Bedeutungswandel von Begriffen

Arne

Premiummitglied
Dernburg schrieb:
Besonders schlimm ging es sogenannten "Unehelichen Kindern",

Und warum nennst du den Begriff "unehelich" sogenannt? Ist der in deinen Augen nicht akzeptabel, irgendwie belastet oder was? Das ist doch eine normale übliche Beschreibung und wird auch in der Amtssprache verwendet...? :confused:
 
Arne schrieb:
Das ist doch eine normale übliche Beschreibung und wird auch in der Amtssprache verwendet...? :confused:

Das ist inzwischen etwas veraltet:
Das neuere deutsche Recht unterscheidet nicht mehr zwischen ehelichen und unehelichen Kindern, wie dies früher der Fall war, beispielsweise im Hinblick auf das Erbrecht. Der Begriff kommt nur noch in Art. 6 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) vor, weil der Aufwand für eine Verfassungsänderung gescheut worden ist. In allen anderen Bundesgesetzen hat der Gesetzgeber 1979 den Wortlaut auf nichteheliche Kinder abgeändert. Inzwischen gilt auch das als diskriminierend, weshalb der Abschnitt (§§ 1615a - 1615o BGB) über nichteheliche Kinder im Bürgerlichen Gesetzbuch jetzt die Überschrift "Besondere Vorschriften für das Kind und seine nicht miteinander verheirateten Eltern" trägt. wikipedia

LG
Cassandra
 
Cassandra schrieb:
Das ist inzwischen etwas veraltet: (....)

Danke für die Erklärung. Das war mir bisher unbekannt.
Man kommt ja kaum hinterher damit, welche Begriffe plötzlich diskriminierend sind und nicht mehr verwendet werden sollten. Allerdings finde ich es ziemlich verkrampft und albern neue Namen oder Wortkonstruktionen für etwas zu erfinden, womit im Endeffekt doch dasselbe gemeint ist. :runter: :autsch:
 
Arne schrieb:
Danke für die Erklärung. Das war mir bisher unbekannt.
Man kommt ja kaum hinterher damit, welche Begriffe plötzlich diskriminierend sind und nicht mehr verwendet werden sollten. Allerdings finde ich es ziemlich verkrampft und albern neue Namen oder Wortkonstruktionen für etwas zu erfinden, womit im Endeffekt doch dasselbe gemeint ist. :runter: :autsch:

Liegt alles im Auge des Betrachters.
Wenn ich als unehelich bezeichnet werde, habe ich einen Stempel aufgedrückt bekommen. Ist aber die Rede von 'Kindern von den nicht verheirateten Eltern', ist der schwarze Peter bei den Eltern zu suchen, und das Kind ist weiterhin nur ein unschuldiges Kind, wie alle anderen Kinder auch.
 
Cassandra schrieb:
Liegt alles im Auge des Betrachters.
Wenn ich als unehelich bezeichnet werde, habe ich einen Stempel aufgedrückt bekommen. Ist aber die Rede von 'Kindern von den nicht verheirateten Eltern', ist der schwarze Peter bei den Eltern zu suchen, und das Kind ist weiterhin nur ein unschuldiges Kind, wie alle anderen Kinder auch.

Da aber beide Begriffe das gleiche meinen, wuerde auch letzterer irgendwann zum Stigma werden, wenn er den aelteren Begriff verdraegt haette. BEgriffe austauschen hilft immer nur fuer eine kurze Zeit, ist aber keine Dauerloesung. Hast Du ja selbst dargelegt, erst unehelich, dann nichtehelich, jetzt 'Kind von nicht verheirateten Eltern'. Irgendwann, sollte sich dieses Wortungetuem jemals durchsetzen, stuende man wieder vor dem gleichen Problem...
 
manganite schrieb:
Da aber beide Begriffe das gleiche meinen, wuerde auch letzterer irgendwann zum Stigma werden, wenn er den aelteren Begriff verdraegt haette. BEgriffe austauschen hilft immer nur fuer eine kurze Zeit, ist aber keine Dauerloesung. Hast Du ja selbst dargelegt, erst unehelich, dann nichtehelich, jetzt 'Kind von nicht verheirateten Eltern'. Irgendwann, sollte sich dieses Wortungetuem jemals durchsetzen, stuende man wieder vor dem gleichen Problem...

