Fragen zur DDR

bl4ckyyy

Neues Mitglied
1. Diktatur ist so bequem, Freiheit anstregend.
--> Inwiefern stimmt diese Aussage?

2.Man konnte dem System entkommen, ohne es zu verlassen.
--> Was ist damit gemeint?

3. Die DDR war langweilig grau, aber sicher.
-->Beweise.

4.Zeige die Arbeitswelt in der DDR und die Stellung der Frau in ihr.

5. Methoden zur sozialistischen Erziehung.

6. Lebensstandard, Wohnungsbau, Warenangebot in dre DDR

So ich bräuchte noch ein paar Antworten.
Ich muss dazusagen ich habe schin ein paar Antworten, aber Ergänzungen wären wirklich gut....
 
So ich bräuchte noch ein paar Antworten.
Ich muss dazusagen ich habe schin ein paar Antworten, aber Ergänzungen wären wirklich gut....

1. Wäre ein "bitte" angebracht, schließlich sind mitteleuropäische Höflichkeitsfloskeln auch in Internetforen erwünscht.

2. Tut man sich mit Ergänzungen am leichtesten, wenn man etwas hat, wozu man ergänzen kann. Stell also dein Vorschläge ruhig rein.
 
@bl4ckyy:

hier mal ein paar Antworten, in dem Fall mehr persönliche Meinungen und Anregungen.

1. Diktatur ist so bequem, Freiheit anstregend.
--> Inwiefern stimmt diese Aussage?

Ohne es so direkt auszusprechen, verwenden viele Verteidiger ehemaliger Diktaturen (nicht nur der DDR) dieses Argument. Diktaturen neigen dazu, sehr stark in das Leben ihrer Bürger bis hin ins Private einzugreifen. Dies schließt ein, dass sie das gesellschaftliche Leben sehr stark organisieren (z.B. durch die großen Jugendorganisationen der NSDAP und SED). Wer sich diesen Gesellschaftsstrukturen fügt, der kann in der Tat "bequemer" leben, in der Hinsicht, dass der Staat den individuellen Lebensweg vorgibt. Doch ist damit einerseits eine gewisse Rechtslosigkeit verbunden, auch besteht weniger die Möglichkeit, sich individueller zu entfalten, weil man die ideologischen und gesetzlichen Normen der Diktatur gebunden ist. Nicht ohne Grund sorgte die Ausweisung des Künstlers Wolf Biermann zu einer der aufsehenserregenden Debatten in der DDr.

2.Man konnte dem System entkommen, ohne es zu verlassen.
--> Was ist damit gemeint?

Das ist ebenfalls ein Phänomen, dass nicht nur für die DDR, sondern auch diktatorische Staaten kennzeichnend ist - dafür hat sich der Begriff "Innere Emigration" durchgesetzt. Im Grunde bedeutet es einen Rückzug aus der Gesellschaft oder zumindest an den Rand derselben, verbunden mit einem indirekten oder passiven Widerstand: Man macht sich nicht mit dem System gemein, ohne in direkte Opposition zu treten. In der DDR fanden viele kritisch eingestellte Personen ihre geistige Heimat in den Kirchen. Im Dritten Reich boten zum Teil die Kirchen, zum Teil aber auch die Wehrmacht solch eine Zuflucht. Wenn die direkte Opposition gegen das System nicht möglich ist, suchen sich diese Kritiker zumindest ein Milieu, in dem sie sich wenigstens untereinander mehr oder weniger frei austauschen konnten.

3. Die DDR war langweilig grau, aber sicher.
-->Beweise.

Zu den direkten Beweisen müsstest du schon ein paar Quellen wälzen. Es geht aber - wiederum ist es nicht nur ein DDR-spezifisches Problem - darum, dass in den Diktaturen weniger Kriminalität herrsche. Tatsächlich verlagert sich in solchen Staaten die Kriminalität auf den Staat - wenn er Oppositionelle (und oft auch genug Menschen, die allein wegen der Angehörigkeit zu gesellschaftlichen Gruppen "schuldig" sind) bespitzelt, foltert oder sogar töten lässt.

4.Zeige die Arbeitswelt in der DDR und die Stellung der Frau in ihr.

