Besiedlung Amerikas: solutréische Hypothese, Beringia, oder Südpazifik?

Vorweg Dank für den "Grünen", der zeigt, daß die Mühe, die Möglichkeit früher transatlantischer Überfahrt näher zu beleuchten, nicht ganz ungelesen im Sommerloch stecken bleibt.
Einen hab ich noch, nämlich einen genaueren Blick auf Küstenverläufe und Inseln zur fraglichen Zeit. Die angehängte Karte (Quelle: What’s down there? Mapping the ocean floor , von mir leicht beschnitten und mit Namen versehen) gibt einen ersten Überblick, was sich unter dem Atlantik so alles an ridges und seamounts findet. Wer näher an Details hernzoomen möchte, sei verwiesen auf http://www.arcgis.com/home/webmap/viewer.html?services=6348e67824504fc9a62976434bf0d8d5. Potentiell noch besser, in der Praxis aber leider speicherfressend und etwas instabil, die "amtliche" Karte der EU EMODnet Bathymetry Portal

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, daß während des Jüngeren Dryas der globale Meeresspiegel etwa 80m unter heutigem Niveau lag (vgl. angehängte Wikipedia-Grafik - der dort markierte "Meltwater Pulse 1a" stammt aus der starken Erwärmung des dem Dryas vorangehenden Meiendorf-Interstadials. Schöne Animation im nachfolgenden Link).

Eisschilde und Meeresspiegel
Hinzu kommen lokale/ regionale Zu-/Abschläge, u.a. aus isostatischen Effekten. Die Gletscherlast "dellt" die darunterliegende Erdkruste ein. im Ausgleich beulen sich eisfreie Regionen aus. Das Ausmaß kann beträchtlich sein: Für die Elbmündung wird von über 50m Anhebung ausgegangen, allerdings erfuhr sie auch Ausbeulung von gleich drei Seiten (Skandinavien, Alpen, Schottland). Die Modellierung ist komplex und vielfach noch verbesserungsfähig (das British Ice Model 1 passte z.B. für die Nordsee, versagte aber in der Irischen See). Für den Atlantik sind mir, mit Ausnahme Grönlands und Ansätzen für Irland, bislang keine Modellierungen bekannt. Grundsätzlich wurde der Atlantik durch die Vergletscherung auf beiden Seiten wohl isostatisch angehoben, die Größenordnung mag 20-40m betragen.
Noch schlechter bekannt/ erforscht sind tektonische Effekte. Diese umfassen Auffaltung bzw. Subduktion an den Rändern der Kontinentalplatten - da kommen selbst bei Jahreswerten unter einem mm pro Jahr in 13.000 Jahren einige Meter zusammen. Könnte insbesondere für die Subduktionszone der europäischen unter die afrikanische Platte (Azores–Gibraltar Transform Fault) eine Rolle spielen, aber Zahlen dazu konnte ich nicht finden.

Hebungen/ Senkungen über vulkanischen plumes / hot spots können ebenfalls ganz ordentlich ausfallen. Wenn der hotspot bzw. die ihn überstreichende Kontinentalplatte wandert, kühlt die vorher aufgeheizte Kruste ab, zieht sich zusammen und sinkt entsprechend ein. Für ehemalige Seevulkane vor Hawaii wurden 4,3m Absenkung / Jtsd. ermittelt - seit dem Dryas kamen da knapp 60m zusammen.
http://www.researchgate.net/profile...5248a2e397001000000.pdf?disableCoverPage=true
Leider ist bislang weder der Einfluß isostatischer "Dellen" auf weiträumigere Magmazirkulation befriedigend geklärt, noch die Frage, was die Magma so machte, als Vergletscherung den "Druckablaß" über isländische Vulkane weitgehend verschloss. [Materialfluß aus dem isländischen plume wurde bis in mindestens 1.350 km Entfernung nachgewiesen, von 1.800 km Radius wird ausgegangen. A joint geochemical–geophysical record of time-dependent mantle convection south of Iceland - ResearchGate ].
Schließlich, zusammenhängend mit den tektonischen Platten, noch das Thema Seebeben/ unterirdische Bergrutsche/ Tsunamis. Vorkommen solcher Tsunamis ist gut belegt (u.a. Erdbeben von Lissabon 1755) - welche seamounts da jeweils kollabierten, und wie hoch sie vorher aufragten, ist aber, trotz einiger Forschungsanstrengung, immer noch unbekannt.


Unterm Strich heißt dies, daß alles bis etwa 100m unter dem heutigen Meeresspiegel (beige-braun in der angehängten Karte) während des Dryas vohl noch Land war. Bis 250m (rotbraune Tönung) lohnt ein genauerer Blick auf die Tektonik. Alles, was heute tiefer liegt (gelbe bis grünliche Tönung) ragte höchstwahrscheinlich auch im Dryas nicht über den Meeresspiegel. Insbesondere zeigt ein genauerer Blick auf den Mittelatlantischen Rücken zwischen Island und den Azoren, daß selbst die höchsten seamounts dort so tief unter dem Meeresspiegel (500-800m) liegen, daß die von mir weiter oben aufgebrachte Möglichkeit, dort hätte sich Land gebildet, wohl wieder verworfen werden kann.

Wie sieht es nun mit dem round trip Portugal-Azoren-Neufundland-Island aus?
Portugiesische Küste: Der Kontinentalschelf fällt relativ steil ab, d.h., die damalige Küste lag etwa 15-25 km weiter westlich als heute, was für die Überfahrt nicht wirklich einen Unterschied macht. Des Namens wegen (ob sie damals als Insel herausragten, oder gerade eben noch vom Meer bedeckt war, konnte ich nicht klären) lasse ich die Reise an den Descobridores Hills, etwa 30 km westlich von Odernira bzw. 30 km NW von Sagres, beginnen.
Gorringe-Bank:Hier hat man auf etwa 120-140m Tiefe eine Sedimentterasse gefunden, die belegt, daß dieser vulkanische Rücken während der Eiszeit eine Inselkette bildete. Während des Jüngeren Dryas dürften zumindest die beiden höchsten Gipfel, Ormonde und Gettysburg, heute jeweils knapp 40m unter NN, noch Inseln gewesen sein. Ormonde liegt etwa 180 km SW der Decobrides Hills, nach Gettysburg sinds von dort noch mal 45 km.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0031018280900346

Die späteiszeitliche Inselgröße ist, bei bathymetryscher Auflösung auf 100m-Tiefenstufen, schwer abzuschätzen, aber jeweils 20-30 km² mögen drin gewesen sein. Preislage Amrum, oder La Graciosa (Kanaren), also durchaus besiedelbar. Die Gorringe-Bank ist, wie fast alle seamounts, sehr fischreich (Strömungsverwirbelung, Sauerstoffeintrag in kühles Tiefenwasser fördert Plankton-/Krillwachstum, etc.), bietet so prinzipiell ausreichend Anreiz für paläolithische Besiedlung.
[Schöne ökologische Diskussion, mit tollen Photos, hier: http://oceana.org/sites/default/files/reports/seamounts_gorringe_bank_eng.pdf]

Etwa 200 km SSW folgt der Ampère Seamount (60m u. NN, ebenfalls Sedimentterasse auf 120-140m Seetiefe, "flank affected by massive erosion in the form of some collapse scars that suggest sudden landslides"). Der Seine Seamount nach weiteren 180 km ist etwas mysteriös - für ihn konkurrieren ein älteres Meßergebnis von 90m unter NN (1989) und ein neueres von 165m (2005). Noch wilder wird es beim nahelegelegenen Unicorn Seamount 90 km nördlich - 20m Seetiefe im Admirality Chart von 1995, 330m lt. Messung aus 2005. Entweder saßen da zeitweise Besoffene am Echolot, oder es gab vor nicht allzu langer Zeit enorme Bergrutsche. Abtragung durch Schleppnetzfischerei ist an anderen seamounts dokumentiert, aber 300m Berggipfel schleppt wohl keiner mal so eben weg.
http://ricerca.ismar.cnr.it/CRUISE_REPORTS/2005/URANIA_HORSESHOE_05_REP/node27.html
200 km weiter, jetzt WSW, vom Seine Seamount liegt Porto Santo, dann sinds noch mal 42 km bis Madeira. Na ja, Madeira bringt uns jetzt nicht soo viel näher an die Azoren. Aber wenn man eine "Trainingsroute" sucht, auf der zukünftige Atlantiküberfahrer sich in kleineren Etappen auf die große Überfahrt vorbereiten können, macht sich die vorbeschriebene Route gar nicht schlecht (fand u.a. ein gewisser C. Kolumbus, dessen Sohn bekanntermaßen auf Porto Santo geboren wurde).

