De bello Judaico

Jüdischer Krieg

Ich hoffe, ihr könnt mir helfen.

Ich suche gute Literatur/ Bücher über den Jerusalemfeldzug von 66 - 70 n. Chr. unter Kaiser Nero und Vespasian. Bräuchte relativ gesichertes Wissen zwecks mündlicher Prüfungsvorbereitungen.

Danke im voraus.

MfG
GM
 
Ich hoffe, ihr könnt mir helfen.

Ich suche gute Literatur/ Bücher über den Jerusalemfeldzug von 66 - 70 n. Chr. unter Kaiser Nero und Vespasian. Bräuchte relativ gesichertes Wissen zwecks mündlicher Prüfungsvorbereitungen.

Danke im voraus.

MfG
GM

Es kann sicher nicht schaden, wenn du dir mal Flavius Josephus anschaust, obwohl die Quelle wohl eher als subjektiv bewertet werden sollte - trotzdem kann man sie ganz gut einbringen.
 
Wie wäre es damit:

Tempel und Tempelzerstörung : Untersuchungen zu den theologischen und ideologischen Faktoren im ersten jüdisch-römischen Krieg (66 - 74 n. Chr.) / Helmut Schwier. - Freiburg, Schweiz : Univ.-Verl. [u.a.], 1989. - XII, 421 S. : Kt.; (ger / dt.)

Flavius Josephus and Flavian Rome / ed. by Jonathan Edmondson .... - 1. publ.. - Oxford [u.a.] : Oxford University Press, 2005. - XVI, 400 S.; (eng / engl.)
 
Es kann sicher nicht schaden, wenn du dir mal Flavius Josephus anschaust, obwohl die Quelle wohl eher als subjektiv bewertet werden sollte - trotzdem kann man sie ganz gut einbringen.

Josephus ist die zentrale Quelle zum Jüdischen Krieg schlechthin. Wenn die Subjektivität ausschlaggebend wäre, könnten wir sämtliche Traditionsquellen für ereignishistorische Untersuchungen ad acta legen.
 
Josephus ist die zentrale Quelle zum Jüdischen Krieg schlechthin. Wenn die Subjektivität ausschlaggebend wäre, könnten wir sämtliche Traditionsquellen für ereignishistorische Untersuchungen ad acta legen.

Ich wollte damit nur ausdrücken, dass man an Josephus differenziert herangehen sollte. Schließlich zweifelt man ja auch die Dimensionen an, in die Herodot manchmal Zahlenangaben rückt, trotzdem benutzt man ihn als Quelle. Da Josephus Mitglied einer beteiligten Kriegspartei war, kann man von ihm erwarten, den Ablauf herzugeben, nicht aber eine objektive Wertung.
 
Das gilt für alle historischen Quellen. Wenn ein Johannes von Gischala, den Josephus einen "Banditen und Räuber" nennt, eine eigene Darstellung der Ereignisse geschrieben hätte , wäre darin vermutlich viel Schlechtes über den "Verräter und Kolloborateur" Josephus zu lesen. Dessen Bericht über die Ereignisse in der Festung Jotapata sind recht unsicher, und Elias Canetti hat dem "grossen Überlebenden" Josephus ein ganzes Kapitel in Masse und macht gewidmet.

Aber Flavius Josephus geschichtswerk ist ein grosser Glücksfall, es ist praktisch die einzige Quelle zum jüdischen Krieg, verfasst von einem hochinteressanten Mann, der in beiden Welten zuhause war. Flavius Josephus ist einer meiner antiken Lieblingshistoriker. Er versucht, die historischen Ursachen deutlich zu machen und häuft nicht bloss Anekdoten an. Sein Stil ist grossartig, würdig grosser Exponenten senatorischer Historiographie wie Livius, Sallust und Tacitus
 
Naja, gerade was die innerjüdischen Splittergruppen angeht, da muss man Gaius Marius und Scorpio Recht geben, ist Ben Mattitjahu eine zu hinterfragende Quelle. Und die Umstände seiner Gefangenschaft sind auch etwas seltsam. Ansonsten hast Du natürlich Recht: er schreibt einerseits für die jüdische Sache, aber mit einem den Römern und besonders den Flaviern gefälligen Blick.
 
Dass Yadin politisch erwünschte Ergebnisse lieferte, wird ihm ja nicht erst seit Kurzem vorgeworfen. Dass er also positivistisch arbeitete, so weit so gut. Aber wie weit war die forensische Anthropologie in den 50ern und 60ern? Hätte man damals schon seine Interpretation der Familie aus Vater, Mutter, Kind anhand der Epiphysen (Wachstumsfugen) verwerfen können?

Interessant sind die Schweineknochenfunde auf Masada (war Masada zwischen der Errichtung durch Herodes und seiner Zerstörung evtl. mal römische Garnison?) und der Gedanke, dass Josephus hier eine Doublette zu seiner eigenen Gefangennahme in Jotapata schuf und der kollektive Selbstmord der Zeloten gar nicht stattgefunden habe, bzw. die Römer wohl kaum bei Einbruch der Dunkelheit wieder abgezogen wären, nachdem sie eine Bresche in die Mauer geschlagen hatten und somit den Zeloten Zeit gegeben hätten, den Kolektivselbstmord zu besprechen, in seinen Feinheiten zu planen und durchzuführen. Aber hat man nicht Ostraka mit Namen (Lose) gefunden?
 
Interessant sind die Schweineknochenfunde auf Masada (war Masada zwischen der Errichtung durch Herodes und seiner Zerstörung evtl. mal römische Garnison?)
Vielleicht waren einfach nichtjüdische (Söldner-)Truppen stationiert.

bzw. die Römer wohl kaum bei Einbruch der Dunkelheit wieder abgezogen wären, nachdem sie eine Bresche in die Mauer geschlagen hatten
Vielleicht wollten sie nicht das Wagnis eingehen, die Festung bei Dunkelheit zu stürmen. Kämpfe bei Nacht sind immer ein riskantes Unterfangen. Außerdem hatten sie einen Brand gelegt und wollten vielleicht erst einmal abwarten, bis das Feuer aus war, statt ihre Soldaten mitten in einen unkontrollierbaren Brandherd zu schicken.
 
Vielleicht wollten sie nicht das Wagnis eingehen, die Festung bei Dunkelheit zu stürmen. Kämpfe bei Nacht sind immer ein riskantes Unterfangen.
Ja, in diese Richtung habe ich auch gedacht. Aber ist das plausibel? Ich schlage eine Bresche in eine Mauer und denk mir dann "och ja, es wird gerade Dunkel, schicke ich meine Männer nach Hause"? Ich kann mich da dem Argument Clines nur schwer entziehen.

Außerdem hatten sie einen Brand gelegt und wollten vielleicht erst einmal abwarten, bis das Feuer aus war, statt ihre Soldaten mitten in einen unkontrollierbaren Brandherd zu schicken.
Der war nach Cline bei Einbruch der Dunkelheit bereits niedergebrannt. Ich müsste es selber bei Josephus noch mal nachlesen.
In the end, they simply set fire to it, Josephus wrote, and then made preparations to enter the city. By the time the flames had died down, night had fallen, and Josephus said that the Romans returned to their camps for the night and prepared to overrun the defenders the next morning.
This brief respite from the Roman attack provided the Jewish defenders the time and opportunity to decide to kill themselves rather than be killed or taken prisoner and enslaved by the Romans.
[...]
A larger problem is the fact that, if the Romans had punched a hole in the wall even as night was falling, they would never have returned to their camps for the evening. Roman military tactics at the time called for them to press the advantage whenever and wherever they had it, regardless of the time of day or night. Thus, they would have gone straight through the breached and burning wall, leaving no time for a discussion of the plan and a vote on it, for Eleazar to make his speech, for successive lots to be drawn, no time for the husbands to kill their wives and families, no time for the 10 men to kill the others, and no time for the last man to kill the other nine. In short, it couldn’t have happened as Josephus has described it.
 
Dass das Feuer bei Einbruch der Nacht schon erloschen gewesen wäre, steht bei Flavius Iosephus nicht. Ganz im Gegenteil schreibt er, dass es, als die Römer am nächsten Morgen in die Festung vordrangen, immer noch Brandherde gegeben habe.

Auch sonst gibt der Artikel manches, was angeblich bei Iosephus steht, anders wieder als es bei ihm wirklich steht. Z. B. steht im Artikel, die wenigen Überlebenden könnten Eleazars Rede gar nicht gehört haben, da sie sich in einer Zisterne versteckten. Iosephus schreibt aber nicht, dass sie bereits während der Rede versteckt gewesen wären, sondern deutet eher an, dass sie sich erst versteckten, als sich die anderen zur Verwirklichung der Tat entschlossen. (Dass es sich bei der von Iosephus überlieferten Rede nicht um eine authentische Wiedergabe handelte, ist davon abgesehen aber ohnehin klar.)

Die angebliche Motivation Iosephus' für seine angebliche Geschichtsfälschung, dass die Römer das Massaker verübt hätten und Iosephus sie durch die Umdeutung in einen Massenselbstmord weißwaschen wollte, überzeugt mich nicht. An anderen Stellen verschweigt Iosephus auch nicht, dass es viele Opfer unter den Juden gab. Außerdem ist diese Argumentation zu modern gedacht, in der antiken (auch römischen) Literatur findet man öfters Berichte über von der eigenen Seite begangene Massaker an Zivilisten in eroberten Städten. Damals sah man das offenbar noch nicht so negativ wie heute.
Und wenn der Massenselbstmord wirklich eine erfundene Doublette seiner eigenen Gefangennahme gewesen sein soll, hätte sich Iosephus damit doch nur ein weiteres Mal selbst in ein schiefes Licht gerückt, weil Eleazar letztlich konsequenter war als er selbst.
 
Ich sehe manches so wie du, anderes nicht. (z.B. überzeugte auch mich das Argument nicht, diejenigen, die sich in der Zisterne versteckt hätten, hätten die Rede nicht hören können). Die Zeloten kommen bei Josephus nicht gerade gut weg. Josephus schiebt Eleazar nicht umsonst in den Mund, dass sie diejenigen gewesen wären, welche den Rest des Volkes zum Aufstand aufgewiegelt hätten. Sie sind in seiner Darstellung verblendete Radikalinskis. Insofern sehe ich das Problem, dass Josephus sich selbst damit in ein schlechtes Licht gerückt hätte, nicht. Im Gegenteil: Er versucht gegenüber seinen Adressaten, den Flaviern, darzustellen, dass nicht alle Juden gleichermaßen radikal waren.
 
Flavius Silva rückte mit 20.000 Mann zur Eroberung der Festung an. Eine erste Inspektion muß ihm gezeigt haben, daß, laut Josephus, es nur zwei Zugänge zum Gipfel gab. Einen mühsamen Schlangenpfad hart am Abgrund und einen weiteren Weg, der durch einen vorgelagerten Turm gesichert war. Also ein massenhafter Ausbruch war relativ leicht unter Kontrolle zu halten. Aber dieser Flavius Silva läßt als erstes eine 4 Kilometer lange Mauer um den Berg bauen mit 8 Kastellen! Könnte es sein, daß diese Mauer zur vorherigen römischen Besatzungszeit gehörte? Eher als eine Verteidigung nach außen denn nach innen?

Josephus spricht von 960 Bewohnern der Festung. Trotz genauer Mord- und Selbstmordplanung bis zum letzten Mann gelang es ausgerechnet einer älteren Verwandten den obersten Führers Eleazars sich mit fünf Kindern zu verstecken.
 
Das mit dem warten nach dem die Bresche geschlagen wurde, halte ich nicht für aussergewöhnlich. Ein Sturmangriff war immer Riskant und musste vorbereitet werden. Dieses kurz vor Einbruch der Dunkelheit zu machen hat man wohl als zu gefährlich eingestuft, die Verteidiger hätten dann den Vorteil gehabt bei beschränkter Sicht in einem ihnen bekannten Umfeld zu kämpfen während die Römer mit dem unbekannten Terrain und der Dunkelheit zu tun hätten.

Und auch sonst: In späteren förmlicheren Zeiten hat man nach dem Öffnen einer praktikablen Bresche den Verteidiger zum letzten mal aufgefordert zu kapitulieren. Das war oft die letzte Gelegenheit mit dem Leben davon zu kommen.

...Aber dieser Flavius Silva läßt als erstes eine 4 Kilometer lange Mauer um den Berg bauen mit 8 Kastellen! Könnte es sein, daß diese Mauer zur vorherigen römischen Besatzungszeit gehörte? Eher als eine Verteidigung nach außen denn nach innen?

Das Anlegen der Circumvallatio und Contravallatio, (also eine Mauer nach innen und eine nach aussen) war die typisch römische Vorgehensweise bei einer Belagerung. So gingen auch Scipio bei Numantia vor und Cesar bei Alesia. Bei Alesia wurde duch diese Anlage ein Entsatzangriff der Gallier vereitelt.

Die Arbeitsleistungen der Römer überraschen immer wieder. Die Rampe vor Massada kann man ja auch noch sehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Arbeitsleistungen der Römer überraschen immer wieder. Die Rampe vor Massada kann man ja auch noch sehen.

Die Rampe, die Caesar zur Eroberung Avaricums anlegen ließ, soll auch ganz shcöne Ausmaße gehabt haben.

Erklärbar werden diese Bauleistungen nur, wenn man bedenkt, wie groß römische Armeen waren. Mit zehntausenden Arbeitskräften lassen sich in annehmbare Zeit halt Berge auf- und Täler zuschütten.
 
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