Du kannst Weib oder auch Frau sagen, beide Begriffe meinen das Gleiche. Und doch wird beides unterschiedlich aufgenommen. Ich denke, gerade in der Justiz sollten stigmatisierende Begriffe vermieden werden. Doch ich glaube wir sind jetzt Off Topic.
 
Cassandra schrieb:
Du kannst Weib oder auch Frau sagen, beide Begriffe meinen das Gleiche. Und doch wird beides unterschiedlich aufgenommen. Ich denke, gerade in der Justiz sollten stigmatisierende Begriffe vermieden werden. Doch ich glaube wir sind jetzt Off Topic.

In der Tat off topic :( Trotzdem Frage ich mich, ob Weib schon immer einen negativen Anklang hatte... Begriffe, ihr Inhalt, ihre Wahrnehmung unterliegen nunmal zeitlichen VEraenderung. Absolut immer gueltige, objektive Begriffe wird es nicht geben koennen...
 
für mich macht es keinen unterschied zwischen einem ehelichen oder unehelichen kind, ein kind ist kind. Nur wurden diese Kinder in den öffentlichen institutionen früher diskriminiert, und das finde ich schlimm.
 
Lukrezia Borgia schrieb:
Nein, das ist nicht der Fall. http://de.wikipedia.org/wiki/Weib

P.S.: Ich hab das Thema mal geteilt; scheint eine ganz interessante Diskussion zu werden...

So hab ich es mir auch gedacht. Letzlich ist die Suche nach immer neuen wertfreieren Begriffen hoffnungslos, da die Umstaende, die einmal zu einer negativen Wertung gefuehrt haben, bleiben und jedem neuen Begriff wieder einen negativen Beigeschmack geben werden. Die Umstaende muessen sich aendern, nicht die Begriffe...
 
Ich stimme manganite da voll zu.
Es ist nie ein Begriff böse - nur das, was die Menge darunter versteht, bzw. darin sieht.

Ich bleibe dabei, eine Krücke bleibt ein Krücke auch wenn sie jetzt Gehhilfe heißt.
Ausnamen mag es geben, wenn neben einem Begriff ein weiterer, bewußt abwertender, als Schimpfwort gedachter Name benutzt wird. Aber das ist manchmal schwer zu trennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Arne schrieb:
Aber das ist manchmal schwer zu trennen.

Das stimmt, die Grenzen sind fließend. Ich denke, dass die persönliche Einstellung zu bestimmten Themen auch einen großen Einfluß hat. Ist die eigene Haltung gegenüber Gebieten, die Fettnäpfchengefahr bieten, tolerant, macht man sich keine Gedanken, wie man dieses oder jenes ausdrücken könnte und dreht sich damit schnell selbst einen Strick.
 
Lukrezia Borgia schrieb:
Ist die eigene Haltung gegenüber Gebieten, die Fettnäpfchengefahr bieten, tolerant, macht man sich keine Gedanken, wie man dieses oder jenes ausdrücken könnte und dreht sich damit schnell selbst einen Strick.

Man muß manchmal sehr genau auf die Wortwahl aufpasen, das wissen wir ja alle. Gerade, wenn man "im Thema steckt"..
Der Mitarbeiter eines Sanitätshauses wird nie von einer Krücke, sondern von einer Gehhilfe sprechen, der Psychologe nie von Zwergen sondern von Kleinwüchsigen. Der Verwalter des städtischen Campingplatz nicht von Zigeunern sondern von Landfahrern oder Sinti und Roma. etc...etc.
Bei mir ist es manchmal besonders schwer. Ich darf natürlich nicht von Negern in Afrika sprechen, Eingeborene ist inzwischen auch "böse", Afrikaner ist falsch, weil es auch weiße Afrikaner gibt, "Schwarze" oder "Farbige" gibt es rund um die Welt, einzig okay ist jetzt die "indigene Bevölkerung von XXX"....
Was wird es in zwanzig Jahren sein?:confused:
 
manganite schrieb:
In der Tat off topic :( Trotzdem Frage ich mich, ob Weib schon immer einen negativen Anklang hatte... Begriffe, ihr Inhalt, ihre Wahrnehmung unterliegen nunmal zeitlichen VEraenderung. Absolut immer gueltige, objektive Begriffe wird es nicht geben koennen...