Zurück zur Gorringe-Bank: Knapp 250 km westlich folgt mit der Josephine Bank die nächste "Wundertüte" - internationale Gewässer, kaum erforscht, Höhe, je nach Quelle, 90/130/150 m unt. NN. Geologisch junge, vulkanische Bildung, teilweise erst vor 450.000 Jahren. Bei Bildung noch über dem Meeresspiegel liegende Gipfel/Krater sind inzwischen auf 1.200-1.900 m abgesackt.
Origin and geochemical evolution of the Madeira-Tore Rise (eastern North Atlantic) - Geldmacher - 2006 - Journal of Geophysical Research: Solid Earth (1978–2012) - Wiley Online Library
Solche Subsidenz durch langsames "Weiterwandern" des hotspots ist vor Hawaii dokumentiert, und die dortige Subsidenzrate von 4,3 m/Jtsd. passt gut zu den Beobachtungen auf der Josephine Bank. Seit dem Dryas hätten wir dort also:

  • 60-80 m globaler Meeresspiegelanstieg,
  • 20-40 m isostatische Senkung, hervorgerufen durch das Abschmelzen europäischer und amerikanischer Gletscher,
  • knapp 60 m Subsidenz durch "Wanderung" des hotspots,
  • plus unbekannte Absenkung durch die Subduktion der europäischen unter die afrikanische Kontinentalplatte,
  • plus unbekannter Gipfelabtrag durch Erdrutsche, Erosion, und/oder Schleppnetzfischerei.
Insgesamt gut 150 m plus X. Selbst wenn die aktuelle Meerestiefe eher am oberen Ende der in den Quellen zu findenden Bandbreite, also bei 150m, läge, müsste im Dryas noch das eine oder andere Inselchen dort zu finden gewesen sein. Groß genug zum Besiedeln, oder wenigstens mit Süßwasser und ein paar Obstbäumen? Wer weiss...
Vor dem "Meltwater Pulse 1a" bzw. dem Meiendorf-Interstadial lag dort aber mit ziemlicher Sicherheit eine ordentlich große Insel - das Gipfelplateau misst etwa 10 x 40 km.

Halten wir als Zwischenfazit fest: Per "island-hopping" war es in der Eiszeit möglich, von Portugal aus Madeira und/oder die knapp 500 km westlich des heutigen Festlands gelegene Josephine Bank zu erreichen - sicher im Solutrean, vermutlich trotz zwischenzeitlichen Meeresspiegelanstiegs auch noch im Jüngeren Dryas. Reiche Fischgründe um die auf dem Weg liegenden Inseln/ seamounts boten hinreichend Anreiz für Ausbreitung/ Besiedlung. Die beim "island hopping" maximal zu überbrückenden Distanzen von knapp 200 km bzw. gut 100 sm wären wohl innerhalb einer guten Woche zu bewältigen gewesen (heutige Strömungsgeschwindigkeit ca. 0,5 kn). Sie hätten sowohl Anlaß als auch Möglichkeit geboten, nautische und Bootsbau-Fertigkeiten zu entwickeln, mittels derer dann vielleicht auch längere Distanzen bewältigt werden konnten.
Fortsetzg. folgt.
 

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Aber für ein gezieltes Insel-Hüpfen muss man doch erst einmal wissen, dass und wo es Inseln gibt. Diese entdecken sich nicht von selbst. Ob man mit den damaligen Booten einfach so aufs Geratewohl aufs offene Meer hinausgefahren ist, wage ich zu bezweifeln. Wenn man annimmt, dass ein Boot durch einen Sturm o. ä. auf eine Insel verschlagen wurde - und auch wieder die Rückfahrt schaffte, um anderen davon erzählen zu können - wäre das nur die erste Insel; die nächsten in der Kette blieben unbekannt. Dass von der ersten auf diese Weise entdeckten Insel aus auf vergleichbare Weise auch die nächste gefunden würde, wäre allenfalls dann ansatzweise plausibel denkbar, wenn die erste Insel dauerhaft besiedelt worden wäre (sodass auch von dort aus häufig Boote herumgefahren wären). Allerdings gibt es weder auf den Azoren noch auf den Kanaren Hinweise auf eine Besiedlung bereits während der Eiszeit.
 
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, daß während des Jüngeren Dryas der globale Meeresspiegel etwa 80m unter heutigem Niveau lag
(...)
Halten wir als Zwischenfazit fest: Per "island-hopping" war es in der Eiszeit möglich, von Portugal aus Madeira und/oder die knapp 500 km westlich des heutigen Festlands gelegene Josephine Bank zu erreichen - sicher im Solutrean, vermutlich trotz zwischenzeitlichen Meeresspiegelanstiegs auch noch im Jüngeren Dryas.
Selbst wenn wir den Meeresspiegel des Atlantik um 100m absenken, sodass ein paar zusätzliche Inseln auftauchen, halte ich das "Zwischenfazit" für spekulativ wenn nicht gar irreal.
Einerseits verbleiben auf der dank Meeressenkung "erleichterten" Route Portugal-Nordamerika immer noch gewaltige Strecken ohne jeglichen Sichtkontakt zu irgendwelchen Inseln, andererseits setzt das nautische und schiffsbauingenieurige Fähigkeiten voraus, zu denen aus dem fraglichen Zeitraum keine entsprechenden materiellen Funde vorliegen.

Zwar gibt es aus historisch fassbaren Zeiträumen Herkunftslegenden, in welchen die Übersiedlung ganzer "Völker" per Schiff erwähnt wird (origo gotica, Hengist & Horsa) und es gibt sogar die berühmte vandalische Überquerung der Straße von Gibraltar - aber das alles sagt nichts über die Zustände, Kenntnisse und Fähigkeiten der solutreischen Robbenjäger. Wären diese derart geniale Nautiker und Schiffsbauer gewesen, so hätte ihr diesbezügliches Können die komplette antike und mittelalterliche Seefahrt weit überstiegen... An sozusagen geniale solutreische Drachenbootwikinger kann ich nicht glauben... ;)
 
Atlantis

Ich habe Atlantis entdeckt! War nicht sonderlich schwer - der Atlantis Seamount findet sich auf jeder besseren Seekarte. Er ist Teil der Atlantis-Great Meteor Seamout Chain im Mittelatlantik südlich der Azoren. Die Kette wurde in den 1930ern vom deutschen Forschungsschiff Meteor erforscht, nach dem der Great Meteor Seamount am südlichen Ende der Kette benannt ist. Wer immer für die Namensgebung verantwortlich war, hatte einen gewissen Witz, und ließ gleich neben Atlantis Plato aufragen bzw. zur Ruhe kommen (je nach Betrachtungswinkel). Es gibt übrigens noch einen weiteren Atlantis Seamount in der unterirdischen Vulkankette vor Neu-England, da besteht bei der Informationssuche Verwechslungsgefahr.
Natürlich hat der Name vielfältige Spekulation angeregt, aber ein Blick auf die angehängte Karte zeigt, daß da beim besten Willen nichts herauszuholen ist, was mit Platos topographischen Angaben in Einklang zu bringen ist. Die Ebene, aus der die seamounts herausragen, liegt 4-5.000 m unter dem Meeresspiegel - so tief sinkt kein Stück Erdkruste mal eben ab.
Dennoch ist der Atlantis Seamount interessant, weil ältere Forschung Ablagerung organischer, kalkhaltigel Kiesel (Korallenbruch?) auf dem Gipfelplateu gefunden hat. Diese wurden in den 1950ern auf ein Alter von knapp 9.000 Jahren C14-datiert. Da die Kiesel rundgeschliffen waren, wird angenommen, daß am Ende der Eiszeit der Gipfelbereich noch im Gezeiteneinfluß lag. Kalksedimente bedecken auch andere seamounts der Kette. Zudem wird von Terassenbildungen auf etwa 200 und 300m Seetiefe berichtet, die als ehemalige Küstenverläufe gedeutet werden.
https://journals.uair.arizona.edu/index.php/radiocarbon/article/viewFile/120/125
http://dspace.library.uu.nl/bitstream/handle/1874/238521/Verhoef-Jaap-38-1984.pdf?sequence=1
Diese Befunde deuten darauf hin, daß während des LGM noch die meisten Gipfel Inseln darstellten, einschließlich des Great Meteor Plateaus (50x28 km, heute 270-300 m unt. NN). Mit dem Abschmelzen der Gletscher wären größere Teile davon bis zum Dryas verschwunden, einige Spitzen (neben Atlantis u.a. Hyeres sowie eine unbenannte Kuppe zwischen Plato und Tyro) hätten aber wohl noch herausgeragt.
Für nähere Betrachtung wäre es natürlich hilfreich, mehr über die isostatische Aufwölbung während des LGM zu wissen. Prinzipiell sitzt die Kette nahe des "Brennpunkts" der rund um den Nordatlantik hufeisenförmig entstandenen Gletscher, und hat daher von drei Seiten Aufwölbung erfahren. Wie viel? Modelle habe ich leider keine gefunden.
Schön wäre es auch, wenn sich die Geologen auf ein paar mehr Details einigen könnten, als daß die Region geologisch komplex und anomal ist. Derzeit wird aufgrund von Gesteinsähnlichkeiten davon ausgegangen, daß vor 75-35 Mio. Jahren ein hotspot vor Neuengland aufbrach, den mittelatlantischen Rücken unterquerte und den Great Meteor Seamount schuf, um sich dann zurück nach Nordwesten zu wenden und Plato und Atlantis hervorzubringen. Warum er dies tat (ansonsten bleiben hotspots stabil, und lassen die Platten über sich hinwegwandern), weiß keiner. Die unterliegende Kontinentalkruste gilt allgemein als sehr dick; südlich von Plato verläuft aber eine tiefe Bruchlinie (Hayes Fracture Zone) bis Madeira. Theoretisch sind also genügend Gründe vorhanden, die vor, während oder nach der Eiszeit die seamounts mal eben 100m nach oben oder unten verschoben haben könnten.
Hintergrund (Fachchinesisch, aber mit schönen Karten):
http://cygnus.ocean.dal.ca/public/klouden/EPSL7162/EPSL_7162.pdf
http://www.whoi.edu/fileserver.do?id=102244&pt=2&p=68128
Azores LVRs
Über den Inselcharakter der Azoren müssen wir nicht weiter reden. Während der Eiszeit gab es dort mindestens zwei weitere Inseln in besiedelbarer Größe, nämlich Formigas ganz im Osten, und Condor (heute 185m u. NN) südwestlich der zentralen Inselgruppe. Zu letzterem
Condor seamount (Azores, NE Atlantic): A morpho-tectonic interpretation
Erosional features include (i) palaeo wave-cut platforms on the seamount summit, (ii) landslide scars produced by lateral collapses of the NE and SW-facing flanks, (iii) gullies and turbidity current channels and (iv) mass-wasting deposits. Iceberg drag and bump marks are also identified on the seamount upper flanks, representing the first reference to such features in the Azores and an additional low latitude record.
Given the lack of major erosional and tectonic dismantling, Condor is suggested to be a relatively young seamount. A revised factoring of eustatic, erosional and isostatic processes does not exclude that the summit may have been eroded as late as the Last Glacial Maximum.
Was da noch so alles aufgetaucht sein mag, zeigt ein Blick auf die angehängte 3D-Karte. Ich enthalte mich eigener Prognosen - wo innerhalb von vier Jahren ein Vulkan auftauchen, auf 250m ansteigen und dann wieder verschwinden kann (Dom João de Castro Bank), scheint so einiges möglich.
Kaum möglich (um zum Aufhänger Atlantis zurückzukehren) ist jedoch, daß sich das Azoren-Plateau als Ganzes aus dem Meer erhob - dazu geht es zwischen den Inseln immer wieder zu tief, teilweise auf knapp 3.000 m hinunter. Die zwischenzeitlich auf dem Meeresboden geortete "Pyramide" hat sich inzwischen als Unterwasservulkan entpuppt. Im verlinkten Zeitungsartikel dazu fand ich jedoch die Hinweise auf steinzeitliche Funde interessant - weiß jemand dazu Näheres?
Terceira: Pyramidal structure found by amateur sailor not man-made ? Azores | Portuguese American Journal
 

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Aber für ein gezieltes Insel-Hüpfen muss man doch erst einmal wissen, dass und wo es Inseln gibt. Diese entdecken sich nicht von selbst. Ob man mit den damaligen Booten einfach so aufs Geratewohl aufs offene Meer hinausgefahren ist, wage ich zu bezweifeln.
Danke für die "Steilvorlage" - dazu wollte ich eh noch was schreiben.
Der meines Wissens erste Beleg für eurasische Besiedlung einer unbewohnten Insel ist Zypern. Dort hatten sich in Isolierung spezielle Spezies wie Zwergelefanten und Zwergnilpferde gebildet, deren Knochen noch in den ersten Siedlungsfunden vorkamen, danach aber nicht mehr.
Die genaue Datierung ist schwierig und umstritten (vgl. meine Anmerkung weiter oben zu den technischen Problemen der C14-Datierung am Ende der Eiszeit) und rangiert irgendwo zwischen 11.000 und 9.000 v. Chr, also grob in dem auch für eventuelle transatlantische Überfahrten in Frage kommenden Zeitraum.
Zwischen Zypern und der Levante liegt nichts, was für Zwischenstop in Frage kommt, das Meer geht ziemlich steil auf etwa 1.500 m runter. War eigentlich auch ohne Betrachtung von Seekarten klar - bei wie auch immer gearteter Migrationsmöglichkeit in Zeiten niedrigen Wasserstands hätte sich nicht die isolierte zypriotische Inselfauna herausbilden können.

Es wird Übersiedlung vom Libanon aus angenommen, und die ältesten Funde stammen aus der Gegend von Limmasol. Da reden wir grob von 240 km übers offene Meer, wobei irgendwann Zyperns Berge als Orientierungspunkt am Horizont auftauchen. Die kürzeste Überfahrt begönne in Syrien (Latakhia - Karpaz-Halbinsel), beträgt aber immer noch etwa 100 km. Was so an Bildern von der Karpaz-Halbinsel zu finden ist (ich kenne Zypern leider nicht), macht nicht gerade den Eindruck, sie sei schon aus der Weite vom Meer zu sehen gewesen.

D.h., in der in Frage stehenden Zeit sind West-Eurasier durchaus aufs Meer hinausgefahren. Natürlich nicht aufs Geratewohl, sondern zum Fischen. Immer schön den (Sardinen-)Schwärmen nach. Und die finden sich v.a. über Tiefengewässern, weil dort das Nahrungsangebot (Plankton, Krill) am besten ist. Mischzonen von kalter und warmer Strömung machen sich da auch gut.
Wenn man annimmt, dass ein Boot durch einen Sturm o. ä. auf eine Insel verschlagen wurde ..
Den braucht es gar nicht. Etwas stärkere Strömung als normal reicht vielleicht schon. Oder man folgt den Fischschwärmen, sichtet eine Insel, und beschließt, dort mal eine Pause zu machen...
- und auch wieder die Rückfahrt schaffte, um anderen davon erzählen zu können..
Da nimmt man einfach die Gegenströmung (sobald man sie gefunden hat). Inseln bzw. seamounts 4-5.000m über Grund sind ordentliche Strömungsbrecher und erzeugen ihre eigenen lokalen Strömungskreise. Wenn sie dann noch in einer Gegend sitzen, wo sowieso die eine und andere globale Strömung aufeinander trift - z.B. ein transatlantischer Strom, eine Kaltströmung die iberische Küste hinunter, und Wasser ins und aus dem Mittelmeer, dann geht da so ziemlich in jede Richtung irgendwas. Schlimmstenfalls muß man auf dem Hin- oder Rückweg von Sagres nach Gorringe mal den Bogen über Cadiz machen.
Hier gibt es die aktuelle Strömungskarte des portugiesischen Wetterdiensts, per Pfeil Bildmitte rechts kann man tageweise zurückblättern:
https://www.ipma.pt/en/maritima/currents/index.jsp?area=iberia
Als Gif-Animation mit anderem Ausschnitt gibt es das auch von der US Navy http://www7320.nrlssc.navy.mil/GLBhycom1-12/navo/weseu2spdcur_nowcast_anim365d.gif
Schau mal drauf, dann weißt Du, was ich meine...
- wäre das nur die erste Insel; die nächsten in der Kette blieben unbekannt. Dass von der ersten auf diese Weise entdeckten Insel aus auf vergleichbare Weise auch die nächste gefunden würde, wäre allenfalls dann ansatzweise plausibel denkbar, wenn die erste Insel dauerhaft besiedelt worden wäre (sodass auch von dort aus häufig Boote herumgefahren wären).
Die erste Insel ist die schwerste. Mit der Erfahrung, eine Insel und von ihr zurück gefunden zu haben, steigen Mut und Risikobereitschaft, d.h., man traut sich bei der Verfolgung von Fischschwärmen weiter hinaus. Die beiden Gipfel der Gorringe-Bank liegen gerade mal gut 40 km auseinander, da wird der entferntere ziemlich bald gesichtet und erkundet. Gibt es zwei Inseln, gibt es vielleicht auch mehr...
Die langen Teilstücke werden zum Problem, weil sie andere Logistik und wohl auch größere Boote erfordern. Auch hier ist Zypern aber wieder gutes Beispiel: Die Erstbesiedlung erfolgte noch durch Jäger und Sammler. Als denen dann die Mini-Hippos ausgingen, kam es relativ schnell, spätestens um 8.800 v. Chr., zur Neolithisierung. Dies impliziert Schiffe, die nicht nur ein paar Fischer, sondern zusätzlich auch Ziegen und Schafe transportierten, vermutlich deutlich mehr als ein Tier zur Zeit. Ich persönlich denke, daß die ersten Jäger und Sammler aus der Levante vor der dortigen Neolithisierung, also vor 10.200 v. Chr., nach Zypern aufbrachen. Dann hätte es ca. 1.500 Jahre von der ersten erfolgreichen Überfahrt bis zum Bau größerer Schiffe gedauert - nicht unplausibel. Wenn das die Levanter hinbekamen, warum nicht auch die Iberer?

Für die "Langstrecken" hatte ich noch Entfernungen nachzutragen:

  • Madeira - Formigas (Azoren): 830 km
  • Josephine Bank - Formigas: 920 km
  • La Palma (Kanaren) - Great Meteor: 1010 km
    [Wem es nicht präsent sein sollte: Fürs "island Hopping" von Madeira nach Teneriffa liegen die Ilhas Desertas und die Ilhas Selvagens schön auf dem Weg].
  • Zwischen Great Meteor und Atlantis Smt. liegen die bis zum nächsten potentiell insularen seamount zurückzulegenden Distanzen jeweils in der Größenordnung von 200 km.
  • Atlantis Smt. - Condor (Zentralazoren) 510 km
    Atlantis Smt. - Flores (Westazoren) 580 km
  • Formigas - Flores 620 km Luftlinie, alle Einzeldistanzen innerhalb der Azoren liegen unter 200 km.
  • Flores (Azoren) - Grand Bank of Newfoundland: ca. 1570 km
  • Zum Vergleich: Ost-Kreta-Alexandria 540 km, West-Kreta - Malta 820 km
Allerdings gibt es weder auf den Azoren noch auf den Kanaren Hinweise auf eine Besiedlung bereits während der Eiszeit.
Allerdings gibt es auch entlang der gesamten Beringstraße keine solchen Hinweise. Bei archäologisch gesicherten Besiedlungsketten sieht es mit allem vor den Wikingern düster aus.
Versteh mich nicht falsch - der Einwand ist grundsätzlich berechtigt und relevant. Aber bei maritimer Besiedlung durch Fischer lagen die Siedlungsschwerpunkte vermutlich damals am Wasser, und heute 100-200m unter dem Meeresspiegel - egal ob an/im Atlantik oder Pazifik. Und wenn man an Robbenjäger denkt (zur Nordroute komme ich noch) ist über deren Sommerlager möglicherweise danach noch der eine oder andere Gletscher/ Eisberg gezogen.
 
Da nimmt man einfach die Gegenströmung (sobald man sie gefunden hat).

...


Hier gibt es die aktuelle Strömungskarte des portugiesischen Wetterdiensts, per Pfeil Bildmitte rechts kann man tageweise zurückblättern:
https://www.ipma.pt/en/maritima/currents/index.jsp?area=iberia

Die paläolithischen Seefahrer konnten noch nicht auf die aktuellen Strömungskarten des portugiesischen Wetterdienstes zurückgreifen.

Wenn sie es gekonnt hätten, hätten sie schnell gemerkt, dass man eben nicht "einfach die Gegenströmung" nehmen kann.

Diese Strömungen ändern sich täglich, und sie nehmen auch keine geradlinigen Routen von Küste zu Küste, sondern sie kreiseln, mäandrieren, verzweigen sich.

Wenn man nur beschränkte Navigationsmittel hat und sich auf Strömungen verlassen muss, gleicht eine Seereise von weniger als 100 km schon einem Russischen Roulette mit fünf scharfen Patronen.

Über Langstrecken von 1000 km und mehr, die gezielt befahren wurden, brauchen wir gar nicht zu diskutieren.
 
Zypern ist auch so eine Sache. Von Zypern aus kann man bei den richtigen Bedingungen den Taurus sehen und umgekehrt. Und vom Nabi Yunis (in den Ǧibāl al-Anṣārīya) aus müsste man Zypern (Karpasia) auch sehen können.
Aber das muss nicht einmal sein. In der Regel musste bis weit ins SpätMA auf Küstennavigation zurückgegriffen werden. Nun ist das Mittelmeer aber ein Becken. Dort konnte man sich relativ früh von der Küstennavigation lösen. Nehmen wir also an, ein Händler von Obsidianklingen fährt mit seinem Boot immer wieder die Küste entlang. Irgendwann kommt er bei gutem Wetter auf die Idee: "Hey, die am Endpunkt meiner Reise geben mir immer am meisten Gegenleistung für eine Klinge. Leider habe ich da gar nicht mehr so viel übrig, weil die Käufer in den Siedlungen davor immer schon so viele Klingen abnehmen. Ich kürz einfach mal ab. Ich brauch nur Nahrung und Wasser für eine Woche..." Und schon gerät derjenige nach Zypern. Das funktioniert auf dem Atlantik nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Um vom Nabi Yunis in Syrien die Ostspitze Zyperns (Karpasia) aus sehen zu können, müssten wir bei 1.562 m h knapp 150 km weit sehen können.
 
In der Regel musste bis weit ins SpätMA auf Küstennavigation zurückgegriffen werden.
@El Q da kannst du sehen, wie treffend das Schlagwort "finsteres Mittelalter ist". Und wir können es auch auf die komplette Antike erweitern. Das waren alles Dilletanten, auch die Wikinger. Öde träge Küstennavigierer. Hingegen die Augusto´schen solutreischen Inselhopper navigierten kreuz und quer im Atlantik, dass noch James Cook von ihnen was hätte lernen können! :devil: :rofl:
 
Die paläolithischen Seefahrer konnten noch nicht auf die aktuellen Strömungskarten des portugiesischen Wetterdienstes zurückgreifen.
@Sepiola: solche kleinkrämerischen Hilfsmittel hatten die paläolithischen Seefahrer gar nicht nötig! Die hatten hochseetaugliche Schiffe zum inselhoppenden Atlantik-überqueren (der war damals gespickt mit Inseln) und zum besiedeln ferner Kontinente, von welchen die heutige Seefahrt nur träumen kann: der peinliche Navigations-Fauxpas der Adler-Express-Fähre Amrum-Hooge vom letzten Wochenende wäre den Palöolithikumskapitänen nie passiert! :D:D
 
Die paläolithischen Seefahrer konnten noch nicht auf die aktuellen Strömungskarten des portugiesischen Wetterdienstes zurückgreifen. (..)
Wenn man nur beschränkte Navigationsmittel hat und sich auf Strömungen verlassen muss, gleicht eine Seereise von weniger als 100 km schon einem Russischen Roulette mit fünf scharfen Patronen.
Deshalb ist ja auch die portugiesische Seefahrt vor Gründung des Wetterdienstes nie so richtig in die Hufe gekommen, von unbedeutenden Ausnahmen (Vasco da Gama, Ferdinand Magellan etc.) abgesehen.
Hast Du Dir auf der von mir verlinkten US-Navy-Seite mal die Strömungskarten fürs Mittelmeer angesehen, z.B. so um Zypern rum? Regionsübergreifender Zugriff hier:
HYCOM 1/12 degree page
Übung macht den Meister. Je mehr Anlaß und Gelegenheit zum Üben, desto schneller.
Nun ist das Mittelmeer aber ein Becken. Dort konnte man sich relativ früh von der Küstennavigation lösen. (..) Das funktioniert auf dem Atlantik nicht.
Aber das ist doch mit dem Golf von Cadiz nicht anders (östlich der Straße von Gibraltar sowieso nicht). Wo gab es mehr Anreiz, sich an mittellangen Überfahrten "auf Sicht" zu erproben, als über die Straße von Gibraltar?
Dein Beispiel vom Obsidianhändler hat übrigens Charme. Bislang wurde für kappadokischen Obsidian nur die Landroute über die Region um Aleppo bis in die Levante nachgewiesen, aber warum eigentlich kein Küstenhandel via Mersin oder von der Küste südlich Adana? Hätte die "Entdeckung" Zyperns zweifellos gefördert, wäre andererseits aber alles andere als Beleg für die hier teilweise durchscheinende Auffassung, Paläolithiker hatten mit Seefahrt nichts am Hut gehabt.
ArchAtlas: The Obsidian Trade in the Near East, 14,000 to 6500 BC
Nehmen wir nun einen hypothetischen Händler von Hanfprodukten aus den Rif-Gebirge. Der stellt fest, daß die Preise in Iberien immer besser werden, je weiter westlich von Gibraltar er kommt. Irgendwann beschließt er, nicht mehr dem Golf von Cadiz zu folgen, sondern direkt von Cadiz nach Faro überzusetzen. Sind gut 100km auf offener See, aber die Küste bleibt notfalls sicht- und erreichbar, also begrenztes Risiko. Nichtsdestotrotz muss er sich für diese 100km verproviantieren, und vielleicht auch Fassungsvermögen und Seefestigkeit seines Boots verbessern.
Als nächstes findet er heraus, daß seine Zulieferer in Ceuta und Tanger immer unverschämtere Preise fordern. Also erschließt er sich eine neue Quelle, sagen wir in Asilah. Kann man von dort auch direkt nach Faro paddeln, ohne Umweg über Cadiz? Mal ausprobieren.. Schon sind wir bei 250km über offene See, immer noch relativ küstennah, aber ab und zu ohne Sichtkontakt. Wenn das technisch und psychologisch beherrscht wird, sind die 200 km von Sagres nach Gorringe auch kein Problem, die nächsten knapp 50 zur zweiten Insel auf der Bank sowieso nicht.
Als Illustration habe ich mal die Strömungskarte vom 3. März 2015 angehängt. Natürlich nicht repräsentativ, schon gar nicht für die Eiszeit. Von Faro führt die Strömung in direktem Weg nach Tanger, ohne Bogen über Cadiz. Schön blöd, wer die nicht nutzt. Von Sagres geht eine Westströmung zur Gorringe-Bank. Mit etwas Paddeln wäre eine gegenläufige Nordostströmung im Bogen zurück an die Küste erreichbar. Ich habe die ungefähre Position eiszeitlicher Inseln eingetragen, und Strömungsverläufe zwischen ihnen hervorgehoben. Sieht ganz gut aus. Ob man von Seine Smt. (im Südwesten der Karte) mit der zunächst südlichen, dann westlich abbiegenden Strömung weiter nach Madeira kommt, bleibt offen - da haben die Amis leider die Legende hin verlegt...

Will sagen - "island hopping" bis Madeira und auf die Kanaren ist sehr gut vorstellbar. Die Probleme beginnen auf der ersten "Langstrecke" hin zu den Azoren. Hier kommt die Strömungsumkehr während des Jüngeren Dryas ins Spiel, durch die die Distanz sehr viel einfacher und schneller zu bewältigen war. Wohl nicht geplant, sondern dann wirklich Zufall und Sturm geschuldet.
Schon vor dieser Strömungsumkehr, also noch während der Eiszeit, könnte von den Kanaren aus mit der "normalen" mittelatlantischen Strömung Grand Meteor erreicht und besiedelt worden sein. Die Jungs und Mädels hätten sicher beim "Meltwater Pulse 1a" nasse Füsse gekriegt, und sich schleunigst mit der Strömung Richtung Mittel-/ Westazoren aufgemacht.
Klar - alles hypothetisch, und nicht archäologisch belegt. Wobei:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ibéromaurusien
Das Ibéromaurusien ist eine Kultur des Epipaläolithikums in Nordafrika, die als Nachfolgekultur des Atérien gilt. Es dauerte etwa von 17.000 bis 8.000 v. Chr. und ist etwa zeitgleich zum europäischen Magdalénien (..). Der Atlas scheint die südliche Grenze der Verbreitung des afrikanischen Cro-Magnon-Menschen zu bilden, der die südliche Mittelmeerküste und dessen Hinterland besiedelt. Die Funde deuten auf eine zunehmende Ausbreitung von Ost nach West entlang des Mittelmeeres bis nach Marokko hin, das erst um 14 000 v. Chr. erreicht wurde. Auch ein Übersetzen auf die Kanarischen Inseln scheint nachgewiesen. Die meisten genauer untersuchten Fundplätze liegen in Marokko und Algerien. Benannt nach wichtigen Fundpunkten gibt es auch die Bezeichnungen Mouillien und Oranien.
Leider sind die dem WP-Artikel beigefügten Links zu Berichten des Deutschen Archäologischen Instituts weitgehend tot, so daß ich nicht nachvollziehen konnte, wer wodurch das Übersetzen auf die Kanaren nachgewiesen zu haben scheint. Weiß hier jemand von Euch Genaueres?

Für andere Spezies besteht wenig Zweifel, daß Makaronesien als "stepping stone" von Eurasien nach Nordamerika diente. Hier eine schöne Zusammenfassung für die Flora. Allerdings beziehen sich die meisten Beispiele auf frühere Eiszeiten/ Erdperioden:
http://www.researchgate.net/profile...el_forests/links/02bfe50e5bf867785c000000.pdf
 

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@El Q da kannst du sehen, wie treffend das Schlagwort "finsteres Mittelalter ist". Und wir können es auch auf die komplette Antike erweitern. Das waren alles Dilletanten, auch die Wikinger. Öde träge Küstennavigierer. Hingegen die Augusto´schen solutreischen Inselhopper navigierten kreuz und quer im Atlantik, dass noch James Cook von ihnen was hätte lernen können! :devil: :rofl:
Recht hast Du (nur bei James Cook und dem Atlantik solltest Du noch mal nachlesen)! Die armen Minoer verbrachten Monate damit, immer die kleinasiatische Küste längs und um Zypern rum zu schippern, bis sie endlich nach Ägypten kamen!
https://de.wikipedia.org/wiki/Keftiu
Die Angeln waren leider zu blöd, die nächste Düne zu besteigen und von dort Helgoland zu sichten. Stattdessen sind sie in Massen immer schön an nord-, ost- und westfriesischen Inseln lang zu den (Proto-)Franken gepaddelt. Irgendwann wurde es denen aber zu dumm, und sie haben die Angeln weiter nach Calais geschickt, wo endlich Land (eigentlich Kreidefelsen) in Sicht kam.
Oder nimm die armen Neolithiker. Da haben sie es endlich bis Sizilien geschafft, und müssen plötzlich feststellen, daß sie für die direkte Route nach Spanien über Sardinien und die Balearen nicht genug Wasserfässer an Bord kriegen. Selbst die 150km nach Tunesien sind nicht drin. Blöd gelaufen. Also umkehren, und die ganze sch...lange italienische Küste zurückschippern, bis man sich über Elba und Cap Corse Richtung Westligurien hangeln kann. Upps - mein Denkfehler. Von Cap Corse nach Ligurien gehts ja auch nicht küstennah...
Richrtig fies wurde es für die Javaner auf ihrem Weg nach Madagaskar. Und für die Maori. Oder die Hawaiianer (womit wir wieder be James Cook wären..)
 
Zuletzt bearbeitet:
Das scheinbar Unmögliche zu denken finde ich generell reizvoll...

Mal angenommen, ein zufälliges oder gar zielgerichtetes transatlantisches "Inselhüpfen" auswanderungswilliger Steinzeitler fand tatsächlich statt, warum wurden dann von den späteren "Entdeckern" weder auf Madeira noch den Azoren Nachfahren derselben vorgefunden? So dermaßen unattraktiv, wenn man von jagdbarem Wild zu Land mal absieht, dürften diese Inseln damals nicht gewesen sein, dass man/frau zwingend den leeren Horizont im Westen absuchen musste...
 
Die Angeln waren leider zu blöd, die nächste Düne zu besteigen und von dort Helgoland zu sichten.
klar waren die zu blöd: die waren ja nicht mal Steinzeitler sondern nur dröge Völkerwanderer, wie sollen sie da mit den nautisch genialen high-tec-Navigatoren der praehist. Inselhopper mithalten können? :D
 
So dermaßen unattraktiv, wenn man von jagdbarem Wild zu Land mal absieht, dürften diese Inseln damals nicht gewesen sein, dass man/frau zwingend den leeren Horizont im Westen absuchen musste...
Heroisch das Aug´ gen West gerichtet, verließen die Inselhopper so flugs wie spurlos Madeira, denn sie machten sich nichts aus bunten Blumen und Urlaubsstränden :rofl:
 
Nordamerika

Bevor es in den Urlaub geht, will ich noch ein paar bookmarks loswerden. Ich versuche dabei halbwegs systematisch vorzugehen, aber ein paar Sprünge sind nicht zu vermeiden.
Zunächst zur Besiedlung Amerikas: Die "Beringia"-Ansätze gehen generell davon aus, die ersten Amerikaner wären irgendwann während der Eiszeit aus Asien über die sich in der Beringsee gebildete Landbrücke eingewandert. Zwischen dem Eisschild auf der pazifischen Kordillere und dem nordamerikanischen Haupt-Eisschild sei ein eisfreier Korridor verblieben, durch diesen gelangten die Einwanderer nach Süden in die Great Plains und weiter Richtung Mittel-/ Südamerika.
Schon wer sich die von mir in einem früheren Post verlinkte graphische Darstellung der aktuellen Vereisungsmodelle ansieht, erkennt, daß zwischen dem nordamerikanischen Haupt-Eisschild und den Rockys (wie auch Alpen oder Pyrenäen nicht in die Modellierung einbezogen) eigentlich kein Platz mehr für solch eisfreien Korridor bleibt. Dazu kommen neuere biologische Erkenntnisse (Hervorhebung durch mich):
http://cseg.ca/assets/files/resources/abstracts/2010/0727_GC2010_Latest_Pleistocene_Vertebrates.pdf
Laurentide and Cordilleran LGM ice sheets separated northern (Beringian) and southern (midcontinent) North American vertebrate faunas. Evidence had suggested Beringian animals migrated south into the midcontinent as a dispersal corridor opened between retreating ice sheets. Such species would have included giant bison (Bison priscus), woolly mammoth (Mammuthus primigenius), muskox (Ovibos moschatus), caribou (Rangifer tarandus), and wapiti (Cervus elaphus). (..)
While some Beringian species appear to be present on the northern plains, evidence is building for a strong northward movement of southern species, especially the bison. Important information is available from the Bighill Creek Formation (BCF), with two faunules (ca. 11,500-10,750 and 10,200-9800 14C yr BP, bracketing the Younger Dryas cold climatic episode), and from the coeval Wally’s Beach Site, both from southern Alberta. Instead of Beringian Bison priscus we see southern B. antiquus, confirmed by mtDNA from a BCF specimen as ancestral to modern plains and wood bison (Wilson et al. 2008). BCF and Wally’s Beach southern elements also included mammoth (Mammuthus sp.), helmeted muskox (Bootherium bombifrons), large mountain sheep (Ovis canadensis catclawensis), camel (Camelops sp., cf. C. hesternus), and horse (Equus sp., cf. E. conversidens) (..)
Beringian bison did reach northeast British Columbia before 10,000 14C yr BP (Charlie Lake Site) but were blocked, possibly by a forest barrier as is suggested by regional vegetation reconstructions. (..) C. elaphus, a versatile grazer-browser, was a late arrival from the north, apparently new to the midcontinent in postglacial times. R. tarandus is documented from the BCF but is known to have been already south of the ice sheets in LGM times.
M.a.W: Von den großen Säugetierspezies aus Beringia schaffte es keine einzige durch den vermeintlich eisfreien Korridor nach Süden. Stattdessen starben sie gegen Ende der Eiszeit entweder aus, oder wurden von aus dem Süden einwandernden Spezies verdrängt. Einzig das Wapiti gelangte aus Beringia nach Süden, allerdings erst nach Ende der Eiszeit. Wenn den Tieren der Weg nach Süden nicht gelang, warum soll es Menschen in nennenswerter Zahl möglich gewesen sein? Mehr noch - welchen Grund hätten sie gehabt, nach Süden zu wandern, wo doch ihre Jagdbeute im Norden blieb (offenbar in ausreichender Zahl, um im Gegensatz zu Mammuts die Eiszeit zu überleben)?
Damit ist der Ansatz, die ersten Amerikaner erreichten die Gebiete südlich des Eisschilds zu Fuß, kaum noch zu halten. Ob man will oder nicht - die Besiedlung Amerikas südlich des Eisschilds erfolgte übers Meer! Zu klären - nicht als entweder/oder, sondern für jeden potentiellen Weg an sich - bleiben die folgenden Optionen:

  1. Küstennahes Szenario, also als Fischer/ Robbenjäger längs des Kontinentalschelfs bzw. Eisschilds:
    a. pazifisch, über die Aleuten bis runter nach Washington;
    b. arktisch, von der Jennissei-Mündung bis in die Hudson Bay;
    c. atlantisch;
  2. Quer über den Ozean, wo dieser halbwegs eisfrei war/blieb, und Anlandung nahe der Südgrenze der Vergletscherung erlaubte:
    a. pazifisch (Hokkaido-Kurilen-Aleuten-Vancouver Island?)
    b. atlantisch (Iberien-Azoren-Neufundland)
Ich will die pazifischen und arktischen Szenarien nicht bewerten. Für jedes von ihnen sprechen gute genetische Argumente. wie wir weiter oben schon diskutiert haben. Ergänzenswert scheint mir im Hinblick auf das pazifisch-transozeanische Szenario der Hinweis, daß die genetischen Spuren bei mtDNA D (v.a. Südamerika) nach Japan / Korea / Taiwan führen. mtDNA B hat starke pazifische Ausprägung von der US-Westküste ab südwärts, mit Zeigern ebenfalls auf Japan/ Korea, v.a. aber Taiwan/ Polynesien (Anhang).

Unter den genannten Szenarien sind die transatlantischen jeweils die kürzesten:

  • Küstennah transatlantisch (SW-Irland - Südspitze Island - Südspitze Grönland- Neufundlandbank): 4.000 km
  • Küstennah transpazifisch (südl Ust- Kamchatsk - Ucluelet/ Vancouver Island, immer am Rand des Kontinentalschelfs): 5.700 km
  • Ozeanisch transatlantisch (Sagres - Josephine Smt. - Azoren - Neufundlandbank): 3.600 km
    davon längste Passage auf See (Flores/ Azoren - Neufundlandbank): 1570 km
  • Ozeanisch transpazifisch (Schikotan [[vor Hokkaido] - Simuschir/ Kurilen- Amatignak/Aleuten - Amlia / Aleuten - Ucluelet/ Vancouver Island): 6.500 km
    davon längste Passage auf See (Amlia - Ucluelet): 3.300 km
  • Ozeanisch transpazifisch II (Schikotan - Koko Smt. - Kure-Atoll - Maui/ Hawaii - Point Arena CA): 9.700 km
    davon längste Passage auf See (Maui-Point Arena): 3.680 km
  • Für die Arktisroute war mir das Raussuchen der Packeisgrenzen zu fummelig. Neusibirische Inseln - Nordwestpassage - Baffin Bay - Neufundlandbank sind mindestens 7.600 km.
Welche dieser Routen ist am wahrscheinlichsten?

Vielleicht sollte ich der Vollständigkeit halber noch erwähnen, daß die zwar längste, aber auch mit dem kleinsten seefahrerischen Risiko verbundene Route nach Amerika durch Polynesien führte. Bis Neuguinea gehts sowieso mehr oder weniger zu Fuß, von dort über die Solomonen nach Vanuatu ist auch keine große Sache. Mit die größte Herausforderung ist das Übersetzen von dort nach Fiji (knapp 800 km), die Weiterfahrt über Tonga nach Samoa war noch nie großes Thema. Danach hat der Meeresspiegelrückgang dann netterweise diverse seamounts, etwa Pukao Seamount, zum Vorschein gebracht, die die heutzutage doch recht langen Etappen auf maximal 7-900 km verkürzen. Hilfreich ist v.a. die Sala y Gómez-Ridge, deren freigelegte seamounts komfortables "island-hopping" von der Osterinsel bis San Félix ermöglichen. Wer es soweit gebracht hat, müsste auch die letzten 870 km bis zur chilenischen Atacama schaffen.
 

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Wenn den Tieren der Weg nach Süden nicht gelang, warum soll es Menschen in nennenswerter Zahl möglich gewesen sein?

Weil der Mensch das vermutlich anpassungsfähigste Säugetier schlechthin ist. Menschen haben (fast) jede Ecke der Welt besiedelt: Wüsten- und Regenwälder, Küsten und Binnenland, Steppen, Tundren, Auen, klimatisch völlig diverse Gebiete. Das konnten nicht alle Tier gleichermaßen.

Mehr noch - welchen Grund hätten sie gehabt, nach Süden zu wandern, wo doch ihre Jagdbeute im Norden blieb (offenbar in ausreichender Zahl, um im Gegensatz zu Mammuts die Eiszeit zu überleben)?

Hier reduzierst du die Jagd/den Nahrungsmittelerwerb auf die Jagd auf die Megafauna. Hase und Eichhörnchen und Rebhuhn schmecken aber auch und sind nebenbei weniger gefährlich zu fangen. Gleichzeitig reproduzieren sie sich schneller als die Megafauna. Dazu ein wenig Wurzelgemüse...

Damit ist der Ansatz, die ersten Amerikaner erreichten die Gebiete südlich des Eisschilds zu Fuß, kaum noch zu halten. Ob man will oder nicht - die Besiedlung Amerikas südlich des Eisschilds erfolgte übers Meer! Zu klären - nicht als entweder/oder, sondern für jeden potentiellen Weg an sich - bleiben die folgenden Optionen:
Schau dir Inuit an: Die haben im Sommer ihre Lager auf dem Festland gehabt, im Winter auf dem Eis. Beringia war eben nicht total vergletschert sondern zeitweilig eisfrei. Und selbst seitdem Beringia versunken ist, sind es gerade einmal 80 km von Küste zu Küste. Wie sagte eine bekannte amerikanische Vizepräsidentschaftskandidatin mal, als sie zur Außenpoltik befragt wurde? Dass sie von ihrem Gouvernement Alaska aus Russland sehen könne... :)rofl:)

 
Deshalb ist ja auch die portugiesische Seefahrt vor Gründung des Wetterdienstes nie so richtig in die Hufe gekommen, von unbedeutenden Ausnahmen (Vasco da Gama, Ferdinand Magellan etc.) abgesehen.

Ganz klar: Wenn Vasco da Gama und Magellan ihre Schiffe durch tückische Meeresströmungen hindurch navigieren konnten, dann müssen das ihre paläolithischen Vorfahren erst recht gekonnt haben.

Danach hat der Meeresspiegelrückgang dann netterweise diverse seamounts, etwa Pukao Seamount, zum Vorschein gebracht, die die heutzutage doch recht langen Etappen auf maximal 7-900 km verkürzen. Hilfreich ist v.a. die Sala y Gómez-Ridge, deren freigelegte seamounts komfortables "island-hopping" von der Osterinsel bis San Félix ermöglichen. Wer es soweit gebracht hat, müsste auch die letzten 870 km bis zur chilenischen Atacama schaffen.

Die ersten, die quer durch den Pazifik bis zur Osterinsel geschippert sind, waren die polynesischen Seefahrer. Die haben ja auch Hawaii und Neuseeland erstmals besiedelt.
Gut möglich, dass die auch bis Chile gekommen sind.

Das alles hat sich aber innerhalb der letzten 2000 Jahre abgespielt.

Vom Komfort des eiszeitlichen Meeresspiegelrückgang konnten die Polynesier nur dann profitieren, wenn sie auch schon die Methode des Zeitreisens drauf hatten.
 
Zur Hypothese von Portugal via Azoren und Neufundland nach Amerika zu schippern stellt sich mir fernab nautischer Fähigkeiten die Frage, welche Motivation könnte es gegeben haben einfach mal so ins Blaue zu paddeln/segeln...

Bei einer wohl eher geringen Populationsdichte während des Solutreen und Magdalien sollte die iberische Atlantikküste allemal genug Fisch und Schalentiere hervorgebracht haben um das Bedürfnis nach maritimer Kost zu stillen, zudem gab es im Hinterland wohl auch noch das eine oder andere zu jagen und zu sammeln (s. Vale do Coa). Gezielt zwecks Fang weit auf den Atlantik hinaus zu fahren erscheint mir für südwesteuropäische Steinzeit-Gesellschaften der späteren Eiszeit eher zweifelhaft.
Sollte es dennoch zu dann wohl eher unfreiwilligem Verdriften einer Jagd- oder Handelsgemeinschaft durch Meeresströmungen gekommen sein, würde ich davon ausgehen, dass eine ziemlich ramponierte und nach Trinkwasser lechzende Crew eines wie auch immer gestalteten Steinzeit-Bootes an einen fremden Strand gespült wurde. Seafood gab's da sicher in Hülle und Fülle, Süßwasser-Quellen wohl auch, auch Vögel und Nester die sich plündern lassen, doch wie es mit pflanzlicher Nahrung auf heutzutage unter Wasser liegenden Inseln ausgesehen haben mag, da habe ich so meine Zweifel angesichts wechselnden Meeresspiegels während der Glazialzeit. Auch dürfte es mit Land-Säugetieren recht mau gewesen sein, Fledermäuse vielleicht - dies lässt zumindest die ursprüngliche Flora und Fauna der Azoren vermuten. Womöglich mussten die abgetriebenen Fischer jedoch vor allem entdecken, selbst wenn sie die Insel die sie unfreiwillig entdeckt hatten für passabel überlebenswert hielten, dass leider keine Frauen mit an Bord gewesen sind (wenn ich mit dieser Annahme ein falsches Rollenverständnis steinzeitlicher Gesellschaften bemüht haben sollte, bitte ich um Korrektur). Die ganze Tortur-Tour also via noch zu entdeckender Meeresströmungen mal eben flugs zurück an Lusitaniens Küste, um dann beim Auerochsensteak und Hirschbraten die liebe Familie davon zu überzeugen, wie entspannt ein solcher Trip doch ist und wie ungleich besser die Lebensqualität dann sein wird...
Ich schließe nicht aus, dass man(n) über Jahrhunderte oder Jahrtausende hinweg zwar mal irgendwo ankam, aber man(n) blieb dann wahrscheinlich unter seines gleichen. Das reicht mir niemals nicht für eine transatlantische Besiedelung Amerikas durch Paläo-Portugiesen.

Alles was ich bislang beim googeln (deutschsprachig) zur Archäologie auf den Azoren finden konnte, dünnt schnell aus wenn diese ominöse Unterwasser-Pyramide zwischen Sao Miguel und Terceira erst mal versenkt ist.
Seit einigen Jahren wollen portugiesische Archäologen auf den Azoren Gräber, Pyramiden, karthagische Tanit-Tempel, römische Inschriften, Höhlenmalereien (!) und anderes gefunden haben, doch was besseres als die beiden folgenden Links habe ich noch nicht dazu gefunden - vielleicht weiß ja hier jemand mehr dazu.

http://www.apia.pt/doc.php?co=118&in=0
Pico: New archaeological evidence reveals human presence before Portuguese occupation – Azores | Portuguese American Journal
 
Seit einigen Jahren wollen portugiesische Archäologen auf den Azoren Gräber, Pyramiden, karthagische Tanit-Tempel, römische Inschriften, Höhlenmalereien (!) und anderes gefunden haben, doch was besseres als die beiden folgenden Links habe ich noch nicht dazu gefunden - vielleicht weiß ja hier jemand mehr dazu.

http://www.apia.pt/doc.php?co=118&in=0
Pico: New archaeological evidence reveals human presence before Portuguese occupation – Azores | Portuguese American Journal
Danke für die Links. Da steht der Name des "Entdeckers" drin, über den sich weiteres erschließen ließ. Erstmal wichtig, daß hier kein "Spinner" am Werke ist, sondern Nuno Ribeiro -kein Geringerer als der Präsident der APIA, der portugiesischen archäologischen Vereinigung (Gegenstück des DAI?). Der hat dazu natürlich auch publiziert und präsentiert:
New unknown Archaeological Data in Azores: The Hipogea of the Brazil Mount, Terceira Island, Portugal | Anabela Joaquinito - Academia.edu
http://www.genama.info/images/SOMA2011_ABSTARCTS.pdf (Präsentationszusammenfassung; da Seitennummern fehlen, über Textsuche "Azores" ansteuern).
Wenn ich mir die Photos am Ende des ersten Links anschaue, frage ich mich, warum da nicht längst intensiver geforscht wird. Es gibt die These, dies alles sei vom portugiesischen Militär im 17. Jahrhundert gebaut worden. Aber Alexander v. Humboldt, der sich als erster intensiver mit historischen Spuren auf den Azoren beschäftigt hat, verweist darauf, daß die Höhlen oder Hypogäen schon 1575 vom französischen Kosmographen Andre Thenet beschrieben wurden, demzufolge sie bereits bei Ankunft der Portugiesen existierten. Lesenswert ist auch Humboldts Diskussion der karthagischen und cyrenäischen Münzfunde vor Corvo, einschließlich seiner Bemerkung, mit Strömung und Schiffbruch allein ließe sich nicht begründen, warum diese ausgerechnet an der westlichsten aller Azoreninseln angespült wurden.
https://books.google.de/books?id=6l...N3#v=onepage&q=Humboldt Azoren Münzen&f=false
So viel zur küstennahen Navigation in der Antike..
Ach ja, Herr Ribeiro hat noch mehr gefunden, nämlich Petroglyphen. Tentativ datiert in die Bronzezeit, aber an Steinritzungen versagt C14 und fast alles, was sonst noch für Datierung in Frage kommt.
Archaeology: Prehistoric rock art found in caves on Terceira Island – Azores | Portuguese American Journal
Mal angenommen, ein zufälliges oder gar zielgerichtetes transatlantisches "Inselhüpfen" auswanderungswilliger Steinzeitler fand tatsächlich statt, warum wurden dann von den späteren "Entdeckern" weder auf Madeira noch den Azoren Nachfahren derselben vorgefunden? So dermaßen unattraktiv, wenn man von jagdbarem Wild zu Land mal absieht, dürften diese Inseln damals nicht gewesen sein, dass man/frau zwingend den leeren Horizont im Westen absuchen musste...
Gute Frage. Für die Azoren können wir sie wohl auf Karthager bzw. die Leute, die dort von den Karthagern besucht wurden, ausweiten. Insofern haben wir offenbar einen Fall des "Bewohnerverschwindens" irgendwann zwischen Antike und dem Beginn der Neuzeit, womit die Wahrscheinlichkeit, daß solche Fälle auch früher schon auftraten, steigt.
So aus dem Bauch raus fällt mir v.a. Vulkanismus / Erdbeben /Tsunami / Erdrutsch ein. Wer sich auf Fischfang spezialisiert hat und entsprechend nah am Ufer wohnt, kann da bös erwischt werden. Selbst wenn ein paar Leute überleben - wenn solche Phänomene öfter auftreten, beschließt man vielleicht irgendwann, sich doch eine geologisch stabilere Region als Heimat zu suchen. Schau mal hier:
https://en.wikipedia.org/wiki/Natural_disasters_in_the_Azores
Auffällig u.a. der häufige Ausbruch von Epidemien kurz nach Vulkanausbrüchen/ Erdrutschen. Wurden durch die Katastrophen Urwirte (Fledermäuser, Nager) aus ihrem Habitat verdrängt, gerieten so in Kontakt mit Menschen und steckten diese an? Oder einfach nur Schwächung der Immunabwehr als Folge von Hunger? Auch wenn der Mensch den Tsunami überlebt, das Fischerboot ist weg. Für Erdrutsche und Schafweiden (bzw. die Schafe selbst) gilt wohl das Gleiche...
Zur Hypothese von Portugal via Azoren und Neufundland nach Amerika zu schippern stellt sich mir fernab nautischer Fähigkeiten die Frage, welche Motivation könnte es gegeben haben einfach mal so ins Blaue zu paddeln/segeln...

Bei einer wohl eher geringen Populationsdichte während des Solutreen und Magdalien sollte die iberische Atlantikküste allemal genug Fisch und Schalentiere hervorgebracht haben um das Bedürfnis nach maritimer Kost zu stillen, zudem gab es im Hinterland wohl auch noch das eine oder andere zu jagen und zu sammeln (s. Vale do Coa). Gezielt zwecks Fang weit auf den Atlantik hinaus zu fahren erscheint mir für südwesteuropäische Steinzeit-Gesellschaften der späteren Eiszeit eher zweifelhaft.
Zur Populationsdichte wissen wir fast nichts. Iberien war eines der wenigen eiszeitlichen Refugien Europas. Da mag über die Jahrtausende so einiges an Menschen hingeströmt sein, und Jagdwild wurde schnell knapp. Ich halte Siedlungskonzentration an/ nahe der Küste für wahrscheinlich (vgl. die Fundstellenkarten in den WP-Artikeln zum Solutrean und zum Magdalenien). Hier dürften wir die meisten Siedlungen noch gar nicht kennen, weil der Meeresspiegel damals 80-100 m (Magdalenien) bzw. 120-140m (Solutrean) tiefer lag, was Küstenverläufe 10-30 km vor der heutigen Küstenlinie impliziert.
Der berühmte Fischreichtum hat ganz wesentlich mit Zonen zu tun, an denen kaltes, nährstoffreiches Wasser aufsteigt, und im Gegenzug Warmwasseverwirblung dem Tiefenwasser Sauerstoff zuführt. Dies geschieht u.a. am Kontinentalschelf, aber auch an seamounts bzw. hochaufragenden Inseln.
http://epic.awi.de/37314/20/OASIS_Seamount_Report.pdf
Anghängt ist eine Kartierung der heutigen Fischplätze galizischer Fischer. Man sieht sehr schön, daß tendenziell 40-50km bis an/ über den Rand des Kontinentalschelfs hinaus gefahren wird, weil dort der Fang am besten ist. Wo sich die grünen Punkte langschlängeln, liegt ein Tiefseecanyon, der westlich von einer Kette seamounts begrenzt wird. Beachte übrigens die gut sichtbare Fjordstruktur - in der Eiszeit wurde da vermutlich noch wenig gefischt, richtig los ging es erst später.
Angehängt sind noch ein paar mehr Karten:


  • Verbreitung von Thunfischen: Klassischer mediterraner "Brotfisch", als Raubfisch zudem Indikator dafür, wo sich Fischschwärme (Hering, Makrele) aufhalten. Man hat Thunfischen Sender angehängt und gemessen, wo sie sich so rumtreiben. Karte (a) zeigt die mit Brutgebiet im Westatlantik, (b) die aus dem Ostatlantik, (c) mit unbekanntem Brutgebiet, und (d) die west-östlichen Überschneidungen.
    https://www.registrelep-sararegistry.gc.ca/default.asp?lang=En&n=BDA1F68B-1
  • Ebenso Thunfische, hier mit zeitlicher Auflösung, so daß die Wanderung besser nachvollziehbar ist: Von der nordamerikanischen Küste mit der transatlantischen Strömung zu den Azoren, dort Zwischenmahlzeit, dann weiter Richtung Irland, und schließlich Überwinterung (oder von einem Fischer erwischt?) vor Madeira. Der Kontinentalschelf wird gemieden, da gibt es offensichtlich zu wenig Beute.
    Migration of Cod and Bluefin Tuna | Carr-Porter 2011-2012 GK-12
  • Dazu wäre atlantischer Lachs auf der Speisekarte. Der vermehrt sich bekanntlich in Süßwasser, das während der Eiszeit in Nordeuropa v.a. im festen Aggregatzustand vorkam. Die Routen dürften also deutlich südlicher verlaufen sein.
  • Schließlich noch Makrelen. Auch hier braucht man etwas Fantasie, um sich vorzustellen, was die während der Eiszeit und ohne Irische See und Englischen Kanal machten, aber ich hätte da schon eine Idee..
    Understanding the North East Atlantic Mackerel Fishery | An Irish Angler's World
Kabeljau habe ich leider nicht gefunden, aber auch so wird, denke ich, klar, was eiszeitliche Fischer dazu veranlaßt haben könnte, sich gelegentlich weiter von der Küste zu entfernen (und warum heute Küstenfischerei ertragsmäßig "peanuts" gegenüber Hochseefischerei ist). Mit Küstenfischerei allein, die ja auch durchaus eisganggefährdet ist, ist die Sippe nicht durch den Winter zu bringen. Es gilt, die großen Schwärme abzufischen und sie dabei, wenn es sein muss, auch weiter auf See hinaus zu verfolgen. Ob sich die Mutigen auch an Thunfische, Delphine und Haie rangetraut haben?
Wie auch immer, Schwärme und die sie verfolgenden Raubfische zogen sicher deutlich weiter südlich als heute (Thunfische mögen keine Wassertemperaturen unter 3°C). Ob die seamounts damals permanent besiedelt waren? Als Sommerbasis während der Fischsaison machen sie sich allemal prima, und da dürfte wohl die ganze Familie mitgekommen sein. Irgendwer muß den Fang ja auch ausnehmen und einsalzen/ dörren, außerdem gibts an Land im Frühling kaum was zu essen, wenn die Männer alle auf Fischfang sind. Wenn man den Gedanken weiterspinnt - für die ganze Familie, und den Wintervorrat Dörrfisch werden ganz ordentliche Boote gebraucht. So könnten schon während des Solutreans Madeira, die Kanaren, vielleicht auch Grand Meteor und die Azoren erreicht worden sein.
Jetzt "fast forward" zum Magdalenien: Erst die Warmzeit des Meiendorf-Interstadials. Gab Anlaß, den Siedlungsbereich kräftig nach Nordosten auszuweiten (schöne Studie dazu im Link). Nur, weils am Rhein so schön ist? Oder auch aus Populationsdruck?
http://www.researchgate.net/profile...ern_Europe/links/555892a608ae6943a87682fd.pdf
Dann kommt das Dryas, und es wird wieder bitter kalt. Zurück, marsch marsch, ans warme westliche Mittelmeer. Das hat sich dummerweise in der Zwischenzeit so 40m angehoben, die alten Siedlungsplätze sind geflutet. Jetzt dreht auch noch die transatlantische Strömung, und mit ihr natürlich die Fischwanderung. Lachs, Makrele und Co sind vermutlich ob des Kälteeinbruchs ebenso verwirrt wie die Menschen, und wissen auch nicht so richtig, wo sie sich hinwenden sollen. Statt lauer transalantischer Strömung herrscht nordwestlich von Irland jetzt Eisbergstau. Wo einst (und heute wieder) vor Grönland kalte, nährstoffreiche Tiefenströmung aufwallte und Lachse aus allen Flüssen rund um den Nordatlantik ernährte, wimmelt es nur so von kalbenden Gletschern, deren Schmelzwasser den Salzgehalt senkt. Und die Strömung, die früher zu den Kanaren zog, geht nun nach Westen auf die Azoren zu. Ich kenne keine Untersuchung dazu, welche Auswirkung diese Klimaänderung auf die maritime Fauna hatte, aber die Konsequenzen dürften ziemlich massiv gewesen sein, und ließen Küstenbewohner sicher nicht unberührt.
 

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