Cassius Dio als Überlieferer älterer Quellen - seine Glaubwürdigkeit

Dass man Wege gangbar machen musste, sollte einigermaßen normal gewesen sein; so finden wir auch bei Tacitus Stellen, wo Germanicus Caecina vorausschickt, um den Legionen den Weg zu bereiten. Man sollte annehmen dürfen, dass die Legionäre in der Lage waren, relativ fix Bäume, die nicht zu umgehen waren, aus dem Weg zu räumen.

Der Sturm fand laut Cassius Dio während der Schlacht statt. Nich Tage oder Wochen davor.
 
Man sollte annehmen dürfen, dass die Legionäre in der Lage waren, relativ fix Bäume, die nicht zu umgehen waren, aus dem Weg zu räumen.
Umgestürzte Bäume bzw. "herabgefallene Baumkronen" sind schwieriger zu räumen als stehende Bäume. Je nach Gelände und Fallrichtung können Stamm und Äste durch Verkeilungen etc. unter enormer Spannung stehen. Wenn diese Spannung durch Sägearbeiten gelöst wird, ist die Verletzungsgefahr bei einer Kettensäge schon nicht unerheblich und mit einer Handsäge (für 2 Personen vermute ich) noch mal ungleich höher. So etwas hält enorm auf und/oder man hat viele Verletzte durch Baumarbeiten zu beklagen.
 
Dass man Wege gangbar machen musste, sollte einigermaßen normal gewesen sein; so finden wir auch bei Tacitus Stellen, wo Germanicus Caecina vorausschickt, um den Legionen den Weg zu bereiten. Man sollte annehmen dürfen, dass die Legionäre in der Lage waren, relativ fix Bäume, die nicht zu umgehen waren, aus dem Weg zu räumen.

Dass die Römer in der Lage gewesen sein sollten, den Weg frei zu räumen, will ich nicht in Abrede stellen. Aber der Sturm trat zum ersten Mal auf, als die Kolonne bereits im Waldgebirge war.

20. (3) Noch dazu wurde die Kolonne durch heftigen Regen und Sturmwind weiter auseinandergezogen; der Boden war an den Wurzeln und Enden der Stämme ziemlich schlüpfrig geworden, so daß sie immer wieder ausglitten; vom Sturm zerborstene Baumkronen stürzten auf sie nieder und brachten sie in Verwirrung.​

Das Räumen wird zumindest die Römer aufgehalten haben. Ob dann auch immer an den Stellen, an denen die Bäume fielen, gleich auch immer die nötige Manpower und Werkzeuge vorhanden waren, um den Weg freizuräumen, ist auch fraglich. Wenn man z. B. erst jemanden organisieren muß, der die Sägen von der zwei Kilometer weiter vorgerückten Truppe holt, um einen größeren Baum zu fällen, wird das auch seine Zeit brauchen. Zwischenzeitlich staut sich hinter dem Hindernis alles.

Der Sturm fand laut Cassius Dio während der Schlacht statt. Nich Tage oder Wochen davor.

CD berichtet von zwei Stürmen: zum einen den oben in 20. (3), zum anderen von einem weiteren:

Zunächst marschieren die Römer wieder in ein Waldgebiet.

21. (3) So brach der vierte Tag ihres Marsches an, und sie gerieten erneut in einen strömenden Regen mit heftigem Sturm, der sie nicht nur daran hinderte, vorzurücken oder einen festen Stand zu gewinnen, sondern auch den Gebrauch der Waffen nahezu unmöglich machte, denn sie konnten weder ihre Bogen noch ihre Wurfspeere oder auch nur ihre Schilde [S. 59] richtig verwenden, da diese Waffen völlig durchnäßt waren.​

Die andere Frage ist allerdings, wie glaubwürdig das Vorgehen ist. Denn gerade die vorhergehenden Erfahrungen hätten doch den Römern zeigen müssen, wie die Guerilla-Kampfweise in Waldgebieten der Germanen ihnen überlegen waren. Da wäre es doch angebracht gewesen, solche Gebiete zu meiden.
 
Die andere Frage ist allerdings, wie glaubwürdig das Vorgehen ist. Denn gerade die vorhergehenden Erfahrungen hätten doch den Römern zeigen müssen, wie die Guerilla-Kampfweise in Waldgebieten der Germanen ihnen überlegen waren. Da wäre es doch angebracht gewesen, solche Gebiete zu meiden.
Wenn man Cassius Dio schon verteidigt, wo er nicht vollkommen plausibel ist, dann sollte man sich doch an die plausiblen Dinge halten: Cassius Dios Darstellung zufolge hatte Arminius Varus auf eine bestimmte Route gelockt, mit der Angabe, dass es "in einem weit entfernten Gebiet" einen Aufstand gäbe. Hier wähnte sich Varus noch von Verbündeten umgeben. Einmal in dem Gebiet drin, hätte er nicht mehr die Chance gehabt, die Route zu wählen.

Wobei mir noch was auffällt. Das gilt natürlich nicht für alle Diskussionsteilnehmer. Aber teilweise sind (bzw. waren) es dieselben Leute, die glauben, dass die legolasgleichen Germanen bei Sturm durch den Wald tollten und die von Regen gebeutelten Römer pisackten, und mit Cassius Dio argumentieren, die Germanen seien ja leicht bewaffnet gewesen, die an anderer Stelle dann behaupten, dass man nur wenig germanische Ausrüstungsbestandteile gefunden habe, läge daran, dass die Germanen ebenfalls römisch gerüstet waren.
 
Wenn man Cassius Dio schon verteidigt, wo er nicht vollkommen plausibel ist, dann sollte man sich doch an die plausiblen Dinge halten: Cassius Dios Darstellung zufolge hatte Arminius Varus auf eine bestimmte Route gelockt, mit der Angabe, dass es "in einem weit entfernten Gebiet" einen Aufstand gäbe. Hier wähnte sich Varus noch von Verbündeten umgeben. Einmal in dem Gebiet drin, hätte er nicht mehr die Chance gehabt, die Route zu wählen.

Zumindest nach dem ersten Überfall hätte man doch vorgewarnt sein müssen, dass man sich in Feindesland befindet. Die Taktik der Germanen hatte auch schon kennengelernt: isolierte Teil der Kolonne mit zahlenmäßig überlegenen Kräfte anzugreifen und dann wieder schnell im Dickicht zu verschwinden (eine Art von "Hit & Run-Guerilla"). Deswegen erscheint es mir unklug, wieder durch einen Wald zu ziehen, in dem die Gefahr droht, dass die Marschkolonne punktuell mit zahlenmäßiger Überlegenheit des Feindes angegriffen wird, falls man diese Waldgebiete umgehen kann.

Wobei mir noch was auffällt. Das gilt natürlich nicht für alle Diskussionsteilnehmer. Aber teilweise sind (bzw. waren) es dieselben Leute, die glauben, dass die legolasgleichen Germanen bei Sturm durch den Wald tollten und die von Regen gebeutelten Römer pisackten, und mit Cassius Dio argumentieren, die Germanen seien ja leicht bewaffnet gewesen, die an anderer Stelle dann behaupten, dass man nur wenig germanische Ausrüstungsbestandteile gefunden habe, läge daran, dass die Germanen ebenfalls römisch gerüstet waren.

Hier wäre die Frage, was man unter "leichter Bewaffnung" verstehen kann (oder genauer, was CD darunter versteht). Nach dem, was er schreibt -

21.(3) So brach der vierte Tag ihres Marsches an, und sie gerieten erneut in einen strömenden Regen mit heftigem Sturm, der sie nicht nur daran hinderte, vorzurücken oder einen festen Stand zu gewinnen, sondern auch den Gebrauch der Waffen nahezu unmöglich machte, denn sie konnten weder ihre Bogen noch ihre Wurfspeere oder auch nur ihre Schilde [S. 59] richtig verwenden, da diese Waffen völlig durchnäßt waren. (4) Für die Feinde hingegen war die Nässe kaum ein Hindernis, da sie ja größtenteils leichtbewaffnet waren und so die Möglichkeit hatten, ohne Gefahr anzugreifen oder sich zurückzuziehen.​

- verstehe ich als "leiche Bewaffnung" also keine Bogen, Wurfspeere bzw. Schilde. Positiv heißt das Hieb- und Stichwaffen. (Warum man einen nassen Pilum nicht einsetzen kann, verstehe ich zwar nicht. Kann man ihn nicht werfen, weil der hölzerne Pilumschaft zu rutschig ist?) Hieb- und Stichwaffen hatten die Römer auch, deswegen vermute ich, dass wie schon oben gechrieben die Angriffe nur gegen zahlenmäßig unterlegene Teile der Kolonne durchgeführt wurden.
 