Gerade weil Begriffe der zeitlichen Veränderung unterliegen, muss die Amtssprache ja angepasst werden. Oder sollen wir wieder zurück zum Bastard?
 
Zitat:" der Psychologe nie von Zwergen sondern von Kleinwüchsigen. " Die sagen in der Regel "Zwergwüchsig".

Eine Menge Begriff haben heute umgangssprachlich eine teilweise komplett andere bedeutung wie zum Beispiel vor hundert Jahren.

Das Wort "Toll", bedeutete etwa: Irrsinnig, dem Wahnsinnvefallen.

"Merkwürdig" hatte mal die Bedeutung von "interessant"


Das Amtdeutsch hat allerdings seine Tücken, bei mir kommt immer so eine Mischung von Verwirrung, Angst und Zorn hoch, wenn ich Begriff wie "Niessbrauchnutzererlaubnis" (eine Art Erlaubnis etwas benutzen zu dürfen) , Fünfzig von Hundert (anstelle von 50 %) oder "suspensive Wirkung der Rücknahme eines Widerspruchs gegenüber einer Kann-bestimmung" (so was schicken die an "normale Menschen", ich musste selbst mächtig daran kauen, um heraus zufinden, was dieser Satz eigentlich für eine inhaltliche Botschaft enthält!)

Hier eine kleine Stilblüte, erinnert euch an die Grundschule/Mathe-unterricht: aufrunden vs. abrunden, alles klar? Man denkt es sei einfach, offiziell in Amtsstuben bedeutet es dieses:

"„M“ ist die gerundete, tatsächliche zu berücksichtigende monatliche Belastung (§ 2 Abs. 1 Satz 2). Bei der Umrechnung der ungerundeten, tatsächlichen zu berücksichtigenden monatlichen Belastung im Sinne der §§ 7 und 8 („M*“) auf „M“ gilt:
Wenn „M*“ kleiner als oder gleich 50 ist, ist „M*“ auf den nächsten durch 5 ohne Rest teilbaren vollen Euro-Betrag aufzurunden, wenn „M*“ nicht bereits durch 5 ohne Rest teilbar ist. Wenn „M*“ durch 5 ohne Rest teilbar ist, bleibt „M*“ unverändert. Von dem sich ergebenden Betrag sind stets 2,50 Euro abzuziehen."

*Wohngeldberechnung*
 
Da hat die Lili doch glatt noch ein Anekdötchen dazu, betreffend der Anrede "Fräulein". Die früher für unverheiratete Frauen gängige Anrede gibts heute so gut wie nicht mehr. Warum? Die Emanzipationsbewegung sah darin eine Abwetung und einen Zwang in gesellschaftliche Werte (man wurde erst nach der Hochzeit zur Frau). Den Gipfel bildete eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht im Zuge der Gleichberechtigung für unverheiratete Männer doch die Anrede "Herrlein" zu verordnen. Die Klage wurde zwar abgewiesen, doch das Fräulein - immerhin zu früherer Zeit ein Zeichen von Ehrerbietung, da selbst nach der Etablierung der ehemaligen Standesanrede im Bürgertum bei weitem nicht jede unverheiratete Frau als Fräulein angesprochen wurde - verschwand ebenfalls.
 
Das letzte Fräulein, das ich so angeredet habe, war meine Kindergärtnerin. Ein Jahr später heiratete sie und wurde zur Frau (ha-ha-ha). So habe ich den Unterschied gelernt und konnte ihn dann auch gleich wieder vergessen. Das war im Jahre 1979.
 
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