Enteignung

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Gast

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Seit wann gibt es schon Enteignungen und bei welchen Völkern fanden Enteignungen statt?
 
Hallo erst mal.

So lange, wie es Kreaturen auf dieser Welt gibt, gab es Enteignungen. Selbst bei den Tieren kommt das vor. Da heisst es Futterneid.
 
Einen wunderschönen Tag wünsche ich ;)

Seit wann es Enteignungen gibt - ich nehme an, Du meinst nur staatliche Enteignung, nicht privaten Diebstahl - kann ich Dir zwar nicht sagen, aber Enteignungen gibt/gab es häufig dann, wenn es zu sozialen Revolutionen kam, z.B. echte oder sogenannte Agrarreformen. Enteignungen gab und gibt es auch immer dann, wenn der Staat ein Interesse der Allgemeinheit daran sieht und die Gerichte ihm Recht geben, etwa beim Ausbau einer überregionalen Verkehrsverbindung.
In den Gesetzen der Römer, Stelle kann ich bei Bedarf heraussuchen, gab es einen Passus, dass die viae publicae über einen Randstreifen verfügen müssten, auf dem nicht gebaut werden dürfte. Die Existenz solcher Gesetze spricht dafür, dass man eine Grundlage brauchte, um eine Praxis zu beenden. Es ist vorstellbar, dass auch hier Enteignungen stattfanden.

So, ich hoffe, dieser Beitrag entspricht den gestellten Anforderungen.

Ich verbleibe mit freundlichem Gruße,

El Quijote
 
Land-Enteignungen im neuzeitlichen Sinne gibt es seit dem Bau der Eisenbahnen. Ab der Mitte des 19. Jahrhundert erließen die deutschen Staaten zu diesem Zweck Enteignungsgesetze, die das Verfahren der Taxation und den Rechtsweg hierfür (inklusive der zulässigen Rechtsmittel für die Eigentümer) regelten.
 
Kann man nicht auch das Einziehen von Kirchengütern im Zuge der Säkularisation oder der Reformation als Enteignung ansehen?

Vielleicht ist unser lieber Gast so freundlich und erläutert uns einmal den Zusammenhang. Könnte hilfreich sein... :fs:
 
Kann man nicht auch das Einziehen von Kirchengütern im Zuge der Säkularisation oder der Reformation als Enteignung ansehen?
Eher nicht. Bei der Säkularisation gingen ja Territorien mitsamt ihren reichsunmittelbaren Rechten auf neue Landesherren über. Bei der Enteigung hingegen wechselt(e) lediglich das Eigentum an Grund und Boden. Das hat eine andere Rechtsqualität.
 
Bei der Säkularisation gingen ja Territorien mitsamt ihren reichsunmittelbaren Rechten auf neue Landesherren über.


Nicht nur, auch fielen z.B. Güter von Klöstern an weltliche Herrscher, also der tatsächliche Landbesitz. Ebenso zu Reformationszeiten. Aus der oldenburgischen Geschichte ist mir die "Enteignung" des Klosters Hude bekannt.
 
Nicht nur, auch fielen z.B. Güter von Klöstern an weltliche Herrscher, also der tatsächliche Landbesitz. Ebenso zu Reformationszeiten. Aus der oldenburgischen Geschichte ist mir die "Enteignung" des Klosters Hude bekannt.
Auch hier finde ich den Begriff Enteignung problematisch bis unpassend, da Klostergüter und Kirchenbezirke ja oft Exklaven mit weitgehender oder vollständiger politischer Autonomie waren (Steuerrecht, Gerichtsbarkeit, Polizeigewalt, etc.). Man denke hier nur an die Dombezirke in Hamburg, Lübeck oder Ratzeburg, die ausdrücklich nicht zum Territorium dieser Städte gehörten.

Über den Fall des Klosters Hude kann ich allerdings nichts sagen. Vielleicht wurde hier ja wirlich nur das Land enteignet.
 
Zumindest ein Danke, lieber Gast hätte ich jetzt erwartet, für die Anstrengungen, die die Mitglieder hier unternehmen, um deine Frage zu beantworten.
 
Eher nicht. Bei der Säkularisation gingen ja Territorien mitsamt ihren reichsunmittelbaren Rechten auf neue Landesherren über. Bei der Enteigung hingegen wechselt(e) lediglich das Eigentum an Grund und Boden. Das hat eine andere Rechtsqualität.
Jaaaaaaaaaaaa aber.....................

Beispiel:
Bei der Säkularisation das Stifts Buchau ging die Grundherrschaft an Thurn und Taxis, die Landesherrschaft teils an Württemberg, teils an Hohenzollern. Den hohenzollernschen Teil der Grundherrschaft hat der Fürst von Hzl-Sig. als Privatmann! in den 1830ern den Thurn und Taxis abgekauft, um sie wiederum lange nach Abtretung der Landeshoheit an die Berliner Hzl.er zu verscherbeln.

Also ich denke man kann zumindest in den Fällen der Klöster schon von einer "Entschädigungslosen Enteignung" sprechen.
 
Auch hier finde ich den Begriff Enteignung problematisch bis unpassend, da Klostergüter und Kirchenbezirke ja oft Exklaven mit weitgehender oder vollständiger politischer Autonomie waren
Man könnte sagen, daß Säkularisierung eben mehrere Aspekte umfaßt: Sowohl die Enteignung der Immobilien als auch die politische Neuordnung.

Wobei die Begründung für die Säkularisierung (gerade in der Frühzeit der Reformation, aber auch später z. B. bei den Reformen Joseph II) sehr oft darin lag, daß Klöstergüter ja eigentlich öffentlicher Besitz wären, den Klöstern für die Erledigung ihrer Aufgaben anvertraut - und diese Aufgaben würden nicht mehr ordentlich wahrgenommen.
Mit anderen Worten: Das lief auf ein Verständnis hinaus, daß es dabei nicht um Enteignung oder Eigentümerwechsel ging, sondern um eine Art Umorganisation öffentlichen Eigentums.

Wobei ich bezweifele, daß die Betroffenen dieses Rechtsverständnis geteilt haben ...
 
Man könnte sagen, daß Säkularisierung eben mehrere Aspekte umfaßt: Sowohl die Enteignung der Immobilien als auch die politische Neuordnung.
Diese Definition finde ich sehr gut und passend.

Mit anderen Worten: Das lief auf ein Verständnis hinaus, daß es dabei nicht um Enteignung oder Eigentümerwechsel ging, sondern um eine Art Umorganisation öffentlichen Eigentums.

Wobei ich bezweifele, daß die Betroffenen dieses Rechtsverständnis geteilt haben ...
Ja, das alte Historiker-Problem: Die Übertragung von Begriffen auf Zeiten, für die sie eigentlich nicht richtig passen. Im nicht-laizistischen HRR waren die Kirchen ja auch Staatskirchen und Teil der Staatsgewalt, somit quasi staatsöffentlich.
 
Enteignungen, solange die Frage so allgemein gestellt bleibt wie oben, betreffen eben nicht nur Inmobilien, sondern auch mobile Werte wie Geld, Vieh, Rohstoffe, Patente und anderes geistiges Wissen sowie jede Form von "Besitz", die einem Anderen oder einer politischen Gruppierung nützlich sein kann....
Ist halt auch ein rechtliches Problem.
 
Jaaaaaaaaaaaa aber.....................

Beispiel:
Bei der Säkularisation das Stifts Buchau ging die Grundherrschaft an Thurn und Taxis, die Landesherrschaft teils an Württemberg, teils an Hohenzollern. Den hohenzollernschen Teil der Grundherrschaft hat der Fürst von Hzl-Sig. als Privatmann! in den 1830ern den Thurn und Taxis abgekauft, um sie wiederum lange nach Abtretung der Landeshoheit an die Berliner Hzl.er zu verscherbeln.

Also ich denke man kann zumindest in den Fällen der Klöster schon von einer "Entschädigungslosen Enteignung" sprechen.
Diese Argumentation fand ich schon immer lustig.

Die Kirche wurde zunächst mit öffentlichen Güter ausgestattet, um öffentliche Aufgaben zu erfüllen. Dann hat man im Rahmen der Säkularisation die ehemals öffentlichen Güter wieder eingezogen, um die öffentlichen Aufgaben nun lieber durch den Staat erledigen zu lassen und auch um den Staatshaushalt hierfür finanziell auszustatten. Die Kirchen wiederum argumentieren nun "enteignet" worden zu sein. Und zum Schluß wird dann noch per Konkordat als Entschädigung für die Wegnahme ehemals öffentlicher Güter die Kirchensteuer eingeführt. Geht's eigentlich noch???

Wenn ja, bitte ich um folgendes:
1. Der Staat möge mir Ländereien übereignen,
2. mir diese wieder wegnehmen und
3. mir als Entschädigung für diese "Enteignung" eine Steuer zukommen zu lassen. Zur Vermeidung des mit Punkt 1 und 2 verbundenen bürokratischen und zeitlichen Aufwands schlage ich vor, gleich zu Punkt 3 überzugehen.:D
 
Diese Argumentation fand ich schon immer lustig.

Die Kirche wurde zunächst mit öffentlichen Güter ausgestattet, um öffentliche Aufgaben zu erfüllen.


Die Kirche als Eigentümer gab es nicht. Es gab die unterschiedlichsten, später simplifizierend Kirche tituliert, Eigentumsformen. Ein Kloster unterschied sich doch wohl von einem geistlichen Landesfürsten.

Du bist wohl noch von der Geschichte des 19. Jh infiziert (die freilich bis weit ins 20 Jh hinreicht).

Von der Entschädigung weltlicher Fürsten, Grafen etc wäre da noch zu sprechen.
 
Die Kirche wurde zunächst mit öffentlichen Güter ausgestattet


Mir scheint da bei dir ein recht "modernes" Verständnis für "öffentliches Eigentum" zugrunde zu liegen. Dies kannst du aber schlechterdings für die Belehnung früherer Zeiten heranziehen.

Von der Entschädigung weltlicher Fürsten, Grafen etc wäre da noch zu sprechen.


Die weltlichen "Fürsten, Grafen etc" wurden aber ja nicht ihres tatsächlichen Besitzes enteignet, sondern büßten lediglich ihre Landesherrschaft ein. Wenn mich nicht alles täuscht, hatten wir zwischen diesen Dingen weiter oben schon differenziert.
 
Die weltlichen "Fürsten, Grafen etc" wurden aber ja nicht ihres tatsächlichen Besitzes enteignet, sondern büßten lediglich ihre Landesherrschaft ein. Wenn mich nicht alles täuscht, hatten wir zwischen diesen Dingen weiter oben schon differenziert.


Und wie kamen die Leiniger an den Main?
 


Nö. Oder wir reden hier aneinander vorbei. Amorbach war nicht reichsunmittelbar, Landesherren waren die Mainzer.

R.A. hatte - imho richtigerweise - zwischen der "Enteignung der Immobilien" und "politische(r) Neuordnung" unterschieden. Letzteres betraf sowohl weltliche als auch geistliche Territorien. Du hattest im Posting Nr. #15 von "Eigentum" (sic!) und "Entschädigung" gesprochen, nicht von Verlust der Landesherrschaft. Insofern bezog sich mein Posting (Nr. #16) auf die Enteignung von Gütern.

Eine solche Enteignung ist dem Kloster Amorbach natürlich wiederfahren, jedoch handelt es sich hierbei ja auch nicht um weltliche "Fürsten, Grafen etc", es ging also keiner Territorialherrschaft verlustig. Die Leininger hatten hernach die Landeshoheit über vormals (zumeist) kurmainzisches Gebiet, womit sie aber nicht auch Eigentümer jedes einzelnen Quadratmeters in diesem Territorium wurden.

Was die linksrheinischen Gebiete anbelangt, fielen dort wohl auch die weltlichen Herrscher "Enteignungen" (zugunsten Frankreichs?) zum Opfer, wofür sie allerdings rechtsrheinisch entschädigt wurden. Diesen Umstand hatte ich in meinem obigen Beitrag leider nicht bedacht, ich bitte um Entschuldigung. :red:
 
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