Equitem Pedo praefectus = Gaius Albinovanus Pedo poeta?

El Quijote

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Albinovanus Pedo wird von Ovid in einem Brief/Gedicht von 11 oder 12 n. Chr. als Freund adressiert (Ovid, Epistulae ex Ponto IV, 10), die beiden Senecae beschreiben ihn als guten Erzähler (Seneca Minor, Epistolae Morales, XX, 122: Pedonem Albinouanum narrantem audieramus (erat autem fabulator elegantissimus); Seneca Maior, Suasoriae: Latini declamatores in descriptione Oceani non nimis viguerunt, nam aut tumi(de) descripserunt aut curiose. nemo illorum potuit tanto spiritu dicere quanto PEDO, qui (in) navigante Germanico dicit).
Moderne Historiker (etwa Manuel Mañas Núñez) glauben, dass Albinovanus mit dem bei Tac. ann. I, 60 erwähnten Reiterpräfekten identisch ist. Tacitus erwähnt Pedo nur ein einziges Mal, eben als Reiterpräfekten, der 15 n. Chr. durch das Land der Friesen an die Ems ziehen soll, wo er sich mit Germanicus und Caecina an der Ems trifft. Der ältere Seneca zitiert aus einem Gedicht des Pedo, das nach der Einschätzung mancher Historiker nur von einem Augenzeugen der Ereignisse 16 verfasst worden sein kann, weshalb der Dichter Pedo von diesem mit dem Reiterpräfekten gleichgesetzt wird.

Iam pridem post terga diem solemque relictum
iamque vident noti se extorres finibus orbis,
per non concessas audaces ire tenebras
Hesperii metas extremaque litora mundi.
nunc illum, pigris immania monstra sub undis
qui ferat, Oceanum, qui saevas undique pristis
aequoreosque canes, ratibus consurgere prensis
‚ accumulat fragor ipse metus ‚ iam sidere limo
navigia et rapido desertam flamine classem,
seque feris credunt per inertia fata marinis
iam non felici laniandos sorte relinqui.
atque aliquis prora caecum sublimis ab alta
aera pugnaci luctatus rumpere visu,
ut nihil erepto valuit dinoscere mundo,
obstructo talis effundit pectore voces:
'quo ferimur?' fugit ipse dies orbemque relictum
ultima perpetuis claudit natura tenebris.
anne alio positas ultra sub cardine gentes
atque alium bellis intactum quaerimus orbem?
di revocant rerumque vetant cognoscere finem
mortales oculos. aliena quid aequora remis
et sacras violamus aquas divumque quietas
turbamus sedes?
 
ziemlich wortmächtiges Gedicht, aber als Laie der Bezug zu 16 zu sehen, umöglich
Dem überlieferten Ausschnitt geht ein einleitender Satz des älteren Seneca voraus:

Seneca Maior, Suasoriae: Latini declamatores in descriptione Oceani non nimis viguerunt, nam aut tumi(de) descripserunt aut curiose. nemo illorum potuit tanto spiritu dicere quanto PEDO, qui (in) navigante Germanico dicit).
 
Ich halte es für ganz unwahrscheinlich, dass Albinovanus die Ems persönlich in Augenschein genommen hat. Immania monstra Oceani hin, immania monstra her, gerade ein sensibler Dichter wie Pedo hätte doch auch die Naturschönheiten wahrnehmen müssen:
Die Ems "bahnt sich in immer neuen Formen und wechselnden Uferidyllen ihren Weg zum Meer. Die ... Landschaft der Ems bietet zahlreichen Tieren und Pflanzen wertvolle Lebensräume und zugleich den Menschen einen hohen Erholungs- und Freizeitwert."
(Ems )
 
Ich halte es für ganz unwahrscheinlich, dass Albinovanus die Ems persönlich in Augenschein genommen hat. Immania monstra Oceani hin, immania monstra her, gerade ein sensibler Dichter wie Pedo hätte doch auch die Naturschönheiten wahrnehmen müssen:
Die Ems "bahnt sich in immer neuen Formen und wechselnden Uferidyllen ihren Weg zum Meer. Die ... Landschaft der Ems bietet zahlreichen Tieren und Pflanzen wertvolle Lebensräume und zugleich den Menschen einen hohen Erholungs- und Freizeitwert."
(Ems )
Meines Wissens spielt die Schönheit der Natur in der bildenden Kunst und Literatur vor 1800 keine (große) Rolle. Naja, ab dem SpätMA ein idealisiertes bäuerliches oder Hirtenleben. Natur ist etwas, was bezwungen werden muss.

Seneca schreibt:

"Die lateinischen Redner zeichneten sich in der Beschreibung des Ozeans nicht besonders aus, denn entweder beschrieben sie ihn übertrieben oder pedantisch. Keiner von ihnen konnte mit so viel Schwung sprechen wie Pedo, der über die Seefahrt des Germanicus spricht."
 
Meines Wissens spielt die Schönheit der Natur in der bildenden Kunst und Literatur vor 1800 keine (große) Rolle. Naja, ab dem SpätMA ein idealisiertes bäuerliches oder Hirtenleben. Natur ist etwas, was bezwungen werden muss.
Ausonius und die Mosel? Da ist es doch geradezu eine Hymne auf die Kulturlandschaft:

Und die Fresken der antiken Villen, oft genug haben sie neben Gladiatorszenen und Venationes auch das Bukolische der Landschaft zum Thema.
Aber natürlich haben wir in der antiken Literatur in der Beschreibung der Idylle auch eine verkappte Lobpreisung der Schöpfer und Herrscher, oder der Auftraggeber des Autors.

Für einen römischen Autor wird eine Fluß- und Sumpflandschaft wie die der Ems allerdings eher nicht-bukolisch gewirkt haben, und eine Gezeitenlandschaft dann doch bedrohlich und abschreckend.

Germanicus war nun gerade nicht heiteren Geistes, umspielt von den Fischlein und begleitet von den Gesängen der fröhlichen Schiffer, entschlossen segelnd von Hallig zu Hallig, gegrüßt von den gut gesonnenen Einheimischen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Allerdings ist denkbar, dass Seneca der Ältere die Reisebeschreibung nur in Auszügen überliefert.
Das von ihm zitierte Fragment muss schon ungekürzt sein, da ja sonst die Verse unvollständig wären. Was vor dem überlieferten Auszug stand, wissen wir freilich nicht.
Meines Wissens spielt die Schönheit der Natur in der bildenden Kunst und Literatur vor 1800 keine (große) Rolle. Naja, ab dem SpätMA ein idealisiertes bäuerliches oder Hirtenleben. Natur ist etwas, was bezwungen werden muss.

Neben den von Pardela_cenicienta schon erwähnten antiken Idyllen und Ausonius' "Mosella" möchte ich noch auf die zahllosen hochmittelalterlichen Dichtungen verweisen, in denen das Erwachen der Natur nach dem Winter und insbesondere der Mai gefeiert werden, mit Schilderungen von Blumen und Vögeln.
 
Meines Wissens spielt die Schönheit der Natur in der bildenden Kunst und Literatur vor 1800 keine (große) Rolle. Naja, ab dem SpätMA ein idealisiertes bäuerliches oder Hirtenleben. Natur ist etwas, was bezwungen werden muss.

Seneca schreibt:

"Die lateinischen Redner zeichneten sich in der Beschreibung des Ozeans nicht besonders aus, denn entweder beschrieben sie ihn übertrieben oder pedantisch. Keiner von ihnen konnte mit so viel Schwung sprechen wie Pedo, der über die Seefahrt des Germanicus spricht."

Meines Wissens spielt die Schönheit der Natur in der bildenden Kunst und Literatur vor 1800 keine (große) Rolle. Naja, ab dem SpätMA ein idealisiertes bäuerliches oder Hirtenleben. Natur ist etwas, was bezwungen werden muss.

Seneca schreibt:

"Die lateinischen Redner zeichneten sich in der Beschreibung des Ozeans nicht besonders aus, denn entweder beschrieben sie ihn übertrieben oder pedantisch. Keiner von ihnen konnte mit so viel Schwung sprechen wie Pedo, der über die Seefahrt des Germanicus spricht."
Damit hat @El Quijote doch etwas Wichtiges über die Rezeptionsästhetik antiker Autoren erzählt: Seneca wusste wovon er schrieb, was er bei anderen vermisste, und er konnte Pedo einordnen als Autoren, der mit hoher Sachkenntnis und in gutem Stil über Germanien und den nördlichen Ozean schrieb.
 
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