Das Landschaftserlebnis der Römer ist auf Räumlichkeit, Offenheit ausgerichtet. Es gibt die wunderbar leichten römischen Wandmalereien, mit Unschärfe als Hilfsmittel der Perspektive.
Und dann gibt es die Barbaren, diejenigen mit denen man nicht zurecht kommt, die auf irgendeine Art militärisch unerwartet erfolgreich waren.
Was man ja auf keinen Fall als eigenes Versagen der eigenen römischen Denkweise und militärischen Taktik sehen wollte.
Also war die Lesart: ein unwirtliches dunkles Land, mit Kälte und Regen, feindlichen Wäldern und feindlichem Wetter, in dem es nur die zotteligen Barbaren aushalten.
Keinesfalls durfte die Lesart sein: unsere eigenen Truppen haben sich gegen uns gestellt (denn die Hypothese, es seien die germanischen Auxiliartruppen gewesen, hat unwiderlegten Charme), wir haben uns in ungeeignetes Gelände begeben, wir haben die Beweglichkeit unserer Gegner unterschätzt, wir haben einen "immensum bellum" geführt, Tribut von ohnehin gebeutelten Einheimischen verlangt, Gewalt gegen Menschen und Dörfer geführt, und uns dann gewundert dass diese Barbaren unseren Schutz nicht wollen und uns in die Falle locken.
Und unsere Schwächen und Fehler beobachtet haben und eine überlegene Taktik anwenden.
Die Lesart musste sein: Wetter und Unwirtlichkeit des Landes waren gegen uns.
Irgendwie mag ich diese Sichtweise, aber andererseits will ich auch nicht so recht glauben dass die Menschen damals wirklich so dumm gewesen sein sollen und das so geglaubt haben. Eher glaube ich, dass Publius Cornelius Tacitus und Cassius Dio nichts „Falsches“ sagen/schreiben wollten, da das den damaligen Kaisern sicher nicht gefallen hätte. Könnte das nicht auch sein?