An der Stelle lediglich einige Anmerkungen und Ergänzungen...
Rovere schrieb:
Die letzten Jahrhunderte von Byzanz sind geprägt von permanenten innenpolitischen Zwistigkeiten, ja bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Es war diese Uneinigkeit und Parteinzwist die zur Katastrophe von 1204 geführt hat. Und kaum hatten sich ab 1261 die Paläologen konsolidiert gings schon wieder los.
Hier gab es gerade bzgl. des Verhältnisses zwischen Byzanz und den Osmanen eine einschneidende Zäsur: während der Bürgerkriege 1321/54 erhebt sich Johannes Kantakuzenos zum Kaiser (1328) und bekämpft die Zeloten. Um sich den Thron nach seinem Sturz erneut zu sichern, ruft er den osmanischen Sultan Orhan (1326/59) zu Hilfe. Johannes gewinnt den Thron dann 1347, muß dafür aber ganz Kleinasien den Türken zuerkennen und im Jahre 1354 ihren ersten europäischen Besitz, Gallipoli.
Anm.: Bereits 1202 hatte sich Alexios IV. aufgrund eines Thronstreits an Kreuzfahrer und Venezianer gewandt, damit diese ihn unterstützten. Ergebnis war letztendlich die Umlenkung des Kreuzzuges nach Konstantinopel mit Eroberung und Plünderung der Stadt sowie der Errichtung des Lateinischen Kaiserreiches.
Bei Betrachtung dieser beiden - etwa 150 Jahre auseinanderliegenden - Ereignisse kommt mir der etwas phrasenhafte Spruch
Geschichte wiederholt sich in den Sinn...
Rovere schrieb:
"Das Abendland" als solches gabs einfach nicht. Die universale Macht des hochmittelalterlichen Kaisertums war schon lange zerbröselt, das Papsttum war weit davon entfernt (vor allem im Spätmittelalter).
...
Darüberhinaus mangelte es durchaus nicht an Versuchen Konstantinopel zu entsetzen. Man denke nur an die französisch-ungarischen Versuche bei Nikopolis 1396 - halt schlecht geplant oder sich total verschätzt.
Das Interesse an Konstantinopel hat auch Anfang des 15. weiterbestanden, man sollte die konfessionellen Unionsversuche des Konzils von Florenz da nicht unterschätzen.
Das Hauptproblem war aber die Unfähigkeit, ich würde sogar sagen die Unmöglichkeit, Europas koordiniert vorzugehen. Das "Abendland" war in 4, 5 höchst eifersüchtige Machtblöcke zerfallen, die oft zusätzlich noch intern zerstritten waren. Grad im 15. Jhdt. fehlen zusätzlich noch die zentralisierten (Vor-)Nationalstaaten, statt dessen haben wir einen Flickenteppich von Klein- und Kleinstterritorien die in heftigstem Konkurrenzkampf untereinander standen.
An ein konzentriertes Vorgehen war einfach nicht zu denken!
Hier möchte ich zur Ergänzung zunächst zeitlich etwas zurückgreifen - ins Hochmittelalter...
Ein Ziel der Orientkreuzzüge vom 11. bis zum 13. Jh. hatte auch in der Wiederherstellung der 1054 zerbrochenen Einheit zwischen lateinischer (West-)Kirche und griechischer (Ost-)Kirche bestanden.
Praktisch war diese durch die Umlenkung des 4. Kreuzzuges (der ja eigentlich gegen Ägypten gehen sollte) nach Konstantinopel spätestens 1204 schwerer denn je realisierbar geworden.
Wie sah es dann im Spätmittelalter aus?
Nach dem Ende der Kreuzfahrerstaaten 1291 war in Europa die Stimmung für derartige Unternehmungen gänzlich umgeschwungen.
Die erhebliche Entmachtung des römisch-deutschen Kaisertums und vermehrt nationale sowie territoriale Interessen traten vom Ende des 13. Jh. bzw. im 14. Jh. verstärkt hinzu.
Der Wechsel der Päpste nach Avignon trug erheblich zu einem Absinken des Ansehens des Papsttums bei ("Babylonische Gefangenschaft der Kirche").
Kurzum: Alle früheren Voraussetzungen, welche weitere Kreuzzugsunternehmen brauchten, trafen nicht mehr zu.
Noch stärker als bei Nikopolis zeigte sich das "Dilemma" beim unrühmlichen Ende des "Langen Feldzuges" (1443/44), den Wladyslaw Jagiello und Johann Hunyadi gegen die Osmanen führten.
Abwägen zwischen Waffenstillstandsangeboten der Türken und den Angeboten der Kurie, Versprechen seeseitiger Hilfe durch die Venezianer, welche diese aber doch nicht realisieren konnten, das Verraten des Aufmarsches durch den albanischen Prinzen aufgrund der Furcht vor dem Sultan... vor diesem Hintergrund erscheint es kaum verwunderlich, daß das ungarisch-polnische Heer dann bei Varna einer 4-fachen osmanischen Übermacht gegenüberstand und vernichtend geschlagen wurde.
Anm. zum Schluß: Konstantinopel wurde 1453 von Byzantinern, Genuesen und Venezianern verteidigt...