Cäsar und das Ende der Republik

aquilifer

Aktives Mitglied
Hej alle zusammen,
ich lese gerade von Helga Botermann, Althistorikerin in Göttingen, das Buch "Wie aus Galliern Römer wurden" (erschienen dieses Jahr im Klett-Cotta-Verlag), in dem sie den Romanisierungsprozess in der provincia transalpina resp. narbonensis analysiert.

Sie stellt dabei u.a. folgende These auf und begründet:
"Entgegen der weit verbreiteten Auffassung, das aristokratische Regiment sei zum Untergang verurteilt gewesen, bin ich überzeugt, daß es ohne Caesar auf unabsehbare Zeit hätte weiterexistieren können. Weder gab es unbesiegbare Feinde im Äußeren noch im Inneren eine Alternative. Caesar hat die Republik zerstört. Ohne den Sieg von Alesia wäre er dazu nicht imstande gewesen, denn eine Niederlage hätte er politisch nicht überlebt, wahrscheinlich nicht einmal physisch." (S. 113)

Die Begründung ist natürlich für sich gesehen richtig, aber unterschlägt Frau Botermann hier nicht einfach, dass die staatstragende Aristokratie, d.h. die nobiles, durch die bürgerkriegsähnlichen Zustände schon seit den Gracchen einem langsamen, aber sicheren Auflösungsprozess unterworfen war, der mit den Proscriptionen unter Sulla ein noch schärferes Ausmaß erhielt?
Natürlich versetzte der Bürgerkrieg Cäsars der Nobilität den finalen Dolchstoß, aber auch die Verschwörer der Iden des März, die seinerseits Cäsar im Irrglauben die Republik wiederherstellen zu können erdolchten, mussten ziemlich schnell die harte Realität ins Auge fassen: Es fehlte zunehmend an einer Basis, die dazu befähigt war, die anfallenden Aufgaben zu übernehmen; und das nicht erst nach dem Bürgerkrieg, meiner Meinung nach. Ist nicht eher Cäsar ein Anzeichen dafür, dass die staatstragenden Kräfte der Republik am Ende waren?

Wenn jemand etwas dazu weiß, es würde mich freuen und interessieren ;)
 
Ich weiß wohl dazu auch nicht viel mehr ... aber ich muss ehrlich sagen, dass für mich die römische Republik im Grunde gar nicht mehr existierte, als Caesar sie "beseitigte". Und wenn nicht Caesar es getan hätte, dann jemand anderes (Pompeius?). Es gab in der römischen Oberschicht keine breite Akzeptanz mehr für bestimmte Grundlagen der Republik - mehrfach schon hatte man die "Verfassung" der Republik gebrochen und ausgehöhlt.
Außerdem: Muss man nicht einen Unterschied machen zwischen "aristokratisches Regiment" und "Republik"?
 
Auf die schnelle und aus dem Stand geantwortet:
m.E. gibt es zwei Faktoren, welche die Republik ohne jeden Zweifel dem Untergang geweiht, und eine Reihe von Zuständen, die dies befürwortet haben.

Zu den Faktoren:
- Das bestehende soziale System Roms schrie geradezu danach, dass es in einem Pater Romae gipfelte. Irgendwann mußte es eine kleine Gruppe von Männern geben, denen ganz Rom klientisch angehörte. Und in der Tat, das Triumvirat aus Pompeius, Caesar und Crassus scheint genau diese Bedingung zu erfüllen. Die daraus entstehende Konkurrenz konnte gar nicht anders als zum Bürgerkrieg führen, und in der logischen Folge muß es einen, wenn auch nur zeitweiligen Gewinner geben. Daran ändert auch kaiserliche System nur wenig, aber doch so viel, dass es regelrechte Stabilität und Kontinuität vermittelt.

- Nach den Beispielen, welche die Gracchen ganz im Geiste der Republik zwar, aber doch eben auch für andere Charaktere lieferten, mußte ja den Ehrgeiz auf neue Bahnen lenken und neue Mittel aufwerfen.
Eine Schwachstelle der Republik wird sichtbar und, stoisch lahm, wie das sich auspendelnde republikanische System nun mal war, konnte nicht schnell genug (und über 5 Jahrzehnte sind eigentlich genug Zeit) durch Gesetze und Reformen abgedichtet werden.
So legten Männer, sei es Sulla, Marius, Catilina, Pompeius, Crassus, Pompeius, Octavian, Marcus Antonius mehr oder weniger erfrolgreich ihre Hände an die Macht. Brachiale Wege, wie die Sullas führten zu einer Sackgasse, und der scheinwahrende, diplomatische und sanfte Weg des Octavian zum Erfolg.

Eine offensichtliche Unvermeidbarkeit. Nicht Caesar war der erste, der die Grundfeste der Republik antastete oder gar zerstörte, er war wohl nur der schillernste und nicht mal der letzte.
Die Restiution der Republik unter Octavian, Augenwischerei die sie war, gab letztlich den Dolchstoß, der die Republik in Zukunft nicht mehr zulassen würde.
 
Es gibt ein wunderschönes Zitat (leider weiß ich gerade nicht mehr von wem - sorry): 'Wenn Caesar und Pompeius wie Sulla gehandelt hätten, hätten andere wie Caesar und Pompeius gehandelt.'
Die Republik war einfach nicht mehr lebensfähig.
 
tela schrieb:
Es gibt ein wunderschönes Zitat (leider weiß ich gerade nicht mehr von wem - sorry): 'Wenn Caesar und Pompeius wie Sulla gehandelt hätten, hätten andere wie Caesar und Pompeius gehandelt.'
Die Republik war einfach nicht mehr lebensfähig.


Ihr Unglück hatte schon Montesquieu beschrieben: "Wenn Cäsar und Pompeius wie Cato gedacht hätten, so würden andere wie Cäsar und Pompeius gedacht haben, und die einmal zum Untergang bestimmte Republik wäre durch eine andere Hand in den Abgrund gerissen worden."

http://www.tu-berlin.de/presse/ringvl/00_ss/vorlesungen.htm
 
Danke, das wars. Nicht ganz richtig von mir, aber auch nicht so richtig falsch...
 
Zurück
Oben