Diese schwierige Lage bezieht sich für mich zusammenfassend auf die vorherigen Sätze (1) bis (3)
Und in Satz (3), also unmittelbar vor Satz (4) kommt starker Regen und Sturm auf.
Diese schwierige Lage bezieht sich also auch und gerade auf den starken Regen und den Sturm.

(Sofern CD hier nicht irgendetwas aus seiner Phantasie hinzugefügt hat.)
Auch damit ist immer zu rechnen, vor allem wenn Topoi bedient werden. Das Wetter in Germanien ist ja grundsätzlich scheußlich, das "wusste" auch Tacitus. Entweder es ist feucht oder stürmisch, oder halt beides. Auch die Schluchten und Baumriesen wird Dio ohne weiteres vor seinem geistigen Auge gehabt haben, auch wenn sie nicht ausdrücklich in seiner Vorlage standen.
 
Und in Satz (3), also unmittelbar vor Satz (4) kommt starker Regen und Sturm auf.
Diese schwierige Lage bezieht sich also auch und gerade auf den starken Regen und den Sturm.

Mein Textverständnis ist natürlich auch nur subjektiv:

aber wenn ich die Beschreibung in den Sätzen (1) bis (3) lese, kann ich mir bildhaft vorstellen, wie die Kolonne sich auf schlecht oder gar nicht gangbaren Wegen durch das Waldgebirge wahrscheinlich noch mit Steigungen versucht vorwärts zu kommen. Dann noch Sturm und starker Regen, das wiederum dazu führt, dass durch herabstürzende Bäume und Äste Wege blockiert werden und wohl auch vor allem die Wagen im Matsch hängenbleiben. (Der Baumfall muß ja nicht während des Sturms erfolgt sein. Bei jedem stärkeren Sturm, die wir in den letzten Jahren gehabt haben, wurde ja immer wieder davor gewarnt, auch in den Tagen danach Waldstücke zu betreten, weil auch noch mit herabstürzenden Ästen zu rechnen sein wird.)

Also in kurz: ein kaum vorwärts kommender Treck Soldaten gemischt mit Zivilisten (und die auch nicht damit rechnen, dass sie in Feindesland sind), hängt im Matsch fest, Bäume blockieren den Weg.

Und das ist nach meinem Verständnis die schwierige Lage, in der die Germanen angreifen.


Auch damit ist immer zu rechnen, vor allem wenn Topoi bedient werden. Das Wetter in Germanien ist ja grundsätzlich scheußlich, das "wusste" auch Tacitus. Entweder es ist feucht oder stürmisch, oder halt beides. Auch die Schluchten und Baumriesen wird Dio ohne weiteres vor seinem geistigen Auge gehabt haben, auch wenn sie nicht ausdrücklich in seiner Vorlage standen.

ja, das sind sicherlich Topoi, aber es kann ja durchaus so gewesen sein, dass es wirklich regnete und stürmte.

Was in den Quellen von CD steht, wissen wir leider nicht, und auch nicht, wie gut diese Quellen waren (vielleicht werden die Quellen - vermutet werden doch die Germanenkriege von Plinius - noch in Herculaneum eines Tages als verkohlter Papyrus gefunden). Der Regen, die Gebirge, der Sturm können Sondergut von CD sein (oder auch nicht).
 
Mein Textverständnis ist natürlich auch nur subjektiv:

aber wenn ich die Beschreibung in den Sätzen (1) bis (3) lese, kann ich mir bildhaft vorstellen, [...]
Und so wie Du Dir etwas zusammenreimst, was so nicht in der Vorlage steht, wird sich auch Dio aus seinen Vorlagen etwas zusammengereimt haben.
Man merkt doch sein Bemühen, die Niederlage dem Leser irgendwie plausibel zu machen.
 
