Caligula: Tyrann und Psychopat oder doch eher Reformer?

Also ich würde Domitian nicht in die gleiche Kategorie wie
Nero oder Commodus stellen.
Da denke ich eher an Elagabal, den Paradiesvogel der Caesaren.

Domitian würde ich eher mit Caracalla vergleichen. Es waren eher totalitäre Herrscher, die diesen Herrschaftsstil nun mal mit nicht gerade unbdenklichen Mitteln durchzusetzen wussten.

Bei Caligula weiss ich nicht so genau, ich muss mich mal die nächste Zeit intensiver mit seiner Biographie befassen, um mir eine gefestigtere Meinung zu bilden.

Octavianus, ebenfalls im Caesarnewahn befindlich (allerdings weniger Schaden anrichtend) :D
 
Caracalla war dann aber ein sehr brutaler Kaiser, der schon zuvor ausgesprochen kriminelle Neigungen gezeigt hatte. Er hasste seit seiner Jugend seinen Bruder Geta, der ihm bei einem Wagenrennen das Bein gebrochen hatte. Er begann seine Regentschaft mit dem größten Massaker der römischen Geschichte und ließ 20.000 Anhänger seines Bruders beseitigen.

Geta lockte er zu einer Besprechung in Anwesenheit ihrer Mutter, in deren Beisein er ermordet wurde. Dass er und die severischen Kinderkaiser trotzdem einigermaßen erfolgreich regierten, war viel eher das Verdienst von Caracallas Mutter Julia Domna und ihrer schwester Juliae Maesa, wie überhaupt die Frauen des Severerclans zu den bedeutendsten der Antike gehören.

Natürlich wünschte sich Caracalla kriegerische Lorbeeren, und im feldzug gegen die Juthungen war er sogar recht erfolgreich. Schließlich wandelte er in den Spuren Alexanders. Als ihm der Partherkönig seine Tochter als Gattin versagte, griff er das Partherreich an, wobei er die Legionäre mit makedonischer Tracht ausstaffierte. Der Feldzug scheiterte schließlich am gesunden Widerstand der Truppen, die Caracalla beim privatesten aller Geschäfte ermordeten.
 
Caligula - Tyrann oder Reformer?

Hallo,

die Geschichte Caligulas wurde oft behandelt, allerdings zeichnet sich hierbei ein durchweg negatives Bild des Kaisers ab. Hier stellt sich die Frage, kann durchweg gesagt werden, dass Caligula ein Tyrann war? Für die ersten Jahre seiner Regierungszeit trifft dies sicherlich nicht zu, da Caligula die Bescheidenheit seiner Vorgänger Augustus und Tiberius fortführte und sogar erweiterte. Allerdings findet sich ein Wendepunkt, in der Caligula seinen Umganng mit der römischen Aristokratie und Führungsschicht ändert. Er war es, der "doppelbödige Kommunikation" beendete, und die Senatsmitglieder als "Lügner" entlarvte. Der Machtverlust des Senates setzte sich in den weiteren Jahrhunderten fort, bis er bloß noch repräsentative Funktionen hatte. Man könnte die These aufstellen, dass ein Kaiser wie Caligula für die Etablierung eines "Kaisertums" unvermeidbar war. Was haltet Ihr von dieser These? Was ist Eure Meinung von Caligula? War er ein Tyrann oder ein Reformer?
 
Hallo,

die Geschichte Caligulas wurde oft behandelt, allerdings zeichnet sich hierbei ein durchweg negatives Bild des Kaisers ab. Hier stellt sich die Frage, kann durchweg gesagt werden, dass Caligula ein Tyrann war? Für die ersten Jahre seiner Regierungszeit trifft dies sicherlich nicht zu, da Caligula die Bescheidenheit seiner Vorgänger Augustus und Tiberius fortführte und sogar erweiterte. Allerdings findet sich ein Wendepunkt, in der Caligula seinen Umganng mit der römischen Aristokratie und Führungsschicht ändert. Er war es, der "doppelbödige Kommunikation" beendete, und die Senatsmitglieder als "Lügner" entlarvte. Der Machtverlust des Senates setzte sich in den weiteren Jahrhunderten fort, bis er bloß noch repräsentative Funktionen hatte. Man könnte die These aufstellen, dass ein Kaiser wie Caligula für die Etablierung eines "Kaisertums" unvermeidbar war. Was haltet Ihr von dieser These? Was ist Eure Meinung von Caligula? War er ein Tyrann oder ein Reformer?


