlichen Empfindungen keine Spur.

Zumindest bei dieser Schulklasse dürfte die Exkursion nach Auschwitz doch nicht sinnvoll gewesen sein.

Vielleicht aber zeigt das Verhalten dieser Klasse nur, dass hier in Bezug auf Holocaust und Umgang mit der Vergangenheit etwas zu viel getan wurde, sodass die Schulklasse das gar nicht mehr interessiert.

Von ehemaligen KZs und heutigen Gedenkstätten kenne ich aus eigenen Besuchen nur Wewelsburg-Niederhagen bei Paderborn, das kleinste eigenständige KZ und Vught in den Niederlanden nahe S`Hertogenbosch. Ein Studienfreund von mir, der auch in Wewewelsburg dabei war, erzählte mir, dass er bei einem Urlaub in Polen auch Auschwitz besucht habe. Er sagte in Auschwitz habe ihn die im Vergleich zu Wewelsburg geradezu riesige Fläche von Auschwitz bewegt, das er zuvor nur aus Dokumentationen und Literatur kannte.

In der Wewelsburg ist heute neben der Gedenkstätte eine Jugendherberge untergebracht. In den Nordturm mit dem Saal der SS-Gruppenführer und in die Krypta wo verdiente SS-Leute bestattet werden sollten, kommt man seit einigen Jahren nur mit Gruppenführung herein, seitdem einige Neonazis vom Schlüssel ein Duplikat machten und in der Krypta eine bizarre Gedenkfeier veranstalteten. Solange keiner im Braunhemd erscheint, wie die NSU-Terroristen Böhnhard und Mundlos in Buchenwald, haben auch Faschos Zutritt, müssen aber an einer Gruppenführung teilnehmen. Wewelsburg, Externsteine und das Hermannsdenkmal bei Detmold sind beliebte Ziele bei bekennenden Faschos. Die sind, wie sie nun einmal sind, viel schockierender fand ich bei meinem Besuch einige Einträge im Gästebuch, die nach dem Schriftbild zu urteilen von noch sehr jungen Besuchern stammen müssen. Da kann es einem echt den Magen umdrehen. Sicher müssen manche Kommentare nicht unbedingt ausdruck einer braunne Gesinnung sein, und mit kaum etwas erregt man mehr Aufmerksamkeit und provoziert mehr, als mit Naziparolen, und wenn die Klassenkameraden den knallharten Zyniker raushängen lassen, ziehen Vierzehn Fünfzehnjährige natürlich mit.
 
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