Eroberung Germaniens nach Varus

Dass Rom unbedingt Germanien erobern wollte halte ich für modernistisches Denken. Natürlich ist ein Sieg und eine Reichtumsvermehrung ruhmfördernd und populär, aber selbst ein schlechter Kaiser hatte einfachere Möglichkeiten sich beliebt zu machen.

Commodus wütete in der Arena, Caligula warf Geld unter das Volk...
Bei den Volksmassen ja, aber nicht, wenn ein Kaiser auch Wert auf Anerkennung durch die Oberschicht und in der Nachwelt legte. Außerdem gab es natürlich auch Kaiser, die militärischen Ruhm anstrebten - und Kaiser, die ihre Verantwortung für das Reich ernst nahmen und sich Gedanken über die Zukunft machten.

Rom hatte (mindestens bis zur Reichskrise) eigentlich alles was es wollte; es war, anders als die Nationen heute, nicht von internationalen Finanzströmen abhängig.
Allerdings war die Handelsbilanz mit dem Osten arg negativ: Durch hohe Ausgaben für Luxusimporte aus Asien floß eine Menge Edelmetall in den Osten ab, was spätestens im 3. Jhdt. n. Chr. zu einer veritablen Edelmetallkrise und in weiterer Folge zu Münzverschlechterung und Geldentwertung führte.

Die Soldaten gefügig und willfährig zu machen ist zudem nicht so ein Problem. Das Bürgerrecht, Geld- und Landschenkungen.... bessere Argumente gibt es kaum.
Jein. Grundsätzlich hast Du schon recht, allerdings haben auch Soldaten ihren Stolz und ihr Schamgefühl und respektieren am meisten Herrscher, die selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Ein Herrscher, der jeglichen Krieg vermeidet, verliert ihren Respekt. Ein anschauliches Beispiel ist das Ende von Severus Alexander: Er (bzw. seine dominante Mutter) wollte von den Germanen den Frieden erkaufen. Für seine Soldaten hätte das eigentlich bedeutet, dass sie nicht in den Krieg und ihre Haut riskieren müssen. Trotzdem reagierten sie mit Unverständnis und Unwillen. Der Kaiser verlor jeglichen Respekt und wurde als verachtetes Muttersöhnchen ermordet. Neuer Kaiser wurde der Nur-Militär Maximinus Thrax, der auch prompt tief nach Germanien vorstieß. Und wenn ein Kaiser allzu weichlich auftrat (wie z. B. Elagabal), war ihm die Verachtung der Soldaten auch gewiss. Didius Iulianus, der sich die Kaiserwürde von den Prätorianern in einer regelrechten Versteigerung gegen einen Mitbieter mit hohen Summen erkauft hatte, hatte bei niemandem Rückhalt - nicht beim Volk, nicht bei der Armee, nicht bei den Prätorianern.

Zudem finde ich bei Caesar selbst keinen Hinweis daraus, dass er Germanien erobern wollte. (Sueton schreibt unter dem Eindruck Trajans anders.)
Im Gegenteil: das Abbrechen der Rheinbrücke spricht eigentlich eher dafür, dass er den Germanen zeigen wollte wo sie bleiben sollten, damit sie von Rom in Frieden gelassen werden.
Bei Caesar sehe ich auch keine Eroberungspläne. Diese fasste erst Augustus, als klar wurde, dass fortwährend Germaneneinfälle nach Gallien drohten.

Selbst Trajan liess ja dann Germanien in Ruhe sondern verleibt nur Dacien Rom ein.
Zum einen war die Bedrohung durch Dakien zu Traians Zeiten auch vordringlicher. Unter Domitian war es zu schweren Dakereinfällen gekommen. Außerdem gab es in Dakien mit reichen Bergwerken auch mehr zu holen.
Zum anderen hatte man die Pläne zur Eroberung Germaniens zu Traians Zeiten bereits aufgegeben. Domitian hatte die Germanienfrage propagandistisch für erfolgreich abgeschlossen erklärt.
 
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Rom hatte (mindestens bis zur Reichskrise) eigentlich alles was es wollte; es war, anders als die Nationen heute, nicht von internationalen Finanzströmen abhängig.

Aber nicht von wirtschaftlichen Sachverhalten; bspw...

Die Soldaten gefügig und willfährig zu machen ist zudem nicht so ein Problem. Das Bürgerrecht, Geld- und Landschenkungen.... bessere Argumente gibt es kaum.

.. was Land- und Geldschenkungen angeht: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Und das Stehlen im Ausland (=Erobern) ist halt für den innenpolitischen Frieden einfacher, zumindest wenn's klappt.

Zudem finde ich bei Caesar selbst keinen Hinweis daraus, dass er Germanien erobern wollte.

Nein, aber er hat Gallien erobert, ist dadurch aberwitzig reich geworden und konnte so in der Innenpolitik enorm viel bewegen, ua weil er dadruch seine Veteranen an sich binden konnte. Kann man fast als Vorbild für Germanien nehmen, oder könnte, wenn die Verhältnisse dort nicht sehr viel anders als in Gallien gewesen wären. Aber ob das (bzw die Folgen) den Beteiligten damals so klar war?
 
Die Verhältnisse waren vor allem insofern anders, als Augustus Germanien nicht persönlich zu erobern versuchte, sondern das anderen Feldherrn (teils zumindest aus seiner Familie, teils nicht einmal das) überließ. Dass ein Feldherr Reichtum und Macht erlangt wie einst Caesar in Gallien, war bestimmt nicht in Augustus' Interesse. Ich nehme schon an, dass er bei der Zuteilung von Kommandos darauf achtete, dass das nicht passieren konnte. Tatsächlich wechselte Augustus Feldherrn (zumindest die nicht zur Familie gehörigen) immer wieder aus oder betraute mehrere mit einem Krieg.
 
Dass ein Feldherr Reichtum und Macht erlangt wie einst Caesar in Gallien, war bestimmt nicht in Augustus' Interesse.

Da hast Du natürlich recht, aber Augustus hätte mE als princeps ganz andere Möglichkeiten gehabt, von den Eroberungen "seiner" Generäle zu profitieren, als das die Republik respektive der Senat von den Eroberungen Caesars gehabt hatte.
 
Augustus war auch dahingehend in einer relativ komfortablen Situation, daß er gute Generäle in seiner Familie hatte und diese offensichtlich auch noch loyal waren. Dazu kamen einige nicht Familienmitglieder, über die auch nix Negatives bekannt ist.

Spätere Kaiser handelten fast schon aus einer fortgeschrittenen Paranoia heraus, wenn es um ihre Generäle ging. Ob berechtigt oder nicht, aber so wundert es kaum, daß Augustus trotz Pax Romana mehr Kriege führte und das Reich stärker vergrößerte als selbst Trajan.
 
Allerdings war die Handelsbilanz mit dem Osten arg negativ: Durch hohe Ausgaben für Luxusimporte aus Asien floß eine Menge Edelmetall in den Osten ab, was spätestens im 3. Jhdt. n. Chr. zu einer veritablen Edelmetallkrise und in weiterer Folge zu Münzverschlechterung und Geldentwertung führte.

Ja unstreitbar. Aber eine Handelsbilanz macht noch keinen Staat. Sonst wären die USA schon längst das ärmste Land der welt.

Gerade im dritten Jahrhundert ist ein grosser Teil der Not den internen Machtkämpfen geschuldet.

Die Münzverschlechterung begann meines Wissens schon Aurelius um die höheren Kosten durch die Markomannenkrise nicht mit Steuerhöhungen ausgleichen zu müssen.

Oder täusche ich mich da?
 
Aber nicht von wirtschaftlichen Sachverhalten; was Land- und Geldschenkungen angeht: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Und das Stehlen im Ausland (=Erobern) ist halt für den innenpolitischen Frieden einfacher, zumindest wenn's klappt.


Ja, aus nichts kommt nichts, aber Rom wollte nicht in erster Linie mehr Geld, sondern wenn schon mehr Arbeitskräfte. Es gab noch kein hochgezüchtetes Saatgut, Traktoren und industrielle Bäckereien. (Fass das nicht als Beleidigung auf, ich weiss, dass du das weisst Reinecke)

Land hatten sie schon in der späten republikanischen Zeit genug; Das Problem war ein politisches, nämlich, dass der Senat sich geweigert hat es zu verteilen.
 
Ja, aus nichts kommt nichts, aber Rom wollte nicht in erster Linie mehr Geld, sondern wenn schon mehr Arbeitskräfte.

Naja, in einer Wirtschaft mit erheblichem Anteil von Sklavenarbeit läufts doch fast aufs gleiche hinaus. Das war ja auch ein wichtiger Teil von Caesars "Einnahmen" während der Eroberung Galliens. ;)

Land hatten sie schon in der späten republikanischen Zeit genug; Das Problem war ein politisches, nämlich, dass der Senat sich geweigert hat es zu verteilen.

Eben; das Land im Inland gehörte Inländern, oder wurde von welchen genutzt, die einer Verteilung an Veteranen eher ablehnenden gegenüberstanden. Für neu eroberte Gebiete galt das nicht, da konnte man sich frei bedienen, wenn mans militärisch erobern konnte.
 
Die Münzverschlechterung begann meines Wissens schon Aurelius um die höheren Kosten durch die Markomannenkrise nicht mit Steuerhöhungen ausgleichen zu müssen.

Die Münzeverschlechterung begann schon unter Caligula, wobei sie sich damals noch etwa die Waage gehalten haben soll mit dem Wirtschaftswachstum und so zufälligerweise eine folgerichtige Anpassung der Geldmenge darstellte. Der sparsame und konservative Tiberius hat noch mit Investitions-/Kreditprogrammen versucht die damalige Deflation zu bekämpfen.

Allerdings war das Zufall. Volkswirtschaft wurde von den Römern noch nicht auf wissenschaftlichem Niveau betrieben. Die Römer verstanden den Zusammenhang zwischen Geldmenge, Wirtschaftsleistung und Inflation nicht, weshalb auch Diokletians Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung eher hilflos wirken.

Die Zeit des Marc Aurel ist in der Tat ein Wendepunkt. Hier kamen gestiegene Staatsausgaben durch die Kriege und Einbruch der Wirtschaftsleistung durch die antoninische Pest zusammen. Der Teufelskreis begann. Es dauerte aber noch fast 1 Jhdt. bis der Deckel so richtig vom Topf flog.

Das die Inflation im 5ten Jhdt. dann auch bei der Silber- und Kupferwährung gestoppt werden konnte, war wiederum reiner Zufall. Irgendein Kaiser des Westens (Maiorianus?) kam zu der eigentlich vollkommen irren Auffassung, daß es angesichts einer stabilen Goldwährung keinen Sinn mehr macht, den Kleinkram zu prägen. Und plötzlich waren Silber- und Kupfermünzen wieder was wert ;)

Für den Westen kam das zu spät, aber der Osten hat es kopiert und auch das hat zu seinem Überleben beigetragen.

Um zur Zeit des Varus zurückzukommen: da kämpften die Römer eher mit dem explodierenden Wirtschaftswachstum, der ersten Globalisierung und deflationären Erscheinungen. Auch das verstanden sie nicht, haben es aber mit Trial & Error bewältigt.

Die Römer waren wirtschaftswissenschaftlich gerade mal der Steinzeit entronnen und haben den Euro (Denar) in einem kapitalistisch, globalisierten Wirtschaftsraum Europa flächendeckend eingeführt. Sollten unsere modernen Nationen mit all ihren Wirtschaftsweisen den Euro über 200 Jahre als hochperformante Währung etablieren können, wie es der Denar war, dürfen sie mit Stolz eine Sonderprägung in Silber auflegen, um sich nach 2000 Jahren vor dem Denar zu verneigen.
 
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Die Münzeverschlechterung begann schon unter Caligula, wobei sie sich damals noch etwa die Waage gehalten haben soll mit dem Wirtschaftswachstum und so zufälligerweise eine folgerichtige Anpassung der Geldmenge darstellte. Der sparsame und konservative Tiberius hat noch mit Investitions-/Kreditprogrammen versucht die damalige Deflation zu bekämpfen.

Allerdings war das Zufall. Volkswirtschaft wurde von den Römern noch nicht auf wissenschaftlichem Niveau betrieben.

Danke für die Info Agricola, aber wieso hätten sie Oekonomie auf wissenschaftlichem Niveau betreiben sollen?

Die Versorgung mit Brot war doch v.a.abhängig von der Stabilität und der Verfügbarkeit?

Und betreiben wir heute wirklich eine Wirtschaft auf wissenschaftlichem Niveau?
 
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Danke für die Info Agricola, aber wieso hätten sie Oekonomie auf wissenschaftlichem Niveau betreiben sollen?

Ich wollte damit nur sagen, daß in der Antike eben noch nicht alle Wissenschaften bekannt waren. Mathematik, Astronomie, Philosophie, Politologie wurden durchaus auf wissenschaftlichem Niveau betrieben.

Die Wirtschaftswissenschaften sind in der Tat eine sehr junge Wissenschaft. Und so betrieben die Römer in der Wirtschaftspolitik eher Blindflug ohne Instrumente.

Wieso sie das hätten tun sollen? Nun, sie wären vielleicht nicht offenen Auges in eine Hyperinflation gerannt. Auch hätten sie verhindern können, daß die gallische und afrikanische Wirtschaft die italische an die Wand drückt, hätte man Binnenzölle nicht nur als Instrument der Geldabschöpfung verstanden.

Ich kann mir durchaus vorstellen, daß wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen aus der Philosophie oder Politologie hätten entstehen können. Aber der Mann, der sich entsprechende Gedanken machte, wurde leider nicht geboren.

Aber wie ich schon sagte, die Römer kamen mit Trial & Error eigentlich ganz gut klar. Manche Maßnahmen bewirkten halt so genau das Gegenteil und verschlimmerten die Situation erst mal, bevor wieder gegengesteuert wurde. Schau dir die Preisedikte Diocletians an. Er hatte die Händler als die Bösewichte ausgemacht, die ihre Waren horteten. Damit lag er aber vollkommen falsch. Es war die Geldmenge und damit waren die Kaiser selbst verantwortlich! Die Umstellung der Besteuerung auf Naturalwirtschaft (anonna militaris) war dann eine logistische Meisterleistung und kurzfristig das einzig Machbare, um die Armee am Laufen zu halten. Aber langfristig hat er damit die Wirtschaft nur weiter abgewürgt.
 
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Na ja, ganz ehrlich, mir scheint die moderne Wirtschaftspolitik auch eher ein Blindflug zu sein. Die sogenannten Suprime-Anlagen wurde ja bis zum Crash 2008 als absolut sichere Anlage gepriesen; auch und gerade von Leuten die Wirtschaft studiert haben. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass man besser beraten wäre, wenn man die Zukunft, wie die Römer, aus dem Vogelflug anstatt aus den Börsenkursen zu lesen versucht.

Zudem waren Diokletians Preisfixierungen eine Notmassnahme um dem Volk nach nahezu 70 Jahren Bürgerkrieg überhaupt wieder selbst zu ermöglichen die Güter des täglichen Bedarfs zu erwerben. Dass nach und in einem Krieg Nahrungsmittelknappheit herrscht, wusste wohl jeder Römer und die Händler haben das z.T. schamlos ausgenutzt. Das Problem wurde also nicht von der Oekonomie verursacht, sondern von der politischen Instabilität.

Die Oekonome ist ausserdem heute ein politisches Schlachtfeld. Ob den Römern unsere ideologischen Grabenkämpfe zw. Marx und Adam Smith wirklich geholfen hätte wage ich zu bezweifeln.
 
Um zur Zeit des Varus zurückzukommen: da kämpften die Römer eher mit dem explodierenden Wirtschaftswachstum, der ersten Globalisierung und deflationären Erscheinungen. Auch das verstanden sie nicht, haben es aber mit Trial & Error bewältigt.

Die Römer waren wirtschaftswissenschaftlich gerade mal der Steinzeit entronnen und haben den Euro (Denar) in einem kapitalistisch, globalisierten Wirtschaftsraum Europa flächendeckend eingeführt. Sollten unsere modernen Nationen mit all ihren Wirtschaftsweisen den Euro über 200 Jahre als hochperformante Währung etablieren können, wie es der Denar war, dürfen sie mit Stolz eine Sonderprägung in Silber auflegen, um sich nach 2000 Jahren vor dem Denar zu verneigen.
besonders der zweite Absatz spricht eigentlich für dieses (angebliche) Trial & Error :):) warten wir ab, ob der wirtschaftswissenschaftlich perfekte (?...) Euro auch nur die Hälfte, ach was sag ich, ein Viertel der Lebensdauer des erwähnten Denars hinkriegen wird :):)
 
besonders der zweite Absatz spricht eigentlich für dieses (angebliche) Trial & Error :):)

Wir wissen es nicht besser. Es mag sein daß das epochale Werk zur römischen Makroökonomie zusammen mit der Zentralen Truppendienstvorschrift der römischen Legion in Pompeji gelagert wurde ;)

Wobei Trial & Error in der Systemtheorie als Regelkreis bezeichnet wird. Das kann einen sehr effiziente Vorgehensweise sein. Es hilft allerdings, aufgrund allgemeiner Modellvorstellungen zu wissen, in welche Richtung man die Schraube auf keinen Fall drehen darf; Stichwort Keynesianische Falle in der Wirtschaftspolitik.
 
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Augustus war auch dahingehend in einer relativ komfortablen Situation, daß er gute Generäle in seiner Familie hatte und diese offensichtlich auch noch loyal waren. Dazu kamen einige nicht Familienmitglieder, über die auch nix Negatives bekannt ist.

Spätere Kaiser handelten fast schon aus einer fortgeschrittenen Paranoia heraus, wenn es um ihre Generäle ging. Ob berechtigt oder nicht, aber so wundert es kaum, daß Augustus trotz Pax Romana mehr Kriege führte und das Reich stärker vergrößerte als selbst Trajan.
Erstens waren die Kriege der meisten Kaiser kein Selbstzweck, um Feldherrenruhm zu gewinnen, sondern erfolgten aus außen- oder innenpolitischen Gründen heraus. Augustus ging es vor allem darum, Vorfeldsicherung zu betreiben, indem er Gebiete, von denen aus das Reich bedroht wurde, unterwarf und die Grenzen zu "natürlichen" Grenzen wie Rhein (geplant eventuell Elbe) und Donau vorschob. Diesem Ziel diente u. a. die Unterwerfung des Alpenraums, von wo aus es in der Vergangenheit immer wieder zu Raubzügen nach Norditalien gekommen war, und weiter Gebiete am Balkan, womit auch die in der Vergangenheit fast permanenten Grenzkriege der Statthalter Macedoniens gegen Illyrer und sonstige Nachbarn ein Ende fanden. Dass es Augustus nicht um die Reichsvergrößerung als Selbstzweck ging, sieht man schon daran, dass er Thrakien unabhängig beließ und auch auf eine Umwandlung diverser asiatischer Klientelreiche in Provinzen verzichtete. Claudius erfüllte mit der Unterwerfung Britanniens eine latente innenpolitische Erwartungshaltung. Aber im Wesentlichen waren mit den Eroberungen des Augustus die anstehenden Hausaufgaben erledigt. Auch Traian führte seine Kriege nicht aus purer Eroberungsfreude heraus, sondern vor allem die Unterwerfung Dakiens war nach schweren Einfällen unter Domitian und der anhaltenden Bedrohung durch Decebalus durchaus sinnvoll.
Zweitens hielt auch Augustus seine Feldherren zunehmend an einer immer kürzeren Leine. Während in seinen ersten Regierungsjahren noch diverse Feldherren triumphieren durften, war ab 19 v. Chr. für Nichtfamilienmitglieder Schluss damit. Und natürlich wird er nicht deshalb bevorzugt seine Familienmitglieder als Feldherren eingesetzt haben, weil es sonst niemand Fähigen gab.

Wieso sie das hätten tun sollen? Nun, sie wären vielleicht nicht offenen Auges in eine Hyperinflation gerannt. Auch hätten sie verhindern können, daß die gallische und afrikanische Wirtschaft die italische an die Wand drückt, hätte man Binnenzölle nicht nur als Instrument der Geldabschöpfung verstanden.
Die Außenzölle an der Ostgrenze von bis zu 25% (im Unterschied zu den sonst üblichen 2,25%) dürften allerdings durchaus auch eine Eindämmung der Luxusimporte aus dem Osten bezweckt haben.
 
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