Ich denke, dass sich das Kaisertum trotz solcher Typen wie Caligula etablierte und dass es für die Stärke des von Augustus etablierten Prinzipats sprach, dass es mühelos Typen wie Caligula, Nero und Commodus verkraftete und auch die Dynastie des Augustus überlebte.

Das System des Prinzipats war eine absolute Monarchie. Kein Senator oder Statthalter kam an den Kaiser ran, und es war dem Senat nicht wirklich möglich Politik gegen den Kaiser durchzusetzen. Doch der Senat war die traditionsreichste römische Körperschaft. Der Senat wollte zumindest gefragt werden, wollte an Entscheidungen zumindest dem anschein nach beteiligt werden. Der Senat überlebte jeden Kaiser (und Gegenkaiser) und der Senat musste einen neuen Kaiser anerkennen oder über einen gestürzten die Damnatio memoriae verhängen. Gelegentlich gingen auch immer wieder mal Caesaren aus dem ´Senat hervor. Wie es einem römischen Kaiser gelang, mit dem Senat auszukommen, war eine Frage des Fingerspitzengefühls, und letzlich ist sogar Domitian gescheitert, dem es gelang den Senat wirklich zu entmachten, im Gegensatz zu Nero und Caligula, die ihn lediglich terrorisierten.

Sicher haben senatorische geschichtsschreiber viele seiner Marotten übertrieben, und hinter seinen auf den ersten Blick völlig verrückt wirkenden Verrücktheiten steckte zumindest ein rationales Kalkül der Provokation und Brüskierung des Senats. Das macht aber auch noch kein festes Konzept aus, und Caligula ging es offenbar eher um den Genuss der Macht, und die Institution des Prinzipats war nach seinem Tod so dermaßen diskreditiert, dass man ernsthaft daran gehen wollte, die alte Republik wieder einzurichten, was allerdings nicht funktionierte, da die Prätorianer bereits einen eigenen Kandidaten, Claudius Caligulas Onkel, präsentierten.

Die Wiederherstellung der Republik sollte nach Neros Tod nie wieder zur Debatte stehen.
Ein Reformkonzept kann ich bei Caligula nicht ausmachen. Ihm fehlte jeder Sinn für die römische Tradition, und mit seinem Entwurf des Imperiums als hellenistisch- orientalische Erbmonarchie ist er gescheitert. Nero hingegen war sozusagen ein Popstar, doch er war im Gzu Caligula ein aufrichter Philhellene, weshalb ihm der griechische Osten ein positives andenken bewahrte.
 
Eine interessante Diskussion. Ich denke, man sollte berücksichtigen, daß Caligula erst der dritte Kaiser war. Das Spannende an der Entwicklung des Prinzipats ist doch, daß Augustus ein System nach der methode "trial and error" etablierte, daß auf seine Person zugeschnitten war. Schon Tiberius zeigte sich zunehmend von der Ausfüllung dieser Position überfordert, was seine Flucht nach Capri erklärt. Und als Gaius (Caligula) ziemlich unvorbereitet an die Macht kommt, ist er viel zu jung. Man darf trotz der Umwälzungen beim Zusammenbruch der Republik nicht vergessen, wie stark strukturiert die römische Gesellschaft ist, deren "Funktionieren" man ja erst in dem langen cursus honorem erlernte. All dies fehlte dem jungen Kaiser, und um ihm ein entwickeltes Reformprogramm attestieren zu können, hätte er mehr als seine vier Regierungsjahre haben müssen. Ich finde da die Ansätze bei Winterling sehr fruchtbar.
 