In der DDR gab es das "Recht auf Arbeit", durch die Verfassung garantiert - anders als in der BRD, hatte jeder Bürger also grundsätzlich Anrecht auf einen Arbeitsplatz. Allerdings war die freie Arbeitswahl stark eingeschränkt, weil im Grunde der Staat über die Einstellung und auch die Ausbildungswege entscheiden konnte. Auch dadurch wurden bestimmte Personenkreise benachteiligt - oft hört man es von den Kriegsdienstverweigeren, die dann häufig nicht mehr studieren konnten. Frauen waren - und das gilt wohl auch für viele andere kommunistische/sozialistische Länder, zumindest auch die Sowjetunion - durch die Gesetzgebung emanzipierter als in den westlichen Ländern. So war es in der BRD noch bis in die 60er/70er Jahre hinein eine Streitfrage, ob Frauen überhaupt arbeiten sollten. Dagegen war die Berufstätigkeit von Frauen in der DDR hoch, und auch Scheidungen waren leichter möglich als in den ersten Jahren in der BRD.

5. Methoden zur sozialistischen Erziehung.

Da kann ich dir nicht wirklich weiterhelfen - beschäftige dich mit den Begriffen "Staatsbürgerkunde", Jungpioniere und FDJ.

6. Lebensstandard, Wohnungsbau, Warenangebot in dre DDR

Die DDR war - so ist es immer wieder zu lesen - das sozialistische Land, in dem der Lebensstandard am höchsten war. Vielleicht erklärt sich dies aus der Konkurrenz mit der BRD und der besonderen "Frontstellung" der DDR im Kalten Krieg. Der Lebensstandard übertraf zeitweise sogar den einiger westlicher Länder, wie etwa Italien oder Spanien. Dennoch kam er nicht an die BRD heran. Der persönliche Lebensstandard war stark durch die Reglementierung des sozialistischen Wirtschaftssystems geprägt. Viele "Güter" - wie etwa Wohnungen oder Autos - konnten nicht einfach gekauft werden, sondern mussten beantragt werden, und es konnte dabei zu mehreren Jahren Wartezeit kommen. Das Warenangebot war begrenzt - die Bürger konnten eben offiziell nur das kaufen, was in der DDR selbst und anderen sozialistischen Ländern produziert wurde. Deswegen herrschte eine geringere Vielfalt - am kennzeichnendsten dafür wurde wohl der "Trabant" als Standard-Auto auf den Straßen der DDR. In einigen Bereichen der Industrie konnten die sozialistischen Länder mit der westlichen Welt nicht mithalten - Computer z.B. waren in der DDR noch selten und in der Leistung nicht vergleichbar mit ihren westlichen Gegenstücken, als in der BRD in den 80er Jahren langsam der Heimcomputer seinen Siegeszug antrat.
 
In den siebziger Jahren war Polen das Land mit der höchsten Frauenquote am wirtschaftlichen Erwerb. Ist zwar nicht die DDR, aber ein "sozialistischer Bruderstaat". Quelle kann ich leider nicht liefern, wurde mal in einer Fernsehsendung aus den Siebzigern behauptet, die vor längerer Zeit auf 3sat wiederholt wurde.
 
2.Man konnte dem System entkommen, ohne es zu verlassen.
--> Was ist damit gemeint?

Eine Formulierung, die nicht aus der DDR stammt. Zwei Sachen können gemeint sein: daß es viele private Bereiche gab, wo man das "System" nicht spürte (Schrebergärten, Vereine, Kirche) oder daß man soweit angepaßt war, daß man die DDR-Strukruren nicht als solche belastend empfand. Man schwann also mit dem Strom.

3. Die DDR war langweilig grau, aber sicher.
-->Beweise.

In der DDR war das notwendige primär. Äußerlichkeiten zählten wenig. Besonders merkte man das an Verpackungen. Die waren oft ungebleicht und nur ein- bis dreifarbig bedruckt, mit den wichtigsten Informationen. Es gab kaum Logos, die vermarktet werden konnten, es gab in den letzten 30 Jahren keine Werbung. Trabant und Wartburg wurden nur in ganz wenigen Farben hergestellt. Wer also von seinen 5 Sinne nur die Augen benutzte, der empfand im Vergleich zum Westen vieles als grau und farblos. In den letzten 10 Jahren wurde aber auch die DDR bunter.

4.Zeige die Arbeitswelt in der DDR und die Stellung der Frau in ihr.

Jeder Frau, die arbeiten wollte, fand eine Stelle. Das Kindergarten- und Hortnetz war dicht. Ich glaube, in der DDR hatten 90% der Frauen eine abgeschlossene Berufsausbildung. Es galt "gleicher Lohn für gleiche Arbeit".

5. Methoden zur sozialistischen Erziehung.

Die sozialistische Erziehung war keine Sache, die man getrennt sehen konnte. Wenn man in Mathe eine Aufgabe bekam, in der von der Produktion in einem VEB die Rede war, dann war das eben normal. Bis auf wenige extreme Sachen wie Staatsbürgerkundeunterricht (in der Armee Politunterricht) und in den letzten Jahren des kalten Krieges Wehrerziehung bestand die "Erziehung" vorwiegend darin, sich als Staatsbürger in einer sozialistischen Gesellschaft wiederzufinden. Man mußte also kaum erziehen, weil eben alles rund um einen bereits entsprechend geprägt war, ob man nun Radio anmachte oder Zeitung las. In den 50er Jahren war das noch problematischer.

6. Lebensstandard, Wohnungsbau, Warenangebot in dre DDR

Es gab wenig Unterschiede im Lebensstandard. Erich Honecker lebte weit ärmer als Hunderttausende von BRD-Bürgern damals. Jeder, der sich mit DDR-Waren versorgte, war irgendwie ähnlich versorgt. Größere Unterschiede gab es bei denen, die Westgeld oder reiche Westverwandten hatten. Der Wohnungsbau begann in großen Stil erst in den 70er Jahren. Neben eintönigen Satellitenstädten gab es auch wirklich schöne Neubauten, die bis heute keinen Vergleich zu scheuen brauchten (Rostock). Im Endeffekt wurde aber das Ziel, jedem Bürger eine eigene Wohnung zu geben, nicht erreicht. Das Geld kam auch durch die Miete nicht rein. Dei modernste Vollkomfortwohnung in Berlin kostete kaum über 120 Mark (60 Euro), Grundpreis war normalerweise 1 Mark/m². Der stammte noch aus den Zeiten, wo der Lohn nur ein Drittel betrug. Das Warenangebot war deutlich geringer als in der BRD - aber nur wenig schlechter. Gründe waren vor allem, daß jede Verkaufsstelle ein Lager hatte und im eigentlichen Verkaufsraum immer nur das stand, was in den nächsten Tagen verkauft werden würde. Der zweite Grund war die geringere Anzahl von Firmen. Es gab also z. B. nur von ein oder zwei und nicht von 10 Brauereien Pilsner Bier. Und wenn man Milch kaufte, dann eben Milch - und nicht von Weihenstephan, von Landliebe, von Emzet, von Müller und was weiß ich. Demzufolge gab es auch den Begriff Markenware nur bei Sachen von "drüben". Südfrüchte waren selten, weil abhängig von jeweiligen Außenhandel. Der klappte oft nur mit Kuba gut, und deren Apfelsinen waren nur zum Saftmachen gut... Man kann sich eine gute Vorstellung vom Obst- und Gemüseangebot machen, wenn man sich heute einfach mal den Import wegdenkt...
 
Jeder Frau, die arbeiten wollte, fand eine Stelle. Das Kindergarten- und Hortnetz war dicht. Ich glaube, in der DDR hatten 90% der Frauen eine abgeschlossene Berufsausbildung. Es galt "gleicher Lohn für gleiche Arbeit".
--------
Das ist so nicht ganz richtig. Der letzte Punkt - gleicher Lohn für gleiche Arbeit - trifft nicht zu.
In der Wirtschaft gab es definitiv Unterschiede in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen bei gleicher Planstelle, d. h. ein weiblicher Gruppenleiter bzw. Abteilungsleiter bekam unter dem Strich mindestens 200 bis 300 Mark weniger Gehalt, Führungspositionen in Chefetagen wurden nur in ganz seltenen Ausnahmen durch Frauen besetzt u. auch da lag das Gehalt unter dem Gehalt eines Mannes in der gleichen Position. Das gleiche trifft auch in der Forschung und in der Bildung zu, ebenso im Gesundheitswesen.
 
Irene, ich weiß ja nicht, wo Du das herhast, aber weißt Du eigentlich, von welchen Summen Du da sprichst? In den 70er Jahren fing ein Ingenieur mit etwa 700 Mark Gehalt an, (ein Facharbeiter mit etwa 570). Davon 300 abziehen? Das hätte aber einen Aufstand gegeben - oder es hätte keine Frau mehr studiert. Was beides nicht der Fall war. Natürlich gab es Fälle, wo Frauen weniger verdienten, z. B. weil sie keine Schichtarbeit machen konnten, weil sie schwanger waren oder Kinder zu Hause hatten, mit Sicherheit aber nicht, weil sie weiblich war. Meine Kolleginnen verdienten jedenfalls genauso viel wie ich.
 
ich rede von den 80er Jahren und ein Gruppenleiter in der Kohleindustrie hatte zu dieser Zeit ein Gehalt von 1200 Mark Brutto, ein Abteilungsleiter lag zwischen 1300 u. 1400 Mark. Es gab keinen Aufstand, weil diese Gehaltsstrategie überhaupt nicht von den Leuten hinterfragt wurde. Zur Produktion, da gab es nicht die geringste Einschränkung für Frauen, in Schichten zu arbeiten, dafür standen für die Kinder Wochenkrippen und Wochenkindergärten für Alleinstehende zur Verfügung, Einschränkungen gab es lediglich, da Frauen für bestimmte Tätigkeiten (schwere körperliche Arbeit) gesetzlich abgesichert waren und nicht eingesetzt werden durften. Wenn es in deiner Berufsgruppe gleiche Gehälter gab, dann ist das schön für euch, aber es war nicht die Regel. Was du zu der Schwangerschaft schreibst, dass es da Einschränkungen im Gehalt gab, ist nicht korrekt, diese Frauen behielten ja ihren Arbeitsplatz und auch die Gehaltsgruppe, es fielen lediglich die Nachtzuschläge weg, und da sie die Nachtschicht nicht angetreten hatten, war das korrekt, hat aber nichts mit dem Lohn/Gehaltsunterschied direkt etwas zu tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Irene, ich weiß ja nicht, wo Du das herhast, aber weißt Du eigentlich, von welchen Summen Du da sprichst? In den 70er Jahren fing ein Ingenieur mit etwa 700 Mark Gehalt an, (ein Facharbeiter mit etwa 570). Davon 300 abziehen? Das hätte aber einen Aufstand gegeben - oder es hätte keine Frau mehr studiert. Was beides nicht der Fall war. Natürlich gab es Fälle, wo Frauen weniger verdienten, z. B. weil sie keine Schichtarbeit machen konnten, weil sie schwanger waren oder Kinder zu Hause hatten, mit Sicherheit aber nicht, weil sie weiblich war. Meine Kolleginnen verdienten jedenfalls genauso viel wie ich.

Als damaliger Arbeiter (Mitter 80er) verdiente ich mehr als die mittleren Leitungsebenen oder die Verwaltungsangestellten (wir nannten sie damals Büromiezen und -hengste). Eben durch Leistung und Schichtbetrieb entlohnt (100 Prozent Zuschlag bei Sonn- und Feiertagen, wir hatten an solchen Tagen immer 12-Stunden-Schichten, Beschiss allerdings war der Samstag bei 12 Stunden besonders Heiligabend und Silvester).
Bei Leistung wurde kein Unterschied gemacht, da es zusätzlich pauschale Leistungskriterien gab, die der/die Schichtleiter/-in über den Daumen peilte. 1989/90 fragte man sogar bei uns, wieviel Prozent man im Monat zusätzlich wert sei (also Selbsteinschätzung, wenn der Schichtleiter keine Lust hatte, einzuschätzen). Ich war in der Pharmaindustrie.
 
1989/90 fragte man sogar bei uns, wieviel Prozent man im Monat zusätzlich wert sei (also Selbsteinschätzung, wenn der Schichtleiter keine Lust hatte, einzuschätzen).
Sowas wie Selbsteinschätzung ist mir erst nach dem Beitritt passiert. Und auch nicht in meinem alten Betrieb. Ich denke nicht, daß das was DDR-typisches war. Ansonsten stimme ich Dir zu.
 
Sowas wie Selbsteinschätzung ist mir erst nach dem Beitritt passiert. Und auch nicht in meinem alten Betrieb. Ich denke nicht, daß das was DDR-typisches war. Ansonsten stimme ich Dir zu.
Aus der Kohleindustrie war das durchaus nicht unbekannt und zwar schon Anfang der 80er Jahre, allerdings ist das Wort Selbsteinschätzung in dem Fall nicht korrekt, am Ende eines Jahres wurden mit Kadern der mittleren Leitungsebene Gespräche geführt, in denen sie selbst einschätzen sollten, ob sie die an sie gestellten Aufgaben des vergangenen Jahres erfüllt haben. Diese Art der Leistungseinschätzung ist ebenfalls in der westdeutschen Wirtschaft üblich. Am Ende des Jahres wird ein Leistungsgespräch geführt und nach einem vorgegebenen Punktesystem die Erfüllung der Aufgaben bewertet, diesem Punktestand entsprechend erhalten die Mitarbeiter dann einen entsprechenden Leistungszuschlag zu ihrem Gehalt. Das gilt ab der mittleren Leistungsebene bis zum Vorstand. Also ganz verkehrt oder irrational scheint die letzte Phase der Lohnpolitik der DDR offensichtlich nicht gewesen zu sein.
 
Zurück
Oben