Der Streit ums Rosenbaum-Archiv

El Quijote

Moderator
Teammitglied
Vorweg: dies soll keine Diskussion über die Hintergründe des Islamismus, den Terror oder die Folgen sein, hier soll es anhand des Beispiels um die Frage nach der Archivierung gehene und darum, ob anekdotenhafte Geschichtsschreibung unwissenschaftlich ist, oder nicht.

http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/kuz_titel.html

Die Pro-Seite:
Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 sind hunderte private Sammlungen mit Videotapes von der Katastrophe entstanden. Steve Rosenbaum, Dokumentarfilmspezialist aus Manhattan, hat mehr als 500 Stunden Amateurfilmmaterial zusammengetragen. Für ihn wie für andere Sammler stellt sich fünf Jahre danach die Frage, was mit den Dokumenten geschehen soll. Rosenbaum will vor allem eins: sein Archiv der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Die Contra-Seite
Der Historiker Mike Wallace erläutert: "Meistens liegt bei 9/11-Ausstellungen der Fokus auf dem Wie und nicht auf dem Warum. Es geht darum, was genau an diesem Tag passierte und wie es Zeitzeugen wahrgenommen haben. Natürlich machten sie Schlimmes, Schreckliches, Grauenhaftes durch, das einen dramatischen Einfluss hat. Aber mit dieser Art von Beweisführung kann man eine ganze Anzahl von Fragen gar nicht beantworten. Viele Fragen werden dadurch erst gar nicht gestellt."

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Hier nun meine Meinung:

Ich persönlich stehe wie so oft zwischen beiden Positionen. Auf der einen Seite bin ich der Meinung, dass wir noch gar nicht wissen können, welche Informationen die 500 Stunden Quellenmaterial uns bieten können. Sie ungesehen zu ignorieren verbietet sich also. Ich kann aber die Contra-Seite einer Archivierung verstehen. Die anekdotenhafte Sammlung von Einzelschicksalen versperrt uns den Blick auf das Wesentliche, Mitleid mit den Opfern lässt uns die Beweggründe der Täter möglicherweise ignorieren oder verbietet gar die Frage nach den Beweggründen, was bedeuten würde, dass man aus den zuvor gemachten Fehlern nicht lernen kann! Auf der anderen Seite glaube ich fest daran, dass die Einzelschicksale es sind, die uns helfen, das Leid vorstellbar zu machen. Das ist ähnlich, wie beim Holocaust. 6.000.000 ermordete Juden, 1.500.000 davon in Auschwitz sind nur Zahlen und damit in der entmenschlichenden Logik der Nazis verhaftet. Erst das Einzelschicksal erweckt die Geschichte zum Leben, macht die Tragödie sichtbar. Letztendlich habe ich also doch eher die Tendenz zur Pro-Seite.

Oder ist das zu voyeuristisch oder zu naiv?
 
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