Fanden die Evangelisten Material bei Josephus?

Na Du behauptest doch, die Evangelisten hätten einfach irgendwelche Ereignisse aus den "Jüdischen Altertümern" übernommen und in den Evangelien verwurstet.

Das ist die These von Lena Einhorn, die übrigens schon vor Jahren "herausgefunden" hat, dass Paulus und Jesus ein und dieselbe Person waren. Nun ist ja Paulus bekanntlich eine Erfindung des Marcion, und Jesus ist außerdem noch mit Julius Caesar identisch. Da stellt sich die Sache folgendermaßen dar: Marcion hat den Josephus abgekupfert, aus den Antiquitates wurden die Evangelien, und aus dem Bellum Judaicum ein Bellum Gallicum.

Zum guten Schluss hat er dann auch noch einen "Johannes den Täufer" erfunden und diesen in die Evangelien und in den Originaltext der Antiquitates eingeschmuggelt.

Alles klar?

:cool:
 
Vielleicht war das missverständlich. Wenn ich schreibe: Er setzte sich ab, dann meine ich das im Sinne von sich absetzen von den Grundüberzeugungen dieser Gruppe. Rein jüdischen "Dingen" verhaftet gegen Öffnung auch für andere Kulturen.

Alle weitere Diskussion verbietet sich hier. Da kommt man schnell vom Stock aufs Stöckchen und das sieht silesia, hier mit Recht, nicht gern.

Das respektiere ich natürlich, auch wenn mir die Frage, inwieweit sich in der Antike religiöse Strömungen zueinander verhalten haben, durchaus als eine historische erscheint. :winke:
 
Alle weitere Diskussion verbietet sich hier. Da kommt man schnell vom Stock aufs Stöckchen und das sieht silesia, hier mit Recht, nicht gern.

Wenn ich es recht bedenke, bin ich mir doch nicht so sicher ob man das immer mit der Begründung abklemmen kann, dies gehöre in den persönlichen Bereich des Einzelnen und habe mit der Geschichte nichts zu tun, auch wenn es Bestandteil einer 2000jährigen Geschichte unseres Kulturkreises ist. Die beiden Bereiche gehören doch beide zu einer Beurteilung.
 
Historisch fassbar ist er natürlich nur dann nicht, wenn man auch seine Erwähnung bei Tacitus als Fälschung abtut. Hier müssen sich verschiedene Hilfsthesen gegenseitig stützen, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen.

Na Du behauptest doch, die Evangelisten hätten einfach irgendwelche Ereignisse aus den "Jüdischen Altertümern" übernommen und in den Evangelien verwurstet.

Natürlich können sie erst um 120 geschrieben worden sein, wenn sie auf den "Jüdischen Altertümern" basieren sollen ...
Allerdings werden sie normalerweise in die Zeit zwischen 70 und 100 datiert. Was freilich nicht sein kann und darf, da sie nicht auf den "Jüdischen Altertümern" basieren können, wenn sie zumindest teilweise bereits vor diesen entstanden. Auch wieder ein Beispiel, welche Hilfskonstruktionen man benötigt, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen.

Wenn wir annehmen, daß die einzige Erwähnung von Johannes dem Täufer bei Josephus eine Interpolation ist, dann hat Josephus eine wichtige Person der damaligen Zeitgeschichte überhaupt nicht erwähnt.
Folgen wir Lena Einhorns These, daß die Evangelisten Ereignisse bei Josephus um 15-20 Jahre zurückdatiert haben und diese mit Johannes und Jesus unterlegten, so müßte etwas Entsprechendes um 45-60 bei Josephus auftauchen.

Und da finden wir Theudas/Johannes im Buch 20, Kap. 5: „Noch während Fadus Landpfleger von Judäa war, bewog ein Betrüger mit Namen Theudas eine ungeheure Menschenmenge, ihm unter Mitnahme ihrer gesamten Habe an den Jordan zu fogen. Er gab sich nämlich für einen Propheten aus und behauptete, er könne durch sein Machtwort die Fluten des Jordan teilen und seinem Gefolge einen bequemen Durchgang ermöglichen. Durch solche Spiegelfechtereien gelang es ihm, viele zu täuschen. Indes duldete Fadus nicht, daß ihr sinnloses Treiben Schaden stifte, indem er eine Abteilung Reiter gegen sie aussandte, die unversehens über sie herfiel, viele von ihnen tötete und andere in Gefangenschaft brachte. Theudas selbst geriet ebenfalls in Gefangenschaft, worauf er enthauptet und sein Kopf nach Jerusalem gebracht wurde. Das sind die Hauptbegebenheiten während der Amtsführung des Landpflegers Cuspius Fadus.“ ((44-46 n. Chr.))

Und wir finden den Ägypter/Jesus im Buch 20, Kap. 8: „Um diese Zeit kam auch ein Mensch aus Ägypten ((52-59 n. Chr.)) nach Jerusalem, der sich für einen Propheten ausgab und das gemeine Volk verleiten wollte, mit ihm auf den Ölberg zu steigen, der in einer Entfernung von fünf Stadien der Stadt gegenüber liegt. Dort, sagte er, wolle er ihnen zeigen, wie auf sein Geheiß die Mauern Jerusalems zusammenstürzten, durch welche er ihnen dann einen Eingang in die Stadt bahnen würde. Als Felix ((52-59 n. Chr.)) hiervon Kunde erhielt, ließ er die Besatzung alarmieren, machte mit einer starken Abteilung von Reitern und Fußsoldaten einen Auzsfall aus Jerusalem und griff den Ägypter und seine Anhänger an. Von den letzteren fielen viertausend, und zweihundert wurden gefangen genommen; der Ägypter selbst aber entkam und wurde unsichtbar."

Alle vier Evangelien erwähnen den Gebrauch von Schwertern im Gefolge des Jesus auf dem Ölberg. Und Mathäus 26, 61 hat: Zuletzt kamen zwei und sagten: „Dieser hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen!“
Es besteht eine zeitliche Diskrepanz zwischen dem Tod des Theudas und dem Ägypter (6 bis 10 Jahre) und dem Tod Johannes und Jesus (3 bis 4 Jahre).
Es gibt aber Hinweise alter Kirchenväter für eine längere Laufbahn Jesu. Irenäus (Gegen Häresien 2.22.5) sagt: daß Jesus für viele Jahre aktiv gewesen sei. Origenes (Contra Celsum 1.48) sagt: Die Juden bringen Johannes und Jesus nicht in Verbindung, noch weniger die Bestrafung des Johannes mit der des Jesus.

Also könnten auch diese Zeiten denen der angenommenen Entsprechungen bei Josephus gleichen.
 
Simon der Magier ist identisch mit Paulus, Paulus ist identisch mit Jesus, Jesus ist identisch mit Julius Caesar, nun ist auch Theudas mit Johannes identisch:

Und da finden wir Theudas/Johannes im Buch 20, Kap. 5
Und der Prokurator Cuspius Fadus ist dann logischerweise identisch mit Herodes Antipas.

Dabei gibt es doch auch Parallelen zwischen Johannes dem Täufer und Jesus.

Hat eigentlich noch niemand ein Buch geschrieben, in dem behauptet wird, Johannes und Jesus seien identisch?
 
Wenn wir annehmen, daß die einzige Erwähnung von Johannes dem Täufer bei Josephus eine Interpolation ist, dann hat Josephus eine wichtige Person der damaligen Zeitgeschichte überhaupt nicht erwähnt. [...] Und da finden wir Theudas/Johannes im Buch 20, Kap. 5:
Wieso sollten die Evangelisten eigentlich einen Johannes den Täufer erfinden und Theudas als Vorlage für ihn verwenden?
 
Wieso sollten die Evangelisten eigentlich einen Johannes den Täufer erfinden und Theudas als Vorlage für ihn verwenden?

Warum sie das gemacht haben, darauf habe ich bei Einhorn noch nichts gefunden.
Aber du hast recht. Es wäre ungeheuerlich und sicher einzig in der Menschheitsgeschichte. Oder vielleicht doch nicht?
 
Wenn wir annehmen, daß die einzige Erwähnung von Johannes dem Täufer bei Josephus eine Interpolation ist,

Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre.

Wenn wir alles mögliche annehmen wollen, was sich nicht beweisen lässt, was durch keine Quellen gedeckt ist bzw. im Zweifelsfall den Quellen auch widersprechen darf, dann kann man natürlich wunderbare Geschichten zusammenfabulieren.

Dann könnte es nach Carotta auch sein, dass Jesus Caesar war, Antonius Petrus usw.

Was dann möglich und denkbar ist, dem sind nur Grenzen gesetzt durch die Vorstellungskraft des jeweiligen Autors.

Aber grundsätzlich finde ich historische Betrachtungen deutlich sinnvoller, die sich an dem orientieren, was an Quellen vorhanden ist und nicht an dem, was man sich losgelöst von den Quellen so alles vorstellen kann.
 
Warum sie das gemacht haben, darauf habe ich bei Einhorn noch nichts gefunden.
Aber du hast recht. Es wäre ungeheuerlich und sicher einzig in der Menschheitsgeschichte. Oder vielleicht doch nicht?

Vielleicht doch nicht. ;)

Aber einen Grund müsste es schon gegeben haben, wenn jemand für ein solches Projekt - die Erfindung einer im Ganzen doch recht komplexen Geschichte in verschiedenen Varianten anhand einer völlig anders gearteten Vorlage - Zeit und Geld aufgewendet haben soll.

Wenn nun von der Gruppe um Jakobus ausgehend bereits Geschichten über Jesus kursierten, hätte man eher diese verwenden können als die über gänzlich andere Personen, die man dazu völlig umstellen musste. Falls dies nicht der Fall war, wäre dies für Gläubige um einen "Herrenbruder" zumindest erklärungsbedürftig.

In diese komplexe Situation nun ohne Not noch eine weitere Phantasiefigur einzufügen, hätte das Ganze nur unnötig aufgebläht, oder? Ich finde durchaus, dass eine solche Frage ihre Berechtigung hat, wenn man eine solche recht ungewöhnliche These in den Raum stellt.

Natürlich ist das nicht deine Aufgabe, sondern im Grunde die von Frau Einhorn. Insofern musst du das jetzt nicht unbedingt beantworten können, falls du noch nichts darüber gelesen hast. :winke:
 
Vielleicht doch nicht. ;)

Aber einen Grund müsste es schon gegeben haben, wenn jemand für ein solches Projekt - die Erfindung einer im Ganzen doch recht komplexen Geschichte in verschiedenen Varianten anhand einer völlig anders gearteten Vorlage - Zeit und Geld aufgewendet haben soll.

Wenn nun von der Gruppe um Jakobus ausgehend bereits Geschichten über Jesus kursierten, hätte man eher diese verwenden können als die über gänzlich andere Personen, die man dazu völlig umstellen musste. Falls dies nicht der Fall war, wäre dies für Gläubige um einen "Herrenbruder" zumindest erklärungsbedürftig.

In diese komplexe Situation nun ohne Not noch eine weitere Phantasiefigur einzufügen, hätte das Ganze nur unnötig aufgebläht, oder? Ich finde durchaus, dass eine solche Frage ihre Berechtigung hat, wenn man eine solche recht ungewöhnliche These in den Raum stellt.

Natürlich ist das nicht deine Aufgabe, sondern im Grunde die von Frau Einhorn. Insofern musst du das jetzt nicht unbedingt beantworten können, falls du noch nichts darüber gelesen hast. :winke:

Fakt ist doch, wenn man die eingeschobenen Bezeugungen von Christus/Jesus und Johannes dem Täufer bei Josephus als Interpolationen akzeptiert, steht man vor der Frage, warum Josephus sich nicht länger mit dem Wirken von Menschen beschäftigt, die eine solche Aufmerksamkeit in einer bestimmten Zeitspanne erregten. Jesus hatte eine sehr große Gefolgschaft in den jüdischen Landen und wichtige Personen des öffentlichen Lebens wie die Hohenpriester Annas und Caiphas, der König Herodes Antipas und der römische Prokurator Pontius Pilatus setzten sich intensiv mit ihm auseinander. Das Dilemma ist nun, daß wir dies alles nur aus den vier Evangelien umfangreich und detailliert geschildert bekommen. Man kann damit zufrieden sein und sagen, so ist es halt und wir können's nicht ändern. Oder man sucht weiter nach einer anderen Erklärung. Lena Einhorn schreibt, daß sie nicht behaupten will mit ihrer These den Stein der Weisen gefunden zu haben. Sie wäre eigentlich nur dankbar, wenn man weiter in alle Richtungen versucht neue Erkenntnisse in dieser Frage zu gewinnen.
 
Fakt ist doch, wenn man die eingeschobenen Bezeugungen von Christus/Jesus und Johannes dem Täufer bei Josephus als Interpolationen akzeptiert
Fakt ist, dass bisher keine stichhaltigen Argumente auf dem Tisch liegen, die im Fall der Johannes-Stelle für eine Interpolations-Hypothese sprechen.
Dafür wurden einige Argumente genannt, die gegen diese Hypothese sprechen. Die sind bisher nicht vom Tisch.

...steht man vor der Frage, warum Josephus sich nicht länger mit dem Wirken von Menschen beschäftigt, die eine solche Aufmerksamkeit in einer bestimmten Zeitspanne erregten.
Diese Frage kann man sich auch stellen, ohne dass man zuvor eine spekulative Hypothese gläubig als Fakt akzeptieren muss.

Um sie zu beantworten, kann man den Josephus mal durchblättern und schauen, wie lange er sich mit anderen Menschen beschäftigt, die eine Zeitlang Aufmerksamkeit erregten.
Was schreibt er zu Ezechias, "der eine große Macht besaß und von Herodes nur mit Mühe niedergehalten worden war"? Anderthalb Sätze.
Was zu seinem Sohn Simon, der "sogar nach der Königsherrschaft strebte"? Auch nur wenige Sätze.
Warum sollte er sich beim Täufer, dessen Anhänger noch nicht einmal eine bewaffnete Aktion zustande gebracht haben, wesentlich länger aufhalten?


Jesus hatte eine sehr große Gefolgschaft in den jüdischen Landen
Wie kommst Du auf eine "sehr große Gefolgschaft"? Wenn wir uns an die Darstellung der Evangelien halten, bestand der harte Kern seiner Anhänger aus zwölf Jüngern (Lukas erwähnt an einer Stelle sogar 70 oder 72 Jünger, na super!) und ein paar Frauen.

... und wichtige Personen des öffentlichen Lebens wie die Hohenpriester Annas und Caiphas, der König Herodes Antipas und der römische Prokurator Pontius Pilatus setzten sich intensiv mit ihm auseinander.
Wie kommst Du darauf, dass sie sich "intensiv" mit ihm auseinandersetzten? Wenn wir uns an die Darstellung der Evangelien halten, wurde Jesus nachts verhaftet. Die Hohenpriester beschlossen noch am frühen Morgen, Jesus bei Pilatus anzuklagen. Mittags wurde er gekreuzigt, nachmittags war er schon tot. Das war ein kurzer Prozess.

Das Dilemma ist nun, daß wir dies alles nur aus den vier Evangelien umfangreich und detailliert geschildert bekommen. Man kann damit zufrieden sein und sagen, so ist es halt und wir können's nicht ändern. Oder man sucht weiter nach einer anderen Erklärung.
Um nun wieder auf Johannes den Täufer zurückzukommen:

Warum beschreibt Markus die von Johannes praktizierte Taufe als "Taufe zur Vergebung der Sünden"?
Und warum schreibt Markus, dass Jesus sich von Johannes taufen ließ?

Für die Christen war das offensichtlich ein Problem. Matthäus fügt einen kurzen Dialog ein und lässt Johannes sagen: "Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir?"
Johannes (der Evangelist) behebt das Problem, indem er Johannes sagen lässt: "Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt" - Jesus trägt also nicht seine eigene Sündenlast, sondern die der Welt. Die Taufe Jesu erwähnt er gar nicht erst...

Die einfachste Erklärung wäre doch: Jesus gehörte zu den Anhängern des Täufers und hat sich von ihm taufen lassen.

Müssen wir nach einer anderen Erklärung suchen?
 
Das Dilemma ist nun, daß wir dies alles nur aus den vier Evangelien umfangreich und detailliert geschildert bekommen.

Dieses Dilemma ist eigentlich vollkommen normal angesichts der Quellenlage für nahezu alle Bereiche der vormodernen Geschichte. Wir haben in den seltensten Fällen eine Vielzahl von Berichten aus unterschiedlichen Perspektiven, die einen Gegenstand umfassend beleuchten.
Man kann damit zufrieden sein und sagen, so ist es halt und wir können's nicht ändern.

Nö, man kann sich schon weiterführende Gedanken machen. Historiker tun dies im Allgemeinen. Es ist da manchmal schon überraschend, zu welchen Erkenntnisse man trotz mangelhafter Quellenlage kommen kann.
Oder man sucht weiter nach einer anderen Erklärung.

Was aber dennoch keinen Freibrief für freies phantasieren losgelöst von den Quellenaussagen darstellen sollte!

Und wenn diese anderen Erklärungen eine Unmenge an unbeweisbaren Hilfshypothesen beinhaltet - wie aufgezeigt -, dann könnte man sich aber auch die Frage stellen, ob die gefundene Erklärung wirklich so überzeugend ist!

Lena Einhorn schreibt, daß sie nicht behaupten will mit ihrer These den Stein der Weisen gefunden zu haben. Sie wäre eigentlich nur dankbar, wenn man weiter in alle Richtungen versucht neue Erkenntnisse in dieser Frage zu gewinnen.

Wenn man sich die Einwände hier durchliest, dann scheint es eher so zu sein, dass der Weg der Frau Einhorn eher eine Sackgasse zu sein scheint. Was natürlich den einen oder anderen nicht daran hindern soll an das von ihr geschriebene zu glauben.
 
Dieses Dilemma ist eigentlich vollkommen normal angesichts der Quellenlage für nahezu alle Bereiche der vormodernen Geschichte. Wir haben in den seltensten Fällen eine Vielzahl von Berichten aus unterschiedlichen Perspektiven, die einen Gegenstand umfassend beleuchten.

Im Fall der Täufer-Geschichte haben wir tatsächlich mehrere Berichte aus unterschiedlichen Perspektiven. Denn was die vier Evangelisten berichten, ist überhaupt nicht deckungsgleich und speist sich offensichtlich aus verschiedenen Quellen.
Wie die unterschiedlichen Perspektiven der einzelnen Evangelisten die Texte geformt haben, habe ich im letzten Beitrag an einem Beispiel gezeigt.

Gemeinsam ist den vier Evangelisten natürlich die christliche Perspektive. Johannes wird als Vorläufer und Wegbereiter des Messias dargestellt, und der Messias ist natürlich Jesus.

Von dieser Perspektive ist bei Josephus rein gar nichts zu sehen. Da gibt es überhaupt keinen messianischen Bezug, und schon gar nicht einen zu Jesus.

Auch was die Hinrichtung betrifft, haben wir mehrere unterschiedliche Perspektiven:

- Bei Markus kann Herodes fast nichts für die Verhaftung und Hinrichtung des Täufers - seine Frau Herodias ist an allem schuld. Herodes selber respektiert den Täufer, er wird geradezu als Sympathisant dargestellt: Herodes "fürchtet Johannes", er "hört ihn gern" und als ihn seine Frau in die Falle gelockt hat und er wegen seines Eides den Täufer köpfen lassen muss, ist er darüber "tief betrübt".

- Bei Lukas spielt Herodias keine aktive Rolle, hier ist es Herodes, der Johannes verhaften lässt. Er lässt sich die Kritik nicht gefallen, die nicht nur die Verbindung mit Herodias betrifft, sondern eine Reihe weiterer "Schandtaten". (Die Story mit der Hinrichtung lässt Lukas weg.)

- Bei Josephus spielt Herodias in der Johannes-Geschichte überhaupt keine Rolle (später erweist sie sich allerdings sehr wohl als "treibende Kraft" hinter Herodes!). Die Verhaftung und Hinrichtung erfolgt aufgrund Herodes' bloßen Verdacht, die Anhänger des Täufers könnten früher oder später einen Aufstand anzetteln.
 
Der jüngste Verlauf der Diskussion erinnert mich ein bisschen an die von mir aufgestellte Hypothese, dass die Evangelisten den Täufer in die Evenagelien deshalb so prominent als Cousin und letzten Propheten einbanden, um Reste der Täuferbewegung (nicht zu verwechseln mit den reformatorischen christlichen Täuferbewegungen) zum Übertritt zum Christentum zu bewegen.
 
Gemeinsam ist den vier Evangelisten natürlich die christliche Perspektive. Johannes wird als Vorläufer und Wegbereiter des Messias dargestellt, und der Messias ist natürlich Jesus.

Von dieser Perspektive ist bei Josephus rein gar nichts zu sehen. Da gibt es überhaupt keinen messianischen Bezug, und schon gar nicht einen zu Jesus.

Ich habe mir in Wiki die Aussagen über die möglichen drei Interpolationen (Jesus, Johannes, Jakobus) angesehen. Die deutsche Version kann man vergessen. Nur in der englischen und französischen Ausgabe wird das Thema umfassend behandelt. Algemeiner Konsens ist, daß das Testimonium flavianum eine Interpolation sei und wohl von Eusebius stammt:

Si l'on en croit les témoignages d'Origène (iiie siècle), de Théodoret de Cyr (ve siècle), de Photios(ixe siècle) et même de Jacques de Voragine (xiiie siècle), qui semblent disposer de versions qui ne comportent pas ce passage, il y aurait eu, en revanche, plusieurs autres passages parlant des personnages fondateurs du mouvement chrétien dans les livres de Flavius Josèphe. Toutefois, ces passages ne se trouvent pas dans les livres de Josèphe tels que nous les connaissons aujourd’hui.

The earliest known such reference to Josephus' work is found in the writings of the third century patristic author Origen, who refers to Josephus' record of "the death of James the Just, who was a brother of Jesus (called Christ) in Book I, Chapter XLVII of Against Celsus, including Origen's observations that Josephus did not recognize Jesus as "the Christ" when mentioning him in the "Antiquities of the Jews“.

Eusèbe de Césarée est le premier à mentionner ce passage (ive siècle), il le cite d'ailleurs dans la version classique, dont il a été maintes fois jugé improbable qu'elle ait été rédigée par Flavius Josèphe. Avant lui, aucun autre auteur ne cite ou ne mentionne ce passage.

Jacques Giri indique : « Certains ajoutent que [ce passage] n'est jamais cité par les pères de l'Église du iie siècle et iiie siècle qui ont lu Josèphe. Et en même temps après le ive siècle, certains écrivains chrétiens qui ont lu Josèphe, comme Photius (Photios de Constantinople) par exemple, n'en parlent pas, comme si l'exemplaire des Antiquités judaïques qu'ils ont eu entre les mains ne contenait pas ce passage. »

Cela indique que le passage mentionnant Jésus, le Testimonium flavianum, n'existait pas dans les livres de l'auteur juif Flavius Josèphe à la disposition de Photios. Il semble en être de même pour la version du ve siècle lu par Théodoret de Cyr, car celui-ci expose à peu près la même idée qu'Origène : Josèphe n'a pas reconnu Jésus comme étant le Christ.

Scholars such as Claudia Setzer have noted the differences between the rationale for the death of John the Baptist presented by Josephus, and the theological variations (e.g. whether immersion in water can result in the forgiveness of sins, etc.) and the New Testament accounts. However, these differences are usually seen as indications of the lack of tampering, given that an interpolator would have made the accounts similar.

Claire Rothschild has stated that the absence of Christian interpolations in the Josephus passage on John the Baptist can not by itself be used as an argument for its authenticity, but is merely an indication of the lack of tampering.

Nehmen wir also an, daß der Bericht über Johannes den Täufer von Josephus selber stammt. Dann ist das sicher auch vom Ort her eine ganz andere Geschichte als die der Evangelien. Es wäre sonst zu fragen, warum Herodes Antipas einen Mann in einem Gebiet festnehmen läßt, das nicht zu seinem Hoheitsgebiet Galiläa gehört. In Judäa hatte Pontius Pilatus die Regierungsgewalt inne. Und Johannes taufte am Jordan und viel Volk und Autoritäten aus Jerusalem kamen dorthin um ihn zu sehen. Das war etwa 150 Kilometer vom Regierungssitz Tiberias entfernt.
Vielleicht störte sich niemand von den Christen an dem Bericht des Josephus, der doch einen ganz anderen Inhalt hatte. Es paßte wohl zur Strategie, den Johannes zurückzudrängen in der Wahrnehmung und Jesus als den wichtigen Inhalt des Evangeliums herauszustellen. Was sie ja Johannes auch nachdrücklich in den Mund legten und er sich entsprechend zurücknahm. Somit wäre eine Interpolation mit den Inhalten der Evangelien eher kontraproduktiv und der Bericht des Josephus konnte so stehen bleiben.

Wenn gewünscht kann ich die Zitate noch übersetzen.
 
Algemeiner Konsens ist, daß das Testimonium flavianum eine Interpolation sei und wohl von Eusebius stammt:

In dieser Formulierung ist das falsch.

Der Konsens ist wohl eher, dass teilweise interpoliert wurde.

Zumindest ist das heute der Standpunkt der Mehrheit der Spezialisten. Sagt die französische Wikipedia:

"C'est le point de vue qui ... est aujourd'hui celui de la majorité des spécialistes."


Si l'on en croit les témoignages d'Origène (iiie siècle), de Théodoret de Cyr (ve siècle), de Photios(ixe siècle) et même de Jacques de Voragine (xiiie siècle), qui semblent disposer de versions qui ne comportent pas ce passage, il y aurait eu, en revanche, plusieurs autres passages parlant des personnages fondateurs du mouvement chrétien dans les livres de Flavius Josèphe. Toutefois, ces passages ne se trouvent pas dans les livres de Josèphe tels que nous les connaissons aujourd’hui.

The earliest known such reference to Josephus' work is found in the writings of the third century patristic author Origen, who refers to Josephus' record of "the death of James the Just, who was a brother of Jesus (called Christ) in Book I, Chapter XLVII of Against Celsus, including Origen's observations that Josephus did not recognize Jesus as "the Christ" when mentioning him in the "Antiquities of the Jews“.

Eusèbe de Césarée est le premier à mentionner ce passage (ive siècle), il le cite d'ailleurs dans la version classique, dont il a été maintes fois jugé improbable qu'elle ait été rédigée par Flavius Josèphe. Avant lui, aucun autre auteur ne cite ou ne mentionne ce passage.

Jacques Giri indique : « Certains ajoutent que [ce passage] n'est jamais cité par les pères de l'Église du iie siècle et iiie siècle qui ont lu Josèphe. Et en même temps après le ive siècle, certains écrivains chrétiens qui ont lu Josèphe, comme Photius (Photios de Constantinople) par exemple, n'en parlent pas, comme si l'exemplaire des Antiquités judaïques qu'ils ont eu entre les mains ne contenait pas ce passage. »

Cela indique que le passage mentionnant Jésus, le Testimonium flavianum, n'existait pas dans les livres de l'auteur juif Flavius Josèphe à la disposition de Photios. Il semble en être de même pour la version du ve siècle lu par Théodoret de Cyr, car celui-ci expose à peu près la même idée qu'Origène : Josèphe n'a pas reconnu Jésus comme étant le Christ.

Scholars such as Claudia Setzer have noted the differences between the rationale for the death of John the Baptist presented by Josephus, and the theological variations (e.g. whether immersion in water can result in the forgiveness of sins, etc.) and the New Testament accounts. However, these differences are usually seen as indications of the lack of tampering, given that an interpolator would have made the accounts similar.

Claire Rothschild has stated that the absence of Christian interpolations in the Josephus passage on John the Baptist can not by itself be used as an argument for its authenticity, but is merely an indication of the lack of tampering.
Dass Du Wiki-Zitate kopieren kannst, hast Du oft genug unter Beweis gestellt. Auch diese Wiki-Zitate liefern kein einziges Argument, das im Fall der Johannes-Stelle für eine Interpolations-Hypothese spricht.


Nehmen wir also an, daß der Bericht über Johannes den Täufer von Josephus selber stammt. Dann ist das sicher auch vom Ort her eine ganz andere Geschichte als die der Evangelien. Es wäre sonst zu fragen, warum Herodes Antipas einen Mann in einem Gebiet festnehmen läßt, das nicht zu seinem Hoheitsgebiet Galiläa gehört.
Wieso "vom Ort her eine ganz andere Geschichte"?
Das Hoheitsgebiet des Herodes Antipas bestand nicht nur aus Galiläa, sondern auch aus Peräa.
Die Stelle, wo Johannes taufte, wird sich nicht genau feststellen lassen. Wir haben die Angabe des Johannes-Evangeliums, da heißt es "in Betanien, auf der anderen Seite des Jordan, wo Johannes taufte".

Möchtest Du einmal nachschauen, wo Peräa liegt, wo der Jordan fließt und wo sich die oft erwähnte Festung Machaerus befindet?
Dann sieh doch auf diese Karte.
 
Der jüngste Verlauf der Diskussion erinnert mich ein bisschen an die von mir aufgestellte Hypothese, dass die Evangelisten den Täufer in die Evenagelien deshalb so prominent als Cousin und letzten Propheten einbanden, um Reste der Täuferbewegung (nicht zu verwechseln mit den reformatorischen christlichen Täuferbewegungen) zum Übertritt zum Christentum zu bewegen.
Gibt es eigentlich Hinweise, dass es zur Zeit der Niederschrift der Evangelien überhaupt noch Reste der Täuferbewegung gab?
Im NT tauchen sie in Apg 19 auf, wo beschrieben wird, wie einige Johannes-Anhänger in Ephesos von Paulus bekehrt werden. Auch der bedeutende Missionar Apollos hatte anscheinend als Johannes-Anhänger begonnen (Apg 18,25). Aber das alles war ein paar Jahrzehnte vor der Entstehung der Evangelien, wenn man den üblichen Datierungen folgt.
 
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