Die Gründungssage Roms

Kennt jemand Originalquellen (griech./lat.) in denen Romulus positiv dargestellt wird als Schöpfer einer ruhmreichen Stadt oder ähnliches.
 
Romulus wurde eigentlich immer positiv dargestellt. Über den Brudermord hat man da gerne hinweggesehen. Immerhin wurde er ab der späteren Republik sogar mit dem Gott Quirinus gleichgesetzt, also angenommen, Romulus sei nach seinem Tod als "Quirinus" unter die Götter aufgenommen worden.
Die wichtigsten erhaltenen Quellen zu Romulus sind:
- Die Romulus-Biographie von Plutarch
- Livius
- Dionysios von Halikarnassos
- Die "Origo gentis Romanae", eine spätantike Schrift eines unbekannten Autors
 
Ich habe auch zwei sehr negative Darstellungen gefunden: So ist's: ein schweres Geschick beutelt die Römer: die Gräueltat des Brudermords, seit das schuldlose Blut Remus' zur Erde floß, den Enkeln zum Fluch. (Horaz) Und Cicero Da es ihm nützlicher erschien alleine über die neue Stadt zu herrschen, tötete er seinen Bruder. Er ließ Bruderliebe und Menschlichkeit außer Acht, um das, was ihm als nützlich erschien, aber eigentlich nicht war, erreichen zu können. (Cicero)
Wirklich positive Stellen konnte ich in den Werken von Livius und Plutarch irgendwie nicht finden. :-(
 
Dann lies z. B. einmal die letzten Sätze von Livius 1,15 oder auch, wie in 1,10 sein Sieg verherrlicht wird.
Bei Plutarch lies insbesondere das 4. und 5. Kapitel des Vergleichs von Romulus mit Theseus.

Was Cicero betrifft, so lies doch, was er im 2. Buch von "De re publica" Scipio über Romulus sagen lässt. Insbesondere rühmt er, wie klug Romulus den Platz der Stadt wählte und wie gut er sie anlegte. Er vergleicht ihn sogar mit Lykurgos.

Was das Zitat aus Ciceros 3. Buch seines Werks "De officiis" betrifft, so muss man dabei auch die Entstehungszeit berücksichtigen: Er verfasste es einige Monate nach der Ermordung des von ihm abgelehnten Alleinherrschers Caesar und als neue Bürgerkriege begannen, insbesondere rund um den von Cicero verabscheuten Marcus Antonius. Cicero lehnte einfach jede Form der Alleinherrschaft und ihrer gewaltsamen Erringung ab und fühlte sich durch Romulus an die Tagespolitik erinnert.
Die republikanischen Römer hatten natürlich generell ein bisschen ein Problem damit, dass Romulus König war, und Caesar, der obendrein entfernt mit Romulus verwandt war, errichtete nach einem blutigen Bürgerkrieg eine neue de-facto-Monarchie. Das schmeckte Cicero freilich nicht; die Parallelen zwischen Caesar und Romulus waren für ihn offenkundig.

Was das Zitat aus der 7. Epode von Horaz betrifft, so geht es dort nicht primär um Romulus und eine Würdigung seines Lebens, sondern Horaz tadelt die Neigung der Römer zum Bürgerkrieg. Begonnen hat das nun einmal mit Romulus und Remus; damals wurde den Römern der Hang zum Bürgerkrieg also quasi in die Wiege gelegt und durch die Blutschuld auch die künftigen Generationen verflucht. Dennoch tadelt Horaz nicht nur Romulus, sondern er tadelt und ermahnt das römische Volk in seiner Gesamtheit. Über Romulus' sonstiges Leben und Verdienste sagt er nichts, er zeigt nur die Kontinuität im römischen Hang zur Selbstzerfleischung und fordert die Römer auf, endlich diesen Wahnsinn zu durchbrechen.
Auch bei den Epoden muss man den zeitlichen Hintergrund bedenken: Sie entstanden irgendwann in der Zeit der Bürgerkriege Octavians gegen Sextus Pompeius und Marcus Antonius.

Unter Augustus wurde Romulus dann wieder wesentlich positiver gesehen. Von Horaz abgesehen wurde er wieder verherrlicht und bekam auch im öffentlichen Kultus einen Platz.
 
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Vielen Dank für deine ausführliche Antwort :)
Irgendwie beziehen sich diese Stellen für meine Bedürfnisse aber nicht genug auf seine Gründungsvater Qualitäten. Mir geht es eigentlich weniger um die Person an sich, sondern vielmehr um ihn als Held, weil er diese Stadt gegründet hat.
 
Gut, dann expliziter aus dem 2. Buch von "De re publica":
"Videtisne igitur unius viri consilio non solum ortum novum populum neque ut in cunabulis vagientem relictum, sed adultum iam et paene puberem?"
("Seht ihr also, dass durch die Klugheit eines Mannes nicht nur ein neues Volk entstanden ist und nicht in der Wiege wimmernd zurückgelassen wurde, sondern schon herangewachsen und fast erwachsen?")
Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass davor in aller Länge und Breite ausführlich Romulus' Wahl des Gründungsplatzes und die Anlage der Stadt gerühmt werden, wobei stets ausdrücklich betont wird, dass beides Romulus' persönliche Entscheidung war. Auch der Raub der Sabinerinnen wird als wichtige Maßnahme zum Wohle der Zukunft der Stadt gerechtfertigt.

Wenn Du darin keinen Lobpreis seiner Qualitäten als Gründervater erkennen kannst, fällt mir nichts ein, was Dich eher zufriedenstellen wird.
 
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Unter Augustus wurde Romulus dann wieder wesentlich positiver gesehen. Von Horaz abgesehen wurde er wieder verherrlicht und bekam auch im öffentlichen Kultus einen Platz.

Aber es gab auch einen "schlechten" Romulus. Denn immerhin wählte Augustus nicht diesen Namen, obwohl er durchaus damit gespielt hatte, nahm dann aber doch davon Abstand, weil Romulus König gewesen war und in einer Version von Senatoren zerissen worden sein soll. Das war ein Romulus-Bild, das Octavian eher nicht gelegen kam. Da passte Augustus doch deutlich besser.
 
Was hat es eigentlich für einen Nährwert, dass Schüler sich mit der Gründungssage beschäftigen?
 
Kritischer Umgang mit Überlieferung? Hier im Forum erleben wir es tagtäglich, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft alte (meist ätiologische) Legenden für bare Münze nehmen und sich auch nicht davon überzeugen lassen, dass die Legenden nicht die Wirklichkeit in der sie spielen, sondern die Wirklichkeit, in der sie entwickelt wurden, widerspiegeln.
Außerdem handelt es sich natürlich bei den von einer Wölfin aufgezogenen Jungen um Allgemeinwissen und auch um ein Wandermotiv welches als solches auch in anderen Kontexten auftaucht.
 
Ok, Herrschaftslegitimierung spielt wohl auch eine Rolle und auf den Brudermord bezogen?

Den hinter der Frage stehenden Gedankengang verstehe ich nicht.
1.) Die Schule soll Schüler zum kritischen Denken bringen, auf dass diese sich ihre eigene Meinung zu bilden lernen. Der Unterricht ist nicht dazu da, irgendwen zu legitimieren. Jetzt ist es natürlich so, dass zwischen dem, was auf dem Papier steht und dem was in der Realität passiert, hin und wieder eine Kluft besteht. Aber selbst in diesem Falle ist nicht ersichtlich, warum Lehrer oder Bildungspolitiker im Deutschland des 21. Jahrhunderts eine - zudem noch mythologische - Herrschaft 2800 Jahre früher legitimieren sollten.
2.) Brudermord wäre eher gleichbedeutend mit Delegitimation.
 
Ne, so war das nicht gemeint. Ich frage mich, ob es sinnvoll ist den Brudermord zu thematisieren und falls ja: Welche Relevanz das für die Schüler hat. Die Sage wird ja in der 5. bzw. 6 Klasse thematisiert.
Mit Herrschaftlegitimation meinte ich, dass die Schüler anhand von der Gründungssage erkennen, dass die Römer ihre Herrschaft damit legitimiert haben.
 
Die Sage wird ja in der 5. bzw. 6 Klasse thematisiert.
Mit Herrschaftslegitimation meinte ich, dass die Schüler anhand der Gründungssage erkennen, dass die Römer ihre Herrschaft damit legitimiert haben.

Aber wie sollen sie mit dieser Sage ihre Herrschaft legitimiert haben? Sorry, wenn ich gerade auf dem Schlauch stehe.
 
Ich würde sagen, indem die Römer sagen, dass Mars der Vater der Zwillinge ist. Gottgegebene Herrschaft.
 
Ich hol den Thread mal lieber kurz hoch, bevor ich einen vollkommen neuen für eine ähnliche Frage eröffne.. ;)
Gibt es irgendwelche Beweise, oder eine halbwegs begründete Annahme dafür, dass es wirklich trojanische, oder zumindest aus einer anderen eroberten Stadt, Auswanderer gab, welche sich im Latium niedergelassen haben und somit für die Gründung Alba Longas und Roms verantwortlich waren?
Bei Troja wird es ja wohl auch zeitlich eher unwahrscheinlich sein, doch gibt es vielleicht einen kleinen wahren Kern in diesem Teil der Aenais, oder dient das ausschließlich als "propagandistischer Mythos" ?
 
Der Kreis der Literaten um Maecenas und Augustus war recht gebildet, Griechenland war in Philosophie und Literatur das Vorbild schlechthin und so kannte und verarbeitete man - oder konkret Vergil - eben Hesiod und Homer etc.
 
Gibt es irgendwelche Beweise, oder eine halbwegs begründete Annahme dafür, dass es wirklich trojanische, oder zumindest aus einer anderen eroberten Stadt, Auswanderer gab, welche sich im Latium niedergelassen haben und somit für die Gründung Alba Longas und Roms verantwortlich waren?

Die etruskische Sprache ist nach Ansicht vieler Linguisten kleinasiatischen Ursprungs.

Offenbar haben die Römer nicht nur den Rundbogen und ihre Frauen, sondern auch einen Teil ihrer Gründungssage bei den Etruskern geklaut. ;)
 
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