Zumindest kann man festhalten, dass vieles, was in diesem Forum gerne gegen Cassius Dio ins Feld geführt wird, um seine angebliche Unglaubwürdigkeit und angebliche Verstöße gegen die Naturgesetze zu untermauern, bei ihm so gar nicht steht.
Z. B. die Sache mit den herunterstürzenden Baumkronen, die angeblich nur die Römer treffen würden, nicht aber die Germanen. Diese herabfallenden Baumkronen spielen bei Cassius aber nur insofern eine Rolle als dass sie den Zug der Römer durcheinanderbrachten. Die Germanen hingegen versuchten nicht, sich in einer langen, möglichst geordneten, Marschkolonne den Weg zu bahnen.
Oder dass durch das Unwetter angeblich nur die Römer nicht mehr schießen konnten, die Germanen aber sehr wohl. Der Fernwaffeneinsatz beider Parteien wird jedoch zu unterschiedlichen Zeiten erwähnt: Zu Beginn der Schlacht wird erwähnt, dass die Germanen mit Fernwaffen angriffen. Erst zum Ende der mehrtägigen Schlacht wird erwähnt, dass die Römer ihre Fernwaffen kaum noch gebrauchen konnten. Ob die Germanen ihrerseits da noch Fernwaffen einsetzten, wird gar nicht gesagt, sondern sie werden nur als leichtbewaffnet bezeichnet.
 
bei ihm so gar nicht steht.
Z. B. die Sache mit den herunterstürzenden Baumkronen, die angeblich nur die Römer treffen würden, nicht aber die Germanen. Diese herabfallenden Baumkronen spielen bei Cassius aber nur insofern eine Rolle als dass sie den Zug der Römer durcheinanderbrachten. Die Germanen hingegen versuchten nicht, sich in einer langen, möglichst geordneten, Marschkolonne den Weg zu bahnen.
Wo waren die Germanen denn dann während des Sturms?

Oder dass durch das Unwetter angeblich nur die Römer nicht mehr schießen konnten, die Germanen aber sehr wohl. Der Fernwaffeneinsatz beider Parteien wird jedoch zu unterschiedlichen Zeiten erwähnt: Zu Beginn der Schlacht wird erwähnt, dass die Germanen mit Fernwaffen angriffen.

Inzwischen kam ein starker Regen und Sturm auf, was die Marschierenden weiterhin voneinander trennte und der Boden ... machte jeden Schritt schlüpfriger... Bruch und Sturz der der Baumwipfel sorgten für weitere Verwirrung. Mit solchen Schwierigkeiten hatten die Römer damals zu kämpfen, als die Barbaren, wegekundig wie sie waren, gerade durch die ärgsten Dickichte drangen und sie plötzlich von allen Seiten her umzingelten. Zuerst schossen sie nur aus der Ferne dann, als niemand sich wehrte ... rückten sie näher ... heran.
Also: es stürmt, Baumkronen krachen herunter. Da möchte man nicht im Wald sein. Aber trotzdem brechen plötzlich „aus dem ärgsten Dickicht“ die Germanen hervor, umzingeln die Römer und beschießen sie. Von römischer Gegenwehr ist keine Rede, im Ggt., es heißt ausdrücklich „als niemand sich wehrte“. Und das ist der erste Tag der Schlacht. An einem anderen Tag „stießen sie vielfach aufeinander oder gegen Bäume“.
 
Cassius behauptet eben nicht, dass die Römer von den Baumkronen erschlagen worden wären (und die Germanen nicht) oder Ähnliches, sondern dass sie den Zug durcheinanderbrachten. Es ist doch begreiflich, dass es das flüssige und geordnete Vorwärtskommen eines Zuges behindert, wenn allerhand Geäst auf den Weg geweht wird. Die lauernden Germanen waren davon nicht betroffen, weil sie nicht in einem langen Zug mitsamt Wagen zu marschieren hatten.

