Ich darf dazu auch an dieser Stelle das Kompendium
http://www.geschichtsforum.de/f175/illustrierte-geschichte-der-kreuzzuege-11438/ empfehlen, wo
Jonathan Riley-Smith in seinem Teil
Die Mentalität der Orientkreuzfahrer 1095 bis 1300 und
Jonathan Phillips in seinem Teil
Der Lateinische Orient 1098 bis 1291 diese Kontexte u.a. behandeln.
Wie zahlreich darf man sich denn zu den verschiedenen Zeiten zwischen den Kreuzzügen die Zahl der "Saisonkreuzfahrer"/bewaffneten Pilger/wieauchimmer vorstellen?
Ich denke, wir brauchen an der Stelle jetzt nicht darüber zu diskutieren, daß es während jener Zeit auch außerhalb der von der Geschichtsschreibung gezählten Kreuzzüge faktisch einen ständigen Zustrom aus Europa in die lateinischen Staaten des Orients gab.
Zunächst ist dabei aber festzustellen, daß es so etwas wie eine Einwanderung im großen Maßstab nicht gab - weswegen aus diesem sowie noch anderen gewichtigen Gründen (politische Lenkung durch ein Mutterland, ökonomische Ausbeutung zu dessen Vorteil) auch unter Historikern bis dato keine Einigkeit herrscht, ob und inwieweit man die Staatsgründungen in der Levante als frühe Beispiele des westeuropäischen Kolonialismus ansehen kann.
Auch wenn es also nachweislich Siedler aus Europa und Besiedlung durch diese gegeben hat, so war diese Zahl - gemessen v.a. an der ansässigen Bevölkerung - sehr gering.
Dabei bestand daneben für die Kreuzfahrer grundsätzlich auch immer das Problem, daß sie im Falle bewaffneter Auseinandersetzungen, welche über kleinere Geplänkel u.ä. hinausgingen, nie genügend Leute zusammenbrachten, um ein schlagkräftiges Heer zusammenzustellen
und zugleich die für die Landesverteidigung mindestens ebenso wichtigen Burgen ausreichend zu besetzen.
Der Zustrom aus Europa verringerte sich insbesondere nach 1250 jedoch dann noch derart, daß man ab 1260 jegliche offene Schlachten vermeiden mußte und sich auf die Behauptung der befestigten Punkte konzentrierte.
Wie groß war ihre militärische Bedeutung für die Kreuzfahrerstaaten, bzw. begrüßten sie überhaupt anreisende "Abenteurer", Glückssucher, FRomme und was sich sonst noch an die Levante gezogen fühlte?
Militärische Bedeutung hatten zuvorderst die Ritterorden, deren Mitglieder wir als "Kreuzfahrer auf Lebenszeit" ansehen müssen: nicht nur durch ihre strikte Disziplinierung wirkten sie innerhalb eines Heeresverbandes entscheidend (obwohl zahlenmäßig gering ins Gewicht fallend), sondern v.a. auch bzgl. der oben bereits angesprochenen Behauptung der befestigten Plätze.
Angesichts der oben dargelegten Charakteristik war zudem natürlich nahezu jeder waffenfähige Mann willkommen, der in einem chrsitlichen Heeresverband mitwirken konnte. Dabei war es zunächst auch erst einmal irrelevant, ob ihn neben religiösen Motiven auch Abenteuerlust trieb oder ob ein weltlicher Ritter entsprechend seines Standes zeitweilig im Orient diente (eben nicht als Kreuzfahrer, sondern als weltlicher Ritter - wie z.B.
Guillaume V. de Montpellier). Ihr militärischer Wert kann jedoch nicht pauschal betrachtet werden (da läßt sich bestenfalls konstatieren, daß ein europäischer Ritter mit seinem Schockangriff gefürchtet war und auch als Einzelkämpfer einen im Nahkampf nicht leicht zu bezwingenden Gegner darstellte), sondern zeigt sich an Einzelbeispielen (die man wiederum nicht generalisieren kann/sollte): so war bspw. ein
Renaud de Chatillon zweifellos ein mutiger Mann und ein fähiger Kämpfer, brachte aber für die christliche Seite durch seine Torheiten und Eigenmächtigkeiten sowie seine Unbeherrschtheit Dinge und Ereignisse ins Rollen, welche sich fatal auswirken sollten (Stichwort: Kontext im Vorfeld der Schlacht bei den Hörnern von Hattin 1187).
PS: Falls ich Deine Fragen mißverstanden haben sollte, siehst Du es mir bitte nach... :fs: