Byzanz = Römisches Reich?

Der Anspruch war universal, auch wenn er später nicht durchgesetzt werden konnte. Vielleicht liest du hier noch einmal nach, wo der Autor Ralph-Johannes Lilie diesen universalen Anspruch beschreibt:

Einführung in die byzantinische ... - Google Bücher


Das von dir zitierte Exzerpt bestätigt doch nur Ravenik, und zwar darin, dass das "Problem" in der Forschung überbewertet wurde und in der damaligen Politik keine Rolle spielte, wie eben auch Lilie schreibt.

Wesentlich bedeutsamer aus byzantinischer Sicht war doch, dass der römische Bischoff sich erdreistete, einen Kaiser zu ernennen, was ihm nach oströmischen Selbstverständnis natürlich keinesfalls zustand.
 
Ich frage mich ohnehin, ob das "Zweikaiserproblem" von den Zeitgenossen schon als solches gesehen wurde oder nicht eher ein Konstrukt neuzeitlicher Historiker ist.

Der Begriff ist modernen Datums und soll die Problematik von universalem Anspruch und der Realität mehrerer Kaiser umschreiben. Dass die Politiker auf beiden Seiten diesen Anspruch diskutierten und in politische Münze umsetzten, zeigt der Friede von Aachen aus dem Jahr 812.

Frieden von Aachen (812) ? Wikipedia
 
Die beanspruchte Legitimation des Papstes zur Krönung eines Kaisers beruhte auf seiner Stellung (bzw. seinem Anspruch) als Stellvertreter Christi, pontifex maximus und Oberpriester der gesamten Christenheit. Machtpolitischer Hintergrund war selbstverständlich die Hegemonialstellung des fränkischen Königs sowie dessen Herrschaft über das langobardische regnum Italiae, die von Alkuin propagierte heilsgeschichtliche Begründung eines imperium christianum und die Bindung von Kaisertum und Papsttum.

Was hat es mit der "heilsgeschichtlichen Begründung eines imperium christianum" auf sich? Gab es da nicht eine Bibelstelle aus dem alten Testament?:S`
Sonst kenne ich den Begriff "roma eterna" aus dem heidnischen, augusteischen Zeitalter (Ovid?).
 
Ich frage mich ohnehin, ob das "Zweikaiserproblem" von den Zeitgenossen schon als solches gesehen wurde oder nicht eher ein Konstrukt neuzeitlicher Historiker ist.

Definitiv eher ein Konstrukt. Wie schon gesagt: Dass es zwei Kaiser gab war für die Menschen im Mittelalter eine Tatsache, die sich nicht wegleugnen ließ, die es aber auch nicht wert war, dass darum Kriege geführt wurden. Es gab schlicht und ergreifend zwei Kaiser, das Problem dabei war nur die gegenseitige Ehrerweisung. Wenn ein Kaiser den anderen bloß als König oder als "Kaiser der Griechen/Deutschen" tituliert hat, war der jeweils andere Kaiser brüskiert. Aber auch solche (meist bewussten) Provokationen fanden meistens vor dem Hintergrund bereits laufender Konflikte statt, die realpolitischer und pragmatischer Natur waren.
Ein Beispiel: Der Konflikt zwischen Barbarossa und Isaak II. im Laufe des Dritten Kreuzzugs. Aufgrund von Missverständnissen hatte Isaak die ursprüngliche Vereinbarung zwischen beiden Kaisern (die sich bei dieser Vereinbarung auch gegenseitig als Kaiser anerkannt hatten), dem Kreuzzugsheer einen Markt und Nahrungsmittel zur Verfügung zu stellen, nicht eingehalten. Dieser antwortete darauf mit Plünderungszügen auf byzantinischem Gebiet. Ein Konflikt war eskaliert. Bei den nun folgenden Verhanndlungen düpierte Isaak seinen Kollegen aus dem Westen, indem er ihm eben diesen Kollegenstatus aberkannte und ihn als "rex allemaniae" titulierte, womit er Barbarossas Ehre verletzte, was einen bereits laufenden Konflikt nur weiter zuspitzte. Das eigentliche Problem bestand aber mitnichten darin, dass die beiden ein Problem damit gehabt hätten, dass es neben ihnen einen zweiten Kaiser gegeben hat. Vor Kreuzzugsbeginn hatten sie ja ein gutes Verhältnis und sich gegenseitig respektvoll behandelt. Ich hoffe mich klar und verständlich ausgedrückt zu haben.
 
Was hat es mit der "heilsgeschichtlichen Begründung eines imperium christianum" auf sich? Gab es da nicht eine Bibelstelle aus dem alten Testament?:S`
Sonst kenne ich den Begriff "roma eterna" aus dem heidnischen, augusteischen Zeitalter (Ovid?).

Gemeint sind damit Alkuins Vorstellungen über ein christliches universales Kaiserum, das über das einstige Imperium Romanum hinausgehen solle. Dazu gibt es unter anderem zwei unterschiedliche Interpretationen moderner Historiker. Die eine geht von einer rein spirituellen Vorstellung des imperium christianum aus, die andere sieht vor allem einen politischen Zweck, der dem fränkischen Kaisertum Karls des Großen eine heilsgeschichtlich-christliche Legitimation und Basis geben sollte. Das lässt sich gut hier nachlesen (dort S. 9 f.):

http://www.boris-palmer.de/doku/Alkuin_und_Karl_der_Grosse.pdf
 
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