Zuerst gab es natürlich der Britische Weltreich in China und somit musste es irgendwie funktioniert haben.
Da bringst du etwas durcheinander. In Indien fassten die Briten, in Form der East-India-Company bereits im 18. Jahrhundert Fuß. Das war noch nicht der britische Staat in Form einer Kronkolonie - zu einer solchen wurde Indien erst nach 1858, nachdem die Company liquidiert wurde - aber de facto hatten sich britische Akteure hier die Kontrolle über weitläufige Territorien bereits angeeignet, bevor es im 19. Jahrhundert im Gefolge der Opiumkriege mit der britischen Macht- und Kolonialpolitik in China richtig losging.
Auch funktionierte das in China nach einem deutlich anderen Modell, als in Indien, insofern sich die Briten in China bis auf Hongkong keine größeren Territorien direkt aneigneten, sondern hier sehr viel mehr über informelle Einflusszonen arbeiteten, als in Indien.
Und im Gegensatz zu Indien, waren sie in China auch nicht mehr oder minder konkurrenzlos oder jedenfalls spätestens seit dem beginnenden 20. Jahrhundert nicht mehr.
Es ist vielleicht etwas ungewohnt zu verstehen, was es mit der East-india-Company auf sich hatte, weil sie eben einerseits nicht das offizielle staatliche Großbritannien vertrat (das ist im Übrigen auch mit Kronkolonien so eine Sache gewesen*) sondern weil es sich die facto um eine private Firma in Form einer Monopolgesellschaft handelte, die aber de facto wie ein staatlicher Akteur handelte.
Tatsächlich war allerdings im Windschatten der East-India-Company auch immer der britische Staat in Indien zumindest in geringem Maße dadurch vertreten, dass zum einen die Company und ihre Akteure selbst dem britischen Recht unterfielen und somit zum Teil von London aus kontrolliert werden konnten und dadurch, dass es auch immer wieder präsenz regulärer britischer Truppen in Indien im Zusammenspiel mit der Company gab, da wird das Beziehungsgeflecht dann etwas kompliziert.
Etwa ein Arthur Wellesley, der dir wahrscheinlich eher unter seinem späteren Titel als "Duke of Wellington" und als Sieger von Waterloo bekannt sein dürfte, baute seine Militärkarriere unter anderem auf erfolgreichen Eisätzen bei den regulären britischen Truppen in Indien auf, namentlich durch die faktische Unterwerfung des Fürstenstaates Mysore und dadurch das Marathenreich als eigenständigen dominanten Machtfaktor im südlichen Indien weitgehend auszuschalten.
Dabei kamen die Gewinne erstmal vor allem der Company zu gute, der Feldzug zur Unterwerfung von Mysore lief allerdings wie gesagt, unter Beteiligung regulärer britischer Truppen, nebst Truppen der Company (Europäische, wie Indische) und verbündeter Truppen aus dem mit den Briten alliierten Fürstenstaat Hyderabad.
Tatsächlich ist es für den Kolonialismus vor dem 19. Jahrhundert durchaus typisch gewesen, dass er vor allem in der Phase der kolonialen Expansion weniger von staatlichen, als mehr von privaten Akteuren, oder allenfalls Privatiers mit einer staatlichen Genehmigung betrieben wurde.
Im Fall Britisch-Indiens gab es in der offiziellen britischen Politik sogar bis weit ins 19. Jahrhundert hinein immer wieder Widerstände gegen ein offiziell durch den britischen Staat stattfindendes Engagement in Indien, weil man die Verwaltungskosten einer so großen Kolonie fürchtete und daher das Modell informellen Einflusses und informeller Beziehungen, bzw. die Company als Medium britischer Herrschaft präferierte.
Zweifellos versuchten die Britischen Ostindien Kompanie lokale Herrscher unter ihren Einfluss zu bringen.
Aber was hatten sie zu bieten, damit sie Klienten/Vasallen/Kollaborateure der Briten wurden.
ggf. Waffen?
Seemacht und Kredite z.B.
Dadurch, dass die East-India-Company eine staatlich priviligierte Monopolfirma war, musste jeder in Großbritannien, der irgendwelche offiziellen und legalen Geschäfte in Indien selbst unternehmen wollte, dort investiert sein.
Damit zog die Company das gesamte britische Handelskapital in Richtung Indien (Gewürze, Tee, Teilweise Seide und sekundärer Zugang zu den Märkten in Ostasien und im indonesischen Archipel) an sich und konnte durchaus auch als Geldgeber fungieren und Akteure in Indien als Schuldner in Abhängigkeit bringen.
Die britische Seemacht, die immer eng mit dem Handel zusammenhing, spielte natürlich mindestens für die indischen Fürstenstaaten mit Meereszugang eine Rolle, denn selbst wenn die Company gerade nicht über die Mittel verfügte weitläufige Feldzüge ins Landesinnere zu führen., standen doch die Mittel zur Verfügung den Seehandel bestimmter Fürstenstaaten qua Blockade einfach mal zum erliegen zu bringen oder von See aus die Küstenorte zusammen zu schießen.
Das konnte für kleinere Fürsten, die finanzielle Probleme hatten ihre Truppen auszurüsten und zu unterhaltem um sich gegen die größeren Nachbarn behaupten zu können durchaus attraktiv sein.
Sowohl auf der wirtschaftlichen Ebene, als mitunter auch auf der Ebene militärischer Abschreckung, wenn der Akteur durch den sich das kleinere Fürstentum bedroht sah über traditionelle Handelsumschlagplätze verfügte, die für die britische Seemacht angreifbar waren.
Auch war die Anzahl von brit. Soldaten zu klein, um bei lokalen indischen Konflikten eine Rolle zu spielen.
Die Zahl tatsächlich britischer Soldaten war relativ gering, allerdings sollte man zum einen deren Schlagkraft nicht unterschätzen, weil die eben mit vergleichsweise modernen Musketen und Geschützen ausgerüstet und auf die in Europa gebräuchliche Linientaktik gedrillt waren.**
Und dann war die Company natürlich nie auf die Zahl der anwesenden britischen Soldaten reduziert.
Die East-India-Company warb stets einheimische, indische Truppen an, die dann nach europäischem Muster gedrillt und ausgerüstet wurden, also ebenfalls einen vergleichsweise hohen Kampfwert hatten.
Die indischen Kader wurden dann häufig dem Kommando aus Europa stammenden Offizieren im Dienst der Company unterstellt, und bildeten durchaus oft den größten Teil der Truppen die die Company zur Verfügung hatte.
Die britischen militärischen Möglichkeiten, was Landkonflikte in Indien angeht, bestanden also bereits im 18. Jahrhunder aus:
Europäischen Truppen der Company + Indische Company-Truppen + gegebenenfalls angeschlossene königliche Regimenter (relativ kleines Kontingent) + Hilfstruppen verbündeter indischer Fürstenstaaten + gegebenenfalls zusätzlich geworbener lokaler Söldner, die finanziellen Mittel der Company erlaubten das kurzfristige Anheuern zusätzlicher Truppen in der Regel.
Das alles zusammen war durchaus eine Macht und reichte durchaus hin, um in den Konflikten der Fürstenstaaten eine wichtige Rolle zu spielen. Schau dir da vielleicht die genannten Kampagnen unter Beteiligung Wellingtons gegen Mysore und die Marathen an.
Eine Beschreibung der Kampangen findest du unter anderem in "Wellington, a military life" von Gordon Corrigan (etwas ältere aber durchaus interessantes Werk, dass durchaus auch interessante Exkurse in die damaligen britischen Streitkräfte und ihr Funktionieren bietet).