Das Haltern Kalkriese Dilemma

Das wäre eine Kombination der Schilderung des Frontinus (Reliqui ex Variana clade) und der Schilderung von Cassius Dio, der von einer Lagerbesatzung bzw. -bevölkerung spricht: Alle Lager wurden gestürmt bis auf eines... die Insassen warteten eine stürmische Nacht ab und flohen... Frauen und Kinder konnten nicht mithalten und gerieten in Panik, das machte die Belagerer auf die Absetzbewegung aufmerksam.
 
Die Frage ist, ob diese Annahme stimmt.
Bei den Frauen und Kindern muss es sich nicht zwingend um Überlebende aus der Varus-Schlacht gehandelt haben.

Richtig!

Bei den nach Aliso geflüchteten Frauen und Kindern mag es sich um Angehörige von römischen Beamten oder Kaufleuten oder von romfreundlichen Germanen gehandelt haben. Vielleicht liegt noch irgendwo in der westfälischen Ebene die ein oder andere neu gegründete römische Siedlung (wie Waldgirmes), deren Einwohner nach dem Beginn des Aufstandes flüchteten mußten.
 
Wahrscheinlich ist eher, dass es sich um die Bevölkerung der lagereigenen canaba handelte. (Lagereigen nicht im juristischen Sinne.)
 
Ich finde beispielsweise viel plausibler, dass die im Ofen verscharrten Personen persönliche Sklaven des Varus oder eines Offiziers der 19. waren. Denn Varus befehligte die 19. Legion beim Alpenfeldzug 15 v. Chr. Im Lager Dangstetten im Südschwarzwald ist die Anwesenheit der von Varus befehligten 19. Legion, zumindestens ihrer ersten Kohorte nachgewiesen.

Ich teile diese Ansicht. Zuerst: Der Tonofen war in der Nähe eines Tores. Daher erscheint es in der Tat, als wären Germanen reingestürmt, abgeknallt und dort entsorgt worden. Aber die DNA-Ergebnisse widersprechen diese These mehr als erwünscht. Haltern gab es schon lange, so lange, dass "der einst militärische Komplex zu einer zivilen Stadt mit Marktplätze sich entwickelt hatte". D.h. auch, die Personen aus der näheren Umgebung sind nicht zwingend ein Beleg für feindliche Germanen. Diese Leichen können durchaus Sklaven oder Auxiliarsoldaten gewesen sein. Die Süddeutschen sind wirklich ein Problem, man kriegt sie nicht zwingend mit Germania Magna zusammen, wo die wichtigsten Krieger herkamen. Würde das stimmen, was die Hauptthese ist, wäre ja bewiesen, dass Marbod und die Nemeter (Befreier von Varussoldaten) gemeinsame Sache mit Arminius getan hätten. Das wirkt sehr absurd.

Die Leichen müssen von denen entsorgt worden sein, die aus hygienischen Gründen ein Gewinn erkannt haben, d.h. von den Bewohner, also höchstwahrscheinlich Römer. Ich habe nie verstanden, woher der Lagerpräfekt Caedicius plötzlich Kriegsgefangene her hatte, weil diejene, mit Pfeilen - wie die Befunden in Halter zeigen höchstwahrscheinlich Geschützpfeilen - in Distanz gehalten hätten. Aber gut, dachte man, im Wirren des Krieges ist so einiges möglich. Das wäre schon der Hammer, wenn Caedicius seine eigenen Germanen die Hände abgehackt hätte. Ist sowas bei diesen Leichen bekannt?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich verbinde das Wort mit Feuerwaffen, die es vor dem 16. Jhdt. nicht gab.

Aber die DNA-Ergebnisse widersprechen diese These mehr als erwünscht.
Leider enthältst du uns eine Erklärung dafür vor. Drück dich mal klarer aus. Welcher These widersprechen die DNA-Ergebnisse und wieso?

Haltern gab es schon lange, so lange, dass "der einst militärische Komplex zu einer zivilen Stadt mit Marktplätze sich entwickelt hatte".
Woher nimmst du das Zitat?

Die Nemeter werden - in Bezug auf die Ereignisse rund um die Varusschlacht - erwähnt, dass sie vierzig Jahre nach der Varusschlacht noch Gefangene aus dieser bei den Chattem befreien. Also Greise. Mit den Haltener Ereignissen haben sie nichts zu tun.

Das wäre schon der Hammer, wenn Caedicius seine eigenen Germanen die Hände abgehackt hätte. Ist sowas bei diesen Leichen bekannt?

Die, denen er angeblich die Hände abgehackt haben soll, waren die, die er zu den Germanen schickte, damit diese den Germanen von den vollen Speichern berichteten. Es wäre unsinnig, diese als in den Öfen gelandet anzunehmen.
 
Die Süddeutschen sind wirklich ein Problem, man kriegt sie nicht zwingend mit Germania Magna zusammen, wo die wichtigsten Krieger herkamen. Würde das stimmen, was die Hauptthese ist, wäre ja bewiesen, dass Marbod und die Nemeter (Befreier von Varussoldaten) gemeinsame Sache mit Arminius getan hätten. Das wirkt sehr absurd.

Zunächst einmal wissen wir ja, dass Stämme keine politischen Einheiten waren, die immer gleich handelten. In denselben Jahren, in denen Vangionen und Nemeter die letzten Gefangenen aus der Varusschlacht befreiten, baten die Cherusker die Römer angeblich darum, ihnen einen König zu geben: Italicus, den Sohn des Flavus und Neffen des Arminius. Flavus und Arminius wären sich 16 an der Weser angeblich beinahe an die Gurgel gegangen, wenn nicht ihre jeweiligen Vertrauten sie davon abgehalten hätten in den Fluß zu springen. Ob die Szene jetzt so stimmt oder nicht, sei dahingestellt, aber nur weil die Nemeter um das Jahr 50 Hilfstruppen stellten (Isdem temporibus in superiore Germania trepidatum adventu Chattorum latrocinia agitantium. dein P. Pomponius legatus auxiliaris Vangionas ac Nemetas, addito equite alario, [immittit>, monitos ut anteirent populatores vel dilapsis improvisi circumfunderentur. et secuta consilium ducis industria militum, divisique in duo agmina, qui laevum iter petiverant recens reversos praedaque per luxum usos et somno gravis circumvenere. aucta laetitia quod quosdam e clade Variana quadragesimum post annum servitio exemerant.) kann man daraus keine Schlüsse darüber ziehen, wie der Stamm 9/15/16 politisch aufgestellt war, als sich die Dinge um Haltern ereigneten.
Und für die Schlacht bei Idistaviso überliefert derselbe Autor, dass der blutverschmierte Arminius deshalb entkam, weil die zum römischen Heeresverband gehörigen Chauken ihn absichtlich entlaufen ließen, obwohl sie ihn erkannt hatten.
 
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