Bestrafung von Frauen im mittelalterlichen Frankreich durch fangen eines Huhnes?

Bukatitch

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Ich habe nun öfter gelesen, dass im mittelalterlichen Frankreich Frauen dadurch bestraft wurden, dass man sie zwang unbekleidet in der Stadt herumzurennen und ein Huhn zu fangen? Viel mehr Informationen aber nicht, obwohl ich auf deutschen und englischen Seiten nach Informationen gesucht habe.

Wissenswertes und Kurioses – Interessante Fakten über Frankreich | wissen.de

Folgende Fragen diesbezüglich stellen ich mir:
1.Für welche Straftaten wurden diese Frauen auf die Art bestraft?

2.In welcher Region b.z.w. Stadt in Frankreich kamen derartige Strafen vor?

3 In welchem Jahrhundert des Mittelalters fand dies statt?

4.Wie lief eine derartige Bestrafung ab? Wurde die Frau öffentlich zu dieser Strafe verurteilt und entkleidet? Was geschah nach dem Fangen des Huhns mit der Frau?

5.War die Frau bei der Strafe komplett unbekleidet oder wurde ihr gestattet gewisse Stellen des Körpers zu bedecken?

6.Welche Quellen gibt es hierfür?
 

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Habe dies auch schon mal gelesen.
Allerdings, meine diesbezüglichen Recherchen haben mich nicht weitergebracht.
Ich glaube (glaube!!!) aber, dies war eine Art Folter. Heute sagt man dazu wohl „Weiße Folter“.
Mal sehen ob sich eine hier im Forum eine Diskussion darüber entwickelt.
 
...in "Mord mit Aussicht" gibt es eine Folge mit mancherlei Späßchen über "nacktputzen" :D - von "nackt Hühner fangen" erfahre ich hier zum erstenmal und irgendwie kommt mir das sonderbar vor...
 
Man findet dies u.a. auf der Web-Site „Wissen.de“.
„Wissen.de“, eine Web-Site der „konradin Mediengruppe“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Konradin_Mediengruppe).

Und die Aussage bei „wissen.de“ (https://www.wissen.de/wissenswertes-und-kurioses-interessante-fakten-ueber-frankreich):

„Und zum Thema Mittelalter: Man mag es kaum glauben, aber die Franzosen hatten noch verrücktere Strafen als manch anderes Land. So wurden Frauen beispielsweise damit bestraft, dass man sie zwang, nackt in der Stadt herumzurennen und zu versuchen, ein Huhn zu fangen...“.
 
Von dieser speziellen Strafe, so es sie denn gab, habe ich noch nie gehört. Ich würde aber nicht ausschließen, dass es sie wirklich gegeben hat.

Die Schilderung erinnert sehr an die oftmals sehr regionalisierten Strafen zur Sozialdisziplinierung, die v.a. "zänkischen Weibern" auferlegt wurden (als Alternative zum bekannteren Prangerstehen).

Fast immer ging es dabei darum, dass die Betroffene sich eine Zeitlang mit als schändlich angesehenen Attributen öffentlich umherbewegen musste, z.B. von einem Stadttor zum anderen. Manchmal waren diese Attribute sehr speziell, wie die "Bautzener Flasche", manchmal war es auch ein lebendes Tier, in Freigericht z.B. einen Hund.

Wenn man die Frau gezwungen haben sollte, dies nackt zu tun, wäre das eine erhebliche Strafverschärfung gewesen. Ihre Existenz wäre unwiderruflich zerstört.
 
