Ich finde, man sollte antike Autoren wie Caesar oder Tacitus in einem gewissen Sinne ernst nehmen und zugleich die Quellenkritik nicht ignorieren. Wenn zum Beispiel Caesar schreibt, daß das ubische Volk nach germanischem Ermessen einst ein großen "Staat" machten und wegen ihrer Lage nächst des Rheines, des Handels und vor allem Nachbarschaft mit den Galliern an deren Sitten gewöhnt sind und gegenüber anderen Germanen gebildeter erscheinen, ist zu beachten, daß der Rhein als Völkerscheide eher ein erwünschtes Konstrukt seinerseits war, als ein historisches Faktum, und das geht auch aus seinen Kommentaren hervor; auch Tacitus war sich dessen bewußt (vgl. z. B.
Germania 28). In bezug auf die sog. Germani cisrhenani läßt sich aus den schriftlichen Überlieferungen ferner nur schließen, daß der eine oder andere Stamm germanische Herkunft beanspruchte, was noch nicht heißt, daß sie wirklich Germanen in einem heutigen geschichtswissenschaftlichen Sinne waren. Die Bedenken sind so vielfältig und vielleicht sollten die Beiträge von ASHIGARU einmal hervorgehoben werden:
http://www.geschichtsforum.de/242389-post4.html und
http://www.geschichtsforum.de/247613-post11.html; ebenso die Diskussion von DIETER, BARBAROSSA, BEORNA und DER GEIST ab #31:
http://www.geschichtsforum.de/f32/die-ubier-germanen-oder-kelten-15261/index2.html
Hier sollte vielleicht die Diskussionen wieder ansetzen, etwa
Ashigaru schrieb:
Denn letztendlich - so zumindest meinen doch eher bescheidenen Kenntnissen in der Ortsnamenkunde zufolge - sind es doch meist Gewässernamen und andere geografische Bezeichnungen, die noch in vorrömische Zeit zurückreichen. Es gibt zwar hier und da auch rechts des Rheins Hinweise für altertümliche Siedlungsnamen, wobei aber nur wenige sicher keltisch zuzuordnen sind.
Dazu fiel mir eben ein Hinweis in die Hände, der sich in T. E. Karstens gründlicher, wenn auch nicht umfassender und topaktueller Studie über
Die Germanen findet; demnach gingen Flußnamen wie Rhein, Waal, Lippe, Embscher, Ruhr, Sieg, Lahn, Main und Neckar allesamt auf keltischen Ursprung zurück, ebenso die Ortsnamen Mainz, Worms und Bonn; und auch der Name Taunus soll keltischer Herkunft sein. Wenn an dieser Behauptung bis heute keine Revision erfolgt sein sollte, ist auf jeden Fall von einem keltischen Substrat auszugehen, daß nur darauf hinweisen kann, daß in diesen Gebiete eine keltische sprechende Bevölkerung ansässig war.
Deshalb sind wahrscheinlich auch die Bedenken naheliegend, Oppida wie die Heidetränk im nördlichen Taunus oder das auf dem Dünsberg nördlich der Lahn den Ubiern zuschreiben zu wollen. "Siedlungsspuren am Rhein bei Neuwied und an der Lahnmündung bei Braubach können ihnen hingegen mit ziemlicher Sicherheit zugeordnet werden. Grabfunde sprechen von einer Materialkultur ähnlich der der Treverer" (Caroll,
Römer, Kelten und Germanen, Stuttgart: 2003, S.27) und nach Tacitus (wozu ich allerdings in der
Germania keine Textstelle finde) sollen die Treverer übrigens keltisch gesprochen haben... Was Namen betrifft lese ich gerade bei Ludwig Schmidt ein paar Aufzählungen: Audrinehae, Aufaniae, Gabiae - dieses sollen nach Auskunft des Autoren "germanische" Beinamen von Matronen aus Bonn und Pesch bei Schleiden sein, keltisch hingegen: Aneminehae, Gesahenae und vielleicht Vacallinehae; ferner aus Köln Namen von "germanischen" Gottheiten: Mercurius Avernus, Channini, Gebrinius, Leudi(isio), Requalivahanus, eventuell Caiva, Ambiomarcae. Als ganz zweifelhaft oder ungermanisch schließt er Mercurius Susurio aus. Ob da wirklich viel germanisches Gut drinsteckt?
Wie dem auch sei, hat die Germanenforschung immer wieder den keltische Einfluß bei den Ubiern erwähnt, der sich anscheinend archäologisch, als auch in der schriftlichen Überlieferung findet; ich neige nach meinen kurzen Recherchen jetzt doch sehr der Überlegung von ANDRIXX zu oder würde statt von keltsierten Germanen höchstens von germanisierten Kelten sprechen wollen
feif: