Die heutigen Bosniaken bilden eine eigene Ethnie innerhalb Bosniens und gehören zu den drei konstitutiven Völkern.
Diese ganze Frage bezüglich den Bosniaken, seit wann es diese Ethnie gibt und so weiter, ist meiner Meinung nach, ein bisschen absurd.
Denn wenn man diese Frage wirklich gelöst haben will, müsste man die Geschichte des Balkans außerhalb des Kontexts der Geschichte des osmanischen Reiches betrachten. Man müsste in Erwägung ziehen, wie sich die Völker im Bezug auf Selbstbewusstsein und eigenes Bewusstsein hin entwickelt hätten, wenn die Türken/Osmanen
nicht den Balkan besetzt hätten, und das ist also alles sehr sehr theoretisch und führt zu nichts.
Alles sehr politisiert, mittlerweile gibt es ja seit den 90ern drei neue Völker die ihre Nation bilden, und das hat noch lange nicht aufgehört, sprich, eventuell kommen noch ein paar andere hinzu.
Die heutigen Bosniaken stellen heute fast die Mehrheit der Bevölkerung in Bosnien, was ja gern vergessen oder übersehen wird ist, dass die muslimische Bevölkerung vor einem Jahrhundert gerade mal ein Drittel der Einwohner gestellt hat und längst nicht die "autochthone Bevölkerung" ist, die die heutigen bosniakischen Historiker gerne haben würden.
In meinen Augen ist das alles relativ konstruiert.
Zum einen beziehen sich diese Leute auf die Bogumilen, dann wieder auf die bosnischen Könige, und dann, wenns denn passt, auf die Illyrer und was weiß ich noch alles, nur um sich von der serbischen und kroatischen Geschichte abzugrenzen.
Das ist aber nicht möglich, weil die bosnischen Herrscher aus dem Mittelalter allesamt von serbischen und kroatischen Herrscherhäusern abstammen oder mit diesen verbandelt waren.
Bestes Beispiel, König Tvrtko, Inbegriff der von den Bosniaken alleinig beanspruchten Geschichte Bosniens inklusive der bosnischen Fleur de lis, war Abkömmling eines serbischen Herrscherhauses mit viel kroatischem und ungarischem Blut, um jetzt mal politisch unkorrekt zu sein:
Stjepan II. Kotromani? ? Wikipedia
Stefan Dragutin ? Wikipedia
Da sich die heutige orthodoxe Bevölkerung Bosniens als serbisch bezeichnet und die katholische als kroatisch, glaube ich, dass sich auch die Bosniaken, wären sie nicht konvertiert, in diese Richtung hin bewegt hätten, selbst wenn tatsächlich ein eigenes bosnisches Nationalbewusstsein bestanden hätte, welches ich aber bezweifle.
Weil ich einfach sage, dass die sprachlichen und kulturellen Bande einfach zu groß gewesen wären, als dass sich ein eigenes bosnisches Volk entwickelt hätte, trotz der zweifellos teilweise vom serbischen und kroatischen Königreich abgekoppelten Eigenheiten.
Mit dem was ich jetzt geschrieben habe, mache ich mich wohl zum größten Feind der Bosniaken, wenn das ein Bosniake liest, wird er mich als den schlimmsten Cetnik oder Ustascha bezeichnen, aber es ist nun mal meine Meinung.
Das heutige Bosnien ist ein Staat, der sich mit und aus der Geschichte gebildet hat, war in den letzten hundertfünfzig Jahren Schlachtfeld zwischen serbischem und kroatischem Nationalismus, die historische Anschauung der bosniakischen Politiker und Gelehrten kann ich aber im Endeffekt genauso bedingt teilen wie jene der kroatischen und natürlich serbischen.
Beispielsweise bezeichnet man auch die Bevölkerung des in Serbien sich befindenden Sandschak als Bosniaken, obwohl sich zwischen dem Sandschak und der bosnischen Grenze wiederum ein Gebiet befindet, welches großteils von ethnischen Serben bewohnt wird:
Sandschak Novi Pazar ? Wikipedia
Das heißt, die Moslems im Sandschak, an der kosovarisch-serbisch-montenegrinischen Grenze sind Bosniaken, während die nordwestlich davon und direkt an der bosnischen Grenze beheimateten Serben ethnische Serben sind?
Dann müssten auch diese Serben Bosniaken sein, und wir sind aber im engeren Serbien!
Ich möchte wohlgemerkt überhaupt nicht die bosniakische Identität der Bosniaken im Sandschak oder jene der Serben nordwestlich des Sandschak ankratzen, ich möchte nur ein Beispiel zeigen, wie irrational das ganze ist.
Gleich südöstlich davon befindet sich dann das Kosovo, wo es dann eine muslimische slawischsprachige Minderheit gibt, die sich dann aber nicht Bosniaken, sondern Goranen nennen, obwohl sie gerade mal 100km von der Grenze zum Sandschak entfernt leben.
Dann gibt es Moslems direkt unter dem Sandschak im nordmontenegrinischen Gebiet, und da kenne ich durchaus welche, die sich einfach als muslimische Montenegriner bezeichnen, obwohl ja die Montenegriner selber dann wieder zu unterteilen sind in jene, die sich als Serben sehen, knapp die Hälfte oder etwas drüber, und jene, die sich wieder als was Eigenes fühlen.
Ich persönlich weiß, dass es aufgrund der schlechten Erfahrungen mit Serben und in kleinerem Maße mit Kroaten durchaus einen Hang eines Teils der bosniakischen Bevölkerung zum Türkentum gibt, also sich selber als Türken zu bezeichnen, egal ob aus historischen Gründen oder der seit den Neunzigern ernstnehmenderen Praktizierung des eigenen Glaubens.
Dabei geht man dann soweit, nicht nur zu behauten, dass man Türke sei und von diesen abstamme, sondern, dass allgemein jeder am Balkan Türke sei, da ja der Balkan direkt von Türken regiert wurde, da kommt der diplomatische Begriff "osmanisches Reich" erst an zweiter Stelle.
Das gilt aber nicht für den Großteil, ist auch nur ein krasses Beispiel von einer Person, die praktisch alle männlichen Familienmitglieder in einem serbischen Massaker verloren hat. Natürlich sympathisieren die Bosniaken im selben Maße mit den Türken, wie die Serben mit den Russen, um ein Beispiel zu nennen.
Ich sehe, solange man mir nicht ein paar Fakten liefert, die mein Denken grundsätzlich ändern (was ja nicht unmöglich ist), keine historische Stetigkeit zwischen den Bewohnern Bosniens vor der Osmanenzeit und (nur) den Bosniaken die sich heute so selber definieren, vor allem nicht in jenem Bezug, der eine geschichtliche und völkische Abkopplung von den anderen westbalkanesischen Slawen weismachen will.
Und ja, ich musste das unbedingt loswerden und habe mich trotz wenig Zeit und Nerven neu angemeldet, Grüße an alle.