Dieses "Wissen.de" glänzt nicht eben mit Quellenangaben... aber dafür erhält man Kunde von einer zu Frankreich wegen Zauberei erhängten Kuh. Ich fürchte, es könnte blamabel enden, wenn man sich auf dieses "Wissen.de" beruft ;)
Es war bis in die Frühe Neuzeit üblich, Tiere als Rechtssubjekte wahrzunehmen und so manchem Nutztier wurde ein formaler Prozess nebst Sanktionierung gemacht, z. B. wenn es Menschen verletzt hatte. Daneben und später fanden häufig repräsentative Prozesse (mir fällt gerade keine bessere Bezeichnung dafür ein) statt. Stichwort " The trial of the cannibal dog".
https://france-amerique.com/fr/the-great-cat-massacre-histoire-francaise-revelee-par-les-americains/
https://en.m.wikipedia.org/wiki/The_Great_Cat_Massacre

Zur Ausgangsfrage hab ich auf die Schnelle keine Nachweise gefunden. Aus dem Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber erinnere ich mich aber an vergleichbare Gepflogenheiten (jemandem aufs Dach steigen). Stichworte sind hier Schandstrafen, Ehrenstrafen, Schamstrafen. Jörg Wettlaufer hat hierzu einiges veröffentlicht. Ggf. hat er auch Fälle nebst Belegen aus Frankreich.

Patrick O'Brian, Romane, aber sehr belesen, gibt ein paar ähnlich Sonderbarkeiten britischer Rechtspflege zum Besten: (In "The Mauritius Command") und hier seine Wiki-"Vorlage: https://en.m.wikipedia.org/wiki/Free_Bench
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Geschichte mit dem Huhn findet sich in zahlreichen französischen Büchern seit dem 19. Jh. bis heute. Die älteste Erwähnung, die ich fand, ist von 1819.
Beispiel: Dictionnaire de l'Ancien Régime (Anmerkung unten Seite 404)

Leider auch da ohne weitere Quellen- oder genaue Ortsangabe.

Es scheint sich nur in einem bestimmten Kanton des Lyonnais abgespielt zu haben und sei als Strafe bei Ehebruch verwendet worden. Der "Komplize" hätte während der Prozedur, ebenfalls nackt, Heu vom Boden sammeln und daraus ein Bündel anfertigen müssen.

Das trotabuntur nudi per villam, also das nackte Herumlaufen in der Stadt als Strafe bei Ehebruch soll sich in zahlreichen Schriften des 12.-14. Jh. befinden (ich habe es nicht nachgeprüft), meist als Ausweichmöglichkeit, falls die Geldstrafe nicht bezahlt werden konnte. Das mit dem Huhn wäre demnach eine lokale Besonderheit im 14. Jh. irgendwo in der Gegend von Lyon.
Louis XI soll diesem Treiben per Gesetze von 1463 und 1466 ein Ende gemacht haben.
 
Bereits im Jahr 1266 gewährten Amédée de Savoie und Sybille den Bewohnern Freiheitsrechte. Die Rindszungen waren den Herren von Sagy abzuliefern und an Steuern waren 4 Denier pro Toise des Hauses zu bezahlen. Die Lehensnehmer mussten ihren Herren lediglich während dreier Tage in den Krieg folgen, dafür bestand ein detaillierter Bussentarif: 3 Sous für einen Faustschlag, 5 für eine Ohrfeige und 60 Sous für einen Stockhieb… und ebenso viel für Ehebruch. Die Schuldigen konnten das Bußgeld vermeiden, indem sie trotabuntur nudi per Villam nackt durch die Straßen der Stadt rannten. Diese Strafe galt auch in anderen Gemeinden des Burgund. Teilweise durften die Frauen ein kurzes Hemd tragen, nicht jedoch in Sagy, wie 1396 bestätigt wird. Courtépée merkt dazu lakonisch an, dieser Brauch sei heute veraltet und obwohl ihn die Herren gerne wieder beleben würden, da er für sie vorteilhaft sei, hätten sie damit keinen Erfolg.
:D:D
aus https://de.wikipedia.org/wiki/Sagy_(Saône-et-Loire)#Geschichte
 
Bin gerade hier drüber gestolpert und muss sagen, ich hab gewusst, dass ROCKY nur so mit Fakten glänzt!
 
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