Die durchgeplante Staatswirtschaft versuchte mit mehr "Eigenengagement der Bürger" über die Runden zu kommen. Ein erster Offenbarungseid?
Einen ersten Offenbarungseid würde ich es nicht nennen wollen, sondern ein "Teileid" (so es soetwas überhaupt gibt). Ich erinnere mich, daß es Ende der 1980'er erlaubt wurde, daß Kleingärtner aus eigner Produktion Blumen, Obst und Gemüse frei verkaufen durften, und zwar zu freien Preisen (sic!). Mit Sicherheit ließe sich aus dem GBl. der DDR auch die entsprechende Belegstelle finden. Aber das sind m.E. wirtschafthistorische Lappalien.
Die DDR war bis zu ihrem Ende eine Zentralverwaltungswirtschaft mit der nationalen Besonderheit, einer geteilten Nation und dem damit einhergehenden Informationstransfer ("Systemvergleich") sowie dem daraus erwachsenden "Rechtfertigungsdruck" bei dem Konsumvergleich.
Wirtschaftshistorisch gesehen, sind Zentralverwaltungswirtschaften immer mit dem empirisch festzustellenden Stigma des "Mangels" behaftet. Zentralverwaltungswirtschaften treten als Phänomen immer dann auf, wenn der Verbrauch von Ressourcen die Möglichkeit der Bereitstellung von Ressourcen übersteigt z.B. bei Kriegsverwaltungswirtschaften. Spätestens seit dem I. WK müssen bei einem Krieg die Volkswirtschaften auf die Kriegsproduktion ausgerichtet werden. Der Ressourcenverbrauch überschreitet in eim Krieg, mindestens mit Beginn des I. WK, regelmäßig die mögliche Ressourcenbereitstellung der nationalen Volkswirtschaft. Die sozialistischen Staaten haben, beginnend mit der Sowjetunion, diese kriegswirtschaftlichen Bedingungen auch in die "Friedenszeiten" transponiert*. Zumal die zentralisierte Leitung der Volkswirtschaft den "totalitären" Ansprüchen der jeweiligen Machtapperaten in den sozialistischen Staaten entgegenkam. Zwangsverwaltungswirtschaften sind jenseits aller Systemgrenzen unter anderem dadurch wirtschaftshistorisch gekennzeichnet, daß sie im Kern "nonmonetäre" Regulierungsmechanismen bevorzugen, also die Zuteilung der knappen Ressourcen gemäß Bedarfsanmeldung resp. der politischen Macht der Bedarfsträger.
Soweit mein Verständnis von Zentralverwaltungswirtschaft. Zurück zur guten alten DDR.
In der DDR wurde die entscheidende "nonmonetäre" Lenkung der Volkswirtschaft unter dem Prinzip der Einheit von:
Plan => Bilanz** => Vertrag subsumiert.
Plan: War die monetäre und nonmonetäre Antizipierung volkswirtschaftliche Zielstellung der politischen Elite. (Schlagworte: "Erfüllung der Hauptaufgabe", "Verwirklichung der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" etc.). Er stellte somit mithin die Fokussierung der Volkswirtschaft auf der "Zielebene" dar.
Bilanz: War die nonmonetäre Regulierung der knappen Ressourcen, also die Zuteilung der Güter an die Bedarfsträger. Letztlich das Kernstück der Zentralverwaltungswirtschaft .
Vertrag: War der Interssensausgleich der individuellen Bedarfsträger, der aber vornehmlich durch die volkswirtschaftlichen Metainteressen des Planes (volkswirtschaftliche Zielfokussierung) und der Ressourcenregulierung durch die Bilanzierung, also die Güterzuteilung an Bedarfsträger, beschränkt war. Darüber hinaus war die Vertragsfreiheit durch Preisregulierung und Ressourcenzuteilung eingeschränkt.
Das aus meiner Erinnerung und mit Sicherheit verknappten Darstellung.
M. :winke:
* der Begriff stammt aus der Musikwissenschaft, aber ich finde er kann hier verwendet werden
** bitte nicht verwechseln mit der Bilanz (HGB), Bilanzierung bedeutete in der DDR Zuteilung von Ressourcen