Der Schwan ist lauter als die Gans?

El Quijote

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Bei seiner Verbrennung, erzählt die Anekdote, habe Jan Hus gesagt, dass sie heute eine Gans brieten, aber 100 Jahre später käme ein Schwan, der lauter sei als er. Dieser Schwan wurde Martin Luther als Beisymbol gegeben. An wann ist dieser Ausspruch Hus' belegt und seit wann wird er auf Luther bezogen?
 
Der Ausspruch stammt wohl von Luther selbst:
Martin Luther bezog diese Weissagung auf sich,[6] als er 1531 schrieb: „Sanct Johannes Hus hat von mir geweissagt, da er aus dem gefegnis jnn Behemerland schreib, Sie werden jtzt eine gans braten (denn Hus heisst eine gans), Aber uber hundert jaren werden sie einen schwanen singen hören, Den sollen sie leiden. Da sols auch bey bleiben, ob Gott will.“
Schwan (Symbol) – Wikipedia

Hus hat sich des öfteren als "Gans" bezeichnet, aber die "gebratene" Gans ist offensichtlich ein vaticinium ex eventu, ebenso wie die "hundert Jahre".

Das einzige authentische Hus-Zitat, wo er einen Vergleich zu anderen Vögeln (allerdings nicht zum Schwan, sondern zu Falken und Adlern) zieht, finde ich in einem Brief vom Oktober 1412:

"At first they laid their gins, their citations, and anathemas for the Goose, and now they are lying in wait for some of you; but since the Goose, a tame creature and a domestic fowl with no power to reach great heights in his flight, hath yet broken through their nets, we may the more confidently expect that other birds, which by God’s word and by their lives soar to high places, will break their traps in pieces.
[...]
And it is this same Truth Who hath sent to Prague, in the place of one feeble, weakly Goose, falcons and eagles, which surpass all other birds in the keenness of their sight."

The letters of John Hus/Letter 17, To the People of Prague - Wikisource, the free online library
 
die "gebratene" Gans ist offensichtlich ein vaticinium ex eventu

Da muss ich mich insofern korrigieren, als die gebratene Gans noch zu Hus' Lebzeiten in einer anderen Formulierung auftaucht, und zwar in einem Brief von Johannes Cardinalis von Bergreichenstein (Jan Kardinál z Rejnštejna) vom 10. November 1414:

"auca nondum est assata nec timet de assacione, quia presenti anno sabbato ante Martini festum ipsius occurrit celebris vigilia, ubi auce non comeduntur."
=
"Die Gans ist noch nicht gebraten und fürchtet auch nicht das Gebratenwerten, weil dieses Jahr die feierliche Vigil auf den Samstag vor dem Martinsfest fällt, wo man keine Gänse isst."​

Vgl. https://en.wikisource.org/wiki/The_...of_John_Cardinalis;_His_Letter_about_Hus;_etc.
 
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