QUOTE=Simplicius;621683]Heißt also, wie ich gesagt habe: Wir ignorieren einfach, wie die Leute sich selbst bezeichneten und fühlten, und drücken ihnen eine Identität auf, die uns logisch erscheint. Das heißt, wir verändern die Geschichte nach unserem Gusto.
Nein, wenn sich diese Leute so bezeichnen, dann haben sie das getan. Du musst aber eben schon auch zur Kentniss nehmen, dass die Mehrheit in der Schweiz, besser gesagt in dem Teil in dem Schweizerdeutsch gesprochen wurde sich nicht so sahen.
Ich kann Sie nicht verstehen. Ich kann Ihre ganze Argumentation nicht nachvollziehen. Wenn ein Herr Vetter sich als Deutscher sah, ist das ein Fakt, an dem Sie nichts ändern können. Punkt. Sie können Herrn Vetter als Deppen bezeichnen und daran herummäkeln, was er sagte, aber Sie können nichts daran ändern, dass er sich selbst so sah. Keine Tatsache ändert etwas daran.
Niemand ausser dir bezeichnet Ferdinand Vetter als Deppen. Gegenfrage, hast du dich mal mit seiner Person auseinandergesetzt?
Erklären Sie's mir bitte, weil ich's nicht verstehe. Ich kann Ihre Denkart nicht nachvollziehen und will es doch so gerne. Warum ist es Ihnen wurst, wie die Leute sich fühlten? Ist denn nicht DAS das Entscheidende? Wie können Sie hergehen und einem Herrn Vetter, der sich als Deutscher verstand, sagen, dass er keiner war? Warum wissen Sie besser als der Herr Vetter, was er war und was er nicht war? Wissen Sie besser als ich, wer ich bin? Können Sie einfach ignorieren, wie ich mich selbst sehe?
Müssen wir nun wirklich deinen Text Quellenkritisch anschauen? Wenn ja kann ich das gerne tun. Nur brauche ich dazu einwenig Zeit, schliesslich soll es ja dann wissenschaftlich sein.
Warum gilt Goethe als Deutscher, Ferdinand Vetter aber nicht, obwohl sich beide als Deutsche verstanden?
Ferdinand Vetter wurde 1847 geboren und starb 1924. Er war Schweizer Bürger der eine politische Meinung hatte. Das war seine persönliche Meinung und hat nichts mit der Allgemeinheit zu tun.
Dann erklären Sie mir, warum die genannten Schweizer sich dann als Deutsche bezeichneten. Was haben die damit gemeint? Dass sie Nichtdeutsche sind?
Könnte wohl damit zusammenhängen, dass im 19. Jahrhundert der Nationalismus entstand und nicht alle mit der politischen Entwicklung in der Schweiz zufrieden waren und sich lieber dem Deutschen Reich angeschlossen hätten. Solche Strömungen gab es, nur war das eben nicht die Mehrheit sondern die Minderheit.
@ alle:
Mir hat bisher noch keiner erklären können, warum deutschsprachige Böhmen als Deutsche gelten, Luxemburger aber nicht (im historischen Kontext, nicht in der Gegenwart). Mir hat auch noch keiner erklären können, warum Goethe als Deutscher gilt, C. F. Meyer aber nicht.
Hast du dich mit der Biographie von C.F. Meyer näher befasst? Wenn ja solltest du auch wissen, dass er zunächst französischer Schriftsteller werden wollte. Eine seiner esten Veröffentlichungen (1864) auf Deutsch hiess: Zwanzig Balladen von einem Schweizer.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1871 entschied er sich seine Werke nur noch in Deutsch zu verfassen. 1871 gab es die Schweiz in der heutigen Form bereits.
Eigentlich wollte ich nichts mehr dazu schreiben, aber dennoch ein paar Zeilen dazu wie sich die Menschen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Schweiz verstanden haben.
Vor der Gründung des Bundesstaates 1848 gab es ein Zusammengehörigkeitsgefühl dass vor allem innerhalb der Kantone und Konfessionen ausgelebt wurde. Also eben Züricher, Berner, Graubündner, Walliser etc. dann noch das Zusammengehörigkeitsgefühl über die Konfessionen und der Sprache. Nun kann man sich natürlich die Frage stellen, gab es denn darüber hinaus ein Zusammengehörigkeitsgefühl und wenn ja mit wem?
Nach deiner These müsste dies ja dann so gewesen sein.
Deutschschweiz=Deutschland (oder doch eher Österreich)
Tessin= Italien
Französische Schweiz= Frankreich
Rätoromanische= keine Ahnung.
Das war eben nicht so. Es gab über die Kantonsgrenzen ein Zusammengehörigkeitsgefühl dies kann man mit ja beantworten. Man verstand sich im 19. Jahrhundert als Schweizer. Hier muss man aber auch unterscheiden zwischen der Elite die ein stärkeres nationales Bewusstsein entwickelte als die Massen.
Dieses nationale Bewusstsein entstand mit der Besetzung fremder Truppen 1798 - 1802 und 1813 - 1814 und der Einmischung von aussen im Zeitraum 1815 bis 1848.
Und natürlich findet man wen man zeitgenössische Äusserungen ansieht Widersprüche. Das gehört zu einem politischen Prozess dazu.
Die Helvetischen Räte ermächtigten sich am 12. März 1799 unter Berufung auf die "Ehre und das Wohl der Nation" das Direktorium zur Teilnahme an den "glänzenden Siegen der Franzosen" über Österreich. Dann gibt es eine Vermittlungsakte vom Helvetischen Senat vom 5. März 1803. Darin verkündet der erste Landamman Louis d'Affry den Einwohnern der 19 eidgenössischen Kantone die Mediationsverfassung mit den Worten: "um der schweizerischen Nation jene Achtung wiederzugeben, die sie stets genossen hat und die sie an der seite ihres grossen Verbündeten Franrkeich weiterhin geniessen werde.
1823 schreibt Frédéric-César de La Harpe: "was uns arme Schweizer betrifft, so sind wir keine Nation mehr".
In dieser Zeit war Frankreich, neben den Habsburgern, für die Schweiz die zentrale politische Macht. Was natürlich in den Orten wo man Schweizerdeutsch sprach nicht wirklich gern sah.
Wenn wir noch einmal auf die Zeit des Schwabenkrieges zurück kommen. Es gibt Quellen wo sich Zeigenossen zu Wort melden.
Da wird eben von Berner Bürger etc gesprochen - die als Schweizer in den Krieg gingen. Zuerst waren die Zeigenossen von 1499 eben Berner, Zürcher etc.
Zum weiterlesen: Geschichte der Schweiz und der Schweizer. Chronos Verlag 2004.
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