erste Ursprünge der Religionsgeschichte

Selbstverständlich kann ich ein Buch lesen wie "Das Heilige und das Profane", was wer geschrieben hat, um Religion als immer wiederkehrendes Naturereignis und als absolutes Insichhaben zu verklären. Hilft mir aber nicht weiter beim Homo erectus, da dieser gar nicht existieren dürfte, weil dann nämlich unsere Religiösität vom Affen abstammen müsste.
Rituale, und sei es beim Homo erectus oder bei den Schimpansen, sind nicht grundsätzlich religiöser Natur! Anscheinend wird beim Wort Ritual grundsätzlich Religiösität vermutet.
Also ich denke hier liegt eine Mißverständniss vor, ich sprach nicht von Ritualen (deine Def. der Rituale würde ich folgen) sondern von Religion.
Klären wir doch erstmal den Begriff:
Aus Müller 2002
"Bereits 1977 hat [...] N. Luhmann einen Religionsbegriff formuliert, der noch heute gültig ist und auch in den klassischen antiken Religionswissenschaften angewendet wird [...]. Er definiert Religion als ein von Mensch in der Praxis angewandtes Mittel zur Auseinandersetzung mit seiner eignen Beschränktheit: als eine Bewältung jener unwägbaren Zufälle, denen er sich wehrlos ausgesetzt sieht." S.8
"[...] Walter Burkert die Religion auf ein biologisches Grundbedürfniss des Menschen zurückgeführt, welches letzendlich auch bei ihm in der Furcht vor dem Tod und in der Zuwendung zum Leben seinen Ausgangspunkt nimmt."S.8

Mir gehts es bei der Diskussion eher darum auch den Blick ein wenig zu öffnen und eben den verschiedenen Urmenschen eine wie auch immer geartete Religion zu unterstellen.
Gesichert ist dies, meiner Meinung nach, für den Homo sap. nea. für den entwickelten Homo erect. ist das eine Spekulation.

Es gibt einen deutschen Prähistoriker L. Fiedler der sich sehr stark mit dem Begriffen der Tradition, Kultur und Sozialem (dazu gehört auch Religion) bei den sog. Urmenschen beschäftigte.


@ Hurvinek
Ich findes es schade das du das Buch von Eliade so runtermachst, es gilt bei den Religionswissenschaftlern und Ethnologen immer noch als Standartwerk.
Und ohne aktuelle wissenschaftliche Literatur ist die Diskussion ein blosser Meinungsabtausch ohne Erkenntnissgewinn.
Vielleicht findest das ja besser:
Götter-Gaben-Rituale. Felix Müller, Mainz 2002, Kulturgeschichte der antiken Welt 92.
 
Zu dem Thema kann ich auch eine Aussage von P.M. History empfehlen:
Dezember 2007 Die ungelösten Rätsel der Schöpfung

Da wird genau beschrieben, wie sich verschiedene Religionen bildeten und wie die Anfänge waren.

Religion ist Glauben an etwas Höheres, Göttliches. Das zeichnet ja die meisten Religionen aus, nämlich der Glauben an einen/mehrere Gott(heiten). Schon im antiken Griechenland gab es Götter für alle möglichen Dinge: Ernte, Meer, Jagd, Fortpflanzung. Naturkatastrophen, die man sich nicht erklären konnte, wurden auf die Götter geschoben. So war es in vielen Religionen, und ist es wahrscheinlich manchmal noch heute. Man kann sagen, Religion ist die Flucht vor der eigenen Unkenntnis, und hin zu einer Erklärung die allen wissenschaftlichen Regeln widerspricht. So war es auf jedenfall früher, im heutigen Christentum hat sich das natürlich geändert.

Auch schon die Urmenschen konnten glauben, der Geist, die Seele, das Glauben an eine höhere Existenz unterscheidet uns von den Tieren. Es wurden ja auch schon Grabstätten gefunden, die unweigerlich auf Religion schließen lassen.

Lg
Balduin
 
Der Grund ist ist hierbei in der starken entwicklung des sozialverhaltens dieser Menschen zu sehen. Mir erscheint es einfach nicht plausibel, dass eine Menschenform die organisiert auf (Groß)-Wildjagd ging, z.t. sogar langfristig genutzte Rastplätze (z.b Bilzingsleben) kannte und in Gruppen umherstreifte sich nicht mit dem Tod etc. auseinander setzte.

Auch Tiere (Wölfe, Löwen) jagen in Gruppen, besetzen mancmal über viele Generationen eine Territorium und setzen sich mit dem Tod nur auf eine Weise auseinander: Sie fressen totes Viehzeug.

Deswegen find ich diese Blumen-Neandertaler-Sache so spannend (ja, ich weiß, ist alles nicht bewiesen, daher Konjunktiv). Wenns denn war wäre, hätten wir eine ritualartige Handlung, die es wahrscheinlich macht, dass die Handelnden sich in irgendeiner Art Gedanken über den Tod machten, ev. gar an ein "Leben nach dem Leben" glaubten.

Aber das ist halt nur Spekulation !
Aber spannend :winke:
 
Auch Tiere (Wölfe, Löwen) jagen in Gruppen, besetzen mancmal über viele Generationen eine Territorium und setzen sich mit dem Tod nur auf eine Weise auseinander: Sie fressen totes Viehzeug.

Stimmt, aber sie bauen keine Hütten, stellen keine Werkzeuge her und und.....
Die ganze Frage die hinter diesem Thema steht ist doch, ab wann ist der Mensch ein Mensch in unserem heutigen Verständniss.
Als ein Kulturschafffendes Wesen.
Hier gehen die Meinungen auseinander.
Mein Prof. sieht das wohl erst mit Homo sap. sap., Herr Dr. Lutz Fiedler ist da schon viel "mutiger".
Klären wird sich die Frage wohl nie (es sein denn das man z.b. eine Bestattung des Homo erectus findet).
So neben bei mal gedacht und nachgeschaut, sind die Funde von Homo erectus Knochen spärlich. Aber es gibt zumind. den Hinweis, das keine Aasfresser die Knochen abnagten, also müssen diese Menschen auch irgendwie unter die Erde gekommen sein.
Davon ab ist es auch nicht schlau seine Toten einfach in der Nähe liegen zu lassen, das holt nur die Räuber ans Lager. So und nun steht man vor der phils. Frage Bestattung mit religiösem Hintergrund oder einfach pragamtische Verbuddeln. Ich meine in Anlehnung an Ethnologische Forschungen, das gerade bei Jägern/Sammlern fast alle solchen Handlungen mit einem reichen Kanon von religiösen Ritualen verbunden ist.
Warum kann man sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, das auch weniger entwickelte Menschenformen dies taten.
 
Richtig, insofern ein kleiner Nachtrag zu meinem obigen Posting. Die Differenzierung von Glaube, also Religiösität und Religion halte ich schon für sinnvoll. Eine Gleichsetzung letzterer mit einen "Ausbeutungssystem" ist aber sicher falsch.

Du meinst, es gibt religiösen Glauben, der keiner Religion angehört? Und das heisst Religiösität?
Hast du gerade was erfunden?
In welcher Gemeinschaft kann ich mich mit solchen Gläubigen treffen?
 
@Hurvinek: Du meinst, es gibt religiösen Glauben, der keiner Religion angehört? Und das heisst Religiösität?

Ich denke, ja das gibt es. Welches Weltbild jeder Einzelne hat, ist doch Privatsache. Und wenn jemand in seinem Wohnzimmer Tarotkarten zieht, Räucherstäbchen abbrennt und an das Universum als Allmacht glaubt - das ist in meinen Augen Religion, ohne Religionsgemeinschaft.
 
Du meinst, es gibt religiösen Glauben, der keiner Religion angehört? Und das heisst Religiösität?
Hast du gerade was erfunden?
In welcher Gemeinschaft kann ich mich mit solchen Gläubigen treffen?

Nein: Religion ist ein System, Religiosität ist das Ausfüllen des Systems durch den/die Gläubigen.
 
Also ich denke hier liegt eine Mißverständniss vor, ich sprach nicht von Ritualen (deine Def. der Rituale würde ich folgen) sondern von Religion.
Klären wir doch erstmal den Begriff:
Aus Müller 2002
"Bereits 1977 hat [...] N. Luhmann einen Religionsbegriff formuliert, der noch heute gültig ist und auch in den klassischen antiken Religionswissenschaften angewendet wird [...]. Er definiert Religion als ein von Mensch in der Praxis angewandtes Mittel zur Auseinandersetzung mit seiner eignen Beschränktheit: als eine Bewältung jener unwägbaren Zufälle, denen er sich wehrlos ausgesetzt sieht." S.8
"[...] Walter Burkert die Religion auf ein biologisches Grundbedürfniss des Menschen zurückgeführt, welches letzendlich auch bei ihm in der Furcht vor dem Tod und in der Zuwendung zum Leben seinen Ausgangspunkt nimmt."S.8
Muß man dann nicht sagen, dass Religion mit einem gewissen Grad an Intelligenz erwartet werden muß? Also dann, wenn der Mensch sich geistig mit Fragen zu Tod oder Schicksal auseinandersetzt.
 
Muß man dann nicht sagen, dass Religion mit einem gewissen Grad an Intelligenz erwartet werden muß? Also dann, wenn der Mensch sich geistig mit Fragen zu Tod oder Schicksal auseinandersetzt.

In dem Moment, in dem das Gehirn ausgereift genug war, die zeitliche Dimension zu erfassen, also Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu begreifen, musste sich meines Erachtens die Frage nach dem Ursprung und der Zukunft des Lebens und damit nach dem Sinn stellen.
 
Du meinst, es gibt religiösen Glauben, der keiner Religion angehört? Und das heisst Religiösität?
Hast du gerade was erfunden?
In welcher Gemeinschaft kann ich mich mit solchen Gläubigen treffen?
Rein logisch, ohne in die Tiefe der Sache zu gehen, zumindest bei den Gründern neuer Religionen.
Empirisch fällt mir dazu die Häresie des Leuthard bei Cambrai ein, die IMO singulär war, d.h. keine Anhänger hatte.
 
Ich denke mal,daß sich Religiösität oder auch Glauben entwickelt hat,nach dem der Mensch,welcher Gattung auch immer,ein Selbstbewußtsein entwickelt hat und begann die irdische Endlichkeit seines Seins zubegreifen.Wenn er sich des Endes bewußt war muß er sich auch eines Anfangs bewußt gewesen sein.Da aber kein Mensch gerne nur eine bestimmte Zeit existieren möchte und um die Angst vor dem Tod besser zu bewältigen begannen sie eventuell über das Danach nachzudenken.Meines Erachtens war oder könnte dies der Beginn von Religion gewesen sein
 
Mir ist das alles zu "feingeistig".... War mal wer bei einem schwarzamerikanischen Babtistengottesdienst :)

Exstase, Drogen, Tanz, "Orgien" sind ebenfalls Bausteine des Religiösen...
 
@deSilva
ja schon,aber es geht doch um die Ursprünge,nicht um spätere Auswüchse von Glauben welcher Art auch immer
 
Hallo,

weiter oben wurde schon das Problem hingewiesen, Begriffe wie Religionsakt und Ritual abzuschichten; man könnte auch noch Exstase, Kultus und Mediation hinzunehmen. (Siehe den einigermaßen grotesken "Religionsmonitor", den Bertelsmann unlängst kreierte.)

Ich muss gestehen, dass ich auch Probleme mit Mircea Eliade habe, die sich nach dem Durchblättern seines Hauptwerks "Geschichte der religiösen Ideen" (4-bändig, jetzt als Taschenbuch-Kassette) noch verstärkt haben. Sie rühren daher, dass der Autor das Religöse für omnipräsent hält: "Mensch sein, oder besser: werden heißt 'religiös' sein" (a.a.O., Bd. 1, S. 7).

Ich halte es mit dem Evolutionsbiologen Franz Wuketits, wonach Religion zu verstehen ist - nicht weit von Luhmann oder Freud entfernt - "als ein psychologischer Mechanismus, der den Menschen hilft, die ganze Tragödie des Daseins zu überwinden, gleich ob konkrete Inhalte der Religion wahr sind oder nicht". Das macht es natürlich schwierig, früheste Akte von Religionsausübung einwandfrei als solche zu identifizieren.

Auf der sicheren Seite ist man wohl erst dann, wenn für eine bestimmte Handlung der Nachweis gelingt, dass sie im Zusammenhang mit einem "höheren (nichtmenschlichen) Wesen" steht, mit dem sich der Handelnde verbunden oder abhängig glaubt.

Gruß js
 
Auf der sicheren Seite ist man wohl erst dann, wenn für eine bestimmte Handlung der Nachweis gelingt, dass sie im Zusammenhang mit einem "höheren (nichtmenschlichen) Wesen" steht, mit dem sich der Handelnde verbunden oder abhängig glaubt.

Gruß js

Hm. Dann ist man wohl am sichersten mit einer Naturreligion dran , denn die Natur steht ja zweifelsohne in Zusammenhang mit dem Menschen und beeinflusst /bestimmt sein Leben . ;)
 
Hm. Dann ist man wohl am sichersten mit einer Naturreligion dran , denn die Natur steht ja zweifelsohne in Zusammenhang mit dem Menschen und beeinflusst /bestimmt sein Leben . ;)

Könnte man so sagen. Den Begriff "Naturreligion" halten allerdings viele für obsolet (vgl. z. B. Wikipedia).

Vielleicht sollten Sie als Fragesteller nochmals präzisieren, woraufs Ihnen ankommt. Für Ethnologen, Soziologen und Historiker wird es ja vor allem dann spannend, wenn Religiosität/Religion/Glaube zu Gruppennormen extrahiert werden, die Gehorsam von den Gruppenmitgliedern fordern und ggfs. zwangsweise durchgesetzt werden.

Die schon zitierte Wikipedia-Beitrag macht übrigens auf den Zusammenhang zwischen Religionstyp und Wirtschaftstyp aufmerksam. (Max Weber hat dazu auch furchtbar viel geschrieben...;))
 
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