Das Römische Schulsystem

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Gast
Frage von Micno :

Wie war das römische Schulsystem

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Antwort von Apollon :

http://www.antikenforum.de/Roemer/schreibe.htm

Wie einige Wissenschaftler herausgestellt haben war die Analphabetenrate in Rom (glanzzeit Roma) verschwindend gering. Nicht ein Mal die Industrieländer zur Kolonialzeit konnten eine so gute Bildung des Nachwuchses vorweißen.


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Antwort von Stefan :

Apollon hat Recht, wenngleich sich die "Fächer" nicht so mit den heutigen vergleichen lassen: Man unterrichtete v. a. Rhetorik (der Grundstein aller polit. Staatskunst), Griechisch, Mathematik etc. Die höhere Schule war jedoch das Privileg der Reichen. Dennoch war Schulbildung wirklich einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich, es war sogar möglich Sklaven zur Schule zu schicken, z. B. als Gegenleistung für irgendwelche Dienste. Dies bezog sich dann aber v. a. auf Lesen und Schreiben. Die Analphabetenrate im Imp. Romanum war vergleichsweise gering.
Beachtenswert ist, dass in Rom bereits um 450 v. Chr. eine eigene Schule für Mädchen (der Oberschicht) eingerichtet wurde.
 
Wie weit ist denn das römische Hochschulsystem denn differenziert worden? Ich lese in erster Linie etwas von Rhethorikschulen für Juristen, dann auch noch etwas von Hochschulen für Mediziner. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß es nicht auch Ingenieurhochschulen gab: im Römischen Reich entstanden ja Bauwerke, die in ihrer technischen Ausführung erst wieder in der Neuzeit erreicht und übertroffen worden sind. Ich glaube nicht, daß man aufs geradewohl Aquädukte, Thermen, Tempel gebaut hat. Da müssen doch umfangreiche statische Berechnungen vorangegangen sein. Auch in den Naturwissenschaften, mit denen sich ja z. B. Plinius und Varro beschäftigt haben, müßte es doch Hochschulen gegeben haben. Das wird ja nicht nur das Steckenpferd einiger reicher Römer gewesen sein, die dies autodidaktisch in ihrer Freizeit unternommen haben.
 
Wie einige Wissenschaftler herausgestellt haben war die Analphabetenrate in Rom (glanzzeit Roma) verschwindend gering. Nicht ein Mal die Industrieländer zur Kolonialzeit konnten eine so gute Bildung des Nachwuchses vorweißen.
Der Gast hat vor sechs Jahren leider keine Quellen für seine Darstellung genannt. Tatsache ist, dass man nichts Genaues weiss - dies ist auch der Tenor der ziemlich neuen Rom-Geschichte von Kolb. [1]

Wie weit ist denn das römische Hochschulsystem denn differenziert worden?
"Hochschulsystem", das sind nach Marrou [2] die Einrichtungen, die der junge Römer etwa vom 15./16. bis zum 20. Lebensjahr, ggf. auch darüber hinaus, besucht. Vom Alter her ist es mehr eine berufliche Oberstufe...

Hauptform des Studiums ist, wie gesagt, Rhetorik. Philosophie und Medizin kommen später dazu. Wichtigste Innovation ist das rechtswissenschaftliche Studium.

Was den von Dir angesprochenen technischen Bereich betrifft, so vermute ich, dass er nicht Gegenstand der Lehre auf den "Hochschulen" war. Ich habe zwei Beiträge von Burkhard Meissner bei Google durchblättert [3] und keinen anderslautenden Hinweis gefunden. Aber vielleicht findet sich ja noch ein Experte.


[1] Rom: die Geschichte der Stadt in der ... - Google Bücher
[2] Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum. München (dtv) 1977, S. 491, 521-533
[3] Antike Fachschriftsteller ... - Google Bücher ; Die technologische Fachliteratur der ... - Google Bücher
 
"Technische Hochschulen"? Davon wäre uns was überliefert. Das, was meines Wissens nach einer solchen TH am nächsten kam waren die "Think Tanks" des Dionysios I bzw. Hieron II. von Syrakus; staatlich geförderte Gelehrte, die eigentlich nichts anderes machen mussten als Erfinden. Wie alle Techniker und Künstler (Identität des Begriffs bei den Griechen nb.) hatten diese Leute viele Schüler, welche das Wissen verbreiteten.
Ein weiteres "Silicon Valley" muss es in Alexandria gegeben haben, aber nicht unbedingt in Identität mit der Bibliothek. Solche Leute wie Heron oder Eratosthenes oder (spät dann) Hypatia waren umfassend gebildet und lehrten auch umfassend.

Nicht zuallerletzt, vielleicht sogar auf den ersten Plätzen bei den Römern muss man das Militär sehen: Vitruv, berühmter Architekt, baute zuallerersteinmal Geschütze; die Geschütze der Legionen waren zerlegbar, transportabel und mussten von Fachpersonal wieder montiert werden, die mehr davon wissen mussten als Teil A auf Teil B zu stecken: das weist alles auf eine militärimmanente Ausbildung hin, die man auch für zivile Ziele perfekt gebrauchen konnte (z. B. Aquaedukt- und Strassenbau). So gesehen haben die Hochschulen der Armeen evtl. eine längere Tradition als die zivilen Universitäten … aber gerade das geht ihnen ja eigentlich ab, auch wenn sie sich heute so nennen: Universitas, das allen Seiten zugewendet sein.
 
Wie einige Wissenschaftler herausgestellt haben war die Analphabetenrate in Rom (glanzzeit Roma) verschwindend gering. Nicht ein Mal die Industrieländer zur Kolonialzeit konnten eine so gute Bildung des Nachwuchses vorweißen.


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Die höhere Schule war jedoch das Privileg der Reichen. Dennoch war Schulbildung wirklich einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich, es war sogar möglich Sklaven zur Schule zu schicken, z. B. als Gegenleistung für irgendwelche Dienste. Dies bezog sich dann aber v. a. auf Lesen und Schreiben. Die Analphabetenrate im Imp. Romanum war vergleichsweise gering.
Beachtenswert ist, dass in Rom bereits um 450 v. Chr. eine eigene Schule für Mädchen (der Oberschicht) eingerichtet wurde.

Der Gast hat vor sechs Jahren leider keine Quellen für seine Darstellung genannt. Tatsache ist, dass man nichts Genaues weiss - dies ist auch der Tenor der ziemlich neuen Rom-Geschichte von Kolb. [1]


"Hochschulsystem", das sind nach Marrou [2] die Einrichtungen, die der junge Römer etwa vom 15./16. bis zum 20. Lebensjahr, ggf. auch darüber hinaus, besucht. Vom Alter her ist es mehr eine berufliche Oberstufe...

Hauptform des Studiums ist, wie gesagt, Rhetorik. Philosophie und Medizin kommen später dazu. Wichtigste Innovation ist das rechtswissenschaftliche Studium.

Was den von Dir angesprochenen technischen Bereich betrifft, so vermute ich, dass er nicht Gegenstand der Lehre auf den "Hochschulen" war. Ich habe zwei Beiträge von Burkhard Meissner bei Google durchblättert [3] und keinen anderslautenden Hinweis gefunden. Aber vielleicht findet sich ja noch ein Experte.


[1] Rom: die Geschichte der Stadt in der ... - Google Bücher
[2] Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum. München (dtv) 1977, S. 491, 521-533
[3] Antike Fachschriftsteller ... - Google Bücher ; Die technologische Fachliteratur der ... - Google Bücher

Vielen Dank für die Literaturrecherche.:winke::winke::winke:

Was die Alphabetisierungsrage im Imperium Romanum betrifft, so schließt man das zumeist aus erhaltenen Textfragmenten und deren Schreibern. Danach muß wohl eine breite Lese- und Schreibfähigkeit vorhanden gewesen sein.

Die Aufsätze von Meissner (soweit nicht durch Google fragmentiert) ergeben so für mich beim Überfliegen die Tendenz, daß Handwerkstechnik damals im Learning-by-doing (oder besser: Apprehendere-per-faciendum) vermittelt wurde. Ausbildung im Familienbetrieb oder gegen Bezahlung in einem Fremdbetrieb.

Irgendwie erstaunlich, aber im MA hat das ja auch zum Bau riesiger Kathedralen ausgereicht.
 
Da wir es ja in einem anderen Thema hatten möchte ich das hier her verlegen.

Vielfach geht man beim Begriff Schulbildung oder Analphabeten vom heutigen Standard aus. Entweder man kann es flüssig und weiß wie man Worte schreibt oder nicht. Und wenn man es nicht kann, gehört man entweder zu einem Kreis mit Lese-Rechtschreibschwäche oder vielleicht sogar zu einer Unterschicht.

Im römischen Reich wird klar, dass dies so nicht übertragbar ist. Die gefundenen Schriften wimmeln mitunter von Rechtschreibfehlern, die oft nahelegen, dass nach Gehör geschrieben wird. Suetonius bestätigt, dass Kreise der römischen Gesellschaft dies als sinnvoll vertraten und selbst Augustus zu diesem Kreis gehörte.
Martial berichtet uns, wie laut, stressig und störend der Unterricht seinerzeit für die Schüler wie auch das Umfeld war und benennt uns nebenbei eine der Methoden. Vössing bringt es in seinem Aufsatz Die Geschichte der römischen Schule auf den Punkt: üben der Buchstaben an vorgefertigen / geritzten Formen und das Pauken bestimmter Texte (z.B. ursprünglich aus der Illias) gehörten zum Alltag der Schüler.
Daraus entsteht zwangsläufig eine gewisse Grundfertigkeit die aber keineswegs zu vergleichen ist, mit dem heutigen Abschluß der Grundschule in Deutschland (trotz Pisa). Augustinus schreibt nahezu wörtlich, dass nach der römischen Elementarausbildung die Schüler gelernt hatten zu lesen, zu schreiben und zu rechnen.

Auch die unteren Schichten oder die Landbevölkerung waren trotz des privaten Charakters dieser Bildung nicht hoffnungslos ausgeschlossen.
So wissen wir um den Trägerverein einer Schule in Comum, der zu einem drittel von Plinius finanziert, oder besser, gefördert wurde.
Natürlich dürfte nicht jeder Bedürftige von solch einer Hilfe profitiert haben, aber es bot eine Chance.
 
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