Wo ich natürlich uneingeschränkt zustimme ist, dass eine Waffe nicht automatisch effektiver wird, weil sie größer ist und auch eine kleine, filigrane Waffe sehr wirksam sein kann. Insofern ist der Einwand berechtigt und es mag vielleicht auch sein, dass aus meinem vorangegangenen Beitrag eine konträre Aussage ableitbar ist, wenngleich von mir nicht beabsichtigt.
Ich verstehe den Einwand dahingehend, dass eine Franziska auch als Nahkampfwaffe wirksam sein konnte und folglich allein ihrer filigranen Art wegen nicht notwendigerweise eine reine Wurfwaffe sein muss. Dagegen kann und will ich nichts sagen; im Gegenteil, aus genau diesem Grunde gestehe ich der Franziska ja auch eine durchaus mögliche Funktion als Nahkamfwaffe zu. Dass ich sie in den Rang einer Zweitwaffe rücke, liegt an der Fundsituation, bei der die Franziska in den allerwenigsten Fällen die einzige Waffe im Grab war und die anderen gefundenen Waffen mir als Primärwaffe einfach geeigneter erscheinen. Insofern möchte ich mich dem Beitrag voll und ganz anschließen.
Ich sehe aber, wie schon vorher beim ein oder anderen Argument, eine Gefahr der Fehlinterpretation, weshalb ich ihn noch mal kritisch ergänzen möchte:
Einer Diskussion um geeignete Kampftechniken mit der Axt (mit oder ohne Schild) würde ich gerne beiwohnen, aber um nicht durcheinanderzukommen sollte das dann in einem neuen Thread geschehen. Ansonsten besteht die Möglichkeit, dass Argumente auf die Franziska als Wurfwaffe bezogen werden, die gar nicht so gedacht waren. Wer das zu differenzieren vermag, den werde ich im Weiteren nur noch langweilen, der höre daher an dieser Stelle auf, weiterzulesen.
Mir ist die erwähnte ungarische Axt durchaus bekannt. Auffällig ist bei ihr der schmale Kopf, der an einem relativ langen Schaft befestigt ist. Auf der Rückseite hat er oft ein hammerartiges Gegenstück zum Axtblatt.
Dass man mit so etwas jemanden effektiv um die Ecke bringen kann steht außer Zweifel, allein die genaue Art des um-die-Ecke-Bringens bleibt zu untersuchen, denn Totschlagen ist nicht gleich Totschlagen.
Für Wirkungen, wie sie in den von mir angesprochenen Erzählungen beschrieben werden (Abtrennen von kompletten Körperteilen, Spalten halber Leute, Zerschmettern [nicht durchschlagen!] von Schilden und Rüstungen...) sehe ich bei aller virtuoser Technik eine solche Axt als nicht geeignet an. Dazu ist das Axtblatt viel zu schmal. Es ist, so scheint es mir, eher auf Durchdringung von Rüstungsschutz optimiert, analog zu westeuropäischen "Büchsenöffnern" wie etwa einem Rabenschnabel.
Man darf auch nicht die typischerweise berittene Kampfweise der Ungarn außer Acht lassen, für die leichte Waffen natürlich von Vorteil sind. Damit unterscheiden sie sich aber fundamental von den Franken zum Zeitpunkt der Franziska.
Wenn nun also ein Fokos im Rahmen einer Franziska-Diskussion herangezogen wird, ist mir irgendwie nicht allzu wohl dabei. Nicht, weil die Angaben zur ungarischen Waffe falsch wären oder diese nichts taugte, sondern weil das nur bedingt vergleichbar ist: Die Zeit ist eine andere, die Gegend ist eine andere, die Kampfweise ist eine andere. Das Ganze kann schnell ähnlich kritisch werden wie die a.a.O. schon kommentierten Vergleiche Samurai-Ritter, auch wenn natürlich der Fokos-tragende Ungar am Franken zumindest örtlich schon näher dran ist als der Altjapaner am Ritter.
Mein Kernargument bleibt folgendes:
Es gibt derzeit keinen Beweis, dass die Franziska eine dedizierte (also von vornherein als solche gedachte und konzipierte) Wurfwaffe ist.
Es gibt vereinzelte zeitgenössische Berichte, die mir bekannten allesamt von Römern, welche beschreiben, dass die Franziska geworfen wurde. Allerdings sind diese Berichte einerseits nicht allzu zahlreich und stammen andererseits von Vertretern einer Gattung, deren Kollegen auch behaupteten, den Kelten würden ständig die Schwerter verbiegen und die Germanen seien allesamt blonde Hühnen, die den ganzen Tag unverdünnten Wein saufen und dann ins Waschwasser rotzen, bevor sie sich damit waschen. Gegenüber römischen Beschreibungen barbarischer Details bin ich also grundsätzlich erst mal skeptisch. Es könnte sich um einen überbewerteten und über Gebühr betonten Ausnahmefall handeln, wenn nicht gar um eine, über mehrere Stationen verfälschte, Flüsterpost aus dritter, vierter oder x-ter Hand.
Zum anderen gibt es Versuche, die belegen, dass sich eine Franziska wohl recht gut werfen ließ, speziell mit einem geeigneten Stiel. Das mag sein, aber mit einem Vibrator lassen sich prinzipiell auch gut Martinis mixen. Trotdem ist das Gerät kein Mixer.
Auch solche Tests der experimentellen Archäologie haben durchaus Indizien- aber nicht automatisch Beweischarakter.
Ob die Franziska nun tatsächlich eine Wurfwaffe war und nicht nur eine Waffe, die sich auch mal werfen ließ, bleibt derzeit noch unbewiesen. Wie genau es der Einzelne mit dieser Unterscheidung nimmt, bleibt natürlich seine Sache, mir persönlich ist sie aber wichtig: Eine Rondartsche oder ein kleiner Rundschild lässt sich wunderbar wie eine Frisbeescheibe werfen und ich habe damit auch schon einmal einen "Gegner" verblüfft, der das wahrscheinlich heute noch erzählt, aber trotz dieser Eignung und der dazu passenden Überlieferung weigert sich irgendwas tief in mir drin, kleine Rundschilde als Wurfwaffen anzusehen...
Damit man mich nicht missversteht und auf die Gefahr hin, dass ich das schon mal gesagt habe:
Ich persönlich denke ja auch, dass die Franziska eine Wurfaxt war, allein beweisen kann ich es nicht.:friends: