Frage zu Waffen im Mittelalter

Absehbarkeit der Ereignisse. Ein Heer tauchte nicht aus dem Nichts auf, eine Feldschlacht brach selten unerwartet aus. Hinterhalte bspw. sind in den Quellen immer besonders nennenswerte Ereignisse, und zwar nicht nur, weil sie als unehrenhaft, sondern auch weil sie als ungewöhnlich galten. Das meinte ich mit "geregelten Bahnen".
Bzgl. der Logistik (Versorgung, Aufmarsch usw.) zweifelsohne.
Freilich erfolgte in feindlichem/fremdem Territorium die "Fouragierung" gerne durch plündern, einerseits weil das Mühen und Kosten verringerte, andererseits weil man damit den Feind schädigte/schwächte. Belegt sind die Schwierigkeiten frühmittelalterlicher Könige, ihr Heer beim An/Aufmarsch im eigenen Gebiet vom plündern unterwegs (mitnehmen, was am Weg liegt) abzuhalten.

Was die Quellen betrifft, halte ich Prietzels kulturhistorische Arbeit für aufschlusstrich, denn er macht deutlich, dass die Quellen - leider - keine dem Realismus verpflichteten Erlebnisberichte sind, sondern ein Bild konstruierten, wie Krieg und Kampf als ehrenhaft etc a posteriori wahrgenommen werden sollte. Bezeichnend dabei ist, dass die Quellen allerseltenst von denen verfasst waren, die aktiv am Kampf teilgenommen hatten.

Deswegen habe ich beim zitieren deines informativen Beitrags einen Satz unterstrichen: er illustriert das. Hinterlist, Arglist, Täuschung, tricksen, Fallen stellen, jede noch so miese Schweinerei*) war üblich. Für das Frühmittelalter (Merowingerzeit) belegt das Scheibelreiter in einem umfangreichen Kapitel über Kampf und Krieg. Für die Karolinger-, Ottonen-, Stauferzeit (und Kreuzzüge) macht Prietzel das deutlich.


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*) beliebt seit der Antike war bei Belagerungen, die Zisternen durch das hereinkatapultieren von Tierkadavern und den Leichen der Gefallenen unbrauchbar zu machen - wahrlich nicht edel, aber effektiv: eine Art fieser Beschleunigung des Aushungerns.
 
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*) beliebt seit der Antike war bei Belagerungen, die Zisternen durch das hereinkatapultieren von Tierkadavern und den Leichen der Gefallenen unbrauchbar zu machen - wahrlich nicht edel, aber effektiv: eine Art fieser Beschleunigung des Aushungerns.

Ich hätte jetzt angenommen, dass Katapulte nicht besonders treffsicher waren, und auch die genaue Lage der Zisterne nicht immer bekannt war.
Es muß doch schwierig sein, so eine kleine Zisterne, vermutlich auch noch geschützt durch Dach/"Holzdeckel" punktgenau zu treffen?

Gruß, muheijo
 
Es muß doch schwierig sein, so eine kleine Zisterne, vermutlich auch noch geschützt durch Dach/"Holzdeckel" punktgenau zu treffen?
Mag sein - zerplatzte faulige Kadaver verstreut in einer belagerten Burg/Stadt als "Seuchenherde", wenn man die Wasserversorgung nicht trifft, waren seitens der Belagerer ebenfalls erwünscht...
 
Zwar gehöre ich zu denen, die selbst fiktive literarische Werke für potentiell brauchbare Quelle halten*,
[...]
*) Selbst David Bachrach, der gegenüber der Quellentauglichkeit fiktiver Werke sehr kritisch ist und mit der früheren Mediävistik hart ins Gericht geht, sie hätten sich nicht entblödet, jedes Wort in 'Tristan und Isolde' für bare Münze zu nehmen....
Es war in W-Dtld. in den 1970er unter Historikern sehr in, mittelalterliche Literatur auszuwerten, das ist auch legitim. Eine Quelle wird zur Quelle, indem man die richtigen Fragen an sie stellt. Aus Parzival oder Willehalm lässt sich nicht Ereignisgeschichte ermitteln (auch dann, wenn man annimmt, dass Granoflanz und Cidegast Alfonso VI./VII. und el Cid de Castilla sind), aber man kann Weltbilder und Wertvorstellungen untersuchen.


Damals wie heute sind bestimmte physikalische oder logische Realitäten unabänderlich und erlauben uns daher eine Einschätzung, ob eine zeitgenössische Quelle plausibel ist oder nicht.
Mein Reden!

Hier kann ich Dir nicht ganz folgen. Geht es Dir um die Dauer der Schlacht? Wenn ja – ich habe nicht in Abrede gestellt, dass Schlachten jener Zeit sehr lange dauern konnten, in Extremfällen sogar einen ganzen Tag. Aber es war eben nicht die Norm. Was man meines Erachtens bereits daran sieht, dass es in den Quellen stets besonders hervorgehoben wird, wenn eine Schlacht mehrere Stunden dauerte.
Eigentlich wollte ich nur darauf hinaus, dass Ruy Díaz seine Gegner eben nicht tötet, sondern sie maximal gedemütigt am Leben lässt. Das ist gewissermaßen die Vorgeschichte zum Cid-Epos, dessen Anfang ja nicht erhalten ist und der mit der Verbannung des Cid aus den Herrschaftsgebieten Alfons' VI. beginnt. García Ordóñez, der in der Historia Roderici (HR) sowie im Cid-Epos sehr schlecht wegkommt, war ein enger Vertrauter des Königs (nebenbei ein Trauzeuge des Cid, was aber damals nicht unbedingt auf eine persönlich gute Bindung schließen lässt) und versuchte 1108 vergeblich, das Leben des nur 15jährigen Kronprinzen zu schützen, mit dem er gemeinsam in der Schlacht von Uclés starb.
Wir wissen, dass die HR hier nicht ganz bei der Wahrheit bleibt: sie berichtet ja, dass Granada Sevilla angegriffen habe und der Cid Briefe geschrieben habe, von dem Angriff doch bitte abzusehen, da sowohl Sevilla als auch Granada unter dem Schutz Alfonsos stünden und in beiden Heeren Ritter Alfonsos (im sevillanischen wird freilich nur er genannt) seien. De facto wissen wir aber, dass Sevilla das agressivste der Taifa-Königreiche war UND, dass Cabra, wo die Schlacht stattfand, zum Territorium Granadas gehörte (Cabra war eine der wenigen Städte, die beim Tod des Königs Badis von Granada 1079 und dem Übergang der Herrschaft auf dessen minderjährigen Enkel 'Abdallah nicht rebellierte. Quelle: 'Abdallah selbst), während die HR ja berichtet, dass das granadinische Heer bis Cabra kam, als das sevillanische Heer es stellte. Mir scheint es eher umgekehrt zu sein: Das granadinische Heer stellte das sevillanische.
Dummerweise haben wir zu dieser Schlacht nur diese eine Quelle, 'Abdallah erwähnt sie nicht, auch weil seine Mudakkirat ja eine Rechtfertigung seiner Herrschaft gegenüber den Almoraviden sind und er gegenüber den Almoraviden kaum wird haben zugeben wollen, dass er und der König von Sevilla, jeweils mit Christen im Bündnis gegeneinander gekämpft hatten, denn genau diese Praxis, mit Christen zusammen gegen Muslime vorzugehen war ja die Rechtfertigung der Almoraviden gewesen, die Kleinkönige zu entthronen und die Herrschaft in al-Andalus zu übernehmen, die sie sich durch mehrere fatwas aus dem abbasidischen Kalifat bestätigen ließen.
 
Mag sein - zerplatzte faulige Kadaver verstreut in einer belagerten Burg/Stadt als "Seuchenherde", wenn man die Wasserversorgung nicht trifft, waren seitens der Belagerer ebenfalls erwünscht...
Ein Geschichtsprof. von mir schilderte das mal so, dass durch Tunnel Zugang zu den Zisternen geschaffen wurde, in die dann Tierkadaver hineingelegt wurden. Wie oft das realiter vorkam?
 
Ja, klar, weil ja Zisternen meist gut zugänglich sind!
Ich dache eigentlich, das die in den Felsgetrieben sind, zumindest viele.
Und ein Tunnel zu den Zisternen ist doch "Perlen vor die Säue", da bin ich doch meist schon weit in der belagerten
Stadt/Burg/Befestigung.
Früher wurde doch auch gelauscht wo der Feind gerade gräbt.

Da wo es sinnvoll war und auch praktikabel wird man sicherlich versucht haben die Zisternen/Wasserversorgungen zu zerstören.
Aber war das der Regelfall (bei Zisternen)?
 
Zuletzt bearbeitet:
dass durch Tunnel Zugang zu den Zisternen geschaffen wurde, in die dann Tierkadaver hineingelegt wurden.
sofern man sich dieser Mühe - Minen graben zum Transport fauliger Kadaver in die Wasserversorgung der Belagerten - unterzogen haben sollte (erfahre ich hier zum ersten mal), kann man auch hier wenig ritterliches Verhalten konstatieren.
 
@muck :Nicht so sehr wie das Mittelalter. Ich meine ja nicht Gegensätze, sondern tatsächlich Widersprüche, die zusammen vertreten werden.
 
sofern man sich dieser Mühe - Minen graben zum Transport fauliger Kadaver in die Wasserversorgung der Belagerten - unterzogen haben sollte (erfahre ich hier zum ersten mal), kann man auch hier wenig ritterliches Verhalten konstatieren.

Eben, diese Mühe machen!? Wenn man doch schon unter der Befestigungsmauer ist!?
Es ist sicher bald 20 Jahre her. In meiner Erinnerung - zumindest aber in meiner bildlichen Vorstellung - war von Höhenburgen die Rede. Man möge mir die Impräzision verzeihen.
 
Hallo

Ein Geschichtsprof. von mir schilderte das mal so, dass durch Tunnel Zugang zu den Zisternen geschaffen wurde, in die dann Tierkadaver hineingelegt wurden. Wie oft das realiter vorkam?
Halte ich für völlig unlogisch.
1. dauert das Geraben einens solchen Tunnels zur Zisterne, oder Brunnen unter einer Burg wohl Monate
2. Wenn man sowieso schon per Tunnel Zugang zur Zisterne hatte,brauchte man den Kadaver nicht, die Zisterne lief ja leer,wenn man Zugang hatte;)

Das mit den Kadavern über die Mauern werfen,diente wohl in erster lLinie dem Terror gegen die Bewohner (man erinnere sich nur an die Szene aus Herr der Ringe,die 2 Türme, wo die abgeschlagenen Köpfe der Gefallenen über die Stadtmauer katapultiert werden.) und in zweiter Linie der ev. Verbreitung von Krankheiten und Seuchen unter der Bevölkerung.

mfg
schwedenmann
 
Bezüglich der biologischen Kriegführung – damit sind wir wieder bei Searles "brute facts".

Schleudern waren nicht derart zielgenau, dass man Leichen in Brunnen hätte werfen können. Außerdem hätte man für ein solches Vorhaben – wie auch für einen Stollen, um die Wasserversorgung manuell zu vergiften – deren genaue Lage erst kennen müssen, was sicherlich nicht immer der Fall war. Und dann: Warum den Stollen nicht nutzen, um die Stadt oder Befestigung zu infiltrieren?

Vielleicht spielt hier die mittelalterliche Trope der hinterhältig-verräterischen "Brunnenvergiftung" hinein, oder ein einzelnes Beispiel wurde pars pro toto gesetzt. Es hätte völlig genügt, einfach Leichname irgendwie über die Stadtmauer zu bekommen. Neugierde und der christliche Antrieb, den Toten ein Begräbnis zuteilwerden zu lassen, hätte schon für die Ausbreitung allfälliger Krankheiten gesorgt.

Was die Moral eines solchen Vorgehens angeht: Meines Wissens nach kam dergleichen im Angriff selten vor. Spontan fallen mir nur ein, zwei Beispiele ein. Was mir jedoch in großer Zahl einfällt: Beispiele für die Vergiftung von Brunnen durch die Verteidiger, um einem Angreifer den Vormarsch zu erschweren.
 
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