Am anderen Tag stießen die Römer auch nicht einfach so gegeneinander oder die Bäume (und die germanischen "Legolase" nicht), sondern bei dem Versuch, geordnete Formationen einzunehmen und so zum Angriff überzugehen (wie sie es gelernt hatten). Auch das ist begreiflich: Wenn man eine Formation einnehmen und so vorrücken will, sind Bäume und sonstige Hindernisse im Weg natürlich ein Problem. Die Germanen hatten dieses Problem nicht, weil sie nicht in geordneten geschlossenen Formationen angriffen.
 
Cassius behauptet eben nicht, dass die Römer von den Baumkronen erschlagen worden wären (und die Germanen nicht) oder Ähnliches, sondern dass sie den Zug durcheinanderbrachten. Es ist doch begreiflich, dass es das flüssige und geordnete Vorwärtskommen eines Zuges behindert, wenn allerhand Geäst auf den Weg geweht wird. Die lauernden Germanen waren davon nicht betroffen, weil sie nicht in einem langen Zug zu marschieren hatten.
Wie hat man sich das vorzustellen? Es stürmt, Baumkronen gehen nieder, bringen die Marschkolonne durcheinander, aber die Menschen bleiben unversehrt? Und die Germanen im Dickicht wurden von dem bäumebrechenden Sturm mitten im Wald nicht behelligt?


Am anderen Tag stießen die Römer auch nicht einfach so gegeneinander oder die Bäume (und die germanischen "Legolase" nicht), sondern bei dem Versuch, geordnete Formationen einzunehmen und so zum Angriff überzugehen (wie sie es gelernt hatten). Auch das ist begreiflich: Wenn man eine Formation einnehmen und so vorrücken will, sind Bäume und sonstige Hindernisse im Weg natürlich ein Problem. Die Germanen hatten dieses Problem nicht, weil sie nicht in geordneten geschlossenen Formationen angriffen.
Und die professionellen römischen Legionen mit zahlreichen altgedienten Veteranen hatten nie gelernt im Wald zu kämpfen?
 
Und die professionellen römischen Legionen mit zahlreichen altgedienten Veteranen hatten nie gelernt im Wald zu kämpfen?
Als aktiver Reenactor mit mittlerweile mehr als 10 Jahren "Dienstzeit" kann ich Dir sagen, als römischer Legionär kämpft es sich im Wald besch***. Ständig bleibt man mit dem Scutum am Unterholz oder mit dem Pilum an niedrig hängenden Asten hängen und muss aufpassen, dass man mit den genagelten Caligae nicht auf einer nassen Baumwurzel oder einem glitschigen Stein ausrutscht. An ein geordnetes Vorrücken in Formation ist da kaum zu denken. Zumindest hatte ich noch keine Formation, die nach mehr als ein paar Metern diesen Namen noch verdient gehabt hätte. Das beste, was man in so einer Situation machen kann, ist einen halbwegs geeigneten Standort suchen, dort eine geschlossene Verteidigungsformation aufbauen und den Gegner kommen lassen.
 
Wie hat man sich das vorzustellen? Es stürmt, Baumkronen gehen nieder, bringen die Marschkolonne durcheinander, aber die Menschen bleiben unversehrt? Und die Germanen im Dickicht wurden von dem bäumebrechenden Sturm mitten im Wald nicht behelligt?
Natürlich wurden auch Germanen vom Sturm behelligt – Cassius Dio schreibt: [sie] litten weniger unter dem Sturm. Und er sagt auch, warum sie weniger litten: Weil sie leichter (passiv) bewaffnet waren als die Römer. Was ist daran falsch oder unlogisch?
 
Wie hat man sich das vorzustellen? Es stürmt, Baumkronen gehen nieder, bringen die Marschkolonne durcheinander, aber die Menschen bleiben unversehrt?
Darüber schreibt Cassius nichts. Ihm geht es darum, dass die herabfallenden Baumkronen den Zug behindern.

Und die Germanen im Dickicht wurden von dem bäumebrechenden Sturm mitten im Wald nicht behelligt?
Ich kann mich nur wiederholen: Die lauernden Germanen hatten nicht in einem langen Zug mitsamt Wagen zu marschieren.

Und die professionellen römischen Legionen mit zahlreichen altgedienten Veteranen hatten nie gelernt im Wald zu kämpfen?
Ich wurde in meinen acht Monaten Wehrdienst weder für den Dschungel- noch für den Wüstenkrieg ausgebildet, nicht einmal für den Gebirgskrieg, obwohl es an Bergen in Österreich mehr als genug gibt.

Wald war jedenfalls nicht die Umgebung, die schwere Infanterie oder Kavallerie als Gefechtsumgebung wählten, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ. Die Ausrüstung ist dafür unpraktisch, Formationen lassen sich kaum bilden oder beim Vorrücken aufrechterhalten. (Der römische Legionär der frühen Kaiserzeit war ohnehin nicht als Einzelkämpfer, der selbstständig nach Gegnern sucht und sich mit ihnen duelliert, angelegt, sondern als Glied einer abgestimmten, durchorganisierten und einexerzierten Masse.) Soldaten werden aber primär für die Gefechtsbedingungen ausgebildet, unter denen sie voraussichtlich eingesetzt werden sollen. Also nein, ich glaube nicht, dass Waldkampf in der Ausbildung eine sonderliche Rolle spielte, wenn überhaupt.
 
Wald war jedenfalls nicht die Umgebung, die schwere Infanterie oder Kavallerie als Gefechtsumgebung wählten, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ.

Aber genau das macht die ganze Geschichte wieder unglaubwürdig.
Dass hier drei ganze Legionen, mit all ihren erfahrenen Offizieren, nahezu blind in ein undurchdringliches Waldgebiet marschieren, von dem sie wissen, dass sie dort kaum kämpfen können, wäre absolut hanebüchen.
Unabhängig davon, wie sehr man den "Verbündeten" vertraute.
Zudem wäre selbstverständlich zu erwarten, dass man eine Vorhut vorausschickte, die das Gelände erkundet, und Pioniere, die die Wege freiräumen.
Die Geschichte von den arglosen Römern, die hier ungeschickt durch den Wald tappsen passt wirklich eher zu Asterix.
 
An anderer Stelle - da sind wir wieder bei Physik - lässt er Caesar von einem Schiff ins Wasser stürzen. Caesar entledigt sich im Wasser seines Mantels und schwimmt an Land. So weit, so gut. Nun hat Caesar aber beim Sturz ins Wasser ein Schriftstück dabei und dieses bringt er trocken an Land. Caesar ist demnach beim Sturz ins Wasser nicht nur nicht eingetaucht, nein, er hat sich auch noch offensichtlich einhändig seines Mantels entledigt und ist einhändig an Land geschwommen, ohne dass das Dokument nass wurde.
[...]
Nur ist Cassius Dio eben ein Schwätzer, der das dürre Gerippe der Überlieferung regelmäßig und gerne wortreich ausgestaltet, und das zieht sich durch sein Gesamtwerk.
Das kannst Du nicht einseitig Cassius Dio anlasten. Diese Geschichte mit den über Wasser gehaltenen Papieren fand sich bereits bei Plutarch (Caesar 49) und Sueton (Caesar 64) (und wer weiß welchen verlorenen Quellen sonst noch). Cassius hat hier also das gemacht, was Du ihm gerne absprichst: Sich an die Überlieferung gehalten.
 
Natürlich wurden auch Germanen vom Sturm behelligt – Cassius Dio schreibt: [sie] litten weniger unter dem Sturm. Und er sagt auch, warum sie weniger litten: Weil sie leichter (passiv) bewaffnet waren als die Römer. Was ist daran falsch oder unlogisch?
Sie litten weniger an herabstürzenden Baumkronen?

Darüber schreibt Cassius nichts. Ihm geht es darum, dass die herabfallenden Baumkronen den Zug behindern.
Damit machst du dir die Antwort aber ein bisschen einfach.

Ich kann mich nur wiederholen: Die lauernden Germanen hatten nicht in einem langen Zug mitsamt Wagen zu marschieren.
Mir geht es da genauso, wie dir, auch ich kann mich nur wiederholen: Die Germanen befanden sich ausdrücklich in in demselben Sturm, in demselben Wald. Sie werden da auch nicht einzeln oder paar- sondern rottenweise herumgelaufen sein.
Wenn die Römer sich also mitten in einem bäumezersplitterndem Sturm im Wald befanden und die German sich in demselben bäumezersplitterndem Sturm in demselben Wald befanden - was muss man da für logische Schlussfolgerungen ziehen?

Ich wurde in meinen acht Monaten Wehrdienst weder für den Dschungel- noch für den Wüstenkrieg ausgebildet, nicht einmal für den Gebirgskrieg, obwohl es an Bergen in Österreich mehr als genug gibt.
Acht Monate Wehrdienst um die Jahrtausendwende in einer europäischen Friedensperiode sind schwerlich mit vieljährige nicht Dienstzeiten zu vergleichen.

Wald war jedenfalls nicht die Umgebung, die schwere Infanterie oder Kavallerie als Gefechtsumgebung wählten, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ.
Das sagt ja auch niemand. Wenn die Römer aber nur offene Feldschlacht konnten und sonst derart unflexibel waren, dann muss man sich schon über ihren Erfolg wundern.


Das kannst Du nicht einseitig Cassius Dio anlasten. Diese Geschichte mit den über Wasser gehaltenen Papieren fand sich bereits bei Plutarch (Caesar 49) und Sueton (Caesar 64) (und wer weiß welchen verlorenen Quellen sonst noch). Cassius hat hier also das gemacht, was Du ihm gerne absprichst: Sich an die Überlieferung gehalten.
Aber du gibst zu, dass dieses Histörchen in der überlieferten unplausibel ist?
 
Die Germanen befanden sich ausdrücklich in in demselben Sturm, in demselben Wald. Sie werden da auch nicht einzeln oder paar- sondern rottenweise herumgelaufen sein.
Auch wenn ich hier wieder nur auf meine "Expertise" aus acht Monaten Wehrdienst verweisen kann: Es macht einen ganz enormen Unterschied, ob man in ungünstigem Gelände in lockeren Gruppen unterwegs ist oder in einem geschlossenen Zug. Außerdem werden die Germanen nicht auch noch Wagen dabei gehabt haben.

Aber genau das macht die ganze Geschichte wieder unglaubwürdig.
Dass hier drei ganze Legionen, mit all ihren erfahrenen Offizieren, nahezu blind in ein undurchdringliches Waldgebiet marschieren, von dem sie wissen, dass sie dort kaum kämpfen können, wäre absolut hanebüchen.
Unabhängig davon, wie sehr man den "Verbündeten" vertraute.
Zudem wäre selbstverständlich zu erwarten, dass man eine Vorhut vorausschickte, die das Gelände erkundet, und Pioniere, die die Wege freiräumen.
Die Geschichte von den arglosen Römern, die hier ungeschickt durch den Wald tappsen passt wirklich eher zu Asterix.
Dazu verweise ich wieder einmal auf die vergleichbare Schlacht, in der 216 v. Chr. der Praetor und designierte Konsul Lucius Postumius Albinus mit seinem Heer von Galliern vernichtet wurde, als er mit zwei Legionen + Bundesgenossen, insgesamt 25.000 Mann, durch den Litana-Wald zog. Und das, obwohl die norditalienischen Gallier seit Jahren aufständisch waren. Da hatte Varus vergleichsweise weniger Grund, sich vor einem Überfall zu fürchten.
Auch sonst marschierten die Römer immer wieder durch Gegenden, bei denen sich herausstellte, dass das nicht so klug war, z. B. durch die Caudinischen Pässe, wo sie von den Samniten eingeschlossen wurden, oder an der Engstelle zwischen Trasimenischem See und einem angrenzenden Hügelzug, wo sie von den Karthagern eingeschlossen wurden. Auch in diesen Fällen versagte die Aufklärung oder wurde gar nicht erst betrieben, weil man nicht mit einer Gefahr rechnete (obwohl man sich in beiden Fällen im Krieg befand, was bei Varus nicht der Fall war). Hinterher ist man immer klüger.
Gäbe es immer misstrauische Offiziere + eine funktionierende Aufklärung, dürfte eigentlich nie ein Heer in einen Hinterhalt geraten. Die Kriegsgeschichte zeigt anderes.
 
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