Ich denke, dass es ein wesentliches Problem von Domitian war, dass er es nicht schaffte eine Dynastie aufzubauen. Augustus hatte ja - trotz fehlender eigener Söhne - durchaus das Glück eine recht fruchtbare Familie zu besitzen, aus der reichlich Nachkommenschaft entsprungen ist, so dass man sich erst mal ein paar Jahrzehnte hindurch gegenseitig auslöschen konnte. Bei den Flaviern war es anders. Vespasian hatte zwei Söhne und die brachten keine Söhne bzw. keine die das Erwachsenenalter erreicht hätten. Der dynastische Rückhalt, den Augustus und das gesamte julisch-claudische Kaiserhaus aufweisen konnte, fehlte bei den Flaviern.
Das Problem an Domitian war wohl auch, dass er zu wenig als potentieller Nachfolger aufgebaut worden war. Er hatte - als er an die Macht kam - fast keine politische und militärische Erfahrungen sammeln können und sich in der politischen Öffentlichkeit auch nicht profilieren können, so dass ihm durchaus nachvollziehbar schon zu Beginn seiner Regierungszeit ein deutliches Profilierungs- und Akzeptanzproblem entgegengeweht sein dürfte.
 
Was Caligula angeht: Das Buch von Winterling habe ich gelesen und kann es nur jedem empfehlen, so wie ich seiner These eines kühl kalkulierenden Herrschers nur zustimmen kann. Als Kaiser war er nicht grausamer als Vorgänger und Nachfolger, von Wahnsinn im psychologischen Sinne ist bei Zeitgenossen (zu denen weder Cassius Dio noch Suten gehörten, sehr wohl aber Seneca und Philon) nie die Rede.
Ein festes Konzept kann ich übrigens schon erkennen, allerdings nur insofern als dass auch Caligula den Senat entmachten und eine Monarchie nach hellenistischem Vorbild errichten wollte, was beides aber wohl so unmöglich war wie die Wiederherstellung der ursprünglichen Republik. (Übrigens ist es schwierig von einer "Wiederherstellung" der Republik zu sprechen, da sie in den Augen der Zeitgenossen von Augustus ja wiederhergestellt worden war)
Das Prinzipat hatte sich innerhalb kürzester Zeit derart etabliert, dass es selbst Tiberius und Claudius, die dem Senat hohen Respekt entgegenbrachten und ihn sogar bewusst an der Macht teilhaben ließen, die "Freundlichkeit" nicht gedankt wurde. Beide wurden von der Geschichtsschreibung niedergemacht.
Von einer "absoluten Monarchie" zu sprechen ist in meinen Augen auch sehr überzogen. Eine derart durchstrukturierte Verwaltung wie zu Zeiten des Absolutismus, in die der Kaiser problemlos durchgreifen konnte, hatte es unter den julisch-claudischen Kaisern nicht gegeben. Historiker wie Fergus Millar gehen sogar von einem äußerst passiven Kaisertum aus, das auf Anfragen der Statthalter (die zur Hälfte vom Senat nach eigenem Gutdünken ernannt wurden) reagierte und sonst ausschließlich über Rom und Italien regierte, während die Provinzen und in diesen v. a. die Städte ein relativ hohes Maß an Selbstverwaltung genossen. Der Kaiser konnte nicht alles bestimmen, der Senat hatte ein höheres Mitspracherecht als man glauben möchte.

Was generell die "bösen" Kaiser angeht: Ja, Domitian ist tatsächlich etwas erfolgreicher gewesen als manch anderer, doch auch Caracalla hat Siege gegen äußere Feinde errungen und mit der Constitutio Antoniniana ein Gesetz von hoher Bedeutung erlassen; in Neros Regierungszeit fielen bedeutende Siege gegen die Parther, auch wenn er selbst nicht als Feldherr hervorgetreten ist; Caligula hat laut dem bereits erwähnten Aloys Winterling die Eroberung Britanniens durch Claudius vorbereitet. Jeder der "schlechten" Kaiser hat also seinen Beitrag zur Entwicklung des Reiches geleistet. Und die Schilderungen von Caracallas Bruderhass auf Geta beruhen auf Quellenaussagen bei Herodian und der Historia Augusta, die nich glaubwürdiger sind als ihre Kollegen aus dem vorhergehenden Jahrhundert (bzw. im Falle der Historia Augusta sogar noch deutlich unglaubwürdiger).
 
Was Caligula angeht: Das Buch von Winterling habe ich gelesen und kann es nur jedem empfehlen, so wie ich seiner These eines kühl kalkulierenden Herrschers nur zustimmen kann. Als Kaiser war er nicht grausamer als Vorgänger und Nachfolger, von Wahnsinn im psychologischen Sinne ist bei Zeitgenossen (zu denen weder Cassius Dio noch Suten gehörten, sehr wohl aber Seneca und Philon) nie die Rede.
Ein festes Konzept kann ich übrigens schon erkennen, allerdings nur insofern als dass auch Caligula den Senat entmachten und eine Monarchie nach hellenistischem Vorbild errichten wollte, was beides aber wohl so unmöglich war wie die Wiederherstellung der ursprünglichen Republik. (Übrigens ist es schwierig von einer "Wiederherstellung" der Republik zu sprechen, da sie in den Augen der Zeitgenossen von Augustus ja wiederhergestellt worden war)
Das Prinzipat hatte sich innerhalb kürzester Zeit derart etabliert, dass es selbst Tiberius und Claudius, die dem Senat hohen Respekt entgegenbrachten und ihn sogar bewusst an der Macht teilhaben ließen, die "Freundlichkeit" nicht gedankt wurde. Beide wurden von der Geschichtsschreibung niedergemacht.
Von einer "absoluten Monarchie" zu sprechen ist in meinen Augen auch sehr überzogen. Eine derart durchstrukturierte Verwaltung wie zu Zeiten des Absolutismus, in die der Kaiser problemlos durchgreifen konnte, hatte es unter den julisch-claudischen Kaisern nicht gegeben. Historiker wie Fergus Millar gehen sogar von einem äußerst passiven Kaisertum aus, das auf Anfragen der Statthalter (die zur Hälfte vom Senat nach eigenem Gutdünken ernannt wurden) reagierte und sonst ausschließlich über Rom und Italien regierte, während die Provinzen und in diesen v. a. die Städte ein relativ hohes Maß an Selbstverwaltung genossen. Der Kaiser konnte nicht alles bestimmen, der Senat hatte ein höheres Mitspracherecht als man glauben möchte.

Was generell die "bösen" Kaiser angeht: Ja, Domitian ist tatsächlich etwas erfolgreicher gewesen als manch anderer, doch auch Caracalla hat Siege gegen äußere Feinde errungen und mit der Constitutio Antoniniana ein Gesetz von hoher Bedeutung erlassen; in Neros Regierungszeit fielen bedeutende Siege gegen die Parther, auch wenn er selbst nicht als Feldherr hervorgetreten ist; Caligula hat laut dem bereits erwähnten Aloys Winterling die Eroberung Britanniens durch Claudius vorbereitet. Jeder der "schlechten" Kaiser hat also seinen Beitrag zur Entwicklung des Reiches geleistet. Und die Schilderungen von Caracallas Bruderhass auf Geta beruhen auf Quellenaussagen bei Herodian und der Historia Augusta, die nich glaubwürdiger sind als ihre Kollegen aus dem vorhergehenden Jahrhundert (bzw. im Falle der Historia Augusta sogar noch deutlich unglaubwürdiger).


Wenn doch Caligula gar nicht absolut, jedenfalls nicht so absolut wie er wollte, regieren konnte, wenn er doch den Senat brauchte, warum hat er dann diese Körperschaft permanent beleidigt und brüskiert, obwohl ihm eine andere Politik möglich war, obwohl Senat und Volk von Rom ihm reichlich Vorschusslorbeeren streuten? Als Urenkel des Augustus und des Antonius, als Enkel des Agrippa und Sohn des Germanicus hatte Caligula die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Regierung, zumal sich unter Tiberius ein großer Reformstau angesammelt hatte und Tiberius ihm sichere Provinzen und eine gut gefüllte Kasse hinterließ, die Caligula durch unsinnige Projekte verprasste, worauf er auf würdeloseste Erpressung zurückgriff. Selbstständige Aktenarbeit und administrative Aufgaben hat Caligula im Gegensatz zu Claudius nicht übernommen.

Eine Eroberung Britanniens hat schon Augustus in Erwägung gezogen. zwischen Südbritannien und Rom bestanden bereits Handels- und Klientelbeziehungen, als Claudius schließlich zur Invasion Britanniens aufbrach. Caligula hat sich in dieser Hinsicht wohl versucht, doch das Projekt war eher eine Farce, als Caligula den Soldaten befahl, Muscheln zu sammeln. Damit provozierte er ganz unnötig die Armee, ebenso wie er einen Aufstand der Juden provozierte, weil er durchaus sein Bild im Tempel aufstellen lassen wollte, was sein eigener General Petronius ablehnte. Dem römischen Volk erklärte er den Hunger und ließ die Getreidespeicher schließen, womit er sich selbst die plebs urbana zum Gegner machte, die Nero und Commodus vergötterte.

Caligulas Marotten und Projekte deuten für mich auf nichts weniger, als kühle Kalkulation hin- Vielmehr deuten sie auf einen überaus gewalttätigen Psychopathen hin, der wirklich kein einziges Fettnäpfchen ausließ, und den nur seine grotesken Gewalttaten und seine Macht davor bewahrten, sich vollends lächerlich zu machen.

Erstaunlich an Caligula finde ich vielmehr, dass es fast vier Jahre brauchte, bis sich wirkliche Opposition formierte und dieser Paradiesvogel ermordet wurde- was wiederum für die eher Stabilität des augusteischen Systems spricht, als für die Begabung Caligulas.

Nero war vielschichtiger, als sein Onkel und ein aufrichtiger Freund der griechischen Kultur, weshalb ihm der griechische Osten über den Tod hinaus Sympathie zollte, und mit der Krönung des Tiridates als König von Armenien konnte er zumindest in den Beziehungen zum Partherreich auf eine eigenständige Politik zurückblicken, während Caligula keines seiner Ziele verwirklichen konnte. Die Kassen waren leer, und das Ansehen der julisch- claudischen Dynastie befand sich nach seinem gewaltsamen Ableben auf einem Tiefpunkt.
 
Ich empfehle dir mal ein Buch: "Caligula" von Aloys Winterling. Diesem folge ich auch im folgenden Beitrag.

Winterling rekonstruiert v. a. aus inschriftlichen Quellen eine senatorische Verschwörung in der Zeit von 38/39 n. Chr. (so viel zum Thema, dass es vor 41 n. Chr. keine Opposition gegeben hätte), auf die Caligula anschließend mit dem Versuch der Errichtung einer meinetwegen "absoluten" Monarchie reagiert hat - und letztendlich gescheitert ist. In der Zeit vor dieser Verschwörung war er ja noch der "gute" Kaiser, so die historiographischen Quellen.

Bei der Sammlung von Muscheln handelt es sich um eine Anekdote, die ähnlich nett ist wie die vom senatorischen Pferd. Winterling interpretiert diese so, dass Caligula die Soldaten, die sich zum Angriff geweigert hätten, Muscheln sammeln ließ, um ihnen ihr feiges Verhalten vor Augen zu führen. Übrigens berichtet Sueton auch davon, dass Caligula seine Soldaten durch den Wald laufen und sich gegenseitig angreifen ließ, was ihn auch zur Diagnose einer Psychose trieb - und was wohl schlicht als eine militärische Übung anzusehen ist.

Wäre Caligula tatsächlich wahnsinnig gewesen, dann hätte man ihn weggesperrt, so wie man es zu allen Zeiten mit psychisch angeschlagenen Herrschern getan hat. Man hätte ihn nicht schalten und walten lassen, wie er gewollt hätte.

Inwiefern Nero "vielschichtiger" war als Caligula lässt sich heute sicher nicht mehr beurteilen, da man von ihren Charakterisierungen bei Sueton, Tacitus und Cassius Dio nicht auf den tatsächlichen Charakter schließen darf. Vor allem letztere beiden, die annalistische Werke geschrieben haben, verwenden literarische Stilmittel, um ihre Figuren zu zeichnen. Und in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei ihnen allen nicht um Zeitgenossen handelte, dürfte das sein Grund mehr sein, nicht von einer realitätsnahen Charakterisierung auszugehen.
Speziell zu Caligula gibt es ja noch zeitgenössische Quellen von Seneca, sowie v. a. Philo von Alexandria, der dem Kaiser sogar persönlich begegnet ist und von dieser Begegnung in seiner "legatio ad Gaium" spricht - wo von einer psychischen Erkrankung nirgends die Rede ist. Caligula mag auch dort als Unsympath erscheinen, aber nicht als Verrückter.
 
Nicht ganz: Caligula wollte das Pferd in den Senatorenstand erheben, nicht zum Konsul. Und ausgeführt hatte er den "Plan" letztlich auch nicht. Aber es wird wohl so gemeint gewesen sein, wie du es sagst.
 
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