Beides waren in der Schlacht von Tsushima Gründe für die sehr geringen Gefechtsentfernungen ( teilweise nur 3,5 km ).
Das ist ein gutes Stichwort. Die Einflüsse des in GB sorgfältig ausgewerteten japanisch-russischen Seekrieges auf den Bau der DREADNOUGHT und der INVINCIBLE sind noch nicht hinreichend berücksichtigt.
Von Adm. Fisher kam ja auch der Spruch , " Speed is the best Protection " .
Völlig richtig, wie ein anderer Fall, die überlegene Geschwindigkeit der V. BS am Skagerrak in der flucht vor der Hochseeflotte eindrucksvoll gezeigt hat.
Die britischen Berechnungen zu Tsushima gingen davon aus, dass zum Entkommen der russischen Flotte Geschwindigkeiten bzw. hier eine Erhöhung um 30-50% (!) bezogen auf die russischen Dickschiffe notwendig gewesen wäre.
Das konnte man in der kommenden Gewichtsklasse der Dreadnought im Vergleich zur noch schwereren Satsuma (rd. 20.000-Tonner, die deutsche Wiki gibt hier falsche Daten)
http://en.wikipedia.org/wiki/HMS_Dreadnought_(1906)
Japanese battleship Satsuma - Wikipedia, the free encyclopedia
glatt vergessen. Es blieb für Invincible <-> Dreadnought das verringerte Gewicht im direkten Vergleich (-10%) und die Verdoppelung der Antriebsleistung, beides geht auf Kosten der Panzerung. Zwischen diesen beiden Zukunfts-Konzeptionen wurde nach Tsushima heftig gestritten, sofern es die Auswertung der Seeschlachten betrifft.
Zur Zeit des Baus von Dreadnaught und Invincible gab es noch keine Zentrale Feuerleitung und die Qualität der Entfernungsmesser war noch nicht sehr hoch .
Deswegen sprachen zwei Argumente für das Ein-Kaliber-Schiff (=Dreadnought bzw. Invincible):
1. die leichtere Steuerung
eines (=schweren) Kalibers gegenüber dem Mix von 10-12inch in Türmen und einer großen Zahl von aktuell 6 oder 7-9inch in den Kasematten.
2. die Identifizierbarkeit der eigenen "Aufschläge" beim Gegner durch das Einheitskaliber (siehe oben).
Das Gegenargument war, das die schwächeren Kaliber der Pre-Dreadnoughts wie bei Tsushima den Gegner auf geringe Entfernungen kampfunfähig machen würden, und die großen Kaliber ihm den Rest geben. Daher auch die verstärkte Panzerung bei Lord Nelson-Klasse, die eine Immunitätszone für gedachte Kampfentfernungen gegen die zweitstärksten Kaliber bieten sollte.
Dabei vergass man aber anscheinend dass bei groseen Reichweiten das Geschoss in einer balistischen Kurve von schräg oben trifft ,denn die Deckspanzer der Schiffe wuchsen nicht im gleichen Mass mit.
Richtig, die großen Reichweiten sorgen für Deckstreffer und überschießen damit wegen des Aufprallwinkels den Gürtelpanzer. Die Wirkung ist allerdings nun in den gedachten größeren Gefechtsentfernungen begrenzt (verminderte Va/Aufprallgeschwindigkeit wegen Entfernung und daneben ein anderer, ungünstiger Winkel wegen der Horizontalpanzerung). Dies bedingt die schwächere horizontale Deckspanzerung gegenüber dem vertikalen Seitenpanzer.
Die Idee den Schlachtkreuzer als Verstärkung der Schlachtschiffe einzusetzten war auch nicht neu , die japanischen Panzerkreuzer bei Tsushima taten das gleiche und in der Ära der Segelschiffe übernahmen die grossen Fregatten die gleiche Rolle.
Der Invincible-Schlachtkreuzer war nie als Schlachtschiff-Verstärkung für die Linie, sondern als Panzerkreuzer-Jäger (hier liegt nämlich das 3. und konkurrierende Konzept) gedacht. Auch das ist eine Auswertung des jap.-russ. Seekrieges, übertragen auf die Verwundbarkeit der britischen Handelsschifffahrt.
Achja , verglichen mit der Lord Nelson -Klasse ( letzte britische Vor- Dreadnaught ) hatte die Dreadnaught einen kleineren , teilweise dünneren Panzer ,die Besatzungstärke war annähernd gleich , die Maschinenleistung der Dreadnaught lies ziemlich schnell und so stark nach , dass das Schiff als Flagschiff einer Vor-Dreadnaught Squadron eingesetzt wurde .
http://en.wikipedia.org/wiki/HMS_Lord_Nelson_(1906)
http://en.wikipedia.org/wiki/HMS_Dreadnought_(1906)
http://www.worldwar1.co.uk/pre-dreadnought/lordnelson-line.gif
Lord Nelson ist schon ein Quantensprung, die Gürtelstärke stieg von 230mm (9inch, King Edward VII) auf 305 mm (12inch) bei LN. Die Dreadnought kam dagegen auf (in der Planung berechtigte!) 11inch, weil steigende Gefechtentfernungen wegen des großen Einheitskalibers unterstellt wurden. Für ihre beachtliche Stückzahl des schwächeren Kalibers (5*9,2inch in der Breitseite) mußte die LN theoretisch näher ran, die Einsparung für Dreadnought von 1inch-Panzerung machte also durchaus Sinn. Die Dreadnought sollte die größere schwere Kaliberzahl auf etwas größere Gefechtsentfernung zum Tragen bringen. Beide Panzerungen sind danach konstruktiv bzw. operativ als äquivalent anzusehen.
Quellen ua. Pilip Towle: Experience of the Russo-Japanes War, in: Ranft: Technical Change and British Naval Policy 1860-1939 sowie das Standardwerk bzgl. Konstruktion/Design von John Roberts: Battlecruisers, 1997