englische Seerechte

Harry910

Neues Mitglied
Hallo zusammen,
ich lese gerade (wieder einmal) "1815" von Adam Zamoyski. Hier werden öfter die "britischen Seerechte" erwähnt, z.B. so das die englischen
Gesandten sich weigerten an irgendeiner Verhandlung auch nur teilzunehmen, bei denen diese Seerechte zur Diskussion stehen könnten.
Leider habe ich nirgends eine Erklärung gefunden was diese Seerechte beinhalten die offensichtlich für GB als essentiell wichtig betrachtet
wurden. Kann hier aus der Runde jemand eine Erklärung geben, bitte? Ghet das etwa zurück auf die 1. und 2. Navigationsakte?
Vielen Dank schon mal im Voraus
 
Mehr als einen Wiki-Link kann ich nicht bieten. Daraus: "Das Seerecht ist ein Rechtsgebiet, das sämtliche die Seeschifffahrt betreffenden Rechtsnormen umfasst." Heute das zu großen Teilen internationales Recht, aber das gab es im 18. und frühen 19. Jh. so noch nicht, die Bestimmungen waren also die Gesetze einzelner Länder zu dem Thema. Weiter: "Dänemark führte sein erstes einheitliches Seerecht 1561 ein, England folgte 1651, Schweden 1667". Ich denk mal, mit 1651 ist die erste Navigationsakte gemeint. Welche (weiteren) Gesetze aber 1815 genau gültig waren weiß ich nicht.

 
Hallo Reineke,
vielen Dank, den Artikel in Wikipedia hatte ich auch schon gelesen. Er reflektiert aber mehr auf die heutige Situation und die
Entwicklung dahin als auf die Situation der napoleonischen Zeit einzugehen. Aber das ist natürlich ein Ansatzpunkt für weiters
Suchen. Vielen Dank.
 
@Harry910,

vielleicht hilft das weiter, wobei ich das selber nicht recht deuten kann..

Kissinger S.174-175
„In die gleiche Sackgasse führte auch der Meinungsaustausch über die Seerechte. So sehr Castlereagh auch versuchte, sie aus jeder Diskussion herauszulassen, brachte der Zar das Problem doch in die Verhandlung, indem er seine Vermittlung zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten anbot. Da der Krieg* zwischen beiden Staaten zu einem erheblichen Teil unter dem Gesichtspunkt der britischen „Rechte“ ausgefochten wurde, neutrale Schiffe zu durchsuchen, ging das Problem England damit wirklich an den Nerv, ….“

Castlereagh lässt den Zaren warnen, dass er „erkennen möge wie notwendig es ist von vorneherein jede Seerechtsfrage aus der allgemeinen Verhandlungen auszuschließen.“
..und schiebt sozusagen die Andeutung nach, dass eine Einigkeit gegenüber Frankreich anders nicht erreicht werden könne.

*Britisch-Amerikanischer Krieg – Wikipedia

Kissinger,Henry (1986): Das Gleichgewicht der Großmächte. Metternich,Castlereagh und die Neuordnung Europas 1812 - 1822. Zürich: Manesse-Verlag (Manesse-Bibliothek der Weltgeschichte).

Das Buch ist 1957 in Englisch erschienen (A world restored) und beruht auf der Doktorarbeit des jungen Kissingers von 1954.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Neddy
"1815", A. Zamosky, ISBN: 978 3 406671234. Schau mal hier: Seite 100, Anweisung von Castlereagh an den britischen Geschäftsträger am
österreichischen Hof: "...Ein weiterer Punkt betraf Großbritanniens Rechte zur See, die nicht verhandelbar seien., Zitat Ende.
Solche Aussagen werden aber auch noch an anderen Stellen dieses Buches getroffen. Hilft dir das weiter bei der Suche?
Vielen Dank schon mal vorab für deine Mühe
 
Im englischen Text steht da "... Britain's maritime rights..."

Dazu finde ich dann u. a. hier: Great Britain: The Acts, Orders in Council, &c. of Great Britain [on Trade],
Britain's "Rule of 1756" barred neutrals from trading with enemy ports normally closed to them in time of peace, allowing the British to virtually control the trade routes of the world in times of war. This policy had become, in British eyes, "its most ancient, essential, and undoubted maritime rights."
Also was @hatl und Kissinger sagen.:)

Zamoyski schreibt selbst weiter vorn (Kindle, Englisch, S. 30), sinngemäß und wie üblich herzlos von mir übersetzt:
"... Britanniens Bestehen auf das absolute und ausschließliche Wesen dessen, was es als seine 'maritimen Rechte' bezeichnete, nämlich, nach eigenem Ermessen jedes Schiff durchsuchen zu dürfen und solche Maßnahmen auch auf Hoher See durchzuführen." [also außerhalb seiner eigenen Hoheitsgewässer] ("... Britain's insistence on the absolute and exclusive nature of what she termed her 'maritime rights', effectively to search every ship at will and to invigilate the high seas.")

Das war also der aktuelle Zustand einer völkerrechtlichen Debatte/Zwistigkeit, die schon mindestens seit dem 17., ggf. schon dem 16. Jh. international für böses Blut gesorgt hatte, weil sich (nicht nur) die englische Krone, auf ihre Flotte gestützt, Rechte für den Seeverkehr herausnahm, die andere seefahrende Nationen, wie Frankreich oder die Vereinigten Niederlande, ihr nicht zugestehen wollten, bzw. für sich selbst reklamierten. Dazu gab's vor gar nicht allzulanger Zeit nen interessanten Artikel, ich meine im 'Mariner's Mirror', hab den aber leider gerade nicht zur Hand.
 
Das war also der aktuelle Zustand einer völkerrechtlichen Debatte/Zwistigkeit, die schon mindestens seit dem 17., ggf. schon dem 16. Jh. international für böses Blut gesorgt hatte, weil sich (nicht nur) die englische Krone, auf ihre Flotte gestützt, Rechte für den Seeverkehr herausnahm, die andere seefahrende Nationen, wie Frankreich oder die Vereinigten Niederlande, ihr nicht zugestehen wollten, bzw. für sich selbst reklamierten.

Ergänzend: Dazu kommt zeitgenössisch im Hinblick auf den Wiener Kongress noch der Umstand, dass die Frage dieser Parxis mit der von Großbritannien angestrebten Beendigung des transatlantischen Sklavenhandesls korrespondierte.

In diesem Zusammenhang wurde von britischer Seite ja durchaus auch auf die explizite Anerkennung dieses Verbots hingewirkt und im Hinblick auf die Durchführung nahmen sich die Briten (auch die USA, die ebenfalls mitzogen) heraus aus den afrikanischen Gewässern kommtende Schiffe auf dem Atlantik aufzubringen und zu kontrollieren, ob es sich um Sklavennschiffe und Slavenhänder handelte um diese zu sanktionieren.

Das man von britischer Seite her so sehr an der Beendigung des transatlantischen Sklavenhandels interessiert war, lässt sich zum Teil aus tatsächlich moralitschen Kategorien begründen, zu Teil mag auch die wirtschaftliche Schwächung der vor allem in Südamerika und im karibischen Raum noch aktiven Kolonialmächte (Frankreich, Spanie, Portugal) eine Rolle gespielt haben.
 
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