Ethnogenese und frühe Geschichte der Goten

A propos Wielbark-Kultur

An Dieter
Wo stammt das doch gleich her?:
"Der Geist weht wo er will.Du hörest wohl sein Brausen...."
Wir wollen ihm seinen umfang- und aufschlussreichen Beitrag nicht verdenken, auch wenn Du streng genommen Recht hast. Einverstanden?

An den Geist aus Marburg
Vielen Dank für Deine schöne Zusammenfassung. Bierbrauer steht schon eine Weile auf meiner Leseliste, ist aber da wo ich wohne schwer dranzukommen. Dein Beitrag macht die notwendige Anstrengung überflüssig (fast). Aber zur Sache:
Ich sehe da eine Geschichte der Entwicklung und Ausdehnung eines bestimmten kulturellen Ensembles, aber was definiert eine Ethnie? Ihr materieller Besitz?
weshalb sollen die Träger der Wielbark-Kultur die Goten sein? Weil dort einerseits "Gothonen" verzeichnet sind, andererseits das so schön mit der Wandersage übereinstimmt?
Aber warum sollen die Gothonen eigentlich Goten sein? Sind die Pictonen des Poitou ein Zweig der schottischen Picten? Ich meine auch, die von Tacitus in der Germania erwähnten Oxionen sind doch wohl eher *Oka-Anwohner (bei Moskau) als Oxen.
Und was die Wandersage angeht, so geht ihre Formulierung zweifellos auf Cassiodor zurück, der das "gotische Vaterland" (Getica §§30-31) von der Weichsel über die Maeotis hinaus bis jenseits der Kaspis reichen lässt.
Er hat auch sichtlich geographische Vorstellungen die denen Ammians gleich oder sehr ähnlich sind, der die ursprünglichen Sitze der Hunnen "...ultra paludes Maeoticas glacialem oceanum accolens..;" nennt. (Amm.31,2) Und das Kaspische Meer als Bucht des nördlichen Eismeers definiert, genau so wie das "Mare Suebicum", alias Ostsee. Das war eine verbreitete Vorstellung. Sie findet sich bei Strabo und Plinius.
Was ist unter diesen Umständen von der Wandersage zu halten? Und wenn auf sie kein Verlass ist, wer oder was beweist dann die "Gothizität" der Wielbark-Kultur?
Zitate:
//Neuere Forschungen beziehen sich im ersten Schritt nur auf den archäologischen Sachverhalt,...//
und// Die Landnahme von Wolhynien und der Ukraine ; Cernjachovkultur. Etwa zeitgleich mit der gotischen Landnahme in der 1. Imm.phase erreichen erste Wielbark-Goten Wolhynien und die Ukraine, der in diesem Zeitraum ( B2/C1 und C1a) zu datierenden Fundstoff ist aber zu spärlich um von einer Landnahme zu sprechen. Landnahme erfolgt erst ab C2 in der Ukraine ( um die Mitte des 3. Jh. n.) //
Eine Karte der Cernjachov-Kultur findet sich bei Heather <The Goths> und alle mir bekannten Arbeiten schreiben sie den Goten zu. Wie ich sehe, dank Deinem Beitrag, auch Bierbrauer. Es handelt sich um ein Dreieck: Donaudelta---Dnjepr-Unterlauf---Weichsel-Oberlauf.
Aber anscheinend halten es weder Wolfram und Giese, noch der Engländer Heather oder der Franko-Russe Kazanski für notwendig zu Getica §§34-35 Stellung zu nehmen, wo genau dieses Dreieck als Siedlungsgebiet der Slaven (Venether, Sclavenen, Anten) bezeichnet wird. Und zwar für die erste Hälfte des 4.Jh.( Getica§119)
Alle vier Autoren aber haben in den letzten Dezennien eine Geschichte der Goten verfasst und ihnen dabei die Cernjachov-Kultur zugeschrieben.
Sollte wirklich einmal jemand darauf hingewiesen haben, so wird er weder widerlegt noch bestätigt, oder auch nur zitiert.
Das wird anscheinend schlicht "totgeschwiegen". Oder wie soll man das sonst nennen? Ist die Getica in der Wandersage glaubwürdig, und nur in ihr, sonst nicht?
Grussj
Boiorix
PS: Es gab hier im Forum vor einem halben Jahr mal einen Thread:"Ethnogenese und frûhe Geschichte der Goten.", der inzwischen eingeschlafen ist
Wenn Dich das Thema interessiert, dann kônnen wir ja dort weiterdiskutieren. Dort handelt es sich auch nicht speziell um die Krimgoten.
Dieter kann also keinen Einwand haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Boirix
Zitat:
"Ich sehe da eine Geschichte der Entwicklung und Ausdehnung eines bestimmten kulturellen Ensembles, aber was definiert eine Ethnie? Ihr materieller Besitz?
weshalb sollen die Träger der Wielbark-Kultur die Goten sein?"

Ich persöhnliche stehe "ethnischen Deutungen" zumeist sehr kritisch gegenüber (meine Position ist der von Sebastian Brather sehr nahe). Das was ich hier reingestellt habe ist eine Zusammenfassung aus Bierbrauer und einigen weiteren Werken zu den "frühen Goten".
Das mit der Wielbark-Kultur als Vorgänger der Gotischen Kultur scheint im Moment als Forschungsmeinung zu gelten, ein gutes Indiez ist die fehlende Waffenbeigabe bei den Männern , dieser Bestattungsmodus ist schon in der Wielbark Kultur vorhanden und läßt sich auch in der Cernjachovkultur als auch der Sintana der Murres Kultur in Rümanien.
 
Hallo, ist vielleicht eine blöde Frage aber mit Jordanes/Cassidor ist doch nicht cassiodorus(der Schreiber Theoderichs) gemeint?
 
Der Geist@:

Oksywie- und Wielbark-Kultur.
Alles was Du geschrieben hast ist sehr richtig. Man muss aber bemerken, dass fast alles, was wir heute uber beiden Kulturen wissen - ist praktisch der Werk des einen Mensches - Ryszard Wołągiewicz aus Museum Stettin.
Mit ganz allen Defekten dieser Situation.
Er war der erste, der beide Termine in die Literatur gepragt. Wołągiewicz war aber vor allem der einzige Archeologe (ausser Mirosław Pietrzak in Museum Gdansk), der durch 40 Jahre nach 1945 irgendwelche Interesse fur RKZ Pommerns gehabt hat. Die Komunisten haben einfach den Archeologen verboten, um sch mit Goten und anderen Germanen zu interessieren. Mit allen Konsekuenzen. Heute klingelt das unglaublich, aber ein Typ hat im Posen in den fruhen 1960-en Jahren die Magister-(Oder Doktor?-) -Arbeit uber Jastorf-Kultur in Pommern gemacht. Und danach hat er so ernste Probleme mit Sicherheits-Dienst, dass er endlich nach Schweden auswandern musste. Einfach jede Interesse fur Urgermanen war sofort "Rewisionismus". Die Archeologen im Pommern sollten bis 1970-ten die slawischen Wurzeln des Regions zu beweissen und nichts mehr. Ein Beispiel - als ein junger Mann (1950-en) hat Wołągiewicz die Nadodrze-Gruppe der Jastorf-Kultur in Westpommern definiert. Er wollte am Anfang die Dissertation uber die Jastorf-Kultur in Westpommern schreiben. Er hat das an der Uniwersitat Posen fast 25 Jahre zu machen versucht, aber ohne Erfolg. Endlich hat er gestopt. Wołągiewicz ist in 1994 an Krebs gestorben. Er hat keinen Nachfolger erzogen, weil er keine Moglichkeiten arbeitend in Museum Szczecin. Man muss auch im Gedachtniss haben, dass dieses Musem an mittelalterlichen Forschungen orientiert wurde. RKZ war immer nur ein tiefer Rand der Artivitat von diesem Museum.
RKZ im Pommern wird seit der Mitte der 1970-en Jahren von Uniwersitat Posen untergesucht. Und die Forschunglage andert sich.
Herr Bierbrauer schreibt zB (nach Wołągiewicz wie ich glaube) : "Zeitlicher und regionaler Vorgänger ist Oksywie (=Oxhöft) Kultur ". Heute stellen die Spezialisten vor allem die Frage, ob die "Oksywie-Kultur" existiert, weil die regionalen Unterschieden z.B. unter Weichselmundung und Westpommern zu ernst sind. Und Kontinuitat zwichen Oksywie- und Wielbark-Kultur ist auch sehr problematisch. Oksywie-Kultur ist ganz nicht homogenisch. Bis A3/B1 sieht jedes Graberfeld dieser Kultur anders aus. Die Bestatungen der vorromischen Eisenzeit werden in Wirklichket nur auf ca 30% der Wielbark-Graberfelder entdeckt. Und es gibt noch weniger Graber mit den romischen Elemente auf den Graberfelder der Oksywie-Kultur. Die Frage der "skandinavischen" Elemente in Oksywie-Kultur ist auch nicht so klar. Alle wiederholen das immer und alle zeugen vor allem das Grab aus Lekowo als ein Beweiss. Aber Grab aus Lekowo stammt aus Keiser-Zeit wahrnscheinlich. Oksywie-Kultur hat viel mehr mit der kontinentalen Jastorf-Kultur als mit Skandinawien zu tun. Bei Wielbark-Kultur haben die Forscher fast keine Zweifeln. In diesem Moment muss man das Graberfeld in Weklice, bei Elbląg (Elbing) vorstellen, das von Frau Magdalena Natuniewicz-Sekuła seit Jahren untergesucht wird. Sie hat warscheinlich die fruhesten Wielbark-Bestattungen entdeckt - um 15 Korpergraber in den langen Booten, genau im skandinaischem Bestattung- Ritus. Die Publikation wird fur 2009 vorbereitet. Diese "Boot-Graber" neben den Stein-Kreise aus der fruhen Fase der Wielbark - Kultur, um 16 Stellen im westlich der Weichsel : u.a. Grzybnica, Węsiory, Babi Dół, Leśno, lassen uns fast ganz sicher sein, dass die Wielbark-Kultur aus Skandinawien kommt. Diese Stein-Kreise waren wahrscheinlich die Platze, wo sich die Mitglieder von gotischem "Ting" getroffen haben, nicht die Graberfelder. Diese Sitte ist aber sehr schnell in der Wielbark-Kultur verschwunden.
Die andere Frage ist aber, ob die Trager dieser Kultur die Goten oder "die Goten" waren. Meisten Spezialisten fur Wielbark-Kultur sprechen heute uber "gothischen Volker", nicht uber die "richtigen" Goten selben in dieser Role. Die Wielbark-Kultur sieht anders in Weichsel-Mundung, anders in Masowien und anders in der Ukraine aus. Man kann die folgende "Orientalisierung" dieser Kultur beobachten. In Grosspolen ist auch problematisch die Frage der Grenz-Zone zwiechen Wielbark- und Przeworsk-Kultur und die Relation zwiechen beiden Kulturen. Es gibt doch die Stellen, wo die Materiallien beider Kulturen in den selben Objekte gefunden wurden (zB Przeworsk-Siedlung in Łabiszynek bei Gniezno).
Jemand hat hier die Disskussion uber sarmatischen Einflusse in Wielbark-Kultur angefangen. Uniwersitat in Lublin forscht seit 25 Jahren das Wielbark-Grabereld in Masłomęcz (Prof. Kokowski). Das ist ein der meisst interessanten Graberfelder deieser Kultur, weil Gesellschaft, die dieses Graberfeld genutzt hat, hat die Kultur gehabt, die die genaue Mischung der Wilbark- und sarmatischen Elemente war. Was sehr interessant ist - sarmatisch waren vor allem die Frauen-Bestattungen.

pozdrawiam ;)
 
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Die andere Frage ist aber, ob die Trager dieser Kultur die Goten oder "die Goten" waren. Meisten Spezialisten fur Wielbark-Kultur sprechen heute uber "gothischen Volker", nicht uber die "richtigen" Goten selben in dieser Role. Die Wielbark-Kultur sieht anders in Weichsel-Mundung, anders in Masowien und anders in der Ukraine aus.


Besten Dank für diesen ausgezeichneten Beitrag, Bartek! :respekt:

Die zentrale Frage ist in der Tat, ob diese Kultur den Goten zuzurechnen ist. Wikipedia schreibt dazu folgendes:

Die Wielbark-Kultur entwickelte sich im 1. Jahrhundert östlich der Weichsel, etwa im Gebiet der heutigen Städte Danzig und Chelmno ohne signifikante Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen und verdrängte die vorangegangene Öxhöft-Kultur. Aus ihrem Entstehungsbereich dehnte sich die Kultur in Richtung Südosten aus und umfasste bald die Gegend um das heutige Posen sowie die Kaschubei. Um 200 n. Chr. erreichte sie die heutige Ukraine, dehnte sich an der Ostseeküste, nach Masowien und Kleinpolen aus. Diese Expansionen waren jedoch nicht nachhaltig. Die später in Rumänien und nördlich des Schwarzen Meers entstandene Cernjachov-Kultur schließt an die Wielbarkkultur an. Vermutlich entspricht dies der Wanderbewegung der gotischen Stämme. Das ursprüngliche Siedlungsgebiet wurde dagegen verlassen. Letzte archäologische Reste, die dieser Kultur zuzuordnen sind, sind bis etwa 400 n.Chr. an der Weichselmündung nachgewiesen.
Die Funde lassen darauf schließen, dass die Goten in dieser Region ein Verband unterschiedlicher Ethnien waren, was der seit der Antike verbreiteten Vorstellung widerspricht, die Goten seien insgesamt aus Skandinavien eingewandert.
In der hohen römischen Kaiserzeit bildet die Wielbarkkultur den östlichen Rand der mitteleuropäischen Kulturzone - die den Germanen zugerechnet wurde - zwischen dem römischen Limes im Westen und der Weichselmündung im Osten.

Der Wiki-Beitrag entspricht völlig deinen Ausführungen, sodass diese Sichtweise der gotischen Expansion und Ethnogenese wohl die gegenwärtig wissenschaftlich akzeptierte ist.
 
@ Bartek

Danke für deinen Beitrag.
Du hast auf jeden Fall recht, wenn du die "politischen" Umstände der frühen Forschungen zu den "Goten" in den Mittelpunkt rückst. Ich hatte das bei meinem Text ein wenig unter den Tisch fallen lassen.
Ausgezeichneter Beitrag !!!
 
Träger der Wielbark-Kultur.

Dem Dank an Bartek für seine kompetente Darstellung des Fragenkomplexes kann ich mich nur anschliessen. Aber ich habe dazu ein paar Bemerkungen.Der Geist zitiert Bierbrauer : Zitat//
  1. Die SO-Verlagerung der Wielbarkkultur ist nicht s anderes als der von Jordanes überlieferte Zug der Goten zum Schwarzen Meer //
(Diese "Verlagerung" nach Süden wird in allen mir bekannten Texten mit der Entstehung der Cernjacuv-Kultur identifiziert.)
Bartek:
//: Die andere Frage ist aber, ob die Trager dieser Kultur die Goten oder "die Goten" waren. Meisten Spezialisten fur Wielbark-Kultur sprechen heute uber "gothischen Volker", nicht uber die "richtigen" Goten selben in dieser Role. Die Wielbark-Kultur sieht anders in Weichsel-Mundung, anders in Masowien und anders in der Ukraine aus. Man kann die folgende "Orientalisierung" dieser Kultur beobachten.//Zitat-Ende
Ich darf wohl annehmen, dass seine "Orientalisierung der Wielbark-Kultur in der Ukraine" die Entstehung des Cernjacov-Sintana-da-Mures bedeutet.
Wichtig finde ich nun die Frage,wie man die von Bartek mitgeteilteSpezialisten-Meinung (von mir im vorstehenden Zitat unterstrichen)eigentlich begründet?
Ausser auf Jordanes?Oder auf die dubiose Erwähnung von "Gothonen" in diesem Bereich, als wären das unzweifelhafte Goten, wie natürlich analog die Semnonen eigentlich Samen (Lappen) sind , die Pictonen im Poitou (Pictavia) eigentlich schottische Picten und die in der "Germania" weit im Osten erwähnten Oxionen beileibe nicht "Anrainer der Oka" (bei Moskau), sondern eben Oxen.
Natüaber eben rlich alles Unsinn, und niemand behaupter's , ausser eben da, wo's zu den liebgewordenen Vorstellungen passt.
Da haben fr¨her, laut Jordanes , die Mannschaften von zwei oder drei Langschiffen an der Weichselmündung oder da herum allen Widerstand über den Haufen gerannt (die miekrigen Eingeborenen waren ihnen eben nicht gewachsen) und so das Volk der Goty(onen) begründet. Dass die Skandinavier , laut Tacitus, zu dieser Zeit blos eine Art Kanus, mit Stechpaddeln hatten, das wurde ignoriert.
In der neueren Litteratur ist man in dieser Hinsicht bescheidener (oder das Gegenteil) geworden, denn jetzt sollen es nur noch"Kleingruppen" (wie klein ?) gewesen sein, aber die gründeten gleich mehrere "Gotische Völker". Und die schufen die Wielbark-Kultur !
Bartek hat uns im Thread "Jomswikinger" die Zeugnisse über die wahren Verhältnisse zwischen Wikingern und Slaven aufgereiht (wofür ihm ein Extradank gebührt), und ich zweifle nicht daran, dass es um das Jahr wenig anders war.
Der ganze slavische Bereich (meinetwegen sprecht da von Protoslaven.Aber bitte dann auch "Protogoten") ist in der älteren Litteratur nur grade Jagdgebiet für westliche oder skandinavische Sklavenhändler. Ein Rüchlein von diser Einstellung geht auch noch durch die modernere Litteratur.
Und wenn Bartek von der politischen Selektion der Forschung unter dem Kommunismus berichtet, dann dürfen grade wir Deutsche uns an der eigenen Nase ziehen -und nicht nur wegen der 'Forschung" 1933-45, sonder auch wegen Vorher -und auch Nachher !
Ich habe hier im Geschichtsforum schon mal auf unverkennbare Beziehungen zwischen der gotischen Sagenwelt (Nibelungen-Dietrich von Bern)und den Sagen derAlanen/Osseten hingewiesen.Das interessierte niemand, ausser Einem, der meinte, die Osseten hätten eben Brocken gotischer Sagen übernommen. Niemand kannte das einschlägige Material, aber niemand wollte es auch kennenlernen. Germanen gehen eben nicht bei irgendwelchen Slaven, Sarmaten oder Alanen in die Schule.
Aber zurück zur Wielbark-Kultur:
Dieter stellt fest, dass Barteks Darstellung mit dem Wikipedia-Eintrag zum Thema übereinstimmt.Sowas wie ein Ritterschlag für Bartek. Wiki als letzte Instanz.
Also alle Welt ist sich da anscheinend einig, und daher erübrigen sich weitere Fragen nach den nebulösen "Gotischen Völkern".Dann möchte ich aber eine Antwort auf eine Frage, die ich in meinem vorigen Beitrag in diesem Thread (und ich glaube fruher schon einmal), aber auch schon vor Universitären gestellt habe, ohne Anntwort zu kriegen;
Ich nehme an, dass ich nicht unrecht tue, wenn ich Barteks Ausdehnung und "Orientalisierung" von Wielbark auf die Entstehung der Cernjacov-Kultur beziehe, und ich muss dazu, leider, Teile meines letzten Postings wiederholen
Zitate unseres lieben Geist nach Bierbrauer:
//Neuere Forschungen beziehen sich im ersten Schritt nur auf den archäologischen Sachverhalt,...//
und// Die Landnahme von Wolhynien und der Ukraine ; Cernjachovkultur. Etwa zeitgleich mit der gotischen Landnahme in der 1. Imm.phase erreichen erste Wielbark-Goten Wolhynien und die Ukraine, der in diesem Zeitraum ( B2/C1 und C1a) zu datierenden Fundstoff ist aber zu spärlich um von einer Landnahme zu sprechen. Landnahme erfolgt erst ab C2 in der Ukraine ( um die Mitte des 3. Jh. n.) //
Und Ich dazu:Eine Karte der Cernjachov-Kultur findet sich bei Heather <The Goths> und alle mir bekannten Arbeiten schreiben sie den Goten zu. Wie ich sehe, dank Deinem Beitrag, auch Bierbrauer. Es handelt sich um ein Dreieck: Donaudelta---Dnjepr-Unterlauf---Weichsel-Oberlauf.
Aber anscheinend halten es weder Wolfram und Giese, noch der Engländer Heather oder der Franko-Russe Kazanski für notwendig zu Getica §§34-35 Stellung zu nehmen, wo genau dieses Dreieck als Siedlungsgebiet der Slaven (Venether, Sclavenen, Anten) bezeichnet wird. Und zwar für die erste Hälfte des 4.Jh.( Getica§119)
Alle vier Autoren aber haben in den letzten Dezennien eine Geschichte der Goten verfasst und ihnen dabei die Cernjachov-Kultur zugeschrieben.
Sollte wirklich einmal jemand darauf hingewiesen haben, so wird er weder widerlegt noch bestätigt, oder auch nur zitiert.

Das wird anscheinend schlicht "totgeschwiegen". Oder wie soll man das sonst nennen? Ist die Getica in der Wandersage glaubwürdig, und nur in ihr, sonst nicht?// Ende.
Warum? WARUM ? Bartek, kennst Du jemand, der dazu Stellung genommeb hat ?
Darf die Wielbark-Cernjacov-Kultur einfach nicht slavisch sein?
Gruss
Boiorix


PS für Geist:
Du schreibst :
"Ich persöhnliche stehe "ethnischen Deutungen" zumeist sehr kritisch gegenüber (meine Position ist der von Sebastian Brather sehr nahe)."
Ich für meinen Teil kenne von Brather nur einen Beitrag <Ethnic Identity as Constructions of Archaeology. The case of the Alamanni> in dem Sammelband <On Barbarian Identity>(Hg A. Gillet. Verlag Brepols in Turnhout, Belgien, 2002). Sehr gut !
Ich war aber der Meinung, die "Freiburger Schule" um Hubert Fehr und den <Sonderforrschungsbereich 541>
tendire in seiner Richtung?
Im selben Buch ist auch<Ethnogenesis:The Tyranny of a Concept> von Charles R. Bowlus. Ganz ausgezeichnet.
Wenn ich Dir im Übrigrn einen Rat geben darf: In der Soziologie gibt es die "Ethnomethodologie" als deren Begründer der Kalifornier Harold Garfinkel gilt.
Deutsch existiert dazu <W. J. Patzelt - Grundlagen der Ethnomethodologie.Theorie, Empirie und poltikwissenschaftlicher Nutzen einer Soziologie des Alltags.> Verlag Wilhelm Fink
Diese Theorie ist auch zum Verstehen von Problemen der Ethnogenese höchst nützlich.
pps Ich hoffe, Du nimmst mir diesen Hinweis nicht krumm. Ich hab nämlich schon mal hier im Forum jemand auf ein interessantes Buch hingewiesen. Er war aber blos beleidigt..
 
Zuletzt bearbeitet:
@Boiorix

Vielen Dank für die guten Literaturhinweise. Ich freue mich immer über solch wertvollen Tips.
Da ich jeweils Vor-und Frühgeschichte und Völkerkunde in den Hauptfächern studiert habe kenne ich das "Problem der ethnischen Deutung" nur aus diesen beiden Richtungen, aber gerade der Tipp mit der Soziologie ist äußerst spannend, werde gleich mals ins OPAC schauen.
:winke:
Zu Brather weis ich das da auch was in der Germania glaub ich publiziert ist und von ihm selbst gibts ein recht dickes Buch. (Leider weis ich ausm Kopf nix genaueres).
Wenns dich interessiert such ich dir die Literaturhinweise bei Gelegenheit mal raus.
 
Ethnische Interpretationen in der frühgeschichtlichen Archäologie. Geschichte, Grundlagen und Alternativen. Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Ergänzungsband 42 (Berlin, New York 2004).
 
@Boiorix:

witaj

Ich will Dich so kompetent antworten, wie es moglich ist. Ich werde also Literatur durchschauen und morgen bekommst Du mein Antwort mit entschprechender Bibliographie, ok ?

Um nach Cernjacov-Kultur kompetent zu sprechen, muss man einfach die russischen und ukrainischen Publikationen zu lesen, vor allem die Werke von Mark Shchukin aus Sankt Petersburg und Maxim Levada aus Kiev.
Es gab eine grosse Tagung in der Ukraine in 2005 (?), die ganz der Cernjacov-Kultur gewidmet wurde (Forschung-Stand, neue Materialle etc). Ich habe die Publikation. Ich werde sehen, was fur Dich hilfbar sein kann.
Generalweise wird aber diese Kultur heute oft mit dem Hermanariks Staat der Ostgoten verbunden. Das ist aber nur eine der vielen Theorien. Beide Kulturen haben viele analogische Elemente, die wichtigsten sind : die entschlossene Preferierung der Buntmetale bei Bestattung-Inwentare und Schmuck-Herstellung mt dem gleichzeitigen Fehlen dabei. Die Cernjacov-Kultur konnte aber nicht rein gotisch zu sein, weil es zu viele andere Elemente gibt, z.B. die typisch sarmatische Tradition, um in der Bestattung viele Amuleten zu geben. In Wilebark-Kultur ist diese Sitte nicht anwesend.
Die Wielbark-Kultur mehr "westeuropaisch". In der jungeren Phase ("Lubowidz-Pfase") wurde Wielbark-Kultur unter dem starken Einfluss der sogenn. "slovakisch-tschechische Welle" der prowinzional-romischen Importe, vor allem auf dem Grund der Bronz-Herstellung. Dieser Import-Strom wurde in Marobods Staat als Ubergebung-Mittel generiert. Die Importe sind uberwiegend aus Noricum/Panonien gekommen.
Am Ende der "Lubowidz-Phase" haben wir mit so genn. "Wielbark-Barock" zu tun. Die Exemplare des Wielbark-Schmucks dieser Zeit, u.a. mit Granulation- und Philigran-Technik gemacht, sind die richtigen Kunst-Werke auch nach heutige Standarde.
Seit Phase B2b wurden die Metal-Funde der Wielbark-Kultur immer mehr ahnlich der Mustern, die wir in dem westlichen Ostseeraum beobachten konnen. In dieser Periode wurde Wielbark-Kultur von so genn. "dannischer Welle" der provinzional-romischen Importe (in den meissten Falle in Reihn-Provinzen hergestellt) beeinflusst. Was sehr interessant ist - mann kan zwei verschiedene Mode-Richtungen zeugen, die fur jeder Geschlechte anders war. Die erste Mode, die fur Frauen charakteristisch war, hat einfach die Tradition des "Wielbark-Barocks" kontinuiert. Die zweite Mode-Richtung, die fur Manner typisch war - war einfach nichts mehr als ein Variant des "mitteleuropaischen spatromischen Stils", der in Mitteleuropa als Effekt der Militar-Kontakte der germanischen Stamme mit den romischen Legionare entstanden ist. Aber das weisst Du doch :)
Der "mannschliche Stil" hat immer mehr dominiert und herrscht allgemein seit Phase C1. Sei der Phase C2 kolonisieren Wielbark-Gesellschaften Masowien, bis dieser Zeit unter Besassung der Przeworsk-Kultur. In dieser spaten Phase (so genn. "Cecele-Phase") kann man eine interessante Erscheinung in der Wielbark-Kultur zeugen : die Domination der weiblichen Inwentaren der Bestattungen (zB. Graberfeld in Cecele) oder die Graberfelder, wo ausschlisslich die Frauen- und Kinder-Graber entdeckt wurden (zB Brulino-Koski, Kłoczew). Naturlich war das am Anfang Grund fur viele sonderbare Theorien : zB Amazonen-Reich in Masowien; dass die Manner nicht zuruck aus Krieg gegen Rom gekommen etc etc etc), heute aber stellt man fest, dass das Problem des spezifischen Bestattung-Rittus der Manner sein muss, der keine Spuren gelasst hat.


Ich bin kein Spezialist fur Cernjacov-Kultur, aber glaube, dass man in dieser Zeit in der Cernjacov-Kultur ihre eigene Kultur-Erscheinengen beobachten kann, die keine Analogien in Wielbark-Kultur haben, weil sie irgenwelche Analogien haben nicht konnten, da es zB ganz anderen Kultur- Kontext in den ukrainischen Steppen und Masowien oder Wolyn gab. In der Phase C2-3 ist in der Ukraine die Cernjacov-Kultur entstanden, aber Wielbark-Einfluss war (trotz seiner Domination) nur ein der vielen anderen Kultur-Einflusse. In der "Wolyn-Gruppe" der Wielbark-Kultur sind die starken genau Cernjacov-Eigenschaften sichtbar.
(Alles oben nach der Monographie "Prahistoria Ziem Polskich" Band 5, von Godłowski, Wołągiewicz und Wielowiejski. Bibel der Archeologie-Studenten in Polen :rolleyes:).


Mann kann also nicht so eindeutig sagen, dass die beiden Kulturen in der Wirklichkeit die zwei Gattungen des selben archeologischen Realitats sind.


Und jetzt meine Fragen:

1. Ich habe aber noch einmal meinen Beitrag gelesen, um zu finden, wo habe ich geschrieben, dass Wielbark-Kultur slawisch ist ?
Dass die Slaven in am fruhesten V/VI Jhdt nach ehem. Wielbark-Bereich gekommen sind ist fur meisten Archeologen seit ca. 1974 klar. Der haupte Argument ist hier die Sekwenz und die Richtung der Abbruchen der folgenden Kulturen : 1. Cernjacov, 2. Wielbark, 3. Przeworsk. Und dann haben wir genau die Slawen.

2. Was wirst Du antworten, wenn jemand Dich fragt, warum soll Wielbark-Kultur genau mit den Gothen identifiziert sein, aber nicht mit den Herulen :

- deren ostlicher Teil auch aus Skandinavien kurz nach Gothen gewandert ist, genau nach den Spuren der Gothen,

- die auch am Weichsel eine Zeit gewesen sind,

- die auch endlich das Schwarze Meer erreicht haben und hier, neben Goten gewohnt haben.

- die hier mit Romer gekampft haben und die Reisen gegen rom. Provinzen organisiert haben (Schlacht um Nessos), genau wie die Goten.

- die hier von den Ostgoten beschlagt wurden und ein der ethnischen Elemente ihres Staates waren.

- die spater zuruck nach Mitteleuropa gekommen sind und teilweise endlich nach Skandinavien

3. Was wirst Du antworten, wenn jemand sagen wird, dass "Gethica" von Jordanes sehr kleine Wertigkeit als die Quelle hat, weil :

- das ist einfach kein Dokumment, sonder teilweise (genau wie die Wikinger-Sagen) nur Lyrik, vide zB die Erzahlung wie die Hunnen entstanden sind, die Relation uber Amazonen unter den Goten oder die Beschreibung des Charakters der Gepiden.

-Cassiodor hat "Getica" als den von Theodorich bestellten Auftrag geschrieben, also er nicht objektiv sein konnte.

-Jordanes hat "Getica" Cassiodors nur drei Tage gesehen und De Getarum sive Gothorum origine et rebus gestis hat er erst nach ca 20 Jahren veroffentlicht.

- De Getarum sive... konnen wir nur als die spatere Bearbeitung von Theodor Mommsen aus 1882, die auch die Redaktion nicht des Originales von Jordanes war, sonder des besterhaltenen Heidelberger Manuskripts, wahrscheinlich aus dem 8. Jahrhundert. Zwei andere Manuskriepten stammen aus 9. Jhdt (Valenciennes-Manuskript ) und 10. Jhdt (Vaticanus Palatinus )

-etc., etc., etc. = die ganze Liste der Argumente der Historiker, die mit der Interpretazion des Werkes von Jordanes sehr vorsichtich sein wollen, zB die Meinung, dass Jordanes selber auch nicht objektiv war, weil er die ostgotischen Amalen als die haupte politische Macht in der ganzen Geschichte der allen Goten vorstellen wollte.


Du basierst vor allem auf den schriftlichen Quellen, die fur mich, der auf Ausgrabung-Stoff basiert, sehr beschrankten Moglichkeiten fur Interpretation haben.


pozdrawiam :winke:
 
Dokumentation zu Wielbark

@ Bartek

Ein ganz grosses und herzhaftes DANKESCHÖN Für Deine grossartige Darstellung.
Aber bitte, mach Dir nicht noch zusätzliche Arbeit mit einer Bibliographie von Arbeiten an die ich ja kaum drankommen kann, und auf jeden Fall nicht lesen kann, mangels entsprechender Sprachkenntnisse.

Zur Sache jetzt nur soviel
Deine Darstellung ist klar und überzeugend, was die Entwicklung der verschiedenen Zivilisationen/Kulturen angeht, aber das Problem scheint mir die Frage nach der "ethnischen Identität" der Goten. Der Begriff "Ethnie" ist ja nicht a-priori feststehend definiert, sondern empirisch.Und seine Elemente sind nicht so klar definiert wie die materiellen Elemente einer Zivilisation.

Als Beispiel die Skythen:
Herodot unterscheidet Ackerer (Aratores), (Gross)Viehzüchter (Georgoi) und Nomaden.
Allesamt sind "Skythen". Warum?

Weil sie eine politische Einheit bilden? Aber das war wohl nicht immer der Fall.
Weil sie die gleiche Sprache sprachen? Taten sie das? Woher wissen wir das?
Oder weil sie im selben Grossraum leben? Wie ist der zu definieren?
oder weil sie, abgesehen von der Wirtschaft, die gleiche materielle Kultur repräsentieren. Aber wie stark sind dabei die materiellen Objekte zu bewerten, die nicht von den Skythen, sondern für sie gefertigt wurden?
Oder mehrere dieser Kriterien?Alle? Nur einige?

Aber all das sind eben a-priori-Kriterien und zwar in Wirklichkeit mehr oder weniger greifbar, aber in ihrer Wertung von den vorgegebenen Meinungen der Interpreten abhängig.

Du hast sehr schön die Entwicklung der Kulturen dargestellt, aber der Name "Goten" ist nun mal kein definierbarer Artifakt. Und wenn man statt dessen von "Gotischen Völkern" spricht, so ist das ein Ausweichen ins Unbestimmte. Was haben wir eigentlich für Gründe, "Wielbark" den "Got(hon)en" zuzuschreiben? Doch nur wegen der Geographie, so ungenau die Nachrichten auch sind.Und warum sollen Gothonen denn eigentlich Goten sein? Doch nur wegen der Wandersage des Jordanes.

Zwar zweifelt man die "Getica" nach allen Richtungen an aber da, wo es um die Wandersage (und einige andere wesentliche Details )geht, da hat er auf einmal Recht.
Im Endeffekt ist er Ursache einer Behauptung und ihr Beweis - ein Zirkelschluss.

Natürlich ist die "Getica" nicht Geschichtsschreibung in unserem oder auch klassischen griechisch-römischen Stil, aber deswegen ist er noch lange kein Märchen- Erzähler oder sein Text ein litterarischer Fleckenteppich.

Stell Dir vor, es wären in diesem Zusammenhang nie "Germanen" genannt worden (erinnere Dich daran, dass die Goten für die Römer nie solche waren) und "Wielbark" wäre rein slavisch oder meinetwegen slavisch-baltisch.
Und diese Bevölkerung siedelt mit zunehmendem demographischen Druck immer mehr nach Süden, bis sie schliesslich in Kontakt mit den iranophonen Nomaden kommt.Es gibt dann eine neue materielle slavische Kultur, archäologisch nachweisbar, aber politisch und in der intellektuellen Kultur dominieren die Nomaden,
Im Südwesten sind auch Reste einer Vorbevölkerung (Daker, Thraker) vorhanden, die sich mit den Nomaden irgendwie arrangiert haben.

Beim Zusammenstoss zwischen Nomaden und Ackerbauern dominieren immer die ersteren.Einfach, weil die Letzteren nicht zur gleichen Zeit ernten und die Ernte verteidigen können. Tribut zu zahlen ist einfach ökonomischer, führt aber zur politischen Abhängigkeit und in den Augen aussentehender mehr oder weniger oberflächlicher Beobachter zur Identität.

Was aber die intellektuelle Seite angeht, Ideen, Sagen, Religion, Sitten und Bräuche werden viel leichter und schneller übernommen als materielle Güter.Man braucht eine Herkunftsage eben nicht zu bezahlen. Und wenn sie dazu noch mit einem gewissen sozialen Prestige behaftet ist, dann erfolgt die Übernahme und Anpassung erst recht. (Die Ausbreitung des Christentums verbreitete weder die Sprache Aramäisch, noch speziell palästinische Keramik.)

Das Ergebnis solch eines , natürlich hypothetischen, Prozesses würde aber eine ethnische Struktur und Kultur hervorbringen, wie sie von den historischen Goten kaum zu unterscheiden wäre, ausser natürlich durch die Sprache.
"Gotisch ist eine germanische Sprache, schon zur Zeit existierend, als die Goten unter König Berig die Ostsee überquerten, und Slavisch ist viel jünger."

Logisch: Weil ich Dieter 20 Jahre vor Janosch kennen gelernt habe muss er auch 20 Jahre älter sein, auch wenn man ihnen das nicht ansieht. Und weil der erstere Rechtsanwalt (ein §§-Reiter)ist, und der andere Bäckermeister, mit anderem Vokabular, können sie nicht die gleichen Eltern haben, sondern hôchstens Ur-ur-ur-Ahnen.

Natürlich, Gotisch ist eine germanische Sprache, aber was haben wohl die Bastarnen gesprochen, die da sassen, wo später die Visigothen verzeichnet sind? Oder sind die auch aus Skandinavien eingewandert?

Ich erinnere mich an eine Reportage in der Wochenzeitschrift "Die Zeit" aus einem durch den eisernen Vorhang zerschnittenen mitteldeutschen Dorf. Als die Trennung fiel, sagten die Leute zueinander 'Ihr sprecht so komisch". Wenige Jahrzehnte hatten genügt, um die ungeschriebenen Dialekte auseinanderdriften zu lassen.

Entschuldige, Bartek, ich bin da bei polemischen Fragen angelangt und die gelten nicht Dir. Aber ich finde sie berechtigt.
Auch Dein Beitrag endet mit Fragen, und ich werde sie nach bestem Wissen und Gewissen beantworten, aber nicht jetzt, denn es ist jetzt 03 morgens geworden.
Nochmals Dank für Deine Informationen.
Bis bald
Boiorix
 
Entschuldige nicht, bitte :)

In 2001 hat Dr. Boris Magomedov (Ukrainische Wissenschaft-Akademie, Kiev) die Monographie der Cerniachov-Kultur veroffentlicht : „Ҹерняховская Κултьура. Проълема этноса” ("Cernjachov-Kultur. Problem der Ethnie", Lublin 2001). Kurz sagend er nennt vier haupte ethnische Elemente :

1. Germanen (Goten, Gepiden, Herulen, Peukiner und Tajfalen). Sie sind vor allem mit Wielbark-Kultur-Einflusse identifiziert. Wielbark-Bestattungs-Ritus (Fehlen des Eisens und Bewaffnung in den Grabern; Preferenz der Buntmetale) und Keramik der Wielbark-Formen.
Mit den Goten bindet Magomedov (nach Shchukin) die "erste Welle" der Wielbark-Funde in Ukraine, mit Gepiden "die zweite Welle", besonders in Wolyn und Moldova. Er zitiert aber auch Kropotkin, Kazanski und Bezulgov, die glauben, dass die "Drei-Schichten-Gaber" der Cernjachov-Kultur, die vor allem mit "ostgermanischen" Inwentaren auftretten, auch die Spuren der Gepiden sind.
Die einzelnen Przeworsk-Elemente (Bestattungen mit Przeworsk- Bewaffnung), u.a. Graberfelder in Zavadovka, Avgustinovka, Malaeschty und Turgschor, wird von Magomedov mit kleinen Gruppen der Wandalen verbunden.

2. Iranische/Sarmatische Volkern (Jazygen, Roxolanen und Aorsen). Die haben zum Prozess der Formierung der Cernjachov-Kultur nur wenig beigetragen. Die Katakomben- und Nischen-Grabern mit Ostorientierung, die als die alanischen Bestattungen interpreziert werden machen nur 1% der allen Bestattungen auf dem Bereich der Cernjachov-Kultur. Und 20% gleichzeitich in der Schwarzmeer-Kuste. Die Konzentration der "alanischen Grabern in Cernjachov-Kultur kann man in der Budzak-Steppe (Ostukraine) feststellen.

3. Slawen. Im Westen der Ukraine verbinden die Forscher mit Slawen die Siedlungen von Cerepin- und Teremtzi-Typ. Im Osten der Ukraine wurden die deutigen Elemente der fruhslawischen Kiev-Kultur festgestellt. Die Siedlungen sind sehr Charakteristysch - grosse tiefe Grubenhauser zeugt einen rechteckigen Grundriss und haben immer Lehm-oder Steinofen in der Mitte. Was interessant ist - es gibt bis heute keine Graberfelder der Cerepin-Teremtzi-Gruppe! Diese Besonderheit ist auch fur fruhslawischen Gruppen der Mittelalter kennzeichend. Diese slawichen Elemente der Cernjachov-Kultur stellen die Fortsetzung der Zubricka-Kultur dar. Ihre kulturelle Gruntlage bildeten die Przeworsk- und Zarubinci-Kulturen.
Da muss man aber sagen, dass die Slawen als das uberwiegende Element der Cernjachov-Kultur von ukrainischen und russischen Archeologen (zB Toporov, Serov, Rusanova) gehalten werden. Das sind aber vor allem die Spezialisten fur die fruhslawischen Kulturen der VI-VII Jhdt Osteuropas.

4. Thraker. In dem Sud-Westen-Raum der Cernjachov-Kultur werden die Denkmale des thrakischen "Lipica-Typs", was genetisch mit Militari-Chilia-Typ auf dem Gebiet der Dacia Provinz verbunden ist.

pozdrawiam :winke:
 
"Gotisch ist eine germanische Sprache, schon zur Zeit existierend, als die Goten unter König Berig die Ostsee überquerten, und Slavisch ist viel jünger."

Logisch: Weil ich Dieter 20 Jahre vor Janosch kennen gelernt habe muss er auch 20 Jahre älter sein, auch wenn man ihnen das nicht ansieht. Und weil der erstere Rechtsanwalt (ein §§-Reiter)ist, und der andere Bäckermeister, mit anderem Vokabular, können sie nicht die gleichen Eltern haben, sondern hôchstens Ur-ur-ur-Ahnen.


Deine Polemik ist völlig unangebracht. Du blendest aus, daß man das (relative) Alter den Sprachen eben doch "ansieht". Aufgrund von Sprachzeugnissen, von Lautentwicklungen, von Lehnwörtern läßt sich darüber hinaus überzeugend begründen, daß das Gemeinslawische noch bis ins 6. Jh. n. Chr. Bestand hatte, während das Gemeingermanische schon im 4. Jh. nicht mehr existiert haben kann.


Boiorix schrieb:
Natürlich, Gotisch ist eine germanische Sprache, aber was haben wohl die Bastarnen gesprochen, die da sassen, wo später die Visigothen verzeichnet sind?


Zu Tacitus' Zeiten dürften die Bastarnen jedenfalls Germanisch gesprochen haben:

Peucinorum Venethorumque et Fennorum nationes Germanis an Sarmatis adscribam dubito. quamquam Peucini, quos quidam Bastarnas vocant, sermone, cultu, sede ac domiciliis ut Germani agunt. sordes omnium ac torpor procerum: conubiis mixtis nonnihil in Sarmatarum habitum foedantur.

Ob ich die Stämme der Peukiner, Veneter und Fennen den Germanen oder Sarmaten zurechnen soll, ist mir zweifelhaft, obwohl es die Peukiner, die von einigen auch Bastarner genannt werden, in Sprache, Lebensart, Wohnart und häuslicher Einrichtung wie die Germanen halten. Schmutzig sind alle, lähmend faul die Vornehmen; in ihrem Aussehen neigen die Peukiner infolge von gegenseitigen Heiraten ziemlich zu dem garstigen Wesen der Sarmaten.

Tacitus: Germania (38-46), Sueben und östliche Grenzvölker (lateinisch, deutsch)
 
Heruler // Cernjacov-Kultur

Hallo Bartek
Vielen Dank für Deine zusätzlichen Informationen.Ich werde mir erlauben dazu Stellung zu nehmen, aber zuerst möchte ich mich zu Deinen Fragen bezüglich der Heruler äussern.

Zitat Bartek:
Und jetzt meine Fragen:
1. Ich habe aber noch einmal meinen Beitrag gelesen, um zu finden, wo habe ich geschrieben, dass Wielbark-Kultur slawisch ist ?
Dass die Slaven in am fruhesten V/VI Jhdt nach ehem. Wielbark-Bereich gekommen sind ist fur meisten Archeologen seit ca. 1974 klar. Der haupte Argument ist hier die Sekwenz und die Richtung der Abbruchen der folgenden Kulturen : 1. Cernjacov, 2. Wielbark, 3. Przeworsk. Und dann haben wir genau die Slawen.//

Meine Antwort
: Icch habe vielleicht in Deinen Beitrag etwas "hineingelesen", was Du nicht geschrieben hast, aber tatsächlich habe ich nur meine Meinung ausdrücken wollen, nämlich dass der gesamte Wielbark-Bereich und der grösste Teil der Cernjacov-Kultur den Slaven zuzuschreiben ist, oder, wenn ma vorsichtig sein will, den Protoslaven (obwohl ich solche Ausweich-Begriffe nicht schätze). Ich halte zum Beispiel die Vandalen-Siling für eine Bevölkerung, die man je nach Wahl der Kriterien, als Germanen oder Slaven klassifizieren kann. Ende.

Bartek:
2. Was wirst Du antworten, wenn jemand Dich fragt, warum soll Wielbark-Kultur genau mit den Gothen identifiziert sein, aber nicht mit den Herulen :
- deren ostlicher Teil auch aus Skandinavien kurz nach Gothen gewandert ist, genau nach den Spuren der Gothen,
- die auch am Weichsel eine Zeit gewesen sind,
- die auch endlich das Schwarze Meer erreicht haben und hier, neben Goten gewohnt haben.
- die hier mit Romer gekampft haben und die Reisen gegen rom. Provinzen organisiert haben (Schlacht um Nessos), genau wie die Goten.
- die hier von den Ostgoten beschlagt wurden und ein der ethnischen Elemente ihres Staates waren.
- die spater zuruck nach Mitteleuropa gekommen sind und teilweise endlich nach Skandinavien.

Meine Antwort
:
Du fragst "Warum die Goten und nicht die Heruler mit Wielbark identifieieren?"
Darauf muss ich nicht antworten, denn ich spreche den Goten sowieso die Wielbark-Kultur ab.

Du gibst im Folgenden so ungefähr die allgemeine Meinung zur Geschichte der Heruler wieder. Die beginnt ,angeblich mit ihrer Vertreibung aus Skandinavien laut Jordanes §23:"...Dani....Herulos propriis sedibus expulerunt..." also die Dänen haben die Heruler aus ihren eigenen Sitzen vertrieben. Aus wessen Sitzen? "propriis" kann sich nur auf die "Dani" beziehen.Also sind die Heruli entweder ins Gebiet der Dani eingefallen, oder aber, sie lebten unter ihnen.
Weiter berichtet Jordanes an dieser Stelle nichts von den Herulern, wohl aber § 117-18, wo wir erfahren, dass Ermanarich der Gotenkönig die Heruler mit ihrem König Alarich unterwarf , nachdem er eine grosse Zahl von ihnen getötet hatte (magna ex parte trucidatam...)
"...und weil besagte Leute (praedicta gens !), wie der Historiker Ablabius berichtet, nahe dem Asowschen Meer in in stagnierenden Sümpfen hausen, .
die Griechen Ele nennen, Eluri genannt xerden."

Des Weiteren erfahren wir, dass diese "Sumpfmänner leichtbewaffnet sind, schnell und ungeheuer hochmütig (amplius sperbissima) und dass es keine Nation gab, die nicht aus ihnen die Leichtbewaffneten ihrer Schlachtreihe (acies) wählte .Trotzdem, sagt Jordanes, unterwarf sie die Festigkeit der Gothen (Gothorum tamen stabilitate subjacuit).

Das also ist der "Beweis" der skandinavischen Herkunft der Heruler. Der so unzuverlässige Jordanes wird also zum unangefochtenen.und unangezweifelten Kronzeugen, sobald er jemand aus Skandinavien kommen lässt Erstaunlich!!
Weisst Du noch einen anderen Beweis, Bartek ?

Ich fasse die zwei Zitate zusammen:
Ermanarich herrschte westlich des Don, nördlich der Krim. Zu seinem Herrschaftsbereich gehörten auch die (mehrheitlich sarmatisch-alanischen ) Tanaiten, die wie der Fluss, ihren Namen von dem alanischen Wort für Wasser "Dan" haben. Jordanes Dani sind keine Dänen, sondern '*Dan-ier". Deren abenteuernde Jungmänner, leicht bewaffnet, treiben sich in den Sümpfen herum, und leben von Jagd und gelegentlichem Diebstahl etwa wie die "Krypteia" der Spartaner.
Aber sie kämpfen auch in der "Acies" aller Völker da herum und, wenn wir Procop glauben, zunächst ohne Schild, den sie sich erst verdienen müssen. Das sind keine Söldner, sondern
jeweils die Jungmänner, tollkühne Hitzköpfe, die , meiner Meinung nach, einem kriegerischen Kult anhängen, dessen Gott in seinen Eigenschaften dem nordischen Odin und dem iranischen Vaju ähnlich gewesen sein dürfte. Denn, wenn wir auch praktisch nichts über den Götterhimmel der iranophonen Reitervölker wissen, so gab es im Iran, d.h. im Avesta die militärische Organisation der " Haêna", deren Mitglieder "brahnak" ("nackt", d.h. ohne Panzer) kämpfen, mit primitiven (leichten?) Waffen unter einer schwarzen Drachenfahne.

Im Laufe des 3.Jh werden so viele Raubzüge der Heruler (bezeichnenderweise fast nie allein) vermerkt, vielfach mit grossen Verlusten verbunden und zweifellos auch in den Übrigen nicht ohne Aderlass.Die Heruler müssten ein sehr kopfreiches Volk gewesen sein, um solche Verluste
zu überleben.Ein todesverachtender Kriegerkult dagegen regeneriert sich trotz solcher Verluste.

Das angebliche Auftreten von Herulern 287 an der gallischen Küste (Mamertinus Paneg.V) ist damit ohne Schwierigkeiten zu erklären: Es ist da keine Volkswanderung nötig, eine kleine Gruppe unter einem charismatischen Anführer genügt, um dort ein "Heer" von Herulern aufzustellen. Auch das Auftreten von Herulern in römischen Diensten ist so leichter verständlich

Procop (VI,14) erzählt über die Heruler allerhand :"...verehren eine Menge Götter...auch durch Menschenopfer. In zahlreichen Bräuchen weichen sie von anderen Menschen ab. Wer nämlich alt und krank wurde...musste bitten ihn zu töten (folgt Beschreibung)" Bezeichnenderweise liess auch Odin und wer ihm nachfolgte sich auf dem Sterbelager verletzen, "um nicht den Strohtod" zu sterben.

Procop bringt da übrigens eIniges durcheinander, denn einerseits behauptet er, die Heruler hätten Frauen, die sich mit ihren toten Männern verbrennen liessen , aber schreibt auch kurz darauf, die Heruler seien "...unzuverlässig und überfallen immer wieder ihre Nachbarn, ohne Scham.Dazu pflegen sie widernatürlichen Geschlechtsverkehr, unter anderem mit Männern und Eseln...Überhaupt sind sie die allerschlechtesten Menschen...Sier lehnten sich in tierischer Raserei gegen ihren König Ochus auf...weil sie nun ohne König leben wollten. Dabei war dieser bisher nur dem Namen nach einer, und unterschied sich in nichts von einem gewöhnlichen Volksgenossen. Alle wollten mit ihm wie mit ihresgleichen zusammen sitzen , schmausen und ihn frech beschimpfen können."

Ausser Ochus (iranischer Name ) findet man Aordos, Bruder des Todasius (Aorsen sind Sarmaten), Phanitheus (vieleicht Thraker), Verus(lat.) Aruphos (?),, Suartas?) , aber auch Uisandos (got.Wisent), Rodulfus, Philemuth.

Dieses Namensgemengsel allein ist natürlich nicht entscheidend, aber zusammen mit den "vielen Göttern" und der Indisziplin sind sie ein Zeichen, dass das kein halbwegs homogenes Volk ist, sondern ein Haufen von Krriegerbanden, rituellen Männerbünden, die Ethnien übergreifend.

Manche haben vieleicht Frauen (die schon halbwegs Ausgestiegenen ?), manche treibens mit Männern (in Kriegerbünden fast die Regel), andere wieder mit "Eseln", oder mit noch wem anderen.
(Aber wohl alle kennen die schamanischen Praktiken, die unsere nordischen Texte dem "Grossschamanen" Odin zuschreiben)

Ich hoffe, das genügt zum Thema <Heruler>.

Es ist spät geworden. Also Weiteres demnächst

Schöne Grüsse

Boiorix
 
Zuletzt bearbeitet:
Einwand Hyokkose

wie nett, dass Du Dich da einschaltest, Hyokkose!

Ich habe Deine Einwände immer wertvoll gefunden ,ohne Ironie gesagt! ( und ohne Schmeichelei).

Was nun Deine Kritik aan meinem konstruierten Beispiel angeht, so ist das was ich da schrieb eigentlich nicht notwendig für diesen Thread, und ich habe mich im selben Beitrag schon gleich bei Bartek dafür entschuldigt.
Dein Argument kenne ich, ohne dass es mich völlig überzeugt, aber das ist eine ganz andere Frage.

Du zitierst mich anschliessend und kommentierst:
Zitat:
Boiorix
Natürlich, Gotisch ist eine germanische Sprache, aber was haben wohl die Bastarnen gesprochen, die da sassen, wo später die Visigothen verzeichnet sind?


Zu Tacitus' Zeiten dürften die Bastarnen jedenfalls Germanisch gesprochen haben://
Zitat-Ende

Nun, da sind wir einer Meinung und wenn meine Formulierung missverstanden werden kann, so tut's mir leid.
Ich wollte damit eigentlich nur sagen, dass diese Völker, mit überwiegend germanischer Sprache, schon da waren, und nicht darauf warten mussten, dass Einwanderer von Norden ihnen Sprachunterricht gaben. Ich schreibe "überwiegend" weil "Bastarnen" nun einmal nicht der Name eines Volkes ist, sondern eine von Lateinern geprägte Gruppen-Bezeichnung, "Kärrner" (Basternarius =Karrentreiber)
Was im Übrigen Dein Tacitus-Zitat anbelangt, so hast Du es wohl irgendwo aus dem Internet übernommen :
Zitat nach Tacitus:
//Schmutzig sind alle, lähmend faul die Vornehmen; in ihrem Aussehen neigen die Peukiner infolge von gegenseitigen Heiraten ziemlich zu dem garstigen Wesen der Sarmaten.//
Das ist eine der dubiosen Übersetzungen aus einer voreingenommenen Vergangenheit, wie das heute obsolete "garstig" zeigt.
Also versuch ich's meinerseits:
"sordes omnium ac torpor procerum: "
"Unsauber alle und träge die Anführer."
Hier spricht der konservative römische Aristokrat mit seinem (längst verschwundenen)Ideal von einer bäuerlichen Existenz "nach der Väter Art".(Das Ideal: Cincinnatus, der Dictator, der zum Pflug zurückkehrt.)
Aber viehzüchtende Nomaden (oder wenigstens Transhumants) sind natürlich unsauber, weil bei ihrer Art von Weidewirtschaft nicht jeden Moment eine Waschgelegenheit zur Hand ist, von regelmässigem Wäschewechsel ganz zu schweigen.
Auch der Vorwurf "torpor procerum" kommt aus der selben Ecke: Für den Pflüger ist der Hirte ein Faulpelz, der blos rumsteht oder rumreitet. Für den, der andere für sich Pflügen lässt, erst recht. (Schau Dir die lateinische Hirten-Poesie an: Da arbeitet doch keiner richtig.)
Und:
"conubiis mixtis nonnihil in Sarmatarum habitum foedantur. "
Und das soll die Übersetzung sein?
" in ihrem Aussehen neigen die Peukiner infolge von gegenseitigen Heiraten ziemlich zu dem garstigen Wesen der Sarmaten."
Wie wär's:
"conubiis mixtis Der Misch-Heiraten wegen (sind sie)nonnihil einigermassen in Sarmatum habitum nach der Sarmaten Art foedantur verhässlicht. "
Die Alanen waren, laut Ammian, "grosse, schöne, mittelblonde Menschen mit Feueraugen" und ich glaube nicht, dass die anderen Sarmaten sich von ihnen unterschieden - auch nicht ein Halbjahrtausend vor Ammian.
Worauf sich Tacitus bezieht, das ist kein genetisches (rassisches) Merkmal, sondern die sarmatische Sitte der Schädel- Deformation, die natürlich dem griechisch- römischen Schönheits-Ideal widersprach.
Subjekt des Satzes sind natürlich auch nicht die Bastarnen oder Peukinen im Allgemeinen, sondern die "Proceres" des unmittelbar vorhergehenden Satzes.
Die Übersetzung (ich bin vier anderen im gleichen Tenor begegnet) ist typisch für eine bestimmte deutschnationale, rassistische Haltung, die zwar heute niemand Ernsthafter mehr vertritt, deren Produkte, Übersetzungen und Zuschreibungen, aber immer noch durch die Literatur geistern, und zitiert werden- z B von Hyokkose.
Das soll keine Retourkutsche für Deine Kritik sein, aber es gibt Fakten, bei denen mir jedesmal "der Gaul durchgeht", denn ich bin alt genug, um mich noch an einen Geschichtsunterricht zu erinnern, in dem die Kelten nicht vorkamen, die Italiker zweifelhafte "Katzelmacher"waren, die Slaven primitive Untermenschen und die Sarmaten, wenn überhaupt erwähnt, das Allerletzte: "Assiattenn".
Nichts für Ungut.
Auf Wiederlesen
Boiorix
 
wie nett, dass Du Dich da einschaltest, Hyokkose!

Ich habe Deine Einwände immer wertvoll gefunden ,ohne Ironie gesagt! ( und ohne Schmeichelei).

Was nun Deine Kritik aan meinem konstruierten Beispiel angeht, so ist das was ich da schrieb eigentlich nicht notwendig für diesen Thread, und ich habe mich im selben Beitrag schon gleich bei Bartek dafür entschuldigt.


Ich weiß, ich hab's ja gelesen:

Entschuldige, Bartek, ich bin da bei polemischen Fragen angelangt und die gelten nicht Dir. Aber ich finde sie berechtigt.


Mir ging es darum, daß die Polemik auch dann unangebracht ist, wenn sie sich nicht persönlich an Bartek, sondern "einfach so" an die Allgemeinheit richtet.


Was im Übrigen Dein Tacitus-Zitat anbelangt, so hast Du es wohl irgendwo aus dem Internet übernommen


Richtig, daher habe ich auch unmittelbar nach dem Zitat die Quelle in Form eines Links angegeben.


Aber viehzüchtende Nomaden (oder wenigstens Transhumants) sind natürlich unsauber, weil bei ihrer Art von Weidewirtschaft nicht jeden Moment eine Waschgelegenheit zur Hand ist, von regelmässigem Wäschewechsel ganz zu schweigen.


Und was hat das nun mit den Bastarnen zu tun? Die waren ja laut Tacitus jedenfalls keine Nomaden, denn sie hielten es hinsichtlich Lebensweise/Kultur und Wohnungen ebenso wie die (anderen) Germanen ("cultu, sede ac domiciliis ut Germani agunt"). Wenige Sätze später erläutert Tacitus das sogar noch ausdrücklich: Die Germanen bauen Häuser, die Sarmaten hingegen leben auf Pferd und Wagen.


Wie wär's:
"conubiis mixtis Der Misch-Heiraten wegen (sind sie)nonnihil einigermassen in Sarmatum habitum nach der Sarmaten Art foedantur verhässlicht. "


Die ist mir auch recht. Obwohl "verhäßlicht" auch nicht gerade ein eleganteres oder geläufigeres Wort ist als "garstig".


Die Alanen waren, laut Ammian, "grosse, schöne, mittelblonde Menschen mit Feueraugen" und ich glaube nicht, dass die anderen Sarmaten sich von ihnen unterschieden - auch nicht ein Halbjahrtausend vor Ammian.


Und ich glaube eher, daß die Sarmaten nicht alle gleich aussahen und wahrscheinlich auch nicht samt und sonders "grosse, schöne, mittelblonde Menschen mit Feueraugen" waren, daher nehme ich derartige Schilderungen immer cum grano salis.


Worauf sich Tacitus bezieht, das ist kein genetisches (rassisches) Merkmal, sondern die sarmatische Sitte der Schädel- Deformation
Da spekulierst Du fröhlich herum. Von Schädeldeformation lese ich bei Tacitus nichts, hingegen erwähnt er ausdrücklich die "Mischehen", und die ließen sich durchaus mit der Genetik in Zusammenhang bringen.


Subjekt des Satzes sind natürlich auch nicht die Bastarnen oder Peukinen im Allgemeinen, sondern die "Proceres" des unmittelbar vorhergehenden Satzes.


Aber nicht doch...


Die Übersetzung (ich bin vier anderen im gleichen Tenor begegnet) ist typisch für eine bestimmte deutschnationale, rassistische Haltung, die zwar heute niemand Ernsthafter mehr vertritt, deren Produkte, Übersetzungen und Zuschreibungen, aber immer noch durch die Literatur geistern, und zitiert werden- z B von Hyokkose.


Geschenkt. Ob die Sarmaten nun "garstig" oder "häßlich" in ihrem Aussehen sind, das eine macht den Tacitus an dieser Stelle nicht deutschnationaler als das andere.
 
A propos Bastarnen et alii

Na sowas! Schon eine Antwort, wo ich doch blos den Computer ausschalten wollte und zufällig noch einen Blick auf die Startseite warf. Ich muss mal die koreanische Freundin meines Enkels fragen, ob die Koreaner(innen) alle so schnell sind.

Also zum Inhalt:
Ich hatte, in Bezug auf die Bastarnen-Peukinen geschrieben:Zitat:
Aber viehzüchtende Nomaden (oder wenigstens Transhumants) sind natürlich unsauber, weil bei ihrer Art von Weidewirtschaft nicht jeden Moment eine Waschgelegenheit zur Hand ist, von regelmässigem Wäschewechsel ganz zu schweigen.
Aber ich schrieb auch, dass: "... "Bastarnen" nun einmal nicht der Name eines Volkes ist, sondern eine von Lateinern geprägte Gruppen-Bezeichnung, "Kärrner" (Basternarius =Karrentreiber)."
Und, darf ich vieleicht hinzufügen, Strabo nennt sogar zwei oder drei Namen von bastarnischen Völkern, und lässt den der iranophonen Roxolanen folgen, in einer Weise, dass man streiten kann, ob er sie nun zu den Bastarnen zählt oder sie nur als unmittelbare Nachbarn zitirt.

Und darauf antwortest Du:
"Und was hat das nun mit den Bastarnen zu tun? Die waren ja laut Tacitus jedenfalls keine Nomaden, denn sie hielten es hinsichtlich Lebensweise/Kultur und Wohnungen ebenso wie die (anderen) Germanen ("cultu, sede ac domiciliis ut Germani agunt"). Wenige Sätze später erläutert Tacitus das sogar noch ausdrücklich: Die Germanen bauen Häuser, die Sarmaten hingegen leben auf Pferd und Wagen."
Findest Du?
Sehen wir also ein bischen mehr an Zitat an:
"Peucinorum Venedorumque et Fennorum nationes Germanis an Sarmatis adscribam dubito"
Tacitus zweifelt also. Du meinst er sei sich seiner Zuschreibung sicher.Also nächster Satz:
"...quamquam Peucini, quos quidam Bastarnos vocant, sermone, cultu, sede ac domiciliis ut Germani agunt."
Zum Einen sind die "Peucini" die Bewohner der Insel "Peuke", und auf deren beschränktem Raum lebt man natürlich in festen Behausungen und nicht in Karren. Zum Anderen, sagt er nicht "Peucini Germani sunt" sondern "...ut Germani agunt".Sie benehmen sich also wie Germanen, und das heisst, sie sind keine, sie sind , "wie manche sie nennen, Bastarnen", die eben auf der Insel Peuke sesshaft geworden sind.
Und wenn Tacitus ihnen den gleichen Kult und die gleiche Sprache zuschreiben, so zweifle ich daran, dass er die germanischen und die peucinischen Götter und deren Kulte wirklich vergleichen konnte.
Was schlieslich die Sprache angeht, so habe ich an deren germanischer Qualität ja nie gezweifelt, sondern geschrieben:
"ch wollte damit eigentlich nur sagen, dass diese Völker, mit überwiegend germanischer Sprache, schon da waren, und nicht darauf warten mussten, dass Einwanderer von Norden ihnen Sprachunterricht gaben." (also die Goten)
Vieleicht hätte ich ja schreiben sollen "...überwiegend mit germanischer Sprache..." denn Du hast das sichtlich überlesen, oder anders interpretiert.
Was aber den Satz über die "Misch-Heiraten angeht,indem Du findest, dass meine Übersetzung "verhässlicht" "auch nicht gerade ein eleganteres oder geläufigeres Wort ist als "garstig",, so darf ich Dich daran erinnern, dass der Text sagt "...in Sarmatorum habitum foedantur"
"foedare" (verbum),sagt mein Wörterbuch, sei "hässlich machen" und gibt als Beispiel denselben Tacitus "foedare ora= sich das Gesicht zerkratzen".
Es handelt sich also um eine Tätigkeit, einen Akt, und nicht um eine ererbte Eigenschaft, wie das Adjektiv "garstig" vermuten lässt.
Und deshalb, siehst Du, vermute ich, dass von der Schädeldeformation die Rede ist.Die Alternative "Tätowierung" wird von den Thrakern berichtet, nicht von den Sarmaten.
Ich "spekuliere also nicht fröhlich herum", wie Du meinst. Und dass die "Mischehen", auf die Du verweist, nicht nur Gene mischen, sondern auch Sitten und GGebräuche, das ist eine Binsenweisheit und keine Spekulation.
Was aber die Schönheit oder Nichtschönheit der Sarmaten anbelangt, so hast Du wohl Recht damit, dass nicht alle gleich aussahen, aber hast Du einen Bericht, wie die anderen aussahen?
Die von mir oben nach Strabo, zusammen mit den Bastarnen, erwähnten "Roxolanen" werden jedenfalls so gut wie einstimmig als "Lichte Alanen" interpretiert, was wohl kaum der Fall wäre, wenn bei irgendwem der Verdacht bestände, dass sie klein, schwarzgelblich und verwachsen waren.
Dass Du meine Einschränkung des "foedantur" auf die "Proceres" der Bastarnen/Peucinen mit 'aber nicht doch" kommentierst, das lässt vermuten, dass Du da informationen hast...?
Ich habe meinen Schluss aus der weiten Verbreitung bei lokaler Seltenheit der einschlägigen Funde gezogen. Aber das mag natürlich Zufall sein.

Und zum Schluss:
Hyokkose:
Quote//:Ob die Sarmaten nun "garstig" oder "häßlich" in ihrem Aussehen sind, das eine macht den Tacitus an dieser Stelle nicht deutschnationaler als das andere. ://

Dass es ein Unterschied ist, ob jemand von Geburt "garstig" ist oder durch einen Eingriff "hässlich gemacht"wurde, das wirst Du mir wohl zugeben.

Du musst einen schlechten Tag gehabt haben, denn ich sehe Hyokkose schlecht Verb und Adjektiv in einen Topf werfen, so genau wie sie/er sonst ist. Und es ist nun einmal so, dass die Übersetzer Kinder ihrer Zeit sind, und Germanen-Material sichtlich besonders gern mit deutschnationaler Brille gelesen wurde.
In der mir zugänglichen Ausgabe der RE Pauly-Wissowa heisst es im Artikel Bastarnen : "Es kann kein Zweifel sein, dass es Deutsche waren." Nicht Germanen, sondern Deutsche!! Ich kann nur hoffen, dass das inzwischen korrigiert ist.
Und, siehst Du, Hyokkose, solche Tatsachen bringen mich immer auf die Palme. Ich könnte Dir zwar versprechen, nicht wieder polemisch zu werden, und mir Mühe geben, aber ganz sicher kannst Du da nur sein, wenn Du mich aus dem Forum jagst.

Gruss
Boiorix
 
Na sowas! Schon eine Antwort, wo ich doch blos den Computer ausschalten wollte und zufällig noch einen Blick auf die Startseite warf.


Es tut mir leid, wenn ich Deine Nachtruhe gestört haben sollte.


Ich muss mal die koreanische Freundin meines Enkels fragen, ob die Koreaner(innen) alle so schnell sind.


Das hängt von der Heimatprovinz ab. Die Leute aus Ch'ungch'óngdo gelten als besonders langsam, sie sind die "Berner" Koreas.


Aber ich schrieb auch, dass: "... "Bastarnen" nun einmal nicht der Name eines Volkes ist, sondern eine von Lateinern geprägte Gruppen-Bezeichnung, "Kärrner" (Basternarius =Karrentreiber)."


Eine basterna war m. W. kein "Karren", sondern eine gepolsterte Sänfte, in der sich vornehme Römerinnen transportieren ließen. Hieraus auf nomadische Lebensweise zu schließen, halte ich für einigermaßen humoristisch. Ganz abgesehen davon, daß ich keinen Hinweis darauf sehe, daß der Name der Bastarnen von der basterna abgeleitet sein soll.


Und darauf antwortest Du:
"Und was hat das nun mit den Bastarnen zu tun? Die waren ja laut Tacitus jedenfalls keine Nomaden, denn sie hielten es hinsichtlich Lebensweise/Kultur und Wohnungen ebenso wie die (anderen) Germanen ("cultu, sede ac domiciliis ut Germani agunt"). Wenige Sätze später erläutert Tacitus das sogar noch ausdrücklich: Die Germanen bauen Häuser, die Sarmaten hingegen leben auf Pferd und Wagen."
Findest Du?


Ja, ich finde schon, daß das bei Tacitus geschrieben steht:

Hi tamen inter Germanos potius referuntur, quia et domos figunt et scuta gestant et pedum usu ac pernicitate gaudent; quae omnia diversa Sarmatis sunt, in plaustro equoque viventibus.


Die Germanen bauen Häuser, die Sarmaten leben auf Pferd und Wagen. Und was das Wohnen betrifft, halten es die Bastarnen mit den Germanen. Das schreibt Tacitus klar und eindeutig.


Tacitus zweifelt also. Du meinst er sei sich seiner Zuschreibung sicher.


Ich empfehle Dir, Deine Phantasie einzuschränken und dafür den Inhalt meiner Beiträge zur Kenntnis zu nehmen. Damit ersparst Du Dir nutzlose Spiegelfechtereien.


Sie benehmen sich also wie Germanen, und das heisst, sie sind keine,

Auch hier empfehle ich Dir, Dich einfach an das zu halten, was Tacitus schreibt. Wäre Tacitus der Meinung, es seien keine, dann würde er schreiben, daß sie keine sind. Das schreibt er aber nicht. Tacitus schreibt, daß sie aussehen wie Sarmaten, sich aber (hinsichtlich Sprache, Kultur und Wohnweise) benehmen wie Germanen.
Darum rechnet er sie zu den Völkern, bei denen er sich in der Zuordnung nicht sicher ist. Der Stelle mit den "conubiis mixtis" ist zu entnehmen, daß er eher von Germanen mit sarmatischem Einschlag ausgeht.
Nach modernen, nicht-rassistischen Kriterien würde man sie aufgrund des Tacitus-Textes zweifellos zu den Germanen rechnen.


Und wenn Tacitus ihnen den gleichen Kult und die gleiche Sprache zuschreiben, so zweifle ich daran, dass er die germanischen und die peucinischen Götter und deren Kulte wirklich vergleichen konnte.


Von Göttern ist hier gar nicht die Rede. Der Begriff "cultus" bezieht sich nicht speziell auf die Götter, sondern bezeichnet allgemein die Lebensweise.


Was schlieslich die Sprache angeht, so habe ich an deren germanischer Qualität ja nie gezweifelt, sondern geschrieben:

Was die Sprache der Bastarnen angeht, so hast Du folgendes geschrieben:
Natürlich, Gotisch ist eine germanische Sprache, aber was haben wohl die Bastarnen gesprochen [...] ?


"foedare" (verbum),sagt mein Wörterbuch, sei "hässlich machen" und gibt als Beispiel denselben Tacitus "foedare ora= sich das Gesicht zerkratzen".
Es handelt sich also um eine Tätigkeit, einen Akt [...]

Und hier steht das Verb im Passiv, nicht im Aktiv, was für mich mehr nach "häßlich geworden" klingt als nach "sie machen sich häßlich".


[...] und nicht um eine ererbte Eigenschaft, wie das Adjektiv "garstig" vermuten lässt.


Ich wüßte nicht, warum "garstig" per se eine ererbte Eigenschaft sein sollte. Daß Vererbung im Spiel ist, läßt sich - wie ich schrieb - lediglich aus der Begründung mit den "Mischehen" ableiten.


Und deshalb, siehst Du, vermute ich, dass von der Schädeldeformation die Rede ist.


Deine Vermutungen in allen Ehren, aber Tacitus liefert nun mal keinen Hinweis auf Schädeldeformationen.


Dass Du meine Einschränkung des "foedantur" auf die "Proceres" der Bastarnen/Peucinen mit 'aber nicht doch" kommentierst, das lässt vermuten, dass Du da informationen hast...?


Das läßt vermuten, daß der Text keinen Hinweis liefert, das "foedantur" sei auf die Vornehmen einzuschränken. Wie lautete gleich nochmal das letzte Subjekt in der 3. Person Plural?


Dass es ein Unterschied ist, ob jemand von Geburt "garstig" ist oder durch einen Eingriff "hässlich gemacht"wurde, das wirst Du mir wohl zugeben.


Du hast im letzten Beitrag allerdings nicht "häßlich gemacht", sondern "verhäßlicht" geschrieben. Da habe ich keinen Eingriff herausgelesen, ebensowenig wie ich bei analogen Begriffen wie "verwelkt" einen Eingriff herauslesen würde. Solche Mißverständnisse können freilich entstehen, wenn man bei Übersetzungen zu Wörtern greift, die im Duden nicht verzeichnet sind.


Was aber die Schönheit oder Nichtschönheit der Sarmaten anbelangt, so hast Du wohl Recht damit, dass nicht alle gleich aussahen, aber hast Du einen Bericht, wie die anderen aussahen?


Ich weiß nicht, was so ein Bericht nützen sollte. Aus Tacitus' Beschreibung läßt sich nur die Schlußfolgerung ziehen, daß er die Sarmaten häßlich fand - oder seine Informationen von jemand bezogen hatte, der die Sarmaten häßlich fand. Mehr nicht.


Du musst einen schlechten Tag gehabt haben, denn ich sehe Hyokkose schlecht Verb und Adjektiv in einen Topf werfen, so genau wie sie/er sonst ist.


Keine Sorge, ich war und bin gut drauf. Wenn Du Die Polemik wegläßt und noch einmal versuchst, sachlich darzustellen, welches Deine konkreten Einwände sind, kannst Du auch von meiner Seite mit einer sachlichen Antwort rechnen.


Ich könnte Dir zwar versprechen, nicht wieder polemisch zu werden, und mir Mühe geben, aber ganz sicher kannst Du da nur sein, wenn Du mich aus dem Forum jagst.


Keine Sorge, ich habe diesbezüglich ein ziemlich dickes Fell. Mit entsprechenden Retourkutschen mußt Du allerdings schon rechnen. Und die sind nicht unbedingt so fein gepolstert wie die basternae der edlen Stadtrömerinnen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Peuciner, Bastarnen etc

Hallo Hyokkose
Du schreibst in Deinem letzten Posting:

Eine basterna war m. W. kein "Karren", sondern eine gepolsterte Sänfte, in der sich vornehme Römerinnen transportieren ließen. Hieraus auf nomadische Lebensweise zu schließen, halte ich für einigermaßen humoristisch. Ganz abgesehen davon, daß ich keinen Hinweis darauf sehe, daß der Name der Bastarnen von der basterna abgeleitet sein soll.

Nun, Isidor von Sevilla nennt in seinen Etymologien
XX, 11,1 intituliert <De lectibus et sellis> eben die Sänfte <Lectica>, die anscheinend geschlossen war.(hierzu Sueton " Caesar 43" ), also zusammen mit Sätteln.
XX,12, 5 aber, unter <De vehiculis> nach lauter beräderten Fahrzeugen folgt der Satz: "Basterna vehiculum itineris, quasi viae sternax, mollibus strumentis composita a duobus animalibus deportata."
Ich überlasse Dir, den Satz in gutes Deutsch zu übersetzen, denn die "strumentis" sind zu viel für mich.
Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Basterna von zwei Tieren nicht "getragen=portata" sondern "transportiert, fortbewegt=deportata" ist.

Und bei << Definición de basterna >> findest Du in erster Linie die Definition: "carro peculiar de los antiquos basternas."
( Veröffentlichungsrechte für diesen Satz : Real Academia Espanola)
Bei << Imagen al azar basterna. Fotografía y ilustración de basterna. >> dagegen findest Du das Relief einer angeblichen Basterna, mit zwei Rädern zeigt, anscheinend eine Art Wohnwagen.

Tatsächlich scheint Basterna ein Lehnwort mit griechischer Wurzel zu sein, was vermuten lässt, dass die Bastarnen ihre Bezeichnung von diesen und nicht von Lateinern erhielten.
Bei letzteren gab es aber das Wort "Bastaga =Aktion oder Funktion: Gepäcktransport für den Fürsten, den Staat oder die Armee. "
Dessen Vorsteher : "Bastagarius."

Unter diesen Umständen darf ich doch wohl die Vermutung äussern, dass Bastarnen wenigstens ein Hirtenvolk mit Sommer- und Winterweide waren, wenn auch vieleicht keine echten Nomaden. Aber wo ist da die Grenze?
Ich gehe wohl auch nicht fehl, wenn ich sie mit den skythischen "Georgoi" (Viehzüchter) in Parallele setze, die von Herodot sowohl von den "Aratores" wie von den echten "Nomaden" unterschieden werden. Eine bestimmte Natur bringt eben bestimmte Wirtschaftsformen hervor.

Du schreibst auch:
Dein Zitat://
"Ja, ich finde schon, daß das bei Tacitus geschrieben steht: Zitat: Hi tamen inter Germanos potius referuntur, quia et domos figunt et scuta gestant et pedum usu ac pernicitate gaudent; quae omnia diversa Sarmatis sunt, in plaustro equoque viventibus.
Die Germanen bauen Häuser, die Sarmaten leben auf Pferd und Wagen. Und was das Wohnen betrifft, halten es die Bastarnen mit den Germanen. Das schreibt Tacitus klar und eindeutig. // Ende Deines Zitats.

Aber unmittelbar vor diesem Text schreibt er:
"(46) Hic Suebiae finis. (also die Grenze der eindeutig germanischen Bexölkerung.) Peucinorum Venedorumque...nationes Germanis an Sarmatis adscribam dubito, quamquam Peucini, quos quidam Bastarnas vocant, sermone, cultu, sede ac domiciliis ut Germani agunt. Sordes omnium ac torpor procerum; conubiis mixtis nonnihil in Sarmatarum habitum foedantur."
Dass Dein Zitat unmittelbar danach folgt, das ist logisch:
Tacitus zögert: "Ob ich die Nationen der Peucinen....und Veneter den Germanen oder den Sarmaten zuschreiben soll, das zögere/zweifle ich ( adscribam dubito), obwohl (quamquam)die Peucinen, die manche Bastarnen nennen, in Rede, Kult, Sitzen und Wohnbau sich wie Germanen verhalten (ut Germani agunt= wie Germanen handeln)
Und Tacitus nimmt ganz eindeutig hier nicht Stellung, nicht einmal in der Frage, ob die (natürlich sesshaften) Bewohner der Insel Peuke nun Bastarnen sind oder nicht. Er berichtet nur, dass "gewisse" (quidam) Leute sie so nennen, und dass diese Peucinen in jeder Hinsicht wie Germanen leben.
(Übrigens muss dann ja wohl das "sordes omnium et torpor procerum" auch für alle Germanen gelten ?)

Tacitus lässt seinem Leser die Freiheit, selber zu entscheiden, was er glaubt.Und dazu gibt er ihm die Informationen, die er, Tacitus, selber hat.

Wirst Du mir jetzt erneut schreiben, Hyokkose ?:
Zitat://"Ich empfehle Dir, Deine Phantasie einzuschränken und dafür den Inhalt meiner Beiträge zur Kenntnis zu nehmen. Damit ersparst Du Dir nutzlose Spiegelfechtereien."//

Jedenfalls ein rauher Ton, den Du da anschlägst. Trotzdem: Ich nehme Deine Beiträge nicht nur einfach zur Kenntnis, sondern setze mich damit auseinander. Denn wenn etwas am Geschichtsforum für mich von Interesse ist, dann die Möglichkeit eigene Überlegungen an der herrschenden Meinung zu messen. Und da bist Du einer meiner bevorzugten Widersacher.
Daher auf ein weiteres gutes Streiten.

Weiter in Deiner Kritik meiner Behauptung, die Peukinen benähmen sich zwar wie Germanen, seien aber keine.
Hyokkose darauf:
Auch hier empfehle ich Dir, Dich einfach an das zu halten, was Tacitus schreibt. Wäre Tacitus der Meinung, es seien keine, dann würde er schreiben, daß sie keine sind. Das schreibt er aber nicht. Tacitus schreibt, daß sie aussehen wie Sarmaten, sich aber (hinsichtlich Sprache, Kultur und Wohnweise) benehmen wie Germanen.//Ende

Antwort:
Mit dem oben von mir unterstrichenen Satz beziehst Du Dich auf das "...in Sarmatarum habitum foedantur."?
Da hast Du "nonnihil" vergessen. Es sind blos "Einige", die aussehen wie Sarmaten. Und was ich geschrieben habe, dass die erwähnte Veränderung des Aussehens auf Grund von Mischheiraten sich nur auf die "Proceres" bezöge, so habe ich das eben wegen dem "nonnihil" getan.
Und aus dem selben Grund beziehe ich die Sitte der Schädeldeformation auf diese Oberschicht, denn sie ist wohl weit verbreitet, scheint aber nirgends gehäuft vorzukommen.(Muss dazu mal Bartek fragen, dem ich eh noch eine Antwort schuldig bin)
Was meinen Neologismus "verhässlichen" angeht, so ist das einfach das logische Gegenteil von "verschönen".
Es wird sicher keine solche Karriere machen wie das unlogische "Handy" aber man kann ja nie wissen.
Ich bin halt schon so lange in Frankreich, wo es "embellir" und "enlaidir" gibt. Ein Argument gegen meine Kritik an "garstig" ist der Mangel des Wortes im Duden im Übrigen nicht.
Du weist mich auch darauf hin, dass "foedantur" ein Passiv sei.
Zitat://Und hier steht das Verb im Passiv, nicht im Aktiv, was für mich mehr nach "häßlich geworden" klingt als nach "sie machen sich häßlich".//

Siehst Du, deswegen habe ich die Übersetzung vorgeschlagen : "Der Mischheiraten wegen (sind sie) .... verhässlicht." Ist das kein Passiv? (Sie sind geschlagen!" ist das ein Aktiv?)

Ich stimme Dir dagegen vôllig zu, wenn Du schreibst:
// " Nach modernen, nicht-rassistischen Kriterien würde man sie aufgrund des Tacitus-Textes zweifellos zu den Germanen rechnen."//
Ich habe wiederholt bemerkt, dass ich die Mehrheit der Bastarnen für germanophon hielte, und das ist ja heute das einzige Kriterium. Alle(rdings nicht Alle.)
Ich habe an anderer Stelle sogar behauptet, dass "Gotisch" nach meiner Meinung auf die Bastarnen zurückginge, und nicht auf ein Häuflein skandinavischer Abenteurer.
Aber die Römer hatten eben nicht dieses Kriterium, und deswegen finden wir bei ihnen auch durchweg einen Unterschied zwischen Goten und Germanen.
Was aber den Inhalt der Zitate anbelangt, unabhängig von der Übersetzungsfrage, so habe ich versucht die Geisteswelt des konservativen römischen Aristokraten im Auge zu behalten (Hinweis auf das Ideal Cincinnatus).

Und nicht Tacitus werfe ich Rassismus vor, sondern den deutschen Übersetzern des 19. Jh, deren Werke immer noch unkritisch benutzt werden. Wie sagt doch die von Dir herangezogene Übersetzung?
Zitat://...in ihrem Aussehen neigen die Peukiner infolge von gegenseitigen Heiraten ziemlich zu dem garstigen Wesen der Sarmaten.//Ende

"...neigen...zu dem garstigen Wesen der Sarmaten."
Also nicht nur das Aussehen, das ganze "Wesen" der Sarmaten ist "garstig" d.h. "hässlich, abstossend, ekelhaft, böse" laut "Deutsches Wörterbuch Wahrig".
Wenn das kein Rasissmus ist?

Wenn Dein Koreanertum echt ist und nicht blos eine scherzhafte Fiktion für den Forums-Gebrauch, dann kannst Du Dir's leisten über sowas hinwegzugehen.

Mir als Deutschem kommt da nur allzuoft die Galle hoch.
Gruss
Boiorix
 
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