Der Kampf gut gegen böse - Römer und Punier

Am ehesten eine negative Darstellung der eigenen Kriegsgründe findet man entsprechend dann, wenn ein Krieg schlecht ausging.

Naja, aber auch das ist ja nicht spezifisch römisch oder auch nur spezifisch charakteristisch für das Altertum.
Sondern entspricht einfach der logik, dass es schwer fällt, eine Politik, die in eine militärische Katastrophe geführt hat noch irgendwie für "richtig" zu verkaufen.
 
Ganz ehrlich: Die Schilderung der Mamertiner und wie sie sich Messanas bemächtigten, halte ich für topisch und überzogen: Dass sie sämtliche männliche Bevölkerung über die Klinge hätten springen lassen, um dann die Frauen zu nehmen. Sie werden dennoch sicherlich ein brutales Regime geführt, manchen Bewohner ausgeplündert/getötet, und manche Frau vergewaltigt haben. Wenn man davon ausgeht, dass die Mamertiner sich als Kriegerkaste über die Stadt gelegt haben, dann werden sie mutmaßlich die syrakusische Funktionselite von Messana vertrieben und ermordet haben. Aber vermutlich eher nicht Handwerker und einfachen Bewohner.
Polybios zufolge wurde ein Teil der Messaner wohl einfach nur vertrieben.

Grundsätzlich möchte ich aber schon darauf hinweisen, dass es römische bzw. den Römern nahestehende Quellen sind, die vom Wüten der Mamertiner berichteten. Die Römer waren sich der moralischen Fragwürdigkeit ihres Anspruchs, ausgerechnet den Mamertinern "helfen" zu wollen, durchaus bewusst. Somit hätten sie eher Grund gehabt, deren Untaten kleinzureden statt sie zu übertreiben.

Aber bei Karthago stand im Verlaufe seiner Geschichte die Schutzmachtfunktion im Vordergrund.
Dagegen, dass die Karthager "vordergründig" aus altruistischen Motiven zum Schutz anderer gehandelt hätten, spricht auch ihr Militärwesen:
Ihre eigene Bevölkerungsdecke war relativ dünn, sie werden also nicht ohne triftige Gründe Bürgerkontingente (die in der karthagischen Frühzeit noch das Gros der Truppen gebildet haben dürften) eingesetzt (und aufs Spiel gesetzt) haben. Später verwendeten sie zunehmend Söldner - und Söldner kosten Geld. Wie plausibel ist es, dass die Karthager Geld in die Anwerbung von Söldnern investiert haben sollen, wenn sie sich von deren Einsatz gar nichts (oder kaum etwas) für sich selbst versprochen hätten?
 
Die Universidad Autónoma de Barcelona hat jetzt die Brandstiftung eines Dorfes (heute Tossal de Baltarga) bekannt gegeben. Sie drückt sich vorsichtig dahingehend aus, dass die Zerstörung des Dorfes wohl nicht gänzlich unerwartet aber doch plötzlich kam, zu dem Zeitpunkt, als Hanniba’al hier auf seinem Weg nach Italien durchzog.

Später wurden hier Römer stationiert und ein Wachturm errichtet.

Dass die Bewohner von Tossal de Baltarga Probleme kommen sahen, wird folgend begründet, besonders ein Haus steht hier im Mittelpunkt:
- der Fund eines in einem Gefäß versteckten Ohrrings
- dass man die Tiere im Stall eingepfercht hatte, und zwar eigentlich zuviele für die Größe des Stalls
- dass die Schafe offensichtlich kurz zuvor noch im Tal gegrast hatten (Isotopenanalyse)

Das Dorf wurde niedergebrannt, menschliche Überreste hat man bislang nicht gefunden. Ob es Hanniba‘als Armee war, die das Dorf auf dem Durchzug zerstörte, ist natürlich (zumindest bislang nicht) zweifelsfrei nachweisbar. Aber die zeitliche Koinzidenz findet die UAB doch bemerkenswert (in der internationalen Presse wird aus dieser begründeten Vermutung vereinzelt eine Tatsache gemacht).

Was auch immer passiert ist, ob die Einwohner flohen, ermordet wurden oder in Gefangenschaft gerieten: es war keine Zeit mehr, die Tiere zu befreien und offensichtlich hat auch später niemand mehr versucht, den goldenen Ohrring zu bergen.
 
Die Universidad Autónoma de Barcelona hat jetzt die Brandstiftung eines Dorfes (heute Tossal de Baltarga) bekannt gegeben. Sie drückt sich vorsichtig dahingehend aus, dass die Zerstörung des Dorfes wohl nicht gänzlich unerwartet aber doch plötzlich kam, zu dem Zeitpunkt, als Hanniba’al hier auf seinem Weg nach Italien durchzog.

hier noch aus dem Thread zu neuen, archäologischen Entdeckungen ein Artikel dazu:

Mal wieder was aus dem sonnigen Spanien
 
Hier eine Veröffentlichung zum, von @El Quijote erwähnten, niedergebrannten Gebäude in Tossal de Baltarga, mit Fokus auf die Nutztierhaltung (Okt. 2023):
Eine Aktion im Rahmen des 2. Punischen Krieges als möglichem Auslöser für den Brand wird angedacht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus direkt drüber verlinkter Publikation:

"Die Lage der Stätte auf der Spitze eines kalkhaltigen Hügels, die natürliche Erosion und die jüngste landwirtschaftliche Nutzung haben zu dem schlechten Erhaltungszustand der iberischen Überreste beigetragen. Wir haben eine Reihe von verstreuten und teilweise unverbundenen Strukturen identifiziert, die mehrere gruppierte, an den Hang angepasste Gebäude definieren. Die Siedlung weist jedoch weder einen wirklichen Städtebau noch eine Umfassungsmauer auf. Die Mauern haben lokale Steinsockel unter der Stampflehmarchitektur. Von diesen Strukturen können wir derzeit vier Häuser mit relativer Genauigkeit identifizieren: die Gebäude A, D, F und G (Abb. 2). Von besonderem Interesse sind die Gebäude D, F und G, die als Lagergebäude definiert sind und um das Jahr 200 v. Chr. durch einen Brand gewaltsam zerstört wurden. Diese allgemeine Zerstörung wird anhand der Analyse der importierten Keramik (Werkstatt der katalanischen Küste Rhode), der Münzen (gallische Drachmenimitationen, Typ ACIP 243 var, Mitte des 3. Jh. v. Chr.) und einer C14-Datierung (Beta 458585, 2230 +/- 30 BP) datiert. Der historische Kontext des Zweiten Punischen Krieges ist die wahrscheinlichste Erklärung für die gewaltsame Zerstörung."
(Übersetzung DeepL, Hervorhebung von mir)

Die Lagergebäude D, F und G berühren sich direkt, Gebäude A (in seinem Grundriss unvollständig) liegt, gerade dort wo seine Ausmaße aus angeführten Gründen von Erosion u. landwirtschaftlicher Nutzung wohl nicht ergraben werden konnten, max. wenige Meter von Ersteren entfernt (s. Abb. 2).

Eine Einordnung in den Kontext 2. Punischer Krieg ist möglich, ein brandschatzender Durchzug hannibalscher Truppen vielleicht auch schlicht verlockend, da für die Region in dieser Zeitstellung wohl kaum weitere schriftlich überlieferte historische Zusammenhänge fassbar sein dürften.
Angenommen punische Soldateska wäre für den Brand der 4 Lagergebäude verantwortlich gewesen, dann ließe sich die Frage stellen, weshalb die in Gebäude G zu Tode gekommenen Tiere (4 Schafe, 1 Ziege, 1 Pferd) als mobiles Gut
  • weder von den Besitzern angesichts drohender Gefahr in Sicherheit gebracht
  • noch von den Soldaten als Bereicherung des Speisezettels bzw. als Reit- oder Lasttier mitgenommen wurden,
bevor die Gebäude niederbrannten.

Spekulieren ließe sich ja auch ein Blitzschlag-Ereignis oder schlicht Unachtsamkeit mit Brandfolge als Auslöser für die gewaltsame Zerstörung - möglicherweise unbewohnte Lagergebäude mit Stallungsfunktion, und niemand vermochte die Tiere mehr zu retten.
Ich weiß allerdings nicht, ob das Brandereignis nur diesen Gebäudekomplex oder die komplette Siedlung mit ihren verstreut gruppierten Strukturen erfasst hatte. Bei letzterem wären Blitzschlag oder Fahrlässigkeit eher auszuschließen.
 
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Angenommen punische Soldateska wäre für den Brand der 4 Lagergebäude verantwortlich gewesen, dann ließe sich die Frage stellen, weshalb die in Gebäude G zu Tode gekommenen Tiere (4 Schafe, 1 Ziege, 1 Pferd) als mobiles Gut
  • weder von den Besitzern angesichts drohender Gefahr in Sicherheit gebracht
  • noch von den Soldaten als Bereicherung des Speisezettels bzw. als Reit- oder Lasttier mitgenommen wurden,
bevor die Gebäude niederbrannten.

Spekulieren ließe sich ja auch ein Blitzschlag-Ereignis oder schlicht Unachtsamkeit mit Brandfolge als Auslöser für die gewaltsame Zerstörung - möglicherweise unbewohnte Lagergebäude mit Stallungsfunktion, und niemand vermochte die Tiere mehr zu retten.
Ich weiß allerdings nicht, ob das Brandereignis nur diesen Gebäudekomplex oder die komplette Siedlung mit ihren verstreut gruppierten Strukturen erfasst hatte. Bei letzterem wären Blitzschlag oder Fahrlässigkeit eher auszuschließen.
Ich hatte das so verstanden, dass das ganze Dorf abgebrannt sei und dass der mit Tieren übermäßig vollgestopfte Stall sich nicht mit einer normalen Belegung eines solchen Stalls erklärte, sondern dass nach Interpretation der vor Ort tätigen Archäologen man Tiere gezielt „in Sicherheit“ gebracht hätte.
 
Aus den Conclusions der Publikation:

"(...) Ein integrierter bio-geoarchäologischer Ansatz lieferte einzigartige Informationen über die Verteilung im Inneren des Stalls und die Beschaffenheit der Räume für die verschiedenen Tiere sowie über die Tierhaltung und die Fütterungspraktiken. Die Aufteilung des Stalls war geplant, mit einer physischen Trennung zwischen Pferd und Ziegen. Die durch mikromorphologische Dünnschliffuntersuchungen und integrierte makrobotanische, pflanzliche und fäkale Mikrofossilienaufzeichnungen mit hoher Auflösung untersuchten Stallablagerungen stützen die Hypothese, dass sich Tiere mit unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten diesen Innenraum teilten. (...) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Fallstudie die Vielfalt der Viehhaltungspraktiken in einer späteisenzeitlichen Produktionseinheit verdeutlicht, was wiederum auf eine komplexe soziale und wirtschaftliche Organisation der in Baltarga lebenden Gemeinschaft schließen lässt, (...) Die Zerstörung dieses Stalls mit den darin befindlichen Tieren durch Feuer, die zeitgleich mit der allgemeinen gewaltsamen Zerstörung der Siedlung Ende des 3. oder Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. stattfand, fällt möglicherweise mit den Phänomenen im Zusammenhang mit dem Zweiten Punischen Krieg und dem Beginn der römischen Eroberung zusammen (Oller et al. 2018a, b). Diese Zerstörung hat es ermöglicht, die interne Organisation einer hochkomplexen Produktionseinheit (Gebäude G) zu einem sehr spezifischen Zeitpunkt zu rekonstruieren, mit der Koexistenz mehrerer Tierarten, die im selben Raum gehalten wurden, um die Viehhaltungspraktiken der späten Eisenzeit in den östlichen Pyrenäen besser zu verstehen. Es haben sich neue Fragen aufgetan, und es sind weitere Forschungen erforderlich, um diese Viehhaltung richtig zu interpretieren."
(Übersetzung DeepL)

Demnach wird hier eher normale Einstallung angenommen, zumindest für Gebäude G.

Edit:
Ich tue mich allgemein oftmals schwer mit möglicher Einordnung weit zurück liegender lokaler Ereignisse die sich seitens der Forschenden an der dann doch eher spärlichen Überlieferungslage orientieren, wie in diesem Fall an militärischen Großkampagnen von Karthago versus Rom. Das Aufgreifen durch die Presselandschaft betont das dann nicht selten im Übermaß.
Ich denke einfach, dass es eben oftmals vielfältig bunt zugehen kann. Und wenn wie hier ein Datierungsfenster von mehreren Dekaden offen liegt, können vielfältige Ursachen für den Brand in Frage kommen. Neben marodierenden karthagischen oder römischen Einheiten kann's ebenso lokaler Krawall gewesen sein, bis hin zu einem wie auch immer motivierten Einzeltäter ("Der/die hat/haben mich beim letzten Handel übers Ohr gehauen"). Dazu eben auch Wetterunbilden, Unachtsamkeit, kindliche Experimentierfreude, etc.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hatte das so verstanden, dass das ganze Dorf abgebrannt sei und dass der mit Tieren übermäßig vollgestopfte Stall sich nicht mit einer normalen Belegung eines solchen Stalls erklärte, sondern dass nach Interpretation der vor Ort tätigen Archäologen man Tiere gezielt „in Sicherheit“ gebracht hätte.

Das ergibt sich aus dem von @dekumatland verlinkten Artikel (s. o. Beitrag # 324):

Offenbar kam das Ende nicht unvorhergesehen, aber schnell: Ein goldener Ohrring, der noch immer in einem kleinen Gefäß lag, deutet daraufhin, dass die Bewohner ihre Wertgegenstände versteckt hatten. Auch ihren größter Besitz – ihre Haustiere, vier Schafe, eine Ziege und ein Reitpferd – brachten sie vermutlich vorsorglich ins Untergeschoss, das als Stall diente, aber eigentlich unterdimensioniert für diese Anzahl an Tieren war. Isotopen in den Zähnen der Schafe zeigten, dass die Tiere zuvor noch im Tiefland gegrast hatten.​

Das beruht wiederum auf dieser Zusammenfassung:

This penning might have been a departure from usual practices, caused by the fear of conflict: isotope analysis indicates some sheep had previously grazed in lowland pastures, possibly by arrangement with other communities. [...]​
“Our reconstruction implies a sudden destruction, with no time to open the door of the stall and save the animals,” added Olesti Vila. “This could be just an unexpected local fire. But the presence of a hidden gold earring indicates the anticipation by the local people of some kind of threat, likely the arrival of an enemy. Also, the keeping of such a high number of animals in a little stall suggests the anticipation of a danger.”​


und die dazugehörige Arbeit: The exploitation of mountain natural resources during the Iron Age in the Eastern Pyrenees: the case study of production unit G at Tossal de Baltarga (Bellver de Cerdanya, Lleida, Spain)

(das ist eine andere als die von Lukullus in Beitrag # 325 verlinkte Arbeit)

Der erwähnte Dr. Oriol Olesti Vila (Universität Barcelona) war an beiden Arbeiten beteiligt.

Ob der Brand nun von Menschen gelegt wurde und ob es die Punier waren oder aber die Folge eines Unfalls war, kann allerdings anhand der Funde/Befunde nicht festgestellt werden.
 
Dagegen, dass die Karthager "vordergründig" aus altruistischen Motiven zum Schutz anderer gehandelt hätten, spricht auch ihr Militärwesen:
Ihre eigene Bevölkerungsdecke war relativ dünn, sie werden also nicht ohne triftige Gründe Bürgerkontingente (die in der karthagischen Frühzeit noch das Gros der Truppen gebildet haben dürften) eingesetzt (und aufs Spiel gesetzt) haben. Später verwendeten sie zunehmend Söldner - und Söldner kosten Geld. Wie plausibel ist es, dass die Karthager Geld in die Anwerbung von Söldnern investiert haben sollen, wenn sie sich von deren Einsatz gar nichts (oder kaum etwas) für sich selbst versprochen hätten?
Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt oder bin falsch verstanden worden. Ja, die Karthager waren eine Schutzmacht. Aber dieser Schutz war natürlich nicht umsonst. Die Karthager verlangten Tribut für diesen Schutz. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu Rom, welches die Stellung von Truppen verlangte.
 
Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt oder bin falsch verstanden worden. Ja, die Karthager waren eine Schutzmacht. Aber dieser Schutz war natürlich nicht umsonst. Die Karthager verlangten Tribut für diesen Schutz. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu Rom, welches die Stellung von Truppen verlangte.
Auch die Karthager setzten neben eigenen Bürgern und Söldnern Kontingente ihrer Vasallen ein.
 
Ich muss meine Aussage wohl etwas präziser gestalten.
Die Römer der Republik hatten ein System, welches immer die Einziehung grosser Zahlen eigener Bürger im Kriegsfall vorsah. Dazu kam dann immer auch ein entsprechender Verband der Verbündeten. Beispielsweise zur Zeit der punischen Kriege bestand die Armee eines Konsuls aus 2 römischen Bürger Legionen und dazu kamen entsprechend 2 Legionen der Verbündeten. Letztere standen aber unter dem Kommando römischer Offiziere.
Im Kriegsfall gab es also immer eine hohe Belastung der eigenen und verbündeten Bevölkerung durch direkten Kriegsdienst.

Bei Karthago waren die Offiziere fast alle Karthager, aber die grosse Masse der Truppen waren Söldner oder später bei Hannibal muss man schon auch von Berufssoldaten ausgehen.
Verbündete mussten Garnisionen zum Schutz ihrer eigenen Städte unterhalten, aber waren im Regelfall nicht Kriegsdienst pflichtig in der karthagischen Armee. Es gab Aussnahmen und Notlagen, wo es anders war. Hier kann man den Söldneraufstand zwischen den punischen Kriegen nennen, oder auch die Schlacht von Zama. Karthago hatte auch die Bürgertruppe namens die Heilige Schar. Diese galt als Eiltetruppe, diente aber fast immer nur dem Schutz der Stadt Karthago direkt.
In der Regel war also die direkte Belastung der karthagischen Bevölkerung und der punischen Städte durch Kriegsdienst gering. Dafür aber die finanzielle Belastung durch Tribut, welche die römischen Verbündeten in der Regel nicht hatten.
In Gebieten welche Karthago nur kontrollierte, die aber nicht den Status von Verbündeten hatten, existierte eine Doppelbelastung.
Etwa im Hinterland Karthagos was damals als "Lybien" bezeichnet wurde, rekrutierte Karthago Söldner und legte Tribut auf. Wenn ein Krieg schnell beendet war, funktionierte das System gut. Aber bei langen Kriegen gab es Probleme.
Dieser Tribut betrug in "Lybien" am Ende des ersten punischen Krieges 50%. Die Unzufriedenheit war so hoch, dass sich während des Söldneraufstands fast ganz "Lybien" den Aufständischen anschloss.
 
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Wenn ein Krieg schnell beendet war, funktionierte das System gut. Aber bei langen Kriegen gab es Probleme.
Wenn ein Krieg lange genug dauert, macht jedes System Probleme.
Eher auf Söldner zu setzen, statt auf Bürgeraufgebote ergab für ein Reich mit räumlich weit auseinanderliegenden Besitzungen und für länger dauernde Abnutzungskriege durchaus Sinn.
Die damaligen römischen Aufgebote, bestanden ja zu großen Teilen noch aus Bauern. Aber Bauern werden naturgemäß unruhig, wenn man sie zu weit aus der Heimat weg führt und wenn Auseinandersetzungen so lange dauern, dass wahrscheinlich ist, dass sie während der arbeitsintensiven Saisionarbeiten (Vor allen Dingen Erntezeit) nicht zu Hause sein und die eigenen Familien unterstützen können.

Dieser Tribut betrug in "Lybien" am Ende des ersten punischen Krieges 50%. Die Unzufriedenheit war so hoch, dass sich während des Söldneraufstands fast ganz "Lybien" den Aufständischen anschloss.
Lag das an der Höhe der Abgaben, oder mehr daran, dass Karthago offensichtlich schwächelte und damit die Gelegenheit gegeben war, sich dessen Einfluss zu entziehen oder das zumindest zu versurchen?
 
Lag das an der Höhe der Abgaben, oder mehr daran, dass Karthago offensichtlich schwächelte und damit die Gelegenheit gegeben war, sich dessen Einfluss zu entziehen oder das zumindest zu versurchen?
Wahrscheinlich beides. Karthago, ist etwas älter als Rom, hat es aber nicht verstanden sein unmittelbares Hinterland zu "assimilieren". Die Leute dort fühlten sich wohl nicht mit Karthago verbunden, wie etwa die Latiner mit Rom.
Immer wenn eine Invasionsmacht einfiel, gab es Probleme mit der Loyalität. Die Städte dort arbeiteten ganz oder teilweise gegen Karthago.
Das galt für Agathokles von Syrakus, für den römischen Konsul Regulus im ersten Punischen Krieg und ganz besonders im Söldneraufstand.
Auch hatten die Städte dort (wohl auf Druck von Karthago) keine Stadtmauern, was es Invasoren leicht machte.
 
Allerdings sollte man bei der vielgepriesenen Assimilations- und Integrationsfähigkeit der Römer die zeitliche Dimension nicht ausblenden. Auch bei ihnen dauerten Assimilation und Integration meist Jahrhunderte.

Wenn man der römischen Überlieferung folgt, übte Rom bereits gegen Ende der Königszeit die Hegemonie in Latium aus. Der erste römisch-karthagische-Vertrag legt tatsächlich eine Hegemonie Roms über zumindest Teile Latiums nahe. Trotzdem erhoben sich die Latiner noch 340-338 v. Chr. gegen Rom. Erst nach der Niederschlagung des Aufstands blieben sie künftig "loyal".

Trotz gemeinsamer Sprache und Kultur fühlten sich die Latiner also wohl länger als eineinhalb Jahrhunderte nicht so mit Rom "verbunden", dass sie die römische Herrschaft akzeptiert hätten. Andere Völkerschaften Italiens nutzten praktisch jede halbwegs erfolgversprechende Gelegenheit (Pyrrhos, Hannibal) zum Abfall und probten noch im 1. Jhdt. v. Chr. den Aufstand.
Karthago hingegen war ein völliger Fremdkörper in Nordafrika.
 
Stimmt alles

Jedoch hätte ich da ein paar Details zu ergänzen.

Bei Pyrrhos kämpften die Völker Italiens, welche zu dieser Zeit noch nicht in das römische Bündnissystem integriert waren, auf dessen Seite.
Die wichtigsten waren die Süditalischen Griechen, die Samniten und die Etrusker.
Grössere Abfallbewegungen römischer Verbündeter wie Hannibal sie erzielt hatte, sind mir aus der Zeit des Pyrrhos nicht bekannt. Die Latiner blieben treu.

Bei Hannibal weigerten sich 12 Städte der Latiner im Jahr 209 (nach 9 Jahren Krieg)weiterhin Truppen für Rom zu stellen. Ein Bündnis mit Hannibal war aber keine Option.

Die Etrusker agierten ambivalent. Man blieb offiziell auf römischer Seite. Insgeheim aber stellten Privatleute Geld, Waffen und Versorgungsgüter für Hannibal. Auch im Jahre 207 für dessen Bruder Hasdrubal.
Deshalb gab es Untersuchungen durch römische Magistrate und auch Verurteilungen.

Es gibt sogar einen Grabstein eines etruskischen Soldaten in Hannibals Armee namens Larth Felsnas bei Capua. Die Stimmung der Etrusker verlagerte sich im Verlaufe des 2. punischen Krieges immer mehr gegen Rom.
Hätte Hasdrubal ahistorisch die Schlacht am Metaurus gewonnen, dann wäre ein offizielles Überlaufen der Etrusker danach wahrscheinlich gewesen.

Das mit dem Fremdkörper trifft auf die Bewohner des heutigen Tunesiens damals „Lybier“zu.
Nicht aber auf die punischen Städte, zu denen Karthago ein freundschaftliches Verhältnis hatte. Später liessen sich diese gegen Tribut von Karthago beschützen.
Auch zu den Numidern hatten die Karthager, bis Masinissa zu Scipio überlief, ein gutes Verhältnis.
Wieso gerade die „Lybier“in ein solch schlechtes Verhältnis zu Karthago kamen und blieben ist jedoch schwer nachzuvollziehen.
Typisch für Karthago war das nicht. Anderswo hatte man fast überall gute Beziehungen.

Karthago ist älter als Rom. Es ist nicht aus vorhandenen Dörfern gegründet worden, welche zu einer Stadt zusammengefasst wurden. Sondern seine Fläche wurde anfangs, wie es typisch für die Phönizier war, von den Einheimischen gegen jährlichen Tribut gemietet. Seine Einwohner waren Anfangs fast ausschließlich Phönizier. Es gab also keine Stammesverwandtschaft zu den Einheimischen. Dennoch waren die Beziehungen lange Zeit gut.

Karthago hatte auch mehr Zeit als Rom die „Lybier“ zu assimilieren. Aber es kam nicht dazu. Wir haben erhebliche Lücken gerade in der frühen und mittleren Geschichte Karthagos. Dort muss es eine Erklärung geben.
Jedenfalls blieb dieses schlechte Verhältnis zu den „Lybiern“ ein ernstes Problem für Karthago. Trotz der enormen Verteidigungsanlagen blieb es deshalb anfällig für Invasoren des Heimatlandes.

Roms unmittelbare Nachbarn waren zwar auch nicht immer ein Muster an Treue, blieben aber wesentlich stabiler als die „Lybier“ Karthagos. Daher musste jeder potentieller Invasor der Rom belagern wollte, mit massiven Versorgungsschwierigkeiten rechnen. Bei Karthago hingegen konnte eine solche auf die Hilfe der „Lybier“ rechnen.
 
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