Hallo zusammen,
mir ist aufgefallen, dass ich ab dem 16. Jhdt. (ab Karl V.) immer wieder etwas von Botschaftern lese, im Mittelalter sind mir aber noch keine Botschafter - lediglich Boten, wenn auch als Vermittler und Friedensstifter durchaus höheren Ranges - begegnet. Was wisst ihr über die Entwicklung des Botschaftswesens, ab wann waren Botschafter ständige Vertreter am Hof des Nachbarn oder gar Gegners und wie stand es um die heute selbstverständliche Immunität des Botschafters gegenüber der Strafverfolgung im "Gastland"?
EQ
P.S.: Mir ist aufgefallen, dass Botschafter im 16. und 17. Jhdt. und Friedensmittler im Mittelalter häufig Bischöfe waren. Ist das die Regel?
Mein in #3 gesetzter Link hat mich nicht wirklich befriedigt, und so habe ich ein wenig gegooglt. Wirklich bemerkenswertes ist mir aber auch nicht in die Hände gefallen, so dass mir scheint, dass man wohl auf Einzelbeispiele zurückgreifen muss, um eine Antwort zu erhalten.
Wiki bleibt in allem allgemein:
"Der Wortsinn des Gesandten hat sich im Laufe der Zeit verändert. Früher war es Staaten unterhalb eines bestimmten weltpolitischen Ranges nicht gestattet, einen Botschafter zu entsenden. Sie bestimmten einen Gesandten, der dann der höchste diplomatische Vertreter dieses Landes im Empfangsstaat war. Das Missionsgebäude hieß in diesen Fällen nicht
Botschaft, sondern
Gesandtschaft.
Noch im 19. Jahrhundert war es ein Vorrecht der monarchistisch regierten Großmächte, Botschafter auszutauschen. Bei Beginn der Regierungszeit von
Königin Victoria hatte
Großbritannien Botschafter nur in
Wien,
St. Petersburg und
Konstantinopel. 1862 erhielt der Vertreter in
Berlin, 1876 in
Rom, 1877 in
Madrid und 1893 in
Washington Botschafterrang. Bis 1893 hatten die
USA dagegen keine Gesandten im Botschafterrang ernannt und waren auch nicht Empfangsstaat für diese.Später wurde diese Praxis auf die großen Republiken ausgedehnt.
Mit der Unterscheidung in Botschafter und Gesandte waren bedeutende protokollarische Ehren verbunden. Im 18. Jahrhundert war es am Hof von
Versailles üblich, dass Botschafter bei Gesprächen mit dem König sitzen und ihren Hut aufbehalten durften. Gesandte waren dagegen verpflichtet, den König stehend und mit unbedecktem Hut anzureden."
Gesandter ? Wikipedia
Oder:
"Diplomatische Rechte wurden in Europa in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts etabliert und haben sich seitdem in der ganzen Welt ausgebreitet."
Diplomatie ? Wikipedia
"Vier französische Diplomaten,
Bonnier d'Arco aus
Montpellier, vor der Revolution Präsident des dortigen Gerichts, der Rechtsanwalt
Jean Débry, der ehemalige Priester
Claude Roberjot und der Generalsekretär
Heinrich Karl Rosenstiel sollten während des preußisch-österreichisch-französischen Friedenskongresses in
Rastatt im Schutz der diplomatischen Immunität in
Deutschland Stimmung gegen
Österreich machen und Truppenbewegungen auskundschaften."
Rastatter Gesandtenmord ? Wikipedia
Damit ist zumindest klar, dass die Immunität zu der Zeit (1799) bestand.
Gesandte/Botschafter konnten Kirchenvertreter sei. Ob es die Regel war, glaube ich nicht.
Beispiel z.B. die Liste der Teilnehmer zum Westfälischen Frieden:
Westfälischer Friede ? Wikipedia
Ein Einzelbeispiel habe ich in der Biografie zu Maximilian I. gefunden:
Kaiser Maximilian I.: Das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit - Hermann Wiesflecker - Google Books (ab Seite 482)
"Während seiner 25 Regierungsjahre waren für Maximilian im Ganzen etwa 300 Gesandte unterwegs, darunter auch viele Italiener."
"Dem Kaiser fehlten die nötigen Mittel, an allen Höfen ständige Vetreter zu unterhalten. Nur in Rom bestellte er seit 1492 einen ständigen Gesandten, zunächst den Niederländer Philibert Naturelli, dann Luca de Renaldis, Constantn Areniti, Alberto Pio Carpi u.a. Aber auch aus Rom besitzen wir nur den einen und anderen Einzelbericht; regelmäßige Depeschen oder zusammenfassende Schlussrelationen nach Art der Venezianer kennen wir nicht. Von Luca de Renaldis wissen wir, dass er für seine Tätigkeit jährlich 500 Gulden empfing, was etwa der Entlohnung eines venezianischen Gesandten damaliger Zeit entsprach ... Zu wichtigeren Verhandlungen und Vetragsabschlüssen erschienen immer wieder kaiserliche Sondergesandte in der Ewigen Stadt: Reichsfürsten oder gar Kardinal Melchior von Brixen oder später zu wiederholten Malen Matthäus Lang. In solchen Fällen trat der ständige Gesandte natürlich hinter den Sondergesandten zurück."
Vllt. beantwortet das ein wenig deine Fragen.
Grüße
excideuil