Beinbekleidung bei den Römern

Mittelwalter

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Hallo zusammen,

Gerade mal wieder die (meiner Meinung nach ziemlich gute) Terra X Doku über die Varusschlacht gesehen. In allen Szenen, auch denen, die im Winter spielten, trugen so ziemlich alle (männlichen) römischen Soldaten und Zivilisten Tunika-Bekleidung, die nicht übers Knie ging. Wenn ich da so an die Temperaturen draussen bei uns denke, wirkt das auf mich irgendwie unlogisch.
Also, was trugen die Römer in kalten Provinzen wie Germania oder Brittania "unten rum".
 
Die gallischen und germanischen Hilfstruppen trugen Hosen bis übers Knie und im Winter wurden die Füße mit Binden eingewickelt, als eine Art Socken. Auch Unterwäsche ist bekannt. Und geschlossene Stiefel kannte man auch schon.

Bei den Legionen kamen Hosen wohl erst später in Gebrauch. Im ersten Jahrhundert war das wohl noch verpönt unter Römern. Ich glaube es war Junkelmann der die Tunika testete und schrieb, daß es einem unter einer knielangen Tunika und Mantel im deutschen Winter keineswegs kalt wird, sofern die Füße eingebunden sind. Auch nicht auf Nachtwache und schon gar nicht, wenn man marschiert.

Die Schotten trugen noch viel länger unten ohne und deren Wetter ist keinesfalls besser. Vielleicht ist der moderne Mensch einfach nix mehr gewohnt?
 
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Laut Sumner "Roman Military Dress", 177ff. kamen Hosen über "barbarische Hilfstruppen" ins römische Heer. Hier wie vom Vorredner korrekt bemerkt wohl auch über germanische Soldaten.

Auch wenn Sie bei italischen Legionären lange Zeit verpönt waren so werden Sie in den nördlichen Regionen des Reiches wohl schon dankend angenommen worden sein. Auch wenn Sie zunächst nur auf den Grabsteinen von Hilfstruppensoldaten auftauchen.

Sumner nimmt auch an, dass das lateinische Wort bracae aus dem germanischen entlehnt sei, allerdings führt er diesen Punkt nicht genauer aus.
 
Sumner nimmt auch an, dass das lateinische Wort bracae aus dem germanischen entlehnt sei, allerdings führt er diesen Punkt nicht genauer aus.

Hat ich bei der Kelten-Diskussion schon mal drüber "nachgeforscht" (neudt: gegoogelt...); scheint aber alles ziemlich unsicher zu sein: ;)

The consonant sequence *b.r.k implies an origin in the Germanic (with regular sound change *g > *k) rather than the Celtic branch of the Indo-European languages; Celtic would regularly have *b.r.g instead, as in Scottish Gaelic briogais or in breton language bragoù.

Braccae - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Also wenn Ich am Hadrianswall als Legionär hätte Nachwache schieben müssen, dann hätte ich mir bestimmt eine gallische, germanische oder britische Hose organisiert! Dumm nur, dass Legionäre wohl selten am Hadrianswall Wache geschoben haben, aber das Wetter in Mittelengland war sicher nicht viel besser.

Wir wissen es nicht. Vielleicht finden wir mal "Vindolanda-Tablets" über den Alltag des Legionärs und nicht "nur" einer germanischen Ala in Britannien. Dann wüssten wir mehr. Dann würde vielleicht die vorherrschende Meinung, daß der römische Legionär bis weit ins 2te Jahrhundert zu seiner beinfreien Tunika stand, fallen wie ein Kartenhaus.

Vielleicht denke ich aber wieder einmal einfach nur zu sehr in modernen Kategorien.
 
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Hallo zusammen,

Gerade mal wieder die (meiner Meinung nach ziemlich gute) Terra X Doku über die Varusschlacht gesehen. In allen Szenen, auch denen, die im Winter spielten, trugen so ziemlich alle (männlichen) römischen Soldaten und Zivilisten Tunika-Bekleidung, die nicht übers Knie ging. Wenn ich da so an die Temperaturen draussen bei uns denke, wirkt das auf mich irgendwie unlogisch.
Also, was trugen die Römer in kalten Provinzen wie Germania oder Brittania "unten rum".

Also wenn Ich am Hadrianswall als Legionär hätte Nachwache schieben müssen, dann hätte ich mir bestimmt eine gallische, germanische oder britische Hose organisiert! Dumm nur, dass Legionäre wohl selten am Hadrianswall Wache geschoben haben, aber das Wetter in Mittelengland war sicher nicht viel besser.

Wir wissen es nicht. Vielleicht finden wir mal "Vindolanda-Tablets" über den Alltag des Legionärs und nicht "nur" einer germanischen Ala in Britannien. Dann wüssten wir mehr. Dann würde vielleicht die vorherrschende Meinung, daß der römische Legionär bis weit ins 2te Jahrhundert zu seiner beinfreien Tunika stand, fallen wie ein Kartenhaus.

Vielleicht denke ich aber wieder einmal einfach nur zu sehr in modernen Kategorien.

In einer der Vindolanda-Tablets ist tatsächlich von der Sendung von zwei Paar Subligaculum ? Wikipedia (Unterhose) die Rede (nebst Socken und Sandalen).

Vindolanda Tablet 346 * Leaf No. 1 (front)
 
Jo die Story mit der edlen Unterwäsche von Mutti kenn ich. Die britische underwear war wohl zu kratzig. Das war halt auch nur eine verwöhnte Bande von Muttersöhnchen, diese batavischen Elitesoldaten ;)

Da gibts eine nette Inszenierung in einer TV-Doku (BBC?) dazu. Die Kumpels im Contubernium haben das Weichei mit Mamis Unterwäsche beworfen. Wer weiss, ob das nicht so passiert sein könnte?

Aber das waren germanische Batavier, keine römischen Legionäre.
Obwohl die Römer haben anderenorts auch an Mutti geschrieben ;)
 
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Was trugen die Römer eigentlich generell unter der Tunika? Wie die Schotten nix oder hatten die irgendeine Art Unterhosen? ;)
 
Was trugen die Römer eigentlich generell unter der Tunika? Wie die Schotten nix oder hatten die irgendeine Art Unterhosen? ;)

In einer der Vindolanda-Tablets ist tatsächlich von der Sendung von zwei Paar Subligaculum ? Wikipedia (Unterhose) die Rede (nebst Socken und Sandalen).

Vindolanda Tablet 346 * Leaf No. 1 (front)

In dem verlinkten Wiki-Artikel ist ein originaler römischer Subligaculum aus Leder auch abgebildet.
 
Aber eine Zivilisation wie die römische, die dann sogar noch kulturell Hosen verschmähte, sollte doch in der Lage gewesen sein, eigene Beinbekleidung zu entwickeln ^^. Vielleicht findet man ja Hinweise in der byzantinischen Mode?
 
Ich kenne durchaus Leute, meist junge Männer zwischen 17 und 25, die selbst bei 20° unter Null noch in kurzen Hosen durchs Leben wandeln. Einen, der - dürfte jetzt 21 Jahre als sein - habe ich noch nie mit etwas anderem als seiner "Badehose" gesehen. Dazu gerne Sandalen, wobei im Winter doch eher etwas in Richtung Springerstiefel.

Nicht unbedingt massentauglich und auch ich würde mir drei Mal überlegen im Herbst und Winter mit kurzer Hose aus dem Haus zu gehen, aber durchaus möglich und nebenbei bemerkt sicher auch abhärtend.
 
Aber ob ein alter römischer Präfekt, der auf Reisen durch die Wälder in der Nähe Londiniums war, wohl nicht eher an das Einfangen einer Blasenentzündung als an Abhärtung gedacht hätte ;) ?
Das Kleidungsproblem stellte sich ja allen Römern, die dort verkehrten. Zumindest die sollten doch an warmer Beinkleidung interessiert gewesen worden sein, oder?
 
Auch in Italien kann es im Winter empfindlich kalt werden und das nicht nur in den Alpen oder oben auf dem Ätna.
 
Vielleicht taucht ja bei den nächsten Ausgrabungen in Pompei der Katalog der Sommer-Kollektion 50 AD von Calvinus Parvulus oder von Secretum Victoriae auf. Es gibt noch viel zu forschen.
 
Wie viele Aufsätze über deine langen Unterhosen hast du denn schon so in deinem Leben verfasst?

Vergessen wir an dieser Stelle doch nicht die vorzügliche "Ode an die Hose" des Cornelius Tacitus!
 

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Na ob man darüber wirklich viele Quellen finden wird... das Problem ist ja... sieht man ja ganz gut an Quellen zum römischen Militär, das Werke für römisches Publikum selten über Allgemeinplätze berichten, nur besonderes (wie Anekdoten aus den Feldzügen Caesars die irgendwie "besonders" waren fanden Niederschlag. Ob die Adressaten, bzgl. Literatur, wirklich interessiert an dem Thema "was tragen wir Römer" drunter waren, auch wenn die Lesekultur schon vergleichsweise weit verbreitet war, wird man darüber relativ wenig finden.

Und was Archäologie angeht, vllt. gibt es ja noch aussagekräftige verwertbare Funde.
 
Also wenn Ich am Hadrianswall als Legionär hätte Nachwache schieben müssen, dann hätte ich mir bestimmt eine gallische, germanische oder britische Hose organisiert! Dumm nur, dass Legionäre wohl selten am Hadrianswall Wache geschoben haben, aber das Wetter in Mittelengland war sicher nicht viel besser.

Wir wissen es nicht. Vielleicht finden wir mal "Vindolanda-Tablets" über den Alltag des Legionärs und nicht "nur" einer germanischen Ala in Britannien. Dann wüssten wir mehr. Dann würde vielleicht die vorherrschende Meinung, daß der römische Legionär bis weit ins 2te Jahrhundert zu seiner beinfreien Tunika stand, fallen wie ein Kartenhaus.

Vielleicht denke ich aber wieder einmal einfach nur zu sehr in modernen Kategorien.

Das Wetter auf den Britischen Inseln ist nicht als sonderlich "kalt" zu bezeichnen. Man sollte bedenken, daß gerade die britischen und irischen Kelten (Pikten, Schotten, Waliser, Iren) ab dem frühen Mittelalter dafür bekannt waren, mit nackten Beinen (und Füßen) unterwegs zu sein, obwohl natürlich auch Hosen benutzt wurden. Im Winter trägt man Gamaschen oder lange Strümpfe, wenn man sich nicht groß bewegt. Zum Barfußgehen: Wer mal nagellose Lederschuhe in nassem Grasgelände tragen mußte, weiß warum.

Ich führe die zunehmende Verwendung von feminalia und bracae eher auf den steigenden keltischen und germanischen Einfluß auf das Militär des Reiches zurück. Dann wurde daraus eine Mode. Schließlich trug man später auch lange Hosen in Klimata, wo es eigentlich eher nachteilig, zumindestens unnötig war. Inwieweit hier irgendwelche religiösen Schicklichkeitserwägungen eine Rolle spielten, kann ich nicht beurteilen.

Persönlich kann ich sagen, daß es auch als älterer verweichlichter Büromensch relativ problemlos möglich ist, bis zum Gefrierpunkt mit kurzen Hosen unterwegs zu sein, wenn man sich bewegt und etwas an ein hosenloses Leben gewöhnt